




Im Koran findet sich die Vorstellung von Meteoriten (šihāb, pl. šuhub, Q 15:16–18; 72:1–11), Fixsternen (kaukab, pl. kawākib, Q 37:6–10) und Leuchten (miṣbaḥ, pl. maṣābiḥ, Q 67:5; 41:12), die auf Dämonen und Teufel geschossen werden, wenn diese versuchen die Beratungen der Engel im Himmel zu belauschen (vgl. zum Sternschnuppen-Mythos Eichler 1928: 30–32 u. Nünlist 2015: 74–76). Während in der frühmekkanischen Periode der Verkündigung die Unzugänglichkeit des Himmels im Vordergrund stand (Q 55:33; 52:38), thematisiert der mittelmekkanische Sternschnuppen-Mythos die Funktion der Gestirne als himmlische Wächter (vgl. Neuwirth 2017: 171–172; 238). Bereits Julius Wellhausen hat darauf hingewiesen, dass der Mythos ältere Vorbilder in der biblischen (Gen. 3,24 u. 6,4) und talmudischen Tradition (TUK_0737 u. TUK_0744) aufweist und, in Anlehnung an Gerolf van Vloten (vgl. van Vloten 1884: 67), auch bei Umayya b. Abī ṣ-Ṣalt nachweisbar sei (vgl. Wellhausen 1927: 137). Eine korrespondierende Vorstellung von Sternen, die Schutz vor dem Andrängen der Dämonen bieten, wird in Yašt 8 (TUK_1466) und im zitierten Dādestān ī Mēnōg ī Xrad entwickelt. Den Sternen kommt danach die Aufgabe zu, das Herausdringen der Dämonen aus der Hölle zu verhindern. Ähnliche Konzepte finden sich vielfach in der späteren Pahlavī-Literatur (vgl. Bailey 1943: 140–147), und auch Plutarch berichtet in seinem um 120 n. Chr. entstanden Werk Peri Isidos kai Osiridos davon, dass der Stern Sirius nach persischer Vorstellung von Ohrmazd als Wächter und Späher eingesetzt worden sei (siehe TUK_1462 u. Panaino 1995: 5–7). Gerald Hawting weist in diesem Zusammenhang auf antike Vorstellungen hin, wonach Sterne und Engel konzeptionell gleichgesetzt worden seien (vgl. Hawting 2006: 31–32, siehe auch Schäfer 1975: 23–26). Die darin anklingende Identifizierung von Gestirnen als Wesenheiten, denen im göttlichen Plan bestimmte aktive Funktionen zukommen, lässt sich auch in zoroastrischen Texten belegen.
Das Dādestān i Mēnōg ī Xrad („Urteile des Geistes der Weisheit“) ist ein mittelpersischer zoroastrischer Text, welcher der Gattung der Weisheitsliteratur (Andarz) zugerechnet wird (vgl. Shaked and Safa 1985). Der Text selbst stellt die spätere Verschriftlichung einer zunächst mündlichen Tradition dar. Die älteste erhaltene Handschrift stammt aus dem Jahr 1589. Autor und Entstehungszeit sind unbekannt, jedoch gehen Edward W. West, Mary Boyce und Aḥmad Tafażżolī aufgrund stilistischer Besonderheiten und der Bezugnahme auf historische Ereignisse der späten Sasanidenzeit von einer schriftlichen Abfassung während der Regierungszeit des Ḫusraw I. Anūšīrwān (reg. 531–579 n. Chr.) aus (vgl. West 1885: X–XI; Boyce 1968: 54; Tafażżolī 1993). Für das Genre der Andarz-Literatur generell wird von einer schriftlichen Fixierung in der spät-sasanidischen Zeit ausgegangen (vgl. Stausberg 2002: 291–292).
