ወበእማንቱ፡ መዋዕል፡ እለ፡ ይፄነሱ፡ ይወፅኡ፡ ወይመሥጡ፡ ደቂቆሙ፡ ወይገድፍዎሙ፡ ለደቂቆሙ፡ ወእምኔሆሙ፡ ይድኅፁ፡ ውሉዶሙ፡ ወአንዘ፡ ይጠብዉ፡ ይገድፍዎሙ፡ ወኢይገብኡ፡ ኀቤሆሙ፡ ወኢይምህርዎሙ፡ ለፍቁራኒሆሙ።
5 Und in jenen Tagen werden die, die in (Gebär)Nöten sind [oder: die schwanger sind], gehen und ihre Kinder (heraus)reißen und sie von sich stoßen; ihre Kinder gehen ihnen als Fehlgeburt ab, und während sie an der Brust trinken werden, stoßen sie ihre Kinder von sich, und sie werden sich nicht zu ihnen zurückwenden und sich ihrer Lieben nicht erbarmen.
Wie das Henochbuch spricht auch der Koran davon, daß beim Anbrechen des Jüngsten Gerichts die Schwangeren sofort gebären, bzw. eine Fehlgeburt erleiden, und sich die stillenden Frauen nicht mehr um ihre Kinder kümmern werden. Die beiden Texte unterscheiden sich aber hinsichtlich des Zeitraums der betreffenden Ereignisse. Während in der Epistel Henochs zwar auch vereinzelt Wendungen wie "Tag der Finsternis" (ʿəlata ṣəlmat) oder "Tag des großen Gerichts" (ʿəlata kwənnane ʿābbay) verwendet werden, die den Jüngsten Tag selbst bezeichnen, wird dennoch mehr die das Gericht einleitende Endzeit mit den in ihr stattfindenden Ereignissen und Vorzeichen beschrieben, oft - so auch im hier zitierten Text - durch "in jenen Tagen" (ba-ʾəmāntu mawāʿəl) eingeleitet. Im Gegensatz dazu wird Q 22:2 durch yauma ("am Tag") eingeleitet; die besagten Ereingnisse geschehen unmittelbar im Vorfeld des Gerichtes. Darin stimmt Q 22:2 mit der auch an anderen Koranstellen zu findenden Schilderung der Stunde des Gerichtes als plötzlich hereinbrechendes, nicht vorhersehbares Ereignis überein.
Vgl. auch Mt 24:19 ("Weh aber den Frauen, die in jenen Tagen schwanger sind oder ein Kind stillen."), bzw. Mk 13:17.
Das Äthiopische Henochbuch besteht aus mehreren zu unterschiedlichen Zeiten (3.-1. Jh. v. Chr.) entstandenen Traktaten: 1) Das Buch der Wächter; 2) Die Bilderreden; 3) Das Astronomische Buch; 4) Das Buch der Traumvisionen; 5) Die Epistel Henochs. Die Zusammenfassung zu einem Buch wurde wahrscheinlich nach der Zeitenwende von einem jüdischen Redaktor vorgenommen. Anhand von Henochs Himmelsreisen, Visionen und Mahnreden (bzw. -schriften) werden vor allem die Themen Eschatologie, Kosmologie und Weisheit behandelt. Entstanden sind die Traktate des Äthiopischen Henochbuchs vermutlich in antihellenistischen apokalyptischen Kreisen, die der Qumrangemeinschaft nahestanden. Mit anderen in Qumran gefundenen Schriften teilt das Äthiopische Henochbuch verschiedene Elemente: die Gestalt des Urweisen, deren Prototyp Henoch ist, dem die himmlischen Geheimnisse offenbart werden; die Deutung der Geschichte von Adam bis zum Ende; die Schilderung der Endzeit mit Krieg und Vernichtung, auf die das Gericht Gottes folgt, in dem der Satan und die gefallenen Engel sowie die Sünder vernichtet werden, während für die Frommen eine ewige Heilszeit anbricht. Die Frage nach der ursprünglichen Sprache (aramäisch oder hebräisch) des Äthiopischen Henochbuches ist nicht übereinstimmend geklärt; so wurden neben mehreren aramäischen Fragmenten in Qumran auch zwei hebräische gefunden. Später wurde das Buch auch im Christentum rezipiert, wovon Fragmente in verschiedenen Sprachen (griechisch, koptisch, syrisch, lateinisch) zeugen. Vollständig erhalten ist das Henochbuch dagegen nur in der äthiopischen Übersetzung (vermutlich im 5.-7. Jh. aus dem Griechischen übersetzt); wahrscheinlich dadurch bedingt, daß es bis heute Teil des Kanons der äthiopischen Kirche ist, während es in anderen christlichen Konfessionen und im Judentum heute kaum mehr eine Rolle spielt. (Vgl. dazu Uhlig 1984: p. 466-497).