بِسۡمِ ٱللَّهِ ٱلرَّحۡمَٰنِ ٱلرَّحِيمِ |
Im Namen Gottes, des barmherzigen Erbarmers! |
إِذَا وَقَعَتِ ٱلۡوَاقِعَةُ |
I11 Wenn die Hereinbrechende hereinbricht – |
لَيۡسَ لِوَقۡعَتِهَا كَاذِبَةٌ |
2 ihr Hereinbrechen kann niemand leugnen – |
خَافِضَةٌۭ رَّافِعَةٌ |
3 erniedrigend und erhöhend! |
إِذَا رُجَّتِ ٱلۡأَرۡضُ رَجًّۭا |
24 Wenn die Erde heftig erschüttert wird |
وَبُسَّتِ ٱلۡجِبَالُ بَسًّۭا |
5 und die Berge zermalmt werden |
فَكَانَتۡ هَبَآءًۭ مُّنۢبَثًّۭا |
6 und zu zerstreutem Staub werden |
وَكُنتُمۡ أَزۡوَٰجًۭا ثَلَٰثَةًۭ |
7 und ihr drei Gruppen seid: |
فَأَصۡحَٰبُ ٱلۡمَيۡمَنَةِ |
8(a) Die Leute der Rechten – |
مَآ أَصۡحَٰبُ ٱلۡمَيۡمَنَةِ |
8(b) was sind die Leute der Rechten? –, |
وَأَصۡحَٰبُ ٱلۡمَشۡـَٔمَةِ |
9(a) die Leute der Linken – |
مَآ أَصۡحَٰبُ ٱلۡمَشۡـَٔمَةِ |
9(b) was sind die Leute der Linken? –, |
وَٱلسَّٰبِقُونَ |
10(a) und die Vorauseilenden. |
ٱلسَّٰبِقُونَ |
310(b) Die Vorauseilenden, |
أُو۟لَٰٓئِكَ ٱلۡمُقَرَّبُونَ |
11 das sind die Gott Nahestehenden, |
فِی جَنَّٰتِ ٱلنَّعِيمِ |
12 in Gärten der Wonne – |
ثُلَّةٌۭ مِّنَ ٱلۡأَوَّلِينَ |
13 eine Schar von den Altvorderen |
وَقَلِيلٌۭ مِّنَ ٱلۡٴَاخِرِينَ |
14 und wenige von den Späteren –, |
عَلَىٰ سُرُرٍۢ مَّوۡضُونَةٍۢ |
15 auf durchwirkten Betten, |
مُّتَّكِـِٔينَ عَلَيۡهَا مُتَقَٰبِلِينَ |
16 auf denen sie einander gegenüber ruhen; |
يَطُوفُ عَلَيۡهِمۡ وِلۡدَٰنٌۭ مُّخَلَّدُونَ |
17 ewig junge Knaben machen unter ihnen die Runde |
بِأَكۡوَابٍۢ وَأَبَارِيقَ وَكَأۡسٍۢ مِّن مَّعِينٍۢ |
18 mit Bechern und Kannen und einem Kelch voll Quellwasser, |
لَّا يُصَدَّعُونَ عَنۡهَا وَلَا يُنزِفُونَ |
19 von dem sie weder Kopfweh bekommen noch betrunken werden. |
وَفَٰكِهَةٍۢ مِّمَّا يَتَخَيَّرُونَ |
20 An Früchten haben sie, was sie begehren, |
وَلَحۡمِ طَيۡرٍۢ مِّمَّا يَشۡتَهُونَ |
21 und an Geflügelfleisch, wonach ihnen gelüstet, |
وَحُورٌ عِينٌۭ |
22 und Gefährtinnen mit großen schwarzen Augen, |
كَأَمۡثَٰلِ ٱللُّؤۡلُوِٕ ٱلۡمَكۡنُونِ |
23 verborgenen Perlen gleich, |
جَزَآءًۢ بِمَا كَانُوا۟ يَعۡمَلُونَ |
24 als Entgelt für das, was sie getan haben. |
لَا يَسۡمَعُونَ فِيهَا لَغۡوًۭا وَلَا تَأۡثِيمًا |
25 Sie hören dort weder Geschwätz noch Versündigung, |
إِلَّا قِيلًۭا سَلَٰمًۭا سَلَٰمًۭا |
26 sondern nur, wie man „Friede, Friede!“ sagt. |
وَأَصۡحَٰبُ ٱلۡيَمِينِ |
427(a) Und die Leute der Rechten – |
مَآ أَصۡحَٰبُ ٱلۡيَمِينِ |
427(b) was sind die Leute der Rechten? |
فِی سِدۡرٍۢ مَّخۡضُودٍۢ |
28 Sie befinden sich unter dornlosen Zizyphusbäumen, |
وَطَلۡحٍۢ مَّنضُودٍۢ |
29 inmitten von dichten Akazien, |
وَظِلٍّ مَّمۡدُودٍۢ |
30 weit reichenden Schatten, |
وَمَآءٍۢ مَّسۡكُوبٍۢ |
31 sich ergießendem Wasser |
وَفَٰكِهَةٍۢ كَثِيرَةٍۢ |
32 reichen Früchten, |
لَّا مَقۡطُوعَةٍۢ وَلَا مَمۡنُوعَةٍۢ |
33 zu denen sie ununterbrochen und ungehindert Zugang haben, |
وَفُرُشٍۢ مَّرۡفُوعَةٍ |
34 und erhöhten Betten. |
إِنَّآ أَنشَأۡنَٰهُنَّ إِنشَآءًۭ |
35 Wir haben sie [die Paradiesjungfrauen] entstehen lassen |
فَجَعَلۡنَٰهُنَّ أَبۡكَارًا |
36 und zu Jungfrauen gemacht, |
عُرُبًا أَتۡرَابًۭا |
37 liebevoll zugewandten und gleichaltrigen, |
لِّأَصۡحَٰبِ ٱلۡيَمِينِ |
