13 Θεωροῦντες δὲ τὴν τοῦ Πέτρου παρρησίαν καὶ Ἰωάννου καὶ καταλαβόμενοι ὅτι ἄνθρωποι ἀγράμματοί εἰσιν καὶ ἰδιῶται, ἐθαύμαζον ἐπεγίνωσκόν τε αὐτοὺς ὅτι σὺν τῷ Ἰησοῦ ἦσαν,
Als sie den Freimut des Petrus und des Johannes sahen und merkten, dass es Analphabeten und einfache Leute waren, waren sie erstaunt und erkannten, dass sie mit Jesus gewesen sein mussten,
Die Interpretation des Begriffes ʾummiyy im Koran ist kontrovers. Die Bedeutung "heidnisch, gentilisch (ethnikós), nicht bereits einer Buchreligion angehörend" ist für einige Stellen wahrscheinlich. Inwieweit die in der islamischen Tradition verbreitete Idee der Bedeutung „Analphabet(en)“ schon impliziert ist, muss noch offen bleiben. Eine Interpretation als "gentilisch, nicht einer Buchreligion(sgruppe) angehörig" ist seit Josef Horovitz gängig (Horovitz 1925: p. 144-227). Außerdem mag das Wort als "(schrift-)unkundig" (aber nicht unbedingt analphabetisch) verstanden werden (Horovitz gleicht es mit dem hebräischen Begriff ʿam/ʿammē hā-āreṣ, welcher für schriftungebildetes Volk benutzt wird. Die lautliche Gleichung von ʿam mit ʾumm- ist allerdings abzulehnen. Alif und ʿAin werden im Arabischen, auch in Lehnwörtern auseinandergehalten. Desweiteren ließe sich der Vokalismus nicht ohne Weiteres erklären. Für eine Übersicht klassisch islamischer und 'westlicher' Interpretationen vgl. z.B. Decasa 1999: p. 137ff. Was nun außerkoranische Parallelen angeht, so findet sich in Apostelgeschichte 4:13 eine Argumentation, welche einem in islamischer Literatur anzutreffenden Verständnis und dem des ʿam hā-āreṣ ähnelt: In der islamischen Tradition wird ʾummiyy wiederholt als "Analphabet" gedeutet (bzw. als Gegensatz zu qāriʾ, vgl. etwa Calder 1990: p. 111-123). In der Apostelgeschichte sind die Apostel ebenfalls "ungebildet" (idiôtai) und "Analphabeten" (griechisch: agrammatoi); sie sprechen aber wie Gelehrte und tun Wunder. Gerade daran erkennen die Menschen, dass sie mit Jesus gewesen sein müssen; d.h. direkte Instruktion bekommen haben müssen. Ähnlich geht die Argumentation bei der Vorstellung über Muhammad: Er ist des Lesens- und Schreibens unkundig, dem was er verkündet muss also direkte Instruktion, in diesem Fall von Gott, zugrunde liegen. Der im neutestamentarischen Text benutzte Begriff agrammatos mag auch als "nicht schriftgelehrt" (= ʿam/ʿammē hā-āreṣ) verstanden werden, wodurch sich aber natürlich an der grundsätzlichen Aussage nichts ändert. Im Koran wird nicht nur der Prophet an zwei Stellen (7:157 und 7:158) als an-nabiyyu l-ʾummiyy bezeichnet, es kontrastieren auch (in 3:20) die ʾummiyyūn mit ʾūtū l-kitāb "denen des Buches", bzw. die ʾummiyyūn werden (2:78) als lā yaʿlamūna l-kitāb "sie kennen die Schrift nicht" beschrieben. Mit Horovitz (Horovitz 1925 und Horovitz 1953: s.v. nabī) kann an-nabiyyu l-ʾummiyy und wohl auch 3:20 im Sinne von (Prophet der) "nicht-Juden" (und "nicht-Christen") verstanden werden. In 3:20 müssen "die des Buches" aber nicht notwendigerweise als Angehörige einer Buch- (d.h. Offenbarungs-)religion aufgefasst werden. Der Ausdruck kann auch auf ungebildete, schriftunkundige agrammatoi bezogen werden. Dies gilt besonders für 2:78, wo offenbar von Menschen innerhalb der ʾahl al-kitāb (Buchreligionsgemeinde) bzw. Gläubigen die Rede ist. Hier kommt man kaum umhin ʾummiyy, wenn nicht im Sinne von "Analphabet", so doch im Sinne von "schriftunkundig" zu verstehen (contra Horovitz, der, in Horovitz 1953: s.v. nabī, auch hier "originally pagan Arabs that adopted Judaism" sehen möchte). Dies schließt jedoch nicht aus, dass ʾummiyy an anderen Stellen als 'gentilisch' zu verstehen ist. Letzteres ist sehr sicher in Sure 62:2 der Fall: huwa llaḏī baʿaṯa fi l-ʾummiyyīna rasūlan minhum... . Hier wird ein Prophet an die 'Heiden' geschickt, um ihnen die Schrift und Weisheit zu lehren und sie zu reinigen. Al-Jalālayn schreibt als Erklärung mit ʾummiyyūn seien die Araber gemeint und ein ʾummiyy sei "jmd., der nicht schreiben und lesen könne"; und zwar kitāban. Dieses Wort kann allgemein als irgendetwas Schriftliches oder aber spezifischer als (heilige) Schrift verstanden werden. Historisch belegt ist jedenfalls, dass es im Norden und Süden der Arabischen Halbinsel bereits viele hundert Jahre vor dem Islam Schriftkulturen gab (vgl. etwa MacDonald 2010: p. 5-28) und dass es auch in Mekka Schriftkenntnis gab. 'Die Araber' als 'illiterat' zu bezeichnen ist also schlicht falsch. Die Kenntnis der heiligen Schriften mag recht begrenzt gewesen sein, aber das trifft auch etwa auf christliche Völkerschaften zu (zumindest außerhalb der Liturgie). Man wird also kaum umhin können,ʾfi l-ʾummiyyīna rasūlan minhum hier im Sinne eines 'Heidenapostels' zu verstehen. Was die sprachliche Herleitung angeht, so ist das Adjektiv ʾummiyy eine Ableitung von ʾumma(tun) "Gruppe, Nation, Volk". Zu ʾumma(tun) vgl. auch Jeffery 1938: p. 69, der nach Zimmern 1917 Herkunft aus dem Akkadischen annimmt, wobei ʾummatu gar kein semitischen Wort sei, sondern Lehnwort aus dem Sumerischen. Eine Entlehnung aus dem Sumerischen kann nach heutigem Wissensstand ausgeschlossen werden; das Wort ist in der vorliegenden Form nicht sumerisch, sondern akkadisch; da ʾummatu- offenbar sehr früh und mit reichlichen Ableitungen in fast allen semitischen Sprachen verbreitet ist, sollte von einem urverwandten Wort und nicht etwa einer Entlehnung aus dem Akkadischen ausgegangen werden (vgl. Cohen et al. 1994: s.r. ʾMM).