50
Ich schuf, o Spitama Zaraθuštra, jenen Stern Tištrya
an Verehrungswürdigkeit gleichend
an Preiswürdigkeit gleichend
an Würdigkeit zufriedengestellt zu werden gleichend
an Lobwürdigkeit gleichend:
mir selber, dem Ahura Mazdāh
51
um jene Pairikā zu bestehen und zu unterdrücken und zum zu überwinden (ihre auf den Urheber) sich zurückwendende Anfeindung, die
(Pairikā) des Maßwachses, die (aber) übelredende Menschen „Gutjahrbringerin“ mit Namen nennen.
52
Wenn ich nämlich, o Spitama Zaraθuštra, jenen Stern Tištrya nicht geschaffen hätte
an Verehrungswürdigkeit gleichend
an Preiswürdigkeit gleichend
an Würdigkeit zufriedengestellt zu werden gleichend
an Lobwürdigkeit gleichend:
mir selber, dem Ahura Mazdāh
53
um jene Pairikā zu bestehen und zu unterdrücken und zum zu überwinden (ihre auf den Urheber) sich zurückwendende Anfeindung, die (Pairikā) des Maßwachses, die (aber) übelredende Menschen „Gutjahrbringerin“ mit Namen nennen.
54
(so) würde mir ja jeden Tages und jeder Nacht jene Pairikā, die des Mißwachses, – hin und wieder gehend – die Lebenskraft der gesamten körperlichen Welt ganz und gar entzweispalten. (Wolff 1910: 193)
Im Koran findet sich die Vorstellung von Meteoriten (šihāb, pl. šuhub, Q 15:16–18; 72:1–11), Fixsternen (kaukab, pl. kawākib, Q 37:6–10) und Leuchten (miṣbaḥ, pl. maṣābiḥ, Q 67:5; 41:12), die auf Dämonen und Teufel geschossen werden, wenn diese versuchen die Beratungen der Engel im Himmel zu belauschen (vgl. zum Sternschnuppen-Mythos Eichler 1928: 30–32 u. Nünlist 2015: 74–76). Während in der frühmekkanischen Periode der Verkündigung die Unzugänglichkeit des Himmels im Vordergrund stand (Q 55:33; 52:38), thematisiert der mittelmekkanische Sternschnuppen-Mythos die Funktion der Gestirne als himmlische Wächter (vgl. Neuwirth 2017: 171–172; 238). Bereits Julius Wellhausen hat darauf hingewiesen, dass der Mythos ältere Vorbilder in der biblischen (Gen. 3,24 u. 6,4) und talmudischen Tradition (TUK_0737 u. TUK_0744) aufweist und, in Anlehnung an Gerolf van Vloten (vgl. van Vloten 1884: 67), auch bei Umayya b. Abī ṣ-Ṣalt nachweisbar sei (vgl. Wellhausen 1927: 137). Eine korrespondierende Vorstellung von Sternen, die Schutz vor dem Andrängen der Dämonen bieten, wird auch im hier zitierten Yašt 8 und im Dādestān ī Mēnōg ī Xrad (TUK_1349) entwickelt. Den Sternen kommt danach die Aufgabe zu, das Herausdringen der Dämonen aus der Hölle zu verhindern. Ähnliche Konzepte finden sich vielfach in der späteren Pahlavī-Literatur (vgl. Bailey 1943: 140–147), und auch Plutarch berichtet in seinem um 120 n. Chr. entstanden Werk Peri Isidos kai Osiridos davon, dass der Stern Sirius nach persischer Vorstellung von Ohrmazd als Wächter und Späher eingesetzt worden sei (siehe TUK_1462 u. Panaino 1995: 5–7). Gerald Hawting weist in diesem Zusammenhang auf antike Vorstellungen hin, wonach Sterne und Engel konzeptionell gleichgesetzt worden seien (vgl. Hawting 2006: 31–32, siehe auch Schäfer 1975: 23–26). Die darin anklingende Identifizierung von Gestirnen als Wesenheiten, denen im göttlichen Plan bestimmte aktive Funktionen zukommen, lässt sich auch in zoroastrischen Texten belegen.
