٢٣ كثَمودَ التي تَفَتَّكَت الدِينَ عُتِيّاً وأُمَّ سَقْبٍ عَقيرا
٢٤ ناقة ٌ لِلإلهِ تَسْرَحُ في الارض وتَنْتابُ حَوْلَ ماءِ مُديرا
٢٥ فأتاها أُحَيْمِرٌ كأخي السَهْم بعَضبٍ فقال كوني عَقيرا
٢٦ فأبَتَّ العُرْقوبَ والساقَ منها ومَضَى في صَميمِه مَكْسورا
٢٧ فرَأى السَقْبُ أُمَّه فارَقَتْه بعدَ إلْفٍ حَنِيَّة ً وظَؤُورا
٢٨ فأتَى صَخْرةً فقام عليها صَعْقة ً في السَّماءِ تَعْلو الصُخورا
٢٩ فرَغَا رَغْوَةً فكانت عليهم رَغْوَةُ السَقْبِ دُمِّروا تَدْميرا
٣٠ فأُصيِبوا إلا الذريعةَ فاتَتْ من جَواريهم وكانت جَرورا
٣١ سَنْفة ٌ أُرْسِلَتْ تُخبِّر عنهم اهلَ قُرْح ِ بأن قد أمْسَوا ثُغُورا
٣٢ فسَقَوْها بعد الحَديث فماتت وانتَهَى رَبُّنا وأوْفَى حَقيرا
23. Wie die Ṯamūdäer, welche der Religion in ihrer Widerspenstigkeit den Garaus machten, mit der Mutter des jungen Kamels, als ihr die Flechsen durchgehauen wurden,
24. eine Kamelin Gottes, die frei im Lande herum weidete und abwechselnd [mit den Kamelen der Ṯamūdäer] zur Tränke ging [vgl. Q 7:73, 11:64, 26:155, 54:27-28 und 91:13].
25. Da kam zu ihr der gottlose Aḥmar, wie ein Pfeil, mit einem scharfen Schwert und sagte: "Dir sollen die Flechsen durchgehauen werden!",
26. worauf er ihr das Schienbein und den Unterschenkel durchhieb, so dass das Schwert bis zum Knochen durchdrang und zerbrach.
27. Da sah das Junge, wie seine Mutter, die ihm bisher eine geneigte und zärtliche Gefährtin gewesen war, von ihm fern blieb,
28. und ging zu einem Felsen, stellte sich darauf und stiess einen Schrei gegen den Himmel aus, der an den Felsen hinaufdröhnte,
29. und ein Brüllen, das bedeutete: "Mögen sie vernichtet werden!"
30. Da wurden sie getroffen ausser der Schnellfüssigen, die zu ihren Mägden gehörte und lahm gewesen war -
31. ein entblätterter Zweig; sie wurde gesandt, um die Einwohner von Qurḥ von ihnen zu benachrichtigen, dass sie verloren seien.
32. Nachdem sie das gemeldet, tränkten sie sie, und dann starb sie. Und so vergalt der Herr schliesslich einem Gemeinen [d.h. den Aḥmar] nach Verdienst.
Zur umstrittenen Authentizität der Umayya ibn abī ṣ-Ṣalt zugeschriebenen Gedichte vgl. allgemein die Anmerkung zu TUK_0420. Weitere Teile des hier zitierten Gedichts werden als TUK_0613 (Vers 1-10) und TUK_0524 (Vers 23-32) zitiert. Frank-Kamenetzky hält das Gedicht in Gänze für echt (Frank-Kamenetzky 1911: p. 48). Tatsächlich liegen zwischen dem hier zitierten Passus und den koranischen Ṯamūd-Erzählungen kaum sprachliche Überschneidungen vor, sofern man von durch die Handlung selbst vorgegebenen Parallelen wie dem Gebrauch des Verbs ʿaqara absieht. Was das Geschehen selbst betrifft, so besteht sogar ein gravierender Unterschied: Es fehlt die in allen koranischen Ṯamūd-Abschnitten (vgl. Q 7:73-79, 11:61-68, 15:80-84, 17:59, 26:141-159, 27:45-53, 41:13, 41:17-18, 51:43-45, 54:23-31, 69:4-5, 89:9, 91:11-15) zentrale oder doch vorausgesetzte Gestalt eines zu den Ṯamūd gesandten Warners, der in einigen Versionen mit dem Namen Ṣāliḥ bezeichnet wird; stattdessen erzählt das Gedicht vom Überleben einer ṯamūdischen Magd, die den Bewohnern von Qurḥ von der Vernichtung ihrer Landsleute berichtet und dann stirbt. Auch von einem Kameljungen, das nach dem Tod seiner Mutter einen Fluch gegen die Ṯamūd ausstößt, ist im Koran bis auf eine mögliche Andeutung (vgl. Q 54:31: "Wir sandten über sie einen einzigen Schrei") nicht die Rede.