38 für die Leute der Rechten – |
ثُلَّةٌۭ مِّنَ ٱلۡأَوَّلِينَ |
39 eine Schar von den Altvorderen |
وَثُلَّةٌۭ مِّنَ ٱلۡٴَاخِرِينَ |
40 und eine Schar von den Späteren. |
وَأَصۡحَٰبُ ٱلشِّمَالِ |
541(a) Und die Leute der Linken – |
مَآ أَصۡحَٰبُ ٱلشِّمَالِ |
541(b) was sind die Leute der Linken? |
فِی سَمُومٍۢ وَحَمِيمٍۢ |
42 Sie befinden sich in sengender Glut und kochendem Wasser |
وَظِلٍّ مِّن يَحۡمُومٍۢ |
43 und einem Schatten von schwarzem Rauch, |
لَّا بَارِدٍۢ وَلَا كَرِيمٍ |
44 der weder kühlt noch wohltuend ist. |
إِنَّهُمۡ كَانُوا۟ قَبۡلَ ذَٰلِكَ مُتۡرَفِينَ |
45 Früher lebten sie im Überfluss |
وَكَانُوا۟ يُصِرُّونَ عَلَى ٱلۡحِنثِ ٱلۡعَظِيمِ |
46 und verharrten in gewaltiger Sünde |
وَكَانُوا۟ يَقُولُونَ |
47 und pflegten zu sagen: |
أَئِذَا مِتۡنَا وَكُنَّا تُرَابًۭا وَعِظَٰمًا |
„Wenn wir gestorben und zu Staub und Knochen geworden sind, |
أَءِنَّا لَمَبۡعُوثُونَ |
sollen wir dann etwa erweckt werden? |
أَوَءَابَآؤُنَا ٱلۡأَوَّلُونَ |
48 Und etwa auch unsere Vorväter?“ |
قُلۡ إِنَّ ٱلۡأَوَّلِينَ وَٱلۡٴَاخِرِينَ |
649 Sprich: „Die Altvorderen und die Späteren |
لَمَجۡمُوعُونَ إِلَىٰ مِيقَٰتِ يَوۡمٍۢ مَّعۡلُومٍۢ |
50 werden zu einem Termin versammelt, der auf einen bestimmten Tag festgesetzt ist!“ |
ثُمَّ إِنَّكُمۡ أَيُّهَا ٱلضَّآلُّونَ ٱلۡمُكَذِّبُونَ |
51 Dann, ihr Irregeleiteten und Leugner, |
الَٴاَ كِلُونَ مِن شَجَرٍۢ مِّن زَقُّومٍۢ |
52 werdet ihr von Zaqqūm-Bäumen essen |
فَمَالِـُٔونَ مِنۡهَا ٱلۡبُطُونَ |
53 und euch damit die Bäuche füllen |
فَشَٰرِبُونَ عَلَيۡهِ مِنَ ٱلۡحَمِيمِ |
54 und darauf noch kochendes Wasser trinken, |
فَشَٰرِبُونَ شُرۡبَ ٱلۡهِيمِ |
55 so wie durstige Kamele saufen – |
هَٰذَا نُزُلُهُمۡ يَوۡمَ ٱلدِّينِ |
56 das ist ihre Unterkunft am Tag des Gerichts! |
نَحۡنُ خَلَقۡنَٰكُمۡ فَلَوۡلَا تُصَدِّقُونَ |
II757 Wir haben euch erschaffen – warum glaubt ihr denn nicht? |
أَفَرَءَيۡتُم مَّا تُمۡنُونَ |
58 Was meint ihr denn über das, was ihr als Samen ausstoßt: |
ءَأَنتُمۡ تَخۡلُقُونَهُۥٓ أَمۡ نَحۡنُ ٱلۡخَٰلِقُونَ |
59 Erschafft ihr es, oder sind wir es, die erschaffen? |
نَحۡنُ قَدَّرۡنَا بَيۡنَكُمُ ٱلۡمَوۡتَ |
60 Wir haben euch den Tod bestimmt, |
وَمَا نَحۡنُ بِمَسۡبُوقِينَ |
und keiner hindert uns, |
عَلَىٰۤ أَن نُّبَدِّلَ أَمۡثَٰلَكُمۡ |
61 euch durch euresgleichen auszutauschen |
وَنُنشِئَكُمۡ فِی مَا لَا تَعۡلَمُونَ |
und euch auf eine Weise wieder entstehen zu lassen, die ihr nicht kennt. |
وَلَقَدۡ عَلِمۡتُمُ ٱلنَّشۡأَةَ ٱلۡأُولَىٰ |
62 Die erste Entstehung kennt ihr ja – |
فَلَوۡلَا تَذَكَّرُونَ |
warum lasst ihr euch nicht mahnen? |
أَفَرَءَيۡتُم مَّا تَحۡرُثُونَ |
863 Was meint ihr denn über das, was ihr anbaut? |
ءَأَنتُمۡ تَزۡرَعُونَهُۥٓ أَمۡ نَحۡنُ ٱلزَّٰرِعُونَ |
64 Sät ihr es aus, oder säen wir es aus? |
لَوۡ نَشَآءُ لَجَعَلۡنَٰهُ حُطَٰمًۭا |
65 Wenn wir wollten, so würden wir es zu Spreu machen – |
فَظَلۡتُمۡ تَفَكَّهُونَ |
da könntet ihr euch dann weiter belustigen: |
إِنَّا لَمُغۡرَمُونَ |
66 „Wir sind verschuldet, |
بَلۡ نَحۡنُ مَحۡرُومُونَ |
67 ja wir sind beraubt!“ |
أَفَرَءَيۡتُمُ ٱلۡمَآءَ ٱلَّذِی تَشۡرَبُونَ |
