1 [ת]רתן עלותא אלן עבד עבידו בר ענמו
2 [בר] שעדלת נבטיא רוחיא די הוא פרש
3 [ב]חירתא ובמשריתא די ענא
4 לשיע־אלקום אלהא טבא ושכרא די לא
5 שתא חמר על חיוהי וחיי מעיתי
6 ועבדו אחוהי ושעדלת ברה בירח
7 אלול שנת 443 ודכיר זבידא בר
8 שמעון בר בלעקב גירה ורחמה קדם
9 שיע־אלקום אלהא טבא ודכיר כל
10 [די מ]עיד עלותא אלן ואמר דכירין
11 [נשא] אלן כלהון בטב

1 Diese beiden Altäre wurden angefertigt von ʿUbaidū, dem Sohn des Ġanimū
2 [Sohn] des Saʿdallāt, der Nabatäer, (vom Stamm) der Ruḥāyyā, der ein Reiter war,
3 in der Festung und Heerlager von ʿĀna
4 für Šayʿ al-qawm, Gott und Segenbringer, der trinkt keinen
5 Wein, für sein Leben und das Leben von Muġīṯay
6 und ʿAbdū, seine Brüder, und Saʿdallāt, seinen Sohnen. Im Monat
7 Elūl, im Jahr 132, möge des Zabīdā gedacht werden, des Sohn des
8 [Š]imʿūn, Sohn des Bēlʿaqab, seines Patron und seiner Verwandten angesichts
9 Šayʿ al-qawm, des guten Gottes. Es sei erinnert an alle
10 Besucher dieses Altars and gesagt, dass gedacht sei
11 ihrer aller in gutem (Andenken).
Im Koran lässt sich eine gewisse Ambiguität gegenüber dem Wein feststellen, der zunächst unter die guten Gaben Gottes gerechnet wurde (Q 16:67). Später werden die Gläubigen ermahnt, nicht betrunken zum Gebet zu erscheinen (Q 4:43), und schließlich wird der Genuss des Weines (ḫamr) als eine schwere Sünde verurteilt (Q 2:219), mit dem Teufel in Verbindung gesetzt (Q 5:90) und strikt verboten (Kueny 2001: 1–24). Im Himmel hingegen erscheint der Wein als Getränk der Gerechten (Q 83:22–25; Q 37:45–47; Q 47:15), wobei betont wird, dass er, dort genossen, nicht betrunken mache (Qian 2017: 254–259).
Im Zusammenhang mit der vorislamischen arabischen Weinkultur weist Mohammed Maraqten darauf hin, dass sich in einer durch den nabatäischen Reiter ʿUbaidū b. Ġānimū b. Saʿdallāt auf einem Altar in Palmyra angebrachten Inschrift aus dem Jahr 132 n. Chr., die der Gottheit Šayʿ al-Qaum zugeeignet ist, Hinweise auf ein religiös konnotiertes Weinverbot finden lassen (Maraqten 1993: 109). Nach Maraqten war den Anhängern der Gottheit der Genuss von Wein und das rituelle Trankopfer verboten (Maraqten 1993: 11). Bereits Enno Littmann hatte die Möglichkeit erwogen, dass die Enthaltsamkeit gegenüber dem Wein einen nomadischen Hintergrund haben könnte (Littmann 1904: 73–74; so auch Teixidor 1979: 86). Daneben stellt Maraqten heraus, dass es sich um einen mit dem Karawanenhandel assoziierten Gott gehandelt habe, der vornehmlich von Nomaden verehrt worden sei. In Petra ist dieser Gott nicht nachgewiesen, jedoch im Ḥaurān (im Süden des heutigen Syrien) und in Hegra/Madāʾin Ṣāliḥ (Roche 2017: 371–377, siehe zu dieser Gottheit allgemein Littmann 1904: 73 u. Teixidor 1979: 85–87).
Susanne Krone weist darauf hin, dass safaitische (altnordarabische) Inschriften Šayʿ al-Qaum mit der Gottheit al-Lāt in Verbindung setzten (Krone 1992: 108–109; Roche 2017: 385–389), von der auch der Koran berichtet (Q 53:19–23). Die Stadt ʿĀna, aus der ʿUbaidū b. Ġānimū stammte, soll berühmt für ihren Wein gewesen sein (Heine 1982: 2). Mithin kann es sich nach nach Maraqten um einen Gegen-Kult in Bezug auf den nabatäischen Hauptgott Ḏū š-Šarā gehandelt haben (Maraqten 1993: 110). In diesem Zusammenhang ist eine Passage bei Diodorus Siculus (gest. ca. 30 v. Chr.) aufschlussreich, der von den Nabatäern zu berichten weiß, dass sie, einer beduinischen Lebensweise verpflichtet, keine Häuser erbauten, keine fruchtragenden Bäume kultivierten und auch keinen Wein konsumierten (TUK_1444). Javier Teixidor betont, dass sich die Lebensweise der Nabatäer seit der Zeit, auf die Diodorus Siculus Bezug nimmt, zwar verändert habe, einzelne Stämme, wie der der Rauḥa, dem ʿUbaidū angehörte, jedoch bei ihrer nomadischen Lebensweise geblieben seien (Teixidor 1979: 86–87). In einem rezenten Aufsatz bringt Steven A. Rosen zahlreiche archäologische Belege, die, neben einer durch den Handel geprägten städtischen Kultur, auf eine Persistenz nomadischer Lebensweisen schließen lassen (Rosen 2007). Darüber hinaus findet sich in der hebräischen Bibel (Jer 35:5–10) ein Hinweis darauf, dass beduinische Stämme sich des Weintrinkens enthielten (TUK_1450), und auch Ibn Ḥabīb stellt in seinem Kitāb al-muḥabbār eine Liste von insgesamt 29 Personen aus der vorislamischen Zeit zusammen, die keinen Wein getrunken hätten (Verweis bei Maraqten 1993: 111).
1 [t]rt(ṭ?)n ʿlwtʾ ʿbd ʿbydw br ʿnmw
2 [b]r šʿdllt nbṭyʾ dy hwʾ prš
3 [b]ḥyrt wbmšyrtʾ dy ʿnʾ
4 lšyʿ ʾlqwm ʾlh ʾ ṭb ʿ wškrʾ dy lʾ
5 štʾ ḥmrʾ ʿl ḥywhy wḥhy m ʿyṯy
6 wʿbdw ʾḥwhy wšʿ dlt brh byrḥ
7; [ʾ]lwl šnt 443 wdkyr zbydʾ br
8 šmʿ wn br blʿqb gyrh wrḥmh qdm
9 šyʿ ʾlqwm ʾlhʾ ṭb ʾ wdykr kl
10 …mʿyd ʿlwtʾ ʾln wʾmr dkyryn
11 [h]ʾ ʾln klhwm bṭb
1 These [t]wo Altars made by ʿUbaidū son of Ġanimū
2 [son] of Saʿdallāt, the Nabataen (the tribe) Ruḥāyyā who was a horse-man
3 in the fort and the camp of ʿĀna
4 for Šayʿ al-qawm, the god and the bountiful god, who does not drink
5 wine. For his life and the life of Muġīṯay
6 and ʿAbdū his brothers and Saʿdallāt his son. in the month
7 Elūl , in the year 132 AD and may there be remembered Zabīdā son of
8 [Š]imʿūn son of Bēlʿaqab his patron and his relatives in front of
9 Šayʿ al-qawm, the good god, and may there be remembered
10 all visitors of this altar (who visit it) and say may there be remembered
11 all of them with good. (Maraqten 1993: 109–110)