Andrae 1926: p. 52f zweifelt gleichwohl an der Authentizität des Gedichts und hebt hervor, dass sich die Ṯamūd-Passage zwar in verschiedener Hinsicht von den relevanten Koranabschnitten unterscheidet, jedoch mit späteren islamischen Ausschmückungen der Ṯamūd-Legende übereinstimmt. Insbesondere weist Andrae auf eine bei aṭ-Ṭabarī überlieferte und auf Ibn Isḥāq zurückgeführte Erzählung hin, die ebenfalls vom Schicksal der überlebenden Magd berichtet (aus der Erzählung geht dabei deutlicher als aus dem Gedicht hervor, dass die Magd ursprünglich lahm war, Gott ihr nach der Vernichtung ihrer Landsleute jedoch wunderbarerweise "die Füße löste", so dass sie "schneller als alles, was bisher gesehen wurde", davonlief). Andrae zufolge ist die Übereinstimmung zwischen dem Gedicht und der Überlieferung bei aṭ-Ṭabarī dadurch zu erklären, dass das Gedicht von späteren koranexegetischen Traditionen abhängig ist und deshalb nachkoranisch sein muss.
Diese Argumentation ist jedoch kaum zwingend. Denn es ist auffällig, dass in der Ibn-Isḥāq-Erzählung die im Gedicht ganz fehlende Gestalt des Ṣāliḥ eine außerordentlich prominente Rolle spielt. Es erscheint deshalb sehr viel wahrscheinlicher, dass die bei Ṭabarī erhaltene und ganz offensichtlich als umfassende Darstellung des Schicksals der Ṯamūd intendierte Erzählung eine sekundäre Kombination der koranischen Ṯamūd-Abschnitte mit altarabischem Sagenmaterial darstellt; das Umayya zugeschriebene Gedicht dagegen dürfte das in die umfassendere Ibn-Isḥāq-Darstellung eingegangene altarabische Überlieferungsgut repräsentieren und muss damit keineswegs nachkoranisch sein. Allerdings beruht diese Deutung des Materials auf einem argumentum e silencio: Es ist immerhin denkbar, dass der Umayya zugeschriebene Text tatsächlich eine nachträgliche Versifizierung derjenigen Elemente der frühislamischen Ṯamūd-Legende darstellt, die nicht im Koran erscheinen; der mutmaßliche Dichter des Stücks hätte dann ganz bewusst alle koranischen Motive ausgelassen und sich ganz auf außerkoranisches Überlieferungsgut beschränkt. Eine solche Hypothese erscheint jedoch äußerst unwahrscheinlich, zumal die meisten anderen der Umayya sekundär zugeschriebenen Texte gerade besonderen Wert auf eine koranisierende Diktion zu legen scheinen.
Das Gedicht dokumentiert damit Grundzüge der vorkoranischen Ṯamūd-Legende und macht deutlich, dass die Einführung anderer Warnergestalten wie Noah oder Moses analogen Gottesboten namens Ṣāliḥ eine koranische Innovation sein dürfte. Zu einem Vergleich des Textes mit Q 91:11-15, der frühesten koranischen Ṯamūd-Perikope, s. den Kommentar zu Sure 91.
Von Interesse ist weiterhin, dass der erste Vers - sofern die vermutete Übersetzung von transitivem tafattaka mit "den Garaus machen" richtig ist - ein interessantes Schlaglicht auf die Bedeutung des koranischen Ausdrucks dīn wirft, der unter dem Einfluss von aram. dīnā, "Gericht" bzw. – sowohl in rabbinischem wie in syrisch-christlichem Sprachgebrauch – "Jüngstes Gericht" im Koran zunächst einen eschatologischen Sinn hat, in späteren Suren jedoch aufgrund seiner semantischen Interferenz mit mittelpers. dēn auch "Religion" bedeutet (vgl. den Kommentar zu 107:1). Sofern das Gedicht in der Tat authentisch ist, belegt es, dass diese zweite, im Koran erst später erscheinende Bedeutung von dīn bereits in vorkoranischer Zeit existierte.
Zur Lehnwortproblematik bezüglich dīn, vgl. auch Jeffery 1938: p. 131ff.