ምሳሌ፡ ቀዳሚ፡ ሶባ፡ ያስተርኢ፡ ማኅበረ፡ ጻድቃን፡ ወይትኴነኑ፡ ኃጥአን፡ በኃጢአቶሙ፡ ወእምገጸ፡ የብስ፡ ይትሐወኩ፡ ወሶበ፡ ያስተርኢ፡ ጽድቅ፡ በገጾሙ፡ ለጻድቃን፡ እለ፡ ኅሩያን፡ ተግባሮሙ፡ ስቁል፡ በእግዚአ፡ መናፍስት፡ ወያስተርኢ፡ ብርሃን፡ ለጻድቃን፡ ወለኅሩያን፡ እለ፡ የኃድሩ፡ ዲበ፡ የብስ፡ አይቴ፡ ማኅደረ፡ ኃጥአን፡ ወአይቴ፡ ምዕራፎሙ፡ ለእለ፡ ክሕድዎ፡ ለእግዚአ፡ መናፍስት፡ እምሐየሶሙ፡ ሶበ፡ ኢተወልዱ።
1 Erste Bilderrede. Wenn die Gemeinde der Gerechten sichtbar werden wird und die Sünder wegen ihrer Sünden gerichtet werden und von der Oberfläche des Festlandes vertrieben werden, 2 wenn die Gerechtigkeit erscheinen wird vor dem Angesicht der Gerechten, den Auserwählten, deren Werke gewogen werden von dem Herrn der Geister, und (wenn) das Licht der Gerechten und Auserwählten erscheinen wird denen, die auf dem Festland wohnen - wo (wird dann) die Wohnung der Sünder und wo der Aufenthaltsort derer, die den Herrn der Geister verleugnet haben, sein? Es wäre für sie besser, wenn sie nicht geboren wären.
Die im Koran bezeugte Vorstellung, daß die Taten der Menschen beim Jüngsten Gericht gewogen werden, findet sich auch im Äthiopischen Henochbuch (vgl. auch Hen 41:1, 61:8). Während sich die Vorstellung, beim Totengericht würden die Herzen der Menschen gewogen, bereits im alten Ägypten nachweisen läßt, handelt es sich beim Äthiopischen Henochbuch für einen der frühesten Belege für ähnliche Vorstellungen im Judentum. Das Motiv der Waage kommt zwar auch in der Hebräischen Bibel vor, so in Daniel 5:27 ("Tekel: Gewogen wurdest du auf der Waage und zu leicht befunden") und Hiob 31:6 ("dann wäge Gott mich auf gerechter Waage, / so wird er meine Unschuld anerkennen"), allerdings noch nicht in eschatologischem Kontext; Lohn und Strafe werden dort bereits im Diesseits erfahren. Später wird das Motiv auch in weiteren Apokalypsen verarbeitet, so z.B. in der Syrischen Baruch-Apokalypse 41:6 oder in der Apokalypse Zefanjas 13:4. Auch im Jerusalemer Talmud, Qidduschin 61d findet sich ähnliches. (Uhlig 1984: p. 582)
Das Äthiopische Henochbuch besteht aus mehreren zu unterschiedlichen Zeiten (3.-1. Jh. v. Chr.) entstandenen Traktaten: 1) Das Buch der Wächter; 2) Die Bilderreden; 3) Das Astronomische Buch; 4) Das Buch der Traumvisionen; 5) Die Epistel Henochs. Die Zusammenfassung zu einem Buch wurde wahrscheinlich nach der Zeitenwende von einem jüdischen Redaktor vorgenommen. Anhand von Henochs Himmelsreisen, Visionen und Mahnreden (bzw. -schriften) werden vor allem die Themen Eschatologie, Kosmologie und Weisheit behandelt. Entstanden sind die Traktate des Äthiopischen Henochbuchs vermutlich in antihellenistischen apokalyptischen Kreisen, die der Qumrangemeinschaft nahestanden. Mit anderen in Qumran gefundenen Schriften teilt das Äthiopische Henochbuch verschiedene Elemente: die Gestalt des Urweisen, deren Prototyp Henoch ist, dem die himmlischen Geheimnisse offenbart werden; die Deutung der Geschichte von Adam bis zum Ende; die Schilderung der Endzeit mit Krieg und Vernichtung, auf die das Gericht Gottes folgt, in dem der Satan und die gefallenen Engel sowie die Sünder vernichtet werden, während für die Frommen eine ewige Heilszeit anbricht. Die Frage nach der ursprünglichen Sprache (aramäisch oder hebräisch) des Äthiopischen Henochbuches ist nicht übereinstimmend geklärt; so wurden neben mehreren aramäischen Fragmenten in Qumran auch zwei hebräische gefunden. Später wurde das Buch auch im Christentum rezipiert, wovon Fragmente in verschiedenen Sprachen (griechisch, koptisch, syrisch, lateinisch) zeugen. Vollständig erhalten ist das Henochbuch dagegen nur in der äthiopischen Übersetzung (vermutlich im 5.-7. Jh. aus dem Griechischen übersetzt); wahrscheinlich dadurch bedingt, daß es bis heute Teil des Kanons der äthiopischen Kirche ist, während es in anderen christlichen Konfessionen und im Judentum heute kaum mehr eine Rolle spielt. (Vgl. dazu Uhlig 1984: p. 466-497).