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Welcher begleitete Lima, den Strahlenden, mit den guten Herden,
über eine lange Zeit hin,
so daß er herrschte auf der siebenteiligen Erde
über Dämonen und Menschen,
über Zauberer und Hexen,
über Machthaber, Seher und Ritualpriester
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Welcher von den Dämonen heraufbrachte
beide, Wohlstand und Ansehen;
beide, Kleinvieh und Großvieh;
beide, Zufriedenheit und Ehre.
Aufgrund dessen Herrschaft soll das zu Essende aber sein:
beide Speise als unversiegliche,
unvergänglich (sollen sein) Tier und Mensch
nicht vertrocknend Wasser und Pflanzen.
Im Koran wird an drei Stellen davon erzählt wie Salomo die Dämonen (ǧinn) dienstbar gemacht wurden. Während ihm in Q 27:17 ein Truppenaufgebot von ǧinn zur Seite gestellt wird, berichtet Q 21:82 davon, dass Dämonen ins Meer getaucht seien und, nicht näher definierte Arbeiten für ihn verrichtet hätten (siehe Q 34:12). Dies erinnert an die verbreitete jüdische Vorstellung, wonach Salomo Herr über die Dämonen gewesen sei, und diese ihm beim Bau des Tempels zu Diensten gewesen seien (siehe Giversen 1972 u. Kalmin 2014). Heinrich Speyer hat die koranischen Parallelen zu den jüdischen und christlichen Texten herausgestellt (siehe TUK_1280, TUK_1394, TUK_1418 u. Speyer 1931: 386-387).
In diesem Zusammenhang soll auch auf eine Passage im Zamyād-Yašt hingewiesen werden, die eine ähnliche Vorstellung von der Herrschergewalt über Dämonen in zoroastrischen Texten belegt. Bereits 1906 hatte Wilhelm Bousset auf Parallelen zwischen dem awestischen König Yima und Salomo hingewiesen (Bousset 1906: 564) und Claus Schedl will gar in der Königin von Saba eine literarische Umformung der Yima-Legende erkennen (Schedl 1981: 317-319, 323 siehe Diskussion u. Kritik bei Nünlist 2015: 462-464; zur komplexen Yima-Mythologie siehe Skjærvø 2012). In der Forschung ist die Frage der Interdependenz zentraler Ideen der jüdischen und zoroastrischen Tradition heftig debattiert worden, wobei die ältere Forschung teils zu direkten Abhängigkeiten tendiert hat (siehe die Darstellung der älteren Literatur bei Barr 1985). Die rezente Forschung ist dahingegen zurückhaltender geworden, klare Entlehnungen zu attestieren (siehe jetzt Silverman 2012), so dass es vielmehr angebracht erscheint, von einer geteilten "mythic phenomenology" zu sprechen (Silverman 2013: 220).
Die hier zitierte Passage aus dem Zamyād-Yašt weist augenfällige Parallelen zu der im Koran thematisierten Herrschergewalt Salomos über die Dämonen auf. Die Yašts enthalten Reminiszenzen epischer Erzählungen, die diese jedoch nicht näher ausführen, sondern lediglich Anspielungen auf als bekannt vorausgesetzete Stoffe enthalten (Hintze 1994: 33-40). In diesem Zusammenhang ist die Erzählung von der Macht einer Reihe mythischer Könige über die Dämonen signifikant, die über Dämonen herrschen: In Yašt 19:26 wird berichtet, wie Haošiiaŋha Paraδāta zahlreiche Dämonen erschlägt (siehe Shahbazi 2004). Es folgt die Erzählung von Taxma Urupi, der auf Aŋra Mainyu 30 Jahre um die Welt reitet, nachdem er alle Dämonen, Hexen und Zauberer besiegt hat (Yašt 19:28-29). Schließlich die hier zitierte Stelle aus dem Awesta, die König Yima in den Fokus rückt und den Abschluss der Erzählung über die Unterwerfung der Dämonen durch mythischen Könige bildet (siehe Skjærvø 2013 u. Hintze 1994: 35-36).
Die Yašts, eine Gruppe von 21 Hymnen an Gottheiten und protektive Prinzipien, bilden zusammen mit Yasna, Vīsparad, Vīdēvdād und Ḫordeh Awestā das Korpus des Awesta (siehe einleitend Hintze 2014; Hintze 2009: 46-62). Da für die awestischen Texte gemeinhin von einer mündlichen Komposition und Rekomposition ausgegangen wird (Skjaervø 1994; Kreyenbroek 1996; Rezania 2010), ist ihre Entstehungszeit umstritten. Obgleich einige Hinweise auf eine frühe Abfassung bei Pausanias (gest.180 n. Chr. siehe Boyce and Grenet 1991: 235-239; de Jong 1997: 364-365) und in Mānīs Kephalaia (Cantera 2004: 144-146) existieren, ist die Verschriftlichung in die spät-sāsānidische Zeit zu datieren (siehe die Zusammenfassung der Forschungsdebatte bei Cantera 2004: 106-163). Das mittelpersische Wort Yašt ("Hymne", MacKenzie 1971: 97) geht auf das awestische Verb yaz ("rituell verehren", Bartholomae 1904: 1274-1280) zurück. Alter und Entstehungskontext lassen sich nicht präzise bestimmen, obgleich einiges dafür die Achämenidenzeit spricht, wie ein Hinweis bei Herodot nahelegt (de Jong 1997: 117), als terminus ante quem anzusetzen (Hintze 2014). Der Zamyād-Yašt ist der Erde gewidmet, die auch als Tagesgenius des 28. Tages des zoroastrischen Monats fungiert (Hintze 1994: 45-49). Inhaltlich lassen sich zwei Teile unterscheiden: Der erste Abschnitt (1-8) enthält eine Liste der großen Berge, denen in der religiösen Vorstellungswelt eine besondere Bedeutung zukommt (dazu Hintze 1994: 40-45). Der zweite Abschnitt (9-96) preist die Kayāniden-Herrscher, schließt jedoch auch Zarathustra selbst und den Saošyant, einen endzeitlichen Welterlöser (siehe Malandra 2013), ein. Alter und Entstehungszeit des Zamyād Yašt lassen sich nur ungefähr eingrenzen, wobei Almut Hintze zu der Annahme tendiert, dass die, im Vergleich zu anderen awestischen Texten, stark ausgeprägte Eschatologie (Hintze 1994: 42), und die Sprachstufe, die ein Jungawestisch mit südwestiranischen Dialekteinfluss erkennen lässt (Hintze 1994: 49-52), für eine Datierung auf das 6. Jh. v. Chr. sprechen.
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yat̰ upaŋhacat̰
yim yiməm xṣ̌aētəm huuąϑβəm
darəγəmcit̰ aipi zruuānəm
yat̰ xṣ̌aiiata paiti būmīm haptaiϑiiąm
daēuuanąm maš́iiānąmca
yāϑβąm pairikanąmca
sāϑrąm kaoiiąm karafnąmca
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yō uzbarat̰ haca daēuuaēibiiō
uiie ištišca saokāca
uiie fṣ̌aonišca vąϑβāca
uiie ϑrąfsca frasastišca
yeŋ́he xṣ̌aϑrāδa xvairiiaṇtu +astu
uiie xvarəϑe ajiiamne
amarəṣ̌aṇta pasu vīra
aŋhaoṣ̌əmne āpa uruuaire