Formal gliedert sich der Text in 63 Abschnitte, wobei auf eine den Rahmen bildende erzählerische Einleitung 62 Dialogsequenzen folgen. Die Einleitung unterrichtet über die Bemühungen eines gewissen Dānāg (der sprechende Name kann wörtl. übersetzt werden mit „der Wissende, der Weise“), der während seiner Suche nach Wissen und Erkenntnis viele Länder bereist und dabei Sitten, Bräuche und religiöse Überzeugungen kennenlernt (DMX 1:33–38). Am Ende seiner Reise wird ihm schließlich – nach Erkennen der für den Zoroastrismus zentralen Tugend der Weisheit (xrad) – die Ehre zuteil, Fragen an den göttlichen Geist der Weisheit (Mēnōg ī Xrad) stellen zu dürfen (DMX 1:57–60). Die darauf folgenden 62 Sektionen behandeln eine Fülle von Themen: Neben lebenspraktischen Fragen etwa über das maßvolle Weintrinken (DMX 16) werden Fragen der religiös korrekten Lebensführung, wie die nach der Einhaltung der drei Gebetszeiten (DMX 53), erörtet; des Weiteren werden Begräbnis-Vorschriften (DMX 6), das Tragen des heiligen Gürtels und Essenvorschriften (DMX 6) sowie dogmatische Themen wie der Antagonismus zwischen Ohrmazd und Ahriman (DMX 45; 45; 54), Fragen des Rituals (DMX 52) sowie Sünden- und Tugendkataloge (DMX 35; 36) besprochen. Vereinzelt wird auch auf eschatologische Themen, etwa die Anzahl der Paradiese und Höllen (DMX 7), eingegangen. Daneben finden sich auch kurze kosmogonische (DMX 44) und geographische (DMX 56) Passagen, Darlegungen über die Klassenstruktur der Gesellschaft (DMX 31; 32) und weitere Themengebiete. Wie der Titel des Werkes bereits andeutet, betont der Text die sittliche Überlegenheit des Strebens nach Weisheit und spiritueller Vervollkommnung vor materiellem Wohlstand und weltlicher Macht.
1 pursīd dānāg ō mēnōg ī xrad
2 kū: ēn stārag ī pad asmān paydāg, u+šān marag ēdōn was, ēg+išān kār ud rāyēnišn čē?
3 ud rawišn ī xwarxšēd ud māh ud stāragān čiyōn?
4 mēnōg ī xrad passox kard
5 kū: az stāragān ī pad asmān fradom stārag ī tištār, ī mēh ud weh ud arzōmandtar ud xwarrahōmandtar guft ēstēd,
6 ud hāmōyēn *bahrōmandīh ud padēxīh ī gēhān pad rāh ī tištar.
7 ud stārag ī āb-čihrag pad abzāyišn ī āb,
8 ud stārag ī zamīg-čihrag pad abzāyišn ī zamīg,
9 ud stārag ī urwar-čihrag pad abzāyišn ī urwar,
10 ud stārag ī gōspand-čihrag pad abzāyišn ī gōspand,
11 ud āb ud zamīg ud urwar ud gōspand čihrag pad abzāyišn ī mardōm čihrag dād ēstēd.
12 ud stārag ī wanand pad widaragīhā ud daīhā ī harborz gumārd ēstēd
13 kū dēwān parīgān druzān az ān dar ud widarag wardēnēd,
14 kū+šān rāh ud widarag ī xwarxšēḍ ud māh ud stāragān brīdan ud škastan nē tuwān.
15 ud stārag ī haftōring abāg nō ud nawad ud nō+sad ud nō+hazar ud nō+bēwar frawahr ī ahlawān pad dar ud widarag ī dušox gumārd ēstēd
16 pad abāz ī ān nō ud nawad ud nō+sad ud nō+hazar ud nō+bēwar dēwān ud druzān ud parīgān ud ǰādūgān ī pad hamēstārīh ī spihr ud axtarān hēnd,
17 u+š rawišn pērāmōn ī dušox
18 mādagwar kār ēn, čiyōn dwāzdah kadag ī axtarān pad dast dārēd pad drust šudan ud āmadan,
19 ud awēšān+iz dwāzdah axtarān hamgōnag pad nērōg ud ayārīh ī haftōring rawēnd,
20 ud harw axtar+ēw ka pad harborz andar āyēd pušt ō haftōring kunēd
21 ud panāh az haftoring xwāhēd.
22 abārīg amar ud anōšmār axtaran ī paydāg hēnd frawahr ī gētīgān guft ēstēd,
23 čē hāmōyēn dām ud dahišn ī dādār ohrmazd ō gētīg dād, kē zāyišnīg ud kē+z arōyišnīg hēnd, harw tan*ēw rāy hamgōhr frawahr+ēw ī xwēš paydāg.
24 ud rawišn ī xwaršēd ud māh mādagwar rōzēnīdārīh ī gēhān
25 ud pazzāmēnīdan ī harwispīn zāyišnān ud royišnān
26 ud drust dāštan ī rōz ud māh ud sāl ud hāmīn ud zamestān ud wahār und pādēz ud abārīg harwispīn mar ud hangārag ī mardōmān šāyēnd ayāftan ud dīdan dānistan.
27 wihēzag ī xwarxšēd ud māh rāy abērtar paydāg.