Pro eo, quod legimus in regione Chaldaeorum, in hebreo habet in ur Chesdim, id est in igne Chaldaeorum, tradunt autem Hebraei ex hac occasione istius modi fabulam quod Abraham in ignem missus sit, quia ignem adorare voluerit, quem Chaldaei colunt, et dei auxilio liberatur de idololatriae igne profugerit - quod in sequentibus scribitur egressum esse Tharam cum sobole sua de regione Chaldaeorum pro eo, quo in hebreo habetur de incendio Chaldaeorum, - et hoc esse, quod nunc dicitur mortuus est Aram ante conspectum Tharae patris sui in terra nativitatis suae in igne Chaldaeorum: quod videlicet ignem volens adorare igne consumptus sit. Loquitur autem postea dominus ad Abraham ego nim, qui eduxi te de igne Chaldaeorum.
Anstatt was wir als "im Land der Chaldäer" lesen, steht auf Hebräisch: "ur Chesdim", d.h. "im Feuer der Chaldäer". Noch dazu, aus diesem Anlass, überliefern die Hebräer eine Fabel von der Art, dass Abraham ins Feuer geworfen wurde, weil er sich weigerte, das Feuer anzubeten, welches die Chaldäer verehren und dass er mit Gottes Hilfe befreit wurde und dem Feuer der Idolatrie entkam. Was geschrieben steht, dass Thera und sein Nachwuchs "aus dem Land der Chaldäer" herauskamen, steht anstelle von dem, was auf Hebräisch: "vom Feuer der Chaldäer" heisst; und das ist, was nun heisst: "Aram starb noch vor seinem Vater Terah im Land seiner Geburt, im Feuer der Chaldäer"; und das, weil er sich weigerte, das Feuer anzubeten, wurde er vom Feuer verzehrt. Denn danach sprach der Herr zu Abraham: "Ich bin der dich aus dem Feuer der Chaldäer herausbrachte".
Q 37:39 erzählt im Rahmen der Abraham-Sage eine Episode, der zufolge die Feinde Abrahams ihn in einen Feuerofen werfen wollten. Hieronymus berichtet in seinem Buch "Hebräische Fragen zur Genesis" von einer jüdischen nachbiblischen Erzählung, die ebenfalls eine Version dieser Episode kennt, nämlich, dass die Chaldäer, also die Feinde Abrahams, des wahren Gläubigen, ihn ins Feuer werfen wollten. Abraham wurde jedoch mit Gottes Hilfe gerettet und konnte so auch - nach Hieronymus - metaphorisch dem Feuer der Idolatrie entkommen. Hieronymus erklärt diese Erzählung auf der Basis einer philologischen Analyse der entsprechenden biblischen Passage. Folglich wird die biblische Erwähnung des Toponyms Ur in Chaldäa, welches als die Heimatstadt bzw. das Land von Abraham verstanden wird (vgl. LXX 11:28: καὶ ἀπέθανεν Αρραν ἐνώπιον Θαρα τοῦ πατρὸς αὐτοῦ ἐν τῇ γῇ, ᾗ ἐγενήθη, ἐν τῇ χώρᾳ τῶν Χαλδαίων [Gen 11:28 Dann starb Haran, noch vor seinem Vater Terach, in seiner Heimat Ur in Chaldäa] und Gen 15:7: εἶπε δὲ πρὸς αὐτόν· ἐγὼ ὁ Θεὸς ὁ ἐξαγαγών σε ἐκ χώρας Χαλδαίων, ὥστε δοῦναί σοι τὴν γῆν ταύτην κληρονομῆσαι [Und er sprach zu ihm: Ich bin der HERR, der dich von Ur in Chaldäa ausgeführt hat, daß ich dir dies Land zu besitzen gebe] nicht als ein Toponym verstanden, sondern als das hebräische Nomen „ur“, d.h. „Feuer“ interpretiert. Die jüdischen Exegeten hatten also im biblischen Text Gen 15:7 nicht gelesen, dass Abraham aus (der Stadt) Ur in Chaldäa herauskam (bzw. auswanderte) sondern aus dem „Feuer“ der Chaldäer (TM: וַיָּ֣מָת הָרָ֔ן עַל־פְּנֵ֖י תֶּ֣רַח אָבִ֑יו בְּאֶ֥רֶץ מֹולַדְתֹּ֖ו בְּא֥וּר כַּשְׂדִּֽים׃). Auf dieser philologischen Ambiguität des biblischen Textes ist dann die jüdische Geschichte entstanden, dass die Chaldäer Abraham ins Feuer werfen wollten und zwar weil er ihre idolatrische Anbetung des Feuers verweigert hatte. Diese Geschichte wird auch von Augustin angeführt (TUK_1026) und entspricht einer Erzählung im Midrasch Genesis Rabbah 32:28 (TUK_0664, vgl. Speyer 1931: p. 143-144).