968 Was meint ihr denn über das Wasser, welches ihr trinkt? |
ءَأَنتُمۡ أَنزَلۡتُمُوهُ مِنَ ٱلۡمُزۡنِ |
69 Habt ihr es von den Wolken herabkommen lassen, |
أَمۡ نَحۡنُ ٱلۡمُنزِلُونَ |
oder sind wir es, die es herabkommen lassen? |
لَوۡ نَشَآءُ جَعَلۡنَٰهُ أُجَاجًۭا |
70 Wenn wir wollten, so würden wir es euch auf der Zunge brennen lassen – |
فَلَوۡلَا تَشۡكُرُونَ |
warum lasst ihr euch nicht mahnen? |
أَفَرَءَيۡتُمُ ٱلنَّارَ ٱلَّتِی تُورُونَ |
1071 Was meint ihr denn über das Feuer, welches ihr entzündet? |
ءَأَنتُمۡ أَنشَأۡتُمۡ شَجَرَتَهَآ |
72 Habt ihr das Feuerholz entstehen lassen, |
أَمۡ نَحۡنُ ٱلۡمُنشِـُٔونَ |
oder sind wir es, die es erschaffen? |
نَحۡنُ جَعَلۡنَٰهَا تَذۡكِرَةًۭ وَمَتَٰعًۭا لِّلۡمُقۡوِينَ |
73 Wir haben es zu einer Mahnung und zum Nutzen für die Wüstenreisenden gemacht. |
فَسَبِّحۡ بِٱسۡمِ رَبِّكَ ٱلۡعَظِيمِ |
74 So preise den Namen deines mächtigen Herrn! |
فَلَآ أُقۡسِمُ بِمَوَٰقِعِ ٱلنُّجُومِ |
III1175 Doch nein! Ich schwöre bei den Orten, an denen die Sterne untergehen – |
وَإِنَّهُۥ لَقَسَمٌۭ لَّوۡ تَعۡلَمُونَ عَظِيمٌ |
76 das ist – wenn ihr nur wüsstet! – ein mächtiger Schwur! |
إِنَّهُۥ لَقُرۡءَانٌۭ كَرِيمٌۭ |
77 Es ist eine edle Lesung |
فِی كِتَٰبٍۢ مَّكۡنُونٍۢ |
78 in einer verborgenen Schrift, |
لَّا يَمَسُّهُۥٓ إِلَّا ٱلۡمُطَهَّرُونَ |
79 die nur die Gereinigten berühren; |
تَنزِيلٌۭ مِّن رَّبِّ ٱلۡعَٰلَمِينَ |
80 eine Herabsendung vom Herrn der Weltbewohner. |
أَفَبِهَٰذَا ٱلۡحَدِيثِ أَنتُم مُّدۡهِنُونَ |
1281 Wollt ihr etwa über diese Kunde schöne Worte machen |
وَتَجۡعَلُونَ رِزۡقَكُمۡ أَنَّكُمۡ تُكَذِّبُونَ |
82 und das Leugnen zu eurem täglich Brot machen? |
فَلَوۡلَآ إِذَا بَلَغَتِ ٱلۡحُلۡقُومَ |
83 Warum, wenn die Seele die Kehle erreicht, |
وَأَنتُمۡ حِينَئِذٍۢ تَنظُرُونَ |
84 während ihr zuschaut, |
وَنَحۡنُ أَقۡرَبُ إِلَيۡهِ مِنكُمۡ وَلَٰكِن لَّا تُبۡصِرُونَ |
85 wir ihm aber näher sind als ihr – doch ihr seht es nicht! –, |
فَلَوۡلَآ إِن كُنتُمۡ غَيۡرَ مَدِينِينَ |
86 warum, wenn ihr nicht gerichtet werdet, |
تَرۡجِعُونَهَآ إِن كُنتُمۡ صَٰدِقِينَ |
87 bringt ihr sie nicht zurück, wenn ihr die Wahrheit sprecht? |
فَأَمَّآ إِن كَانَ مِنَ ٱلۡمُقَرَّبِينَ |
1388 Wenn einer zu den Gott Nahestehenden gehört, |
فَرَوۡحٌۭ وَرَيۡحَانٌۭ وَجَنَّتُ نَعِيمٍۢ |
89 dann werden ihm eine kühle Brise zuteil, duftende Kräuter und ein Garten der Wonne. |
وَأَمَّآ إِن كَانَ مِنۡ أَصۡحَٰبِ ٱلۡيَمِينِ |
90 Wenn er zu den Leuten der Rechten gehört, |
فَسَلَٰمٌۭ لَّكَ مِنۡ أَصۡحَٰبِ ٱلۡيَمِينِ |
91 dann wird es heißen: „Friede dir, der du zu den Leuten der Rechten gehörst!“ |
وَأَمَّآ إِن كَانَ مِنَ ٱلۡمُكَذِّبِينَ ٱلضَّآلِّينَ |
92 Wenn er aber zu denen gehört, die leugnen und in die Irre gehen, |
فَنُزُلٌۭ مِّنۡ حَمِيمٍۢ |
93 dann erhält er als Unterkunft kochendes Wasser |
وَتَصۡلِيَةُ جَحِيمٍ |
94 und das Schmoren im Höllenbrand. |
إِنَّ هَٰذَا لَهُوَ حَقُّ ٱلۡيَقِينِ |
1495 Das ist wahr und gewiss. |
فَسَبِّحۡ بِٱسۡمِ رَبِّكَ ٱلۡعَظِيمِ |
96 So preise den Namen deines mächtigen Herrn! |
bi-smi llāhi r-raḥmāni r-raḥīm] Zur Basmala s. die entsprechende Anmerkung zu 93; zum Gottesnamen raḥmān s. die Anmerkung zu 55:1.
