ወሶበ፡ ወፃእኩ፡ ታሕተ፡ ወርኢክዎ፡ ለሰማይ፡ ወለፀሐይ፡ ይወፅእ፡ እምሥራቅ፡ ወወርኅ፡ ይወርድ፡ ኢምዕራብ፡ ወውሁዳት፡ ከዋክብት፡ ወኵሉ፡ ምድር፡ ወኵሎ፡ ዘአእመረ፡ ዲበ፡ ቀዳሚ፡ ወባረክዎ፡ ለእግዚአ፡ ኵነኔ፡ ወሎቱ፡ ወሀብኩ፡ ዕበየ፡ እስመ፡ ኣውፅአ፡ ፀሐየ፡ እመሳክው፡ ምሥራቅ፡ ወዓርገ፡ ወሠረቀ፡ ዲበ፡ ገጸ፡ ሰማይ፡ ወአንሥአ፡ ወየሐውር፡ ፍኖተ፡ እንተ፡ ተርእየት፡ ሎቱ።
11 Und als ich unten hinausgetreten war und den Himmel sah und die Sonne im Osten hervorkommen und den Mond im Westen untergehen und einige Sterne und die ganze Erde und alles, was er im Anfang geschaffen [im Äthiopischen steht ʾaʾmara - kannte; Uhlig vermutet Textverderbnis] hatte, da pries ich den Herrn des Gerichts und gab ihm die Ehre, daß er die Sonne aus den Fenstern des Ostens hervorgehen läßt, so daß sie aufsteigt und aufgeht am Firmament des Himmels und aufbricht und die Bahn läuft, die ihr gezeigt ist.
Die Gottesbezeichnung ʾəgziʾa kwənnane "Herr des Gerichts" im äthiopischen Henochbuch ähnelt arabisch mālik yaumi d-dīn "Besitzer des Gerichtstages" (eine alternative Lesart von Q 1:4 ist malik yaumi d-dīn "König des Gerichtstages", vgl. Lesarten).
Das Äthiopische Henochbuch besteht aus mehreren zu unterschiedlichen Zeiten (3.-1. Jh. v. Chr.) entstandenen Traktaten: 1) Das Buch der Wächter; 2) Die Bilderreden; 3) Das Astronomische Buch; 4) Das Buch der Traumvisionen; 5) Die Epistel Henochs. Die Zusammenfassung zu einem Buch wurde wahrscheinlich nach der Zeitenwende von einem jüdischen Redaktor vorgenommen. Anhand von Henochs Himmelsreisen, Visionen und Mahnreden (bzw. -schriften) werden vor allem die Themen Eschatologie, Kosmologie und Weisheit behandelt. Entstanden sind die Traktate des Äthiopischen Henochbuchs vermutlich in antihellenistischen apokalyptischen Kreisen, die der Qumrangemeinschaft nahestanden. Mit anderen in Qumran gefundenen Schriften teilt das Äthiopische Henochbuch verschiedene Elemente: die Gestalt des Urweisen, deren Prototyp Henoch ist, dem die himmlischen Geheimnisse offenbart werden; die Deutung der Geschichte von Adam bis zum Ende; die Schilderung der Endzeit mit Krieg und Vernichtung, auf die das Gericht Gottes folgt, in dem der Satan und die gefallenen Engel sowie die Sünder vernichtet werden, während für die Frommen eine ewige Heilszeit anbricht. Die Frage nach der ursprünglichen Sprache (aramäisch oder hebräisch) des Äthiopischen Henochbuches ist nicht übereinstimmend geklärt; so wurden neben mehreren aramäischen Fragmenten in Qumran auch zwei hebräische gefunden. Später wurde das Buch auch im Christentum rezipiert, wovon Fragmente in verschiedenen Sprachen (griechisch, koptisch, syrisch, lateinisch) zeugen. Vollständig erhalten ist das Henochbuch dagegen nur in der äthiopischen Übersetzung (vermutlich im 5.-7. Jh. aus dem Griechischen übersetzt); wahrscheinlich dadurch bedingt, daß es bis heute Teil des Kanons der äthiopischen Kirche ist, während es in anderen christlichen Konfessionen und im Judentum heute kaum mehr eine Rolle spielt. (Vgl. dazu Uhlig 1984: p. 466-497).