איש בכל מקום שנ' איש צדיק ממחה שכל ק"כ שנה היה נח נוטע ארזים וקוצצן אומ' לו למה כדין, אמר להון כן אמר לי מריה דעלמא דמייתי מבולא על עלמא, אמ' ליה אין אתי מבולא לא אתי אלא על בייתיה דאבוה דההוא גברא, ה"ה לפיד בוז לעשתות שאנן נכון למועדי רגל אמר ר' אבא אמר הקב"ה כרוז אחד עמד לי בדור המבול זה נח, תמן אמ' כרוז ליה לפיד ליה, בוז שהיו מבזין עליו וקרו ליה ביזה סבא, לעשתות שאנן שהיו קשים כעשתות
"[Noah war ein gerechter, untadeliger] Mann" [Genesis 6:9]. Überall, wo das Wort "Mann" vorkommt, ist damit ein Gerechter und [von Gott] Ernannter (mumḥe) gemeint; denn in den 120 Jahren [bis zum Eintreffen der Sintflut, vgl. Gen. 6:3] pflanzte Noah Zedern und fällte sie. Da sprachen seine Zeitgenossen: Wozu dies? Er antwortete ihnen: Der Herr der Welt hat mir gesagt, dass er eine Sintflut über die Welt bringen werde. Sie aber erwiderten ihm: Wenn eine Sintflut kommen sollte, so wird sie bloß über dein [wörtl.: dieses Mannes] Haus kommen. Denn die Schrift sagt: "Dem Unglück (la-pid) gebührt Hohn (buz) nach Meinung (lǝ-ʿaštut) dessen, der ohne Sorge ist (šaʾanan), der angesichts wankender Füße einen festen Stand hat" [Hiob 12:5]. Dazu sagte Rabbi Abba bar Kahana: Gott sagte: Ein einziger Verkünder (karoz) erstand für mich im Zeitalter der Sintflut, nämlich Noah. Denn dort sagt man anstatt von "Er hat einen Ausrufer karoz [der vor ihm hergeht]": "Er hat eine Fackel (lappid) [die vor ihm hergetragen wird]". Das Wort buz meint: Sie verachteten (mǝbazzin) ihn und nannten ihn einen verächtlichen Greis. Der Sinn von lǝ-ʿaštut šaʾanan ist: Sie waren starrsinnig wie Metallbarren (ʿaštot).
Der Text zeigt, dass Noah auch in der rabbinischen Tradition wie im Koran primär als eine Predigerfigur erscheint (vgl. auch TUK_0024, TUK_0025, TUK_0056), ein in der Genesis noch nicht entwickelter Aspekt der Noah-Gestalt. Wie der Koran berichtet der angegebene Text überdies vom Spott der Zeitgenossen Noahs. Besonders interessant ist die Terminologie, mit der der hier zitierte Midrasch Noahs paränetische Aktivität bezeichnet: Noah wird karoz (aram. "Ausrufer, Verkünder") genannt; analog dazu spricht der Koran von Noah (wie auch von Muḥammad selbst und anderen Propheten) als naḏīr, "Warner" (etwa Q 11:25). Der Midrasch arbeitet mit zwei schwer zu übersetzenden Wortspielen: Indem er die Wortgrenze anders setzt, deutet Rabbi Abba bar Kahana die Wendung la-pid buz, "Dem Unglück gebührt Hohn", im Sinne von "eine verächtliche Fackel" (lappid buz) und bezieht sie so auf Noah, wobei er "Fackel" auf der Grundlage eines von ihm angeführten Idioms als Synonym von "Ausrufer" bzw. "Verkünder" (karoz) versteht. Ähnlich wird am Ende des Zitats ʿaštut "Meinung" mit ʿaštot, "Metallbarren" (Plural von ʿešet) als Sinnbild für Starrsinnigkeit assoziert.