ʾiḏā waqaʿati l-wāqiʿah] S. 69:15 (fa-yaumaʾiḏin waqaʿati l-wāqiʿah); vgl. aber auch 51:5.6 (ʾinnamā tūʿadūna la-ṣādiq / wa-ʾinna d-dīna la-wāqiʿ), 52:7 (ʾinna ʿaḏāba rabbika la-wāqiʿ), 70:1 (saʾala sāʾilun bi-ʿaḏābin wāqiʿ) und 77:7 (ʾinnamā tūʿadūna la-wāqiʿ), wo Partizipialformen von waqaʿa jeweils als Prädikat und nicht wie im vorliegenden Vers als Subjekt stehen; zur Bezeichnung des Weltendes mit der Wurzel w-q-ʿ s. allg. die Anmerkung zu 77:7. Enigmatische Bezeichnunge des Weltendes durch aktive Partizipien femininum begegnen auch noch in weiteren frühmekkanischen Texten, s. 101:1–3 (al-qāriʿa), 88:1 (al-ġāšiya), 80:33 (wie in 56:1 in einem Temporalsatz: fa-ʾiḏā ǧāʾati ṣ-ṣāḫḫah), 79:34 (Temporalsatz: fa-ʾiḏā ǧāʾati ṭ-ṭāmmatu l-kubrā), 69:1–3 (al-ḥāqqa), 69:4 (al-qāriʿa), 69:5 (aṭ-ṭāġiya) und 53:57 (al-ʾāzifa). Solche metonymischen Umschreibungen eines Substantivs durch ein Adjektiv stellen allgemein ein Charakteristikum der altarabischen Dichtung dar, s. die Anmerkung zu 101:1–3. Im Vergleich mit den vier frühmekkanischen fāʿilāt-Schwurserien Q 100:1–5, 79:1–5, Q 77:1–5 und 51:1–4, die das hereinbrechende Weltende durch prototypische Gegenwartserfahrungen (Reiterangriff und Sturm) präfigurieren, fällt auf, dass die Form des aktiven Partizips femininum auch dort zur Bezeichnung der endzeitlichen Katastrophe dient (s. insb. die Anmerkungen zu 100:1–5 und 79:1–5). Das morphologisches Schema fāʿila wird so innerhalb der frühmekkanischen Korantexte mit der Konnotation apokalyptischen Unheils aufgeladen.
ʾiḏā ruǧǧati l-ʾarḍu raǧǧā / wa-bussati l-ǧibālu bassā / fa-kānat habāʾan munbaṯṯā] Vgl. 69:14 (wa-ḥumilati l-ʾarḍu wa-l-ǧibālu fa-dukkatā dakkatan wāḥidā), 73:14 (yauma tarǧufu l-ʾarḍu wa-l-ǧibālu wa-kānati l-ǧibālu kaṯīban mahīlā), 79:6 (yauma tarǧufu r-rāǧifah), 89:21 (kallā ʾiḏā dukkati l-ʾarḍu dakkan dakkā) und 99:1 (ʾiḏā zulzilati l-ʾarḍu zilzālahā). Zur endzeitlichen Zermalmung der Berge vgl. auch 101:5 (wa-takūnu l-ǧibālu ka-l-ʿihni l-manfūš) und die Anmerkung dazu sowie 70:9 (wa-takūnu l-ǧibālu ka-l-ʿihn). Zu biblischen und nachbiblischen Intertexten s. die ausführlichen Anmerkungen zu 81:3 und 99:1.
Textkritik: Zu V. 4.5 werden von Zaid b. ʿAlī aktivische Lesarten (raǧǧat, bassat) überliefert (Muʿǧam, ad loc.), wobei als Subjekt al-wāqiʿa aus V. 1 fungieren würde. Der Vergleich mit anderen eschatologischen ʾiḏā-Sätzen (vgl. etwa die gerade zitierten Stellen) zeigt jedoch, dass Passivformen hier das Übliche sind.
wa-kuntum ʾazwāǧan ṯalāṯah] In den Koranübersetzungen von Rückert, Henning und Blachère wird V. 7 als Nachsatz des vorangehenden Temporalsatzes aufgefasst, was eine Streichung des wa- impliziert (vgl. Neuwirth, Studien, 211). Da jedoch auch sonst unvollständige, d. h. eines Nachsatzes ermangelnde, Temporalsätze vorkommen (vgl. 73:14 und 68:42.43), besteht keine ausreichende Handhabe für eine Emendation.
fa-ʾaṣḥābu l-maimanah mā ʾaṣḥābu l-maimanah / wa-ʾaṣḥābu l-mašʾamah mā ʾaṣḥābu l-mašʾamah] Zur Wendung ʾaṣḥābu l-maimanah vgl. neben V. 27.90.91 noch 74:39 (ʾaṣḥāb al-yamīn) und innerhalb eines späteren Einschubs 90:18, wo wie im vorliegenden Vers ʾaṣḥāb al-maimanah statt ʾaṣḥāb al-yamīn steht. Ganz analog ist in 90:19 von den ʾaṣḥāb al-mašʾamah die Rede, die weiter unten (V. 41) als ʾaṣḥāb aš-šimāl bezeichnet werden; beide Ausdrücke wurden hier mit „die Leute von der Linken“ übersetzt . Zum biblischen Hintergrund der Begrifflichkeiten s. die Anmerkung zu 90:18.19.