Yašt 8 ist der astralen göttlichen Wesenheit Tištrya gewidmet (siehe dazu Panaino 2005). Zentrales Thema des Tištrya-Yašt ist der Kampf gegen Dürre bringende Dämonen (Pairkā, siehe dazu Adhami 2010; zur Dürre [Dužyāirya] siehe Panaino 1996), welcher als kosmisches Duell zwischen Fixsternen und Meteoriten evoziert wird (Panaino 1990: 140 u. Panaino 1995: 19–23). Es wird geschildert, wie Tištrya nach zunächst erfolglosem Kampf (Yašt 8:22–23) gegen den Dämon Apaoša (siehe dazu Brunner 1986 u. Panaino 1995: 95–101) diesen schließlich besiegt und die lebensspendenden Wasser freisetzt (Yašt 8:29–32, zu den vedischen und weiteren zoroastrischen Parallelen dieses Mythos siehe Panaino 1995: 36–45), die der Dämon zuvor gefangengehalten hatte (siehe zum Wasser des kosmischen Ozeans Vourukaša Tafażżolī 2000). Nach weiteren Lobpreisungen des Sterns wird in der hier zitierten Passage Trištryas Kampf gegen den weiblichen Dämon der Dürre (Pairikā Dužyāirya) geschildert. Konträr zur koranischen Konzeption der Meteoriten als Wächter gegen die Dämonen sind in der frühen zoroastrischen Tradition diese als den Fixsternen antagonistisch gegenübergestellt verstanden worden (Yašt 8:8, siehe dazu Panaino 1995: 19–23).
50
+azəm daδąm
spitama zaraϑuštra
aom stārəm yim tištrīm
auuā̊ṇtəm yesniiata
auuā̊ṇtəm vahmiiata
auuā̊ṇtəm xṣ̌naoϑβata
auuā̊ṇtəm frasastata
yaϑa mąmcit̰ yim ahurəm mazdąm.
51
auuaiŋ́hāi pairikaiiāi
paitištātaiiaēca paitiscaptaiiaēca
paititarətaiiaēca paitiiaogət̰.t̰baēṣ̌ax́iiāica
yā dužiiāiriia yąm
maš́iiāka auui.dužuuacaŋhō
huiiāiriiąm nąma aojaite
52
yeδi.zī azəm nōit̰ daiδiiąm
spitama. zaraϑuštra
aom stārəm yim tištrīm
auuā̊ṇtəm yesniiata
auuā̊ṇtəm vahmiiata
auuā̊ṇtəm xṣ̌naoϑβata
auuā̊ṇtəm frasastata
yaϑa mąmcit̰ yim ahurəm mazdąm
53
auuaiŋ́hāi pairikaiiāi
paitištātaiiaēca paitiscaptaiiaēca
paititarətaiiaēca paitiiaogət̰.t̰baēṣ̌ax́iiāica
yā dužiiāiriia
yąm maš́iiāka auui.dužuuacaŋhō.
huiiāiriiąm nąma aojaite
54
hamahe zī. mē iδa aiiąn
hamaiiā̊ vā xṣ̌apō
*hāu pairika yā dužiiāiriia
vīspahe aŋhə̄uš astuuatō
parōit̰ pairiϑnəm aŋhuuąm
auua.hisiδiiāt̰
āca paraca duuaraiti
50
“I have created, o Spitama Zaraθuštra,
this star Tištrya,
to such an extant worthy of worship
to such an extant worthy of prayer
to such an extant worthy of satisfaction,
to such an extant worthy of celebration
as myself, Ahura Mazdā,
51
in order to withstand,
crush, overcome
and return hatred to,
that Pairikā Dužyāirya (the bad year witch),
whom contrarily evil-speaking men
call by nem Huyāiryā (good year)”.
52
“If I had not created,
o Spitama Zaraθuštra,
this star Tištrya,
to such an extant worthy of worship
to such an extant worthy of prayer
to such an extant worthy of satisfaction,
to such an extant worthy of celebration
as myself, Ahura Mazdā,
53
in order to withstand,
crush, overcome
and return hatred to,
that Pairikā Dužyāirya (the bad year witch),
whom contrarily evil-speaking men
call by nem Huyāiryā (good year)”.
54
“(Then) indeed, to me, here
every day and every night
that Pairikā Dužyāirya would have cut off
the vital power of the whole corporeal world
even before the (normal) course of life,
running to and fro.” (Panaino 1995: 74–77)