Et respexi septentrionem in hocchasum et uidi illic uermem inquietum, et in eo loco erat stridor dencium: abeba(n)t autem uermes mensura cubitum unum, et capita duo erant in eis: et uidi illic uiros ac mulieres in frigore et stridor(e) dencium. Et interrogaui et dixi: Domine, qui sunt hii in hoc loco? Et dixit mihi: Hii sund qui dicunt quoniam Christus non resurrexit a mortuis et quoniam haec caro non resurgit. Et interrogaui et dixi: Domine, non est ignis neque calor in hoc loco? Et dixit mihi: In hoc loco aliut nihil es nisi frigus et niues: et iterum dixit mihi: Etiam si sol oriatur super eos, non calefiunt propterea superabundans frigus loci istius et niues. Haec autem audiens extendi manus meas et fleui et suspirans iterum dixi: Melius erat nobis si non fuissemus nati nos omnes qui sumus peccatores.
In Q 76 werden die Genüsse der Bewohner des Paradieses beschrieben: Auf Ruhebetten (Q 76:14) genießen die Gerechten mit Kampfer und Ingwer versetzten Wein (Q 76:5, 17), sie sind in Brokat und Seide gekleidet (Q 76:21), ihnen werden Früchte dargeboten (Q 76:14) und Jünglinge warten dienstbeflissen auf (Q 76:19), während sie aus prächtigen Gefäßen trinken. Beschattet in der Nähe der Quelle Salsabīl erfahren sie weder Hitze noch Kälte: lā yarauna fīhā šamsan wa-lā zamharīrā (vgl. zur dieser Vorstellung auch TUK_0604).
Der Terminus zamharīr, der hier Verwendung findet, ist ein hapax legomenon, das den arabischen Lexikographen Deutungsschwierigkeiten bereitet hat und zumeist als eine „schneidende Kälte“ aufgefasst wird (Ambros and Procházka 2004: 211; Lane 1863: 1255). Dagegen versteht Angelika Neuwirth im Anschluss an Josef Horovitz (Horovitz, Josef 1923: 14) zamharīr im Sinne eines intensivierenden Parallelismus als „sengende Hitze“ (Neuwirth 2017: 512, vgl. auch TUK_0115). Roberto Tottoli wertet zahlreiche Korankommentare (tafāsīr) aus, welche zamharīr als „Mond“ (Tottoli 2008: 142, 149) verstehen, was der koranische Parallelismus zu šams („Sonne“) nahelege (Tottoli 2008: 148–149). Des Weiteren verweist er auf Muqātil b. Sulaimān (gest. 150/767 n. Chr.), der zamharīr als „Kälte“ auffasst, jedoch anmerkt, dass diese die Paradiesbewohner nicht verletze (Tottoli 2008: 143). Schließlich nennt Tottoli zahlreiche andere Exegeten, die zamharīr als eine der Höllenstrafen begreifen (Tottoli 2008: 149), und diskutiert die Möglichkeit, dass der Begriff im Sprachgebrauch der Ṭayyʾ die „Kälte des Mondes“ bezeichnet haben könnte (Tottoli 2008: 148–149). Während sich nach Tottoli Kälte als Höllenstrafe in der jüdisch-christlichen Tradition nicht finde (vgl. jedoch TUK_1274), ist darauf hingewiesen worden, dass sich diese Vorstellung im Zoroastrismus nachweisen lasse (Palacios 1919: 138–139; Gray 1902: 174). Möglicherweise handelt es sich bei zamharīr um ein Kompositum aus dem mittelpersischen Wort zam, das „Winter“ und „schneidende Kälte“ bedeutet (MacKenzie 1971: 97; Asbaghi 1988: 77), und der arabischen Wurzel h-r-r, die das „Winseln“ und „Heulen (eines Tieres)“ bezeichnet (Lane 1863: 2888).
Während sich Kälte als Höllenstrafe nach Tottoli (Tottoli 2008: 149) in der jüdisch-christlichen Tradition nicht findet, belegt die Visio Pauli die Existenz der in Rede stehenden Vorstellung in frühchristlicher Zeit. Im hier zitierten Kapitel wird die Strafe schneidender Kälte im Zusammenhang mit Sündern erwähnt, welche die Auferstehung Christi zu leugnen wagten.
Die Visio Pauli schildert die Jenseitsreise des Apostels Paulus, im Verlaufe derer er Himmel und Hölle besucht. Alter und Entstehungszeit sind in der Forschung umstritten. Eine frühe Datierung auf das Ende des 3. Jahrhunderts wird durch die Erwähnung der Apokalypse bei Origines (gest. 254 n. Chr.) gestützt, wobei die betreffende Stelle nur als Zitat bei Bar Hebräus (gest. 1268 n. Chr.) erhalten ist (Silverstein 1962; Hilhorst 2007: 5). Gleichwohl lässt sich als terminus ante quem das Jahr 400 festlegen, wobei die lateinische Fassung auf das Ende des 5. Jahrhunderts zu datieren ist (Bremmer 2009: 306–307). Ursprünglich auf Griechisch verfasst, fand die Apokalypse weite Verbreitung, so dass schließlich Fassungen in Kirchenslawisch, Koptisch, Syrisch, Arabisch und Latein entstanden, wovon allein 11 Rezensionen auf uns gekommen sind (Jiroušková 2006). Das griechische Original ist jedoch nicht erhalten.
Strukturell lassen sich sieben Teile des Textes unterscheiden: In der Einleitung wird die Entdeckung der Apokalypse des Paulus in einem Haus in Tarsus geschildert (Kapitel 1–2), im zweiten Teil führen Sonne und Mond, das Meer, die Erde und die Sterne bei Gott Beschwerde über die Taten der Menschen (Kapitel 3–6), woraufhin die Engel Bericht über die Taten der Sünder und Gerechten erstatten (Kapitel 11–18). Daran anschließend wird die Reise des Paulus durch Himmel (Kapitel 19–30) und Hölle (Kapitel 31–44) geschildert. Den Schluss der Apokalypse bildet eine zweite Paradiessequenz (Kapitel 45–51), die das Werk fragmentarisch abschließt (Hilhorst 2007: 7–15). Die Pein, welche die Sünder in der Hölle zu erleiden haben, wird in der Visio Pauli in großer Eindrücklichkeit und Detailliertheit dargestellt (Czachesz 2007); nicht weniger als 25 Kategorien von Vergehen werden genannt, denen jeweils eine Strafe korrespondiert (vgl. die Übersicht bei Bremmer 2009: 307–308).
And I looked from the north unto the west and saw there the worm that sleepeth not, and in that place was gnashing of teeth. And the worms were of the measure of one cubit, and on them were two heads; and I saw there men and women in cold and gnashing of teeth. And I asked and said: Lord, who are they that are in this place And he said unto me: These are they which say that Christ rose not from the dead, and that this flesh riseth not again. And I inquired and said: Lord, is there no fire nor heat in this place? And he said unto me: In this place is nothing else but cold and snow. And again he said to me: Even if the sun (seven suns, Copt.) rose upon them, they would not be warmed, because of the excessive cold of this place, and the snow. And when I heard this I spread forth mine hands and wept and sighed, and again I said: It were better for us if we had not been born, all we that are sinners.