Versabteilung: Außer Kufa teilen alle Zähltraditionen die Verse 8.9.27 und 41 in zwei kürzere (Spitaler, Verszählung, 60). Da analoge Lehrfragen auch sonst als ganze Verse gewertet werden, ist vor mā jeweils ein Verstrenner anzusetzen (Neuwirth, Studien, 25).
wa-s-sābiqūna s-sābiqūn] In Analogie zu V. 8.9.27.41 ist der Vers wohl in zwei Einzelverse zu teilen. Nöldeke und Schwally (GdQ, Bd. 1, 106, Anm. 1) schlagen überdies eine Emendation zu wa-s-sābiqūn / mă s-sābiqūn vor, so dass sich wie in den übrigen Versen auch eine die erstmalige Nennung der betreffenden Gruppe wieder aufnehmende Lehrfrage ergäbe. Doch lässt sich auch der traditionelle Wortlaut durchaus sinnvoll deuten, wie die obige Übersetzung zeigt.
ʾulāʾika l-muqarrabūn] Vgl. 83:20.21 (kitābun marqūm / yašhaduhu l-muqarrabūn) und 83:28 (ʾainan yašrabu bihă l-muqarrabūn).
fī ǧannāti n-naʿīm] Vgl. 83:22 (ʾinna l-ʾabrāra la-fī naʿīm), 82:13 (ʾinna l-ʾabrāra la-fī naʿīm), 68:34 (ʾinna li-l-muttaqīna ʿinda rabbihim ǧannati n-naʿīm) und 52:17 (ʾinna l-muttaqīna fī ǧannātin wa-naʿīm) sowie die Anmerkungen zu 102:8 und 81:13.
Zur luxuriösen materiellen Ausstattung des Paradieses im Allgemeinen s. Horovitz 1923, wonach die koranischen Paradiesbeschreibungen als Überbietungen der in der altarabischen Dichtung geschilderten Trinkgelage zu verstehen sind.
ʿalā sururin mauḍūnah] Die paradiesischen Ruhebetten (surur, furuš, ʾarāʾik) entsprechen, wie Josef Horovitz gezeigt hat, einer wichtigen Komponente dichterischer Gelageschilderungen (Horovitz 1923, 70 f.). Der Ausdruck surur erscheint frühmekkanisch noch in 52:20 (muttakiʾīna ʿalā sururin maṣfūfatin) und 88:13 (fīhā sururun marfūʿah), vgl. weiterhin 55:54 (muttakiʾīna ʿalā furušin baṭāʾinuhā min istabraqin) mit Anmerkung, 55:76 (muttakiʾīna ʿalā rafrafin ḫuḍrin) und 83:23 = 83:35 (ʿală l-ʾarāʾiki yanẓurūn; ʾarāʾik könnte iranischen Ursprungs sein, s. Jeffery, Foreign Vocabulary, 52 f.).
Versabteilung: Der Vers durchbricht den ansonsten in V. 10–24 vorherrschenden Reim auf 2n. Wohl deshalb ziehen Baṣra, Damaskus und Ḥimṣ in der Zählung von Saʿāda ihn zum folgenden Vers (Spitaler, Verszählung, 60). Für die kufische Abteilung spricht jedoch, dass der Vers nach Länge und Aufbau gut in seinen Kontext passt (Neuwirth, Studien, 25). Da die Endung -ūnah immerhin einen deutlichen Anklang an den eigentlich zu erwartenden Reim -ūn aufweist, handelt es sich wohl einfach um eine Variation, die dadurch motiviert ist, dass der ansonsten größtenteils durch den Gebrauch von Pluralformen erzielte Reim mit einem notwendigerweise die Femininendung tragenden Attribut zu surur ja ohnehin nicht zu realisieren ist.
muttakiʾīna ʿalaihā mutaqābilīn] Anstatt mutaqābilīn soll Ibn Masʿūd nāʿimīn („ein angenehmes Leben führend“ o. ä.) gelesen haben (Muʿǧam, ad loc.). Zu muttakiʾīna s. frühmekkanisch noch 55:54.76 und 52:20 (alle drei zitiert in der Anmerkung zu V. 15); das Wort wird, wie Horovitz gezeigt hat, auch in Gelageschilderungen der altarabischen Dichtung gebraucht, etwa bei al-Aʿšā (Horovitz 1923, 70 f.).
yaṭūfu ʿalaihim wildānun muḫalladūn] Vgl. 52:24 (wa-yaṭūfu ʿalaihim ġilmānun lahum ka-ʾannahum luʾluʾun maknūn) mit Anmerkung. Die Bewirtung durch umhergehende Diener erscheint auch in der altarabischen Dichtung, vgl. Horovitz 1923, 65; auch dort wird – etwa von al-Aʿšā – von den Schenken das Verb ṭāfa gebraucht (ebd., 69), das im Kontext koranischer Paradiesbeschreibungen noch in den mittelmekkanischen Stellen 76:15.19, 43:71 und 37:45 erscheint (vgl. frühmekkanisch noch die vielleicht sardonisch zu verstehende Anwendung auf die Verdammten in 55:44 sowie den Gebrauch innerhalb einer Strafparabel in 68:19).
bi-ʾakwābin wa-ʾabārīqa] Vgl. 88:14, wo den Seligen „bereitgestellte Becher“ (ʾakwābun mauḍūʿa) verheißen werden, mit Anmerkung. „Becher“ (Sg. kūb, ein aus dem Aramäischen stammender Ausdruck; s. die Anmerkung zu 88:14) und „Kannen“ sind auch ein wichtiges Requisit altarabischer Gelageschilderungen, vgl. Horovitz 1923, 65 f. Wie andere Bezeichnungen luxuriöser Ausstattungsgegenstände des Paradieses, etwa istabraq in 76:21 und 55:54 (vgl. Jeffery, Foreign Vocabulary, 58 f.), stammt auch das Wort ʾibrīq (Sg. von ʾabārīq) ursprünglich aus dem Mittelpersischen (ābrēz), ist aber wohl über syr. ābrēq vermittelt (Horovitz 1923, 65; Jeffery, Foreign Vocabulary, 46 f.).
