31:6 Und er [Satan] erkannte seine Verurteilung und die Sünde, die er zuvor begangen hatte. Und deshalb sann er [etwas] gegen Adam. Auf diese Weise ging er in das Paradies hinein und verführte die Eva. Den Adam aber berührte er nicht. 7 Aber ihrer Unwissenheit wegen verfluchte ich sie. Aber diejenigen, die ich zuvor gesegnet hatte, die verfluchte ich nicht. Aber selbst diejenigen, die ich zuvor nicht gesegnet hatte, die verfluchte ich nicht. Weder verfluchte ich den Menschen, noch die Erde, noch ein anderes Geschöpf, sondern die böse Frucht des Menschen. 8 Deshalb ist das Gute eines Werkes die Frucht von Mühe durch Schweiß. 32:1 Und ich sprach zu ihm: " Erde bist du, und in dieselbe Erde wirst du hingehen, aus der ich dich genommen habe. Und ich werde dich nicht verderben, sondern ich werde dich [dahin] senden, von wo ich dich genommen habe. Dann kann ich dich wiederum annehmen bei meinem zweiten Kommen." Und ich segnete meine ganzen Schöpfung, die sichtbare und die unsichtbare. Und Adam war fünf Stunden und eine halbe im Paradies.
In der
entsprechende Stelle in Genesis 3 (vgl. TUK_0451) verflucht Gott Adam und Eva zu einem Leben in Schmerzen und Mühsal. Gen 3:19 endet mit der Aussage, dass Adam zum Staub zurückkehren wird. In der späteren jüdischen Tradition (vgl. auch TUK_1107 und TUK_1108) lässt sich die Tendenz erkennen, diesen Fluch abzumildern. So verbinden sowohl Q 7:24-25 als auch das Slawische Henochbuch mit der Vertreibung aus dem Paradies die Aussicht auf Wiederauferstehung beim Jüngsten Gericht. Das slawische Henochbuch betont, dass Gott weder den Menschen, noch die Erde, noch irgendein anderes Geschöpf verflucht habe, sondern nur die bösen Taten des Menschen (Böttrich 1996: p. 928). In Q 7:24-25 verkündet Gott zwar, dass die Menschen auf der Erde leben und sterben werden, sowie ihre künftige gegenseitige Feindschaft mit dem Satan; dies ist aber nicht als Fluch formuliert.
Das im hier zitierten Text aus dem Slawischen Henochbuch erwähnte zweite Kommen Gottes bezieht sich wohl auf das Erscheinen Gottes zum Gericht, wie verschiedene Paralleltexte (Apokalypse des Mose, Testament Abrahams) wahrscheinlich machen. Für christliche Leser lag aber auch eine Assoziation mit der ersten und zweiten Parusie Christi nahe (Böttrich 1996: p. 928).
Eingebettet in die Erzählung von der Himmelsreise Henochs, seiner Rückkehr und seiner Mahnreden an seine Söhne, sowie der Begründung des Priestertums durch Methusalem, Nir und Melchisedek, behandelt das Slawische Henochbuch die Themen Kosmologie, Weisheit, Ethik und Kult. Obwohl nicht identisch mit dem Äthiopischen Henochbuch, setzt das Slawische Henochbuch die dort enthaltenen Henochtraditionen voraus und verrät an mehreren Stellen sogar eine direkte Abhängigkeit. Dennoch handelt es sich beim Slawischen Henochbuch um ein eigenständiges Werk, das dem hellenistischen Judentum in der Diaspora zuzuordnen ist, und in dem sich der Versuch einer Vermittlung von jüdischem Glauben mit den Vorstellungen einer religiös vielfältigen Umwelt erkennen lässt. Während der Großteil des Buches vor der Zerstörung des Tempels entstanden ist, lassen sich auch spätere Interpolationen identifizieren, so jüdisch-mystische, frühchristliche und byzantinisch-chronographische. Verschiedene Indizien sprechen dafür, daß das Slawische Henochbuch ursprünglich auf griechisch verfasst wurde. Ungelöst bleibt in diesem Fall aber das Problem der jüdisch-mystischen Interpolationen, die auch Eingang in die christliche Bearbeitung und Überlieferung des Buches fanden. Erhalten ist das Buch heute nur noch auf altkirchenslawisch. Es wurde ca. im 10./11. Jh. aus dem Griechischen ins Altkirchenslawische übersetzt und in Sammelbände aufgenommen, die Viten, Gebete, Väterzitate, Homilien etc. vereinten und damit auch günstige Überlieferungsbedingungen für verschiedene Apokryphen boten. (Vgl. dazu Böttrich 1996: p. 785-819).