Siehe Abbildung.
Wegen dieses Mannes werden die zwei Geister nicht im Kampf (miteinander) eintreten. Stracks gehe weiter zum Paradies (so) werden ihn, Zaraθuštra, willkommen heißen die Sterne und der Mond und die Sonne. Und (so) werde Ich ihn willkommen heißen, ich der Schöpfer Ahura Mazdāh: „Nach Wunsch (gehe es) dir hier, o Mann, der du vom vergänglichen leben zum unvergänglichen Leben herüberkamst.“ (Wolff 1910: 362)
Im Koran findet sich die Vorstellung von vier Paradiesgärten, die den Gläubigen verheißen werden. In Sure 55:46 und 55:62 wird je der Dual ǧannatān bei der Nennung der Paradiesgärten gebraucht. Entgegen der Deutung Theodor Nöldekes, der die Duale auf eine Reimkonvention zurückführt (Nöldeke 1909: 30; so auch Schimmel 1976: 17–18), argumentiert Angelika Neuwirth, dass es eine stilistische Besonderheit der arabischen Dichtung in vorislamischer Zeit gewesen sei, Duale für Ortsbezeichnungen zu verwenden (Neuwirth 1984: 458). Außerdem lasse der symmetrische Aufbau der Sure das Bild zweier Gartenpaare sinnvoll erscheinen (Neuwirth 1984: 465), so dass sich die Stelle übereinstimmend mit der altarabischen Tradition als „Garten über Garten“ (Neuwirth 1984: 473), oder „unendliche Gärten“ bestimmen lasse (Neuwirth 2010: 219).
Daneben könnte aber auch die zoroastrische Idee von vier Paradiesen Eingang in den eschatologischen Diskurs im Koran gefunden haben: Bereits im Awesta (Vīštāsp Yašt 61, dazu TUK_1454) ist von vier Paradies-Sektionen die Rede, während in der Pahlavī-Literatur (Ardā Wīrāz Nāmag 7:10, dazu TUK_1333; Dādestān ī Mēnōg ī Xrad 7:1-11, dazu TUK_1304) diesen vier Paradiesen antithetisch vier Höllen und ein intermediärer Bereich (TUK_1319 u. TUK_1320) für diejenigen, deren gute und schlechte Taten einander ausgleichen, gegenübergestellt sind. Die parallele Gestaltung der eschatologischen Szenerie ist außerdem in einem awestischen Fragment, dem Hādōxt Nask 2:15 und 2:33 (vgl. TUK 1330; siehe dazu auch Kellens 2012), belegt.
Im hier zitierten Text aus dem Vīdēvdād erscheint in der Abfolge der Begrüßung des Gerechten durch Sterne, Mond und Sonne, sowie Ahura Mazdā selbst die Idee von vier Paradiesebenen angedeutet, die für die mittelpersischen Texte (Dādestān ī Mēnōg ī Xrad u. Ardā Wīrāz Nāmag) charakteristisch ist. Im Gegensatz dazu unterteilen die beiden jungawestischen Fragmente Hādōxt Nask 2:15 und 2:33 sowie Vīštāsp Yašt 61 das Paradies in vier Ebenen: der Ebene des guten Gedankens, des guten Wortes, der guten Tat und der obersten Sphäre, in der Ahura Mazdā selbst weilt.
Das Vīdēvdād („Gesetz zur Verwerfung/Ablehnung der Dämonen“; siehe für verschiedene Deutungen der jungawestischen Wendung dāta vīdēuua Cantera 2006 und Skjærvø 2007: 106) bildet mit Yasna, Yašts, Visparad und Khorde Avesta das Corpus der heute erhaltenen awestischen Texte (siehe dazu Hintze 2009). Es stellte den 19. Teil (nask) des 21 Teile umfassenden sasanidischen Awesta dar (siehe dazu Cantera 2004; zum Vīdēvdād Malandra 2006, Skjærvø 2007 und Hintze 2009: 38–46). Hauptsächlich mit rechtlichen Fragen befasst, insbesondere Reinheitsvorschriften, bildet das Vīdēvdād zusammen mit sechs weiteren, heute verlorenen Büchern das Dād Nask, einen der drei Hauptteile des Awesta (Shaki 1993). Alter und Entstehungszeit wurden und werden kontrovers diskutiert: Während die ältere Forschung eine westiranische Provenienz annahm (siehe den Überblick bei Moazami 2014: 6–8), wird in jüngerer Zeit von der Kompilation verschiedener älterer und jüngerer Textschichten ausgegangen, die einen alten ostiranischen Kern und eine Kanonisierung zu Beginn der Achämenidenzeit wahrscheinlich erscheinen lassen (Skjærvø 2007: 112; Hintze 2009: 45–46).
Der Text gliedert sich in 22 Kapitel und ist vornehmlich als Dialog zwischen Zarathustra und Ahura Mazdā gestaltet. Der mit Abstand größte Teil des Textes (3–17) ist Reinheitsvorschriften und Angaben zum Umgang mit Verletzungen derselben durch die Menschen gewidmet. Die ersten zwei und letzten fünf Kapitel befassen sich mit mythologischen Themen: die Erschaffung der Welt durch Ahura Mazdā (1), die Herrschaft Yimas über die Welt (2), die Versuchung Zarathustras und das Schicksal der Seele nach dem Tode (19), Invokationen des Wassers, der Sonne, des Mondes, der Sterne und der Kuh (21) sowie die Erschaffung von Krankheiten und Leiden durch Aŋra Mainyu und Ahura Mazdās Abwehr, wobei er sich eines heiligen Mantra und der Hilfe Airyamans (22) bedient (für eine Zusammenfassung siehe Malandra 2006).
nōit̰ zī ahmi paiti nairi duua mainiiū rə̄na auua stā̊ŋhat̰
fraṣ̌a fraiia vahištəm ā ahūm
bərəjaiiā̊ṇti ṣ̌ē zaraϑuštra
strə̄šca mā̊ŋhəmca huuarəca
azəmca hē bərəjaēm
yō daδuuā̊ ahurō. mazdā̊
ušta iϑa tē narə
yō iϑiiejaŋhatat̰ haca aŋhaot̰
aiϑiiejaŋhəm ahūm ā frafrā̊