Versabteilung: Mekka und Medina II setzen einen Verstrenner nach ʾabārīqa (Spitaler, Verszählung, 61), wogegen jedoch der fehlende Reim spricht (Neuwirth, Studien, 25).
wa-kaʾsin min maʿīn] Zu kaʾs s. die Anmerkung zu 78:34. Vgl. a. die Beschreibung des den Seligen dargebotenen Trankes in 83:25–28, die ebenfalls die Beimischung von Quellwasser (im vorliegenden Vers maʿīn, von der Wurzel ʿ-y-n; zu einer möglichen – aber keineswegs zwingenden – Ableitung von syrisch mʿīnā, „Quelle“ s. Jeffery, Vocabulary, 267 und Ambros, Dictionary, 198) hervorhebt (V. 27.28; wa-mizāǧuhū min tasnīm / ʿainan yašrabu bihă l-muqarrabūn).
lā yuṣaddaʿūna ʿanhā wa-lā yunzifūn] Zur Eigenart des paradiesischen Weins, nicht betrunken zu machen, vgl. die – z. T. mit 56:25 übereinstimmende – Formulierung in 52:23 (yatanāzaʿūna fīhā kaʾsan lā laġwun fīhā wa-lā taʾṯīmun). Speziell ʾanzafa erscheint in einem analogen Kontext noch in 37:47 (lā fīhā ġaulun wa-lā hum ʿanhā yunzafūn), wo zumindest der Mehrzahl der Leser zufolge nicht wie im vorliegenden Vers das Aktiv, sondern das Passiv des IV. Stammes zu lesen ist. Dabei stimmen yunzifūn und yunzafūn jedoch im Konsonantenduktus überein, und für beide Stellen wird auch die jeweils andere Variante überliefert (s. Muʿǧam, ad loc., wo auch noch die Lesart yanzifūn im I. Stamm erscheint; vgl. Ṭabarī, ad loc., vor Nr. 33315, sowie zu 37:47, vor Nr. 29356). Paret nimmt deshalb an, dass die beiden Stellen in dem einen oder anderen Sinne zu vereinheitlichen sind, ohne sich allerdings auf eine der beiden Varianten festzulegen (Kommentar, ad loc.).
Für eine lexikalische und textkritische Klärung der Stelle empfiehlt sich zunächst ein Blick in die islamische Lexikographie und Koranexegese. Den Lexika zufolge bedeuten sowohl nazafa (I. Stamm) als auch ʾanzafa primär „zur Neige gehen“, „versiegen“ o. Ä.; als Beispiel wird der Satz nazafat / ʾanzafat al-biʾr angeführt; auch nuzifat (Passiv) al-biʾr wird dabei als korrekt erachtet (Lisān, s. v. n-z-f). Da die beiden Verben offenbar auch mit menschlichen Subjekten verbunden werden können (ʾanzafa l-qaumu ʾiḏă nqaṭaʿa šarābuhum), wird 56:19 u. a. dahingehend gedeutet, dass die den Seligen dargereichten Getränke nicht „zur Neige gehen“ (Lisān, ebd.). In der islamischen Tradition existiert jedoch noch eine zweite Deutung: Sie paraphrasiert ʾanzafa mit sakira, „betrunken sein“, und belegt dies mit einem (auch bei Ṭabarī zitierten) Vers, der ʾanzafa mit ṣaḥā, „nüchtern sein“, kontrastiert (vgl. al-Ǧauharī, Tāǧ al-luġa wa-ṣiḥāḥ al-ʿarabiyya, s. v. n-z-f; Ṭabarī, zu 37:47, nach Nr. 29361). Dabei wird häufig durch die ‚etymologisierende’ Umschreibung ʾanzafa = ḏahaba ʿaqluhū mina s-sukr („sein Verstand geht durch Trunkenheit ‚zur Neige’“) versucht, diese zweite Interpretation in Bezug zur unbestrittenen Wurzelbedeutung von n-z-f = „zur Neige gehen“ zu setzen. Interessant ist weiterhin Ṭabarīs sehr unausgewogener Umgang mit den beiden Alternativen: Die Deutung ʾanzafa = sakira belegt er durch eine Vielzahl von Traditionen, die lā yunzifūn stets mit etymologisierenden Umschreibungen wie lā tunzifu ʿuqūluhum erläutern, um so eine zusätzliche linguistische Plausibilisierung dieser Interpretation zu suggerieren; die erste Deutung hingegen behandelt er auffällig kursorisch, nämlich nur im Kontext der Lesartendifferenz yunzifūn vs. yunzafūn und ohne Nennung von Namen (s. Ṭabarī, zu 37:47, vor Nr. 29356, sowie zu 56:19, vor Nr. 33315; bei anderen Kommentatoren wie etwa Ibn Kaṯīr fehlt sie ganz). Im Hintergrund steht vielleicht die Tatsache, dass ihm daran gelegen ist, die nicht-berauschende Wirkung der paradiesischen Getränke mit einer eindeutigen koranischen Aussage fundieren zu können.
