Gott sprach zu ihm: Die Gerechtigkeit und die Rechte, die du übst, sind mir lieber als der Tempel. Woher lässt sich das beweisen? Es heisst 2 Sam. 8, 15: „David übte Recht und Gerechtigkeit an seinem ganzen Volke.“ Was heisst das: „Recht und Gerechtigkeit an seinem ganzen Volke?“ Darüber sind R. Jehuda und R. Nachman verschiedener Meinung. Der eine sagte: Der Richter hat den Unschuldigen frei gesprochen und den Schuldigen verurtheilt und wenn der zu einer Zahlung Verurtheilte es nicht hatte, so gab es David von dem Seinigen. Das war Recht und Gerechtigkeit. Dagegen wandle R. Nachman ein: Wenn dem so ist, so hätte dieses Verfahren die Israeliten (die Armen) zu Betrügereien veranlassen können. Was war Recht und Gerechtigkeit? Dass der Richter den Unschuldigen frei sprach und den Schuldigen verurtheilte, das war Recht und Gerechtigkeit, weil er dadurch das Geraubte ihm entriss. Gott sprach zu den Israeliten: Meine Kinder! weil Recht und Gerechtigkeit vor mir so werth sind, darum seid darauf bedacht (sie zu üben).
In Q 38:26 ermahnt Gott David, zwischen den Menschen gerecht zu urteilen (fa-ḥkum baina n-nās bi-l-ḥaqq; "Entscheide nun zwischen den Menschen nach der Wahrheit"). Im Unterschied zur Hebräischen Bibel, wo die Gerechtigkeit Davids,
anders als die Salomos, nicht besonders hervorgehoben wurde, wird diese
Eigenschaft in der späteren jüdischen Tradition stärker betont. Bei der hier zitierten Stelle aus dem Midrasch Deuteronomium Rabba handelt es sich um eine Auslegung von 2 Sam 8:15, wo es heißt, dass David Recht und Gerechtigkeit (ha-ṣadaqa wə-ha-dinin) an seinem Volk geübt habe. Im Midrasch wird nun erklärt, auf welche Weise dies geschehen sei.
Zu Datierung und Textgeschichte von Deuteronomium Rabba siehe Stemberger 2011, S. 341.
God added: 'The righteousness and justice which you do are more beloved to me than the Temple.' Whence this? For it is said, And David executed justice and righteousness unto all his people (2 Sam 8:15). What is the meaning of righteousness and justice unto all his people? Rab Judah and R. Naḥman each has his own explanation of this. The one says: [David] executed justice, he acquitted the innocent and condemned the guilty; if, however, the guilty party had not the means to pay [the sum adjudged] he would pay it himself. This is the force of 'Justice and righteousness'. Said R. Naḥman to him [Rab Judah]: If so, he would have encouraged Israel to practice deception. And what then is the meaning of 'Justice and righteousness'? He judged justly, acquitting the guiltless and condemning the guilty. This is the force of 'Justice and righteousness', that he made him give up the thing he had robbed. God said: 'My children, seeing that justice is so beloved before Me, be mindful of it.'