Et inspexi et uidi alium senem deorsum in fouea, et erat aspectus eius sicut (s)anguis, et interrogaui et dixi: Domine, quis est hic locus? Et dixit mihi: In istam foueam influtna omnes pene. Et udii uiros ac mulieres dimersos usque ad labia et interrogaui: Qui sunt isti, domine? Et dixit mihi: Hii sunt malefici qui prestiterunt uiris ac mulieribus maleficia magica et non inuenerunt requiescere eos usque dum morientur. Et iterium uidi mulieries uultu nigro ualde in fouea ignis, et suspiraui (et) ploraui et interrogaui; Qui sunt hii, domine? Et dixit mihi: Hii sunt fornicatores et mouechi qui abent (es) proprias uxores mechati sunt; smiliter et mulieres eodem more mechauerunt abentes proprios uiros; propterea indeficienter persoluunt penas.
Die Gesichter der Menschen legen nach koranischer Vorstellung Zeugnis von ihren Taten ab (Abdel Haleem 1990). In Q 3:106 wird betont, dass die Gesichter der Gerechten am Tage des Gerichts erstrahlen werden, während die Gesichter der Sünder schwarz werden. Dunkelheit wird somit im eschatologischen Kontext zu einem Charakteristikum der Sünder, die in Q 10:27 und Q 36:37 als muẓlimūn und Q 21:87 und Q 7:44 als ẓālimīn bezeichnet werden (Christiansen 2015: 196-197). Besonders auffällig sind in in diesem Zusammenhang jene Passagen, in denen die Gesichter der in Dunkelheit gefangenen Sünder geschwärzt erscheinen, und diese somit in ihrer körperlichen Erscheinung das Emblem ihrer Sündhaftigkeit tragen (Q 41:19-20). Eine ähnliche Vorstellung findet sich in der Visio Pauli, wobei hier den geschwärzten Gesichtern die konkrete Sünde des Ehebruchs zugeordnet ist.
Die Visio Pauli schildert die Jenseitsreise des Apostels Paulus, bei der er Himmel und Hölle besucht. Alter und Entstehungszeit sind in der Forschung umstritten: Eine frühe Datierung auf das Ende des 3. Jahrhunderts wird durch die Erwähnung der Apokalypse bei Origines (gest. 254 n. Chr.) gestützt, wobei die betreffende Stelle nur in einem Zitat bei Bar Hebräus (gest. 1268 n. Chr.) erhalten ist (Silverstein 1962; Hilhorst 2007: 5). Gleichwohl lässt sich als terminus ante quem das Jahr 400 festlegen, wobei die lateinische Fassung auf das Ende des 5. Jahrhunderts zu datieren ist (Bremmer 2009: 306-307). Ursprünglich auf Griechisch verfasst, fand die Apokalypse weite Verbreitung, so dass schließlich Fassungen in Kirchenslawisch, Koptisch, Syrisch, Arabisch und Latein, wovon allein elf Rezensionen auf uns gekommen sind (Jiroušková 2006). Strukturell lassen sich sieben Teile des Textes unterscheiden: In der Einleitung wird die Entdeckung der Apokalypse des Paulus in einem Haus in Tarsus geschildert (1-2), im zweiten Teil führen sodann die Sonne und der Mond, das Meer, die Erde und die Sterne bei Gott Beschwerde über die Taten der Menschen (3-6) woraufhin die Engel Bericht über die Taten der Sünder und Gerechten erstatten (11-18). Daran anschließend wird die Reise des Paulus durch Himmel (19-30) und Hölle (31-44) geschildert. Den Schluss der Apokalypse bildet eine zweite Paradiesreise (45-51), die fragmentarisch das Werk abschließt (Hilhorst 2007: 7-15). Die Pein, welche die Sünder in der Hölle zu gewärtigen haben, wird in der Visio Pauli in großer Eindrücklichkeit und Detailliertheit dargestellt (Czachesz 2007). Nicht weniger als 25 Kategorien von Vergehen werden genannt, denen jeweils eine Strafe korrespondiert (vgl. die Übersicht bei Bremmer 2009: 307-308).