Was lässt sich aus diesem Material für die Frage nach der Bedeutung von ʾanzafa und die Aktiv-Passiv-Ambivalenz von 37:47 und 56:19 gewinnen? Zunächst lässt sich feststellen, dass Parets Vermutung, die beiden Stellen seien einheitlich zu lesen, angesichts der auch für nazafa / nuzifa bezeugten Aktiv-Passiv-Varianz (s. o.) nicht zwingend ist; die Tatsache, dass bei beiden Versen offenbar eine genuine Unklarheit über das Genus verbi bestand, ist vielmehr am ehesten dadurch zu erklären, dass beide Verwendungen sprachlich möglich waren und die beiden Stellen folglich von Anfang an verschieden vokalisiert worden sein könnten. Was den lexikalischen Aspekt des Problems betrifft, so scheint die zweite Deutung ʾanzafa = sakira etymologisch wenig plausibel, zumindest sofern man die allgemein postulierte Grundbedeutung von nazafa / ʾanzafa = „zur Neige gehen, versiegen“ akzeptiert. Vor allem Ṭabarīs Behandlung der beiden Verse lässt zudem vermuten, dass sich die Erklärung ʾanzafa = sakira aus ideologischen Motiven empfohlen haben könnte; insofern könnte auch der Dichtungsbeleg durchaus manipuliert sein, etwa indem ein ursprüngliches sakartum durch ʾanzaftum ersetzt wurde, was an der betreffenden Position des Metrums eine legitime metrische Variante wäre (die sechste Silbe des ṭawīl kann sowohl lang als auch kurz sein). Der koranische Kontext beider Stellen spricht jedoch relativ eindeutig für eine Interpretation im Sinne von „berauscht sein“: In beiden Stellen geht es um die im Paradies ausgeschlossenen Negativwirkungen von alkoholähnlichen Getränken: Sie verursachen keine Kopfschmerzen (56:19lā yuṣaddaʿūna ʿanhā) und keine Trunkenheit (37:47: lā fīhā ġaulun). Zudem hat die Präposition ʿan, die in 37:47 mit ʾanzafa verbunden wird (wa-lā hum ʿanhā yunzafūn), angesichts von 56:19 offensichtlich kausalen Sinn: lā yuṣaddaʿūna ʿanhā ist „sie bekommen davon keine Kopfschmerzen“. Dieser innerkoranische Sinn von ʾanzafa erwies sich dann später offenbar auch als ideologisch opportun und wurde mit etymologisierenden Umschreibungen wie ḏahaba ʿaqluhū mina s-sukr gestützt.
wa-fākihatin mimmā yataḫayyarūn] Vgl. 52:22 (wa-ʾamdadnāhum bi-fākihatin), 55:52 (fīhimā min kulli fākihatin zauǧān), 55:68 (fīhimā fākihatun wa-naḫlun wa-rummān) und 77:42 (wa-fawākiha mimmā yaštahūn). Zu einem möglichen biblischen Hintergrund der den Seligen verheißenen Früchte s. die Anmerkung zu 77:41.42.
wa-ḥūrun ʿīn] Zu den erstmals in Gruppe IIIa (78:33: wa-kawāʿiba ʾatrābā) erwähnten und dann mehrfach in Gruppe IIIb geschilderten (56:22–24.35–37, 55:56.70.72 und 52:20) Paradiesjungfrauen s. allg. die Anmerkung zu 78:33. Zum Wortlaut des vorliegenden Verses vgl. insbesondere 52:20 (wa-zawwaǧnāhum bi-ḥūrin ʿīn) und 55:72 (ḥūrun maqṣūrātun fĭ l-ḫiyām). Sowohl ḥūr als auch ʿīn sind Pluralformen von Adjektiven des Schemas ʾafʿalu: Ḥūr gehört zu ʾaḥwar (m.), ḥaurāʾ (f.), ʿīn zu ʾaʿyan, ʿaināʾ (von ʿIkrima wird sogar die Variante ḥaurāʾ ʿaināʾ statt des Plurals überliefert, die jedoch den Reim durchbrechen würde und deshalb nicht in Frage kommt; s. Muʿǧam, ad loc.). Da es sich um genuine Pluralformen und nicht um einen femininen Singular handelt, der im Arabischen als Plural für Nicht-Personen steht, wird bereits morphologisch deutlich, dass die beiden Ausdrücke sich auf menschliche Wesen beziehen müssen. Traditionell wird ʾaḥwar / ḥaurāʾ als Bezeichnung für einen besonders starken Schwarz-Weiß-Kontrast der Augen erklärt (vgl. Lane, Bd. 2, 666a und 666c; die dem Adjektiv zugrunde liegende Wurzel ḥ-w-r konnotiert u. a. Weißheit), ʾaʿyan / ʿaināʾ dagegen als „großäugig“ (Lane, Bd. 5, 2218b); die ḥūrun ʿīn sind dann „Frauen mit großen Augen, die einen intensiven Schwarz-Weiß-Kontrast aufweisen“. Auch wenn die postulierte Bedeutung von ʾaḥwar zunächst etwas artifiziell anmuten mag, so ist das Wort ḥūr doch in der altarabischen Dichtung als fest etabliertes Epitheton für schöne Frauen und insbesondere für die bei einem Gelage anwesenden Sängerinnen bezeugt (vgl. die Belege bei Horovitz 1923, 67 f.).
Ungeachtet dieser altarabischen Belege für die Bedeutung von ḥūr – die man keinesfalls mehr mit D. S. Margoliouth und Ṭāhā Ḥusain allesamt als spätere Fälschungen abtun kann (vgl. Wagner 1987, 12–29) – hat Christoph Luxenberg die These vertreten, die ḥūr ʿīn seien eigentlich als „weiße Trauben“ zu verstehen. Es lohnt sich, die beiden von ihm erwogenen Deutungsalternativen an dieser Stelle exemplarisch zu referieren, um einen repräsentativen Einblick in seine höchst fragwürdige Arbeitsweise zu gewinnen:
(1) Luxenbergs erster Lösungsvorschlag besteht darin, ḥūr als eine Pluralbildung zu syr. ḥewārā, „weiß“ zu verstehen, und den Konsonantenduktus ʿ-y-n nicht ʿīn, sondern ʿain zu lesen; letzteres Wort wiederum stehe für syr. ʿainā, was dem Thesaurus Syriacus von Payne Smith zufolge nicht nur „Auge“ bedeutet, sondern in übertragener Verwendung auch das „Aussehen“ bzw. die „Erscheinungsweise“ (aspectus) einer Sache bezeichnen kann (Thesaurus Syriacus, Bd. 2, 2867). Ḥūr ʿain sei deshalb als eine Genitivverbindung mit der Bedeutung „Dinge von glänzendem Aussehen“ = weiß glänzende Trauben zu verstehen. Luxenberg verschweigt dabei allerdings, dass das nomen rectum einer arabischen Genitivverbindung eigentlich determiniert sein, also den Artikel al- haben müsste (zu erwarten wäre also die Konstruktion ḥūr al-ʿain), und dass die beiden von Payne Smith angeführten Belege für ʿainā = aspectus aus Genitivverbindungen mit ʿainā als erstem Bestandteil bestehen (z. B. ʿaineh d-ḥamrā), also der koranischen Wortverbindungen strukturell nicht unbedingt nahestehen.
(2) Die zweite, von Luxenberg offenbar präferierte Alternative ist noch abenteuerlicher: Ḥūr wird weiterhin als Plural zu ḥewārā verstanden, während für die zweite Komponente der Wortverbindung jetzt die Bedeutung ʿainā = „Kostbarkeit“ zugrunde gelegt wird. Vor diesem Hintergrund soll der Schriftzug ʿ-y-n dann ʿuyun gelesen werden, d. h. als eine Pluralform mit der Bedeutung „Kostbarkeiten“; ʿ-y-n stünde damit in Apposition zu ḥūr, und die gesamte Wendung wäre mit „weiße [Trauben], Kostbarkeiten“ o. Ä. zu übersetzen. Diese Deutung wirft allerdings noch gravierendere Schwierigkeiten als die vorige Alternative auf: Denn zum Einen ist der von Luxenberg unterstellte Plural ʿuyun in der arabischen Lexikographie und Grammatik nirgends bezeugt – der reguläre Plural zu ʿain lautet ʿuyūn oder ʾaʿyun, während Pluralbildungen des Schemas fuʿul zu Singularen der Schemata faʿāl, fiʿāl oder fuʿāl gehören (Wright, Bd. 1, 200 f.). Zweitens lässt sich die Bedeutung ʿainā = „Kostbarkeit“ zumindest aus dem entsprechenden Eintrag des Thesaurus Syriacus kaum begründen; dort wird zwar die Wendung ʿainā d-berūlḥā angeführt, welche den „Glanz“ bzw. die „Farbe“ eines Edelsteins bezeichnet, doch die Annahme, das Wort ʿainā könne selbst für einen Edelstein, Juwel o. Ä. stehen, wird durch den Thesaurus in keiner Weise gedeckt. Vermutlich ist diese Annahme letzten Endes durch die im Lisān al-ʿarab zu findende und von Luxenberg auch zitierte Erklärung des Idioms ʿain aš-šaiʾ („der Kern der Sache“) = an-nafīs minhu („das Wertvolle daran“) inspiriert – die lexikalische Essenz von Luxenbergs ‚syrischer’ Lesart der ḥūr ʿīn wurzelt damit in einem arabischen Idiom, das jedoch ganz anders als der koranische Ausdruck konstruiert ist.
Abgesehen von der Gewundenheit derartiger Konstruktionen, die an keiner Stelle durch syrische Originalbelege gedeckt sind und stets nur auf einer ingeniösen Zurechtbiegung von Lexikoneinträgen beruhen, entbehrt Luxenbergs Versuch einer Neudeutung der ḥūr ʿīn auch jeder heuristischen Rechtfertigung: Die entsprechenden koranischen Passagen sind ganz und gar nicht „dunkel“ (so das von ihm selbst auf S. 10 formulierte Kriterium für eine aramäisierende Umdeutung von Koranstellen), und die traditionelle Annahme, es gehe hier um Paradiesjungfrauen wird nicht nur durch die weiter oben angesprochene Verwendung von ḥūr in der Dichtung, sondern auch durch zahlreiche innerkoranische Parallelen gestützt, die mit anderen Worten dasselbe sagen (vgl. etwa die Wendung qāṣirāt aṭ-ṭarf, „Frauen, die ihren Blick niederschlagen“, in 55:56 u. a., und die Apposition kawāʿib ʾatrāb, „vollbusige [Gefährtinnen] von gleichem Alter“, in 78:33). Luxenbergs Versuche, alle diese Stellen auf Weintrauben zu beziehen, sind nicht weniger fragwürdig als seine gerade in extenso referierte Reinterpretation der ḥūr ʿīn, so dass sich eine ähnlich detaillierte Kritik erübrigt. Für eine ausführliche Analyse der Methodologie und Voraussetzungen Luxenbergs vgl. Saleh 2010 und Wild 2010.
Versabteilung: Nur Kufa und Medina I werten ʿīn als Versschluss, die übrigen Zähltraditionen ziehen V. 22 und 23 zusammen (Spitaler, Verszählung, 61). Für die kufische Zählung sprechen jedoch der Reim und die Tatsache, dass die Paradiesjungfrauen auch anderswo „mit kürzesten Worten, aber in eigenständigem Vers vorgestellt“ werden, vgl. 56:37: ʿuraban ʾatrābā (Neuwirth, Studien, 25).
ka-ʾamṯāli l-luʾluʾi l-maknūn] Mit „wohlverwahrten Perlen“ werden nicht nur die Paradiesjungfrauen verglichen, sondern auch die Jünglinge, welche die Seligen bedienen, vgl. 52:24: ġilmānun lahum ka-ʾannahum luʾluʾun maknūn.
ǧazāʾan bi-mā kānū yaʿmalūn] Vgl. 78:36 (ǧazāʾan min rabbika ʿaṭāʾan ḥisāba)
lā yasmaʿūna fīhā laġwan wa-lā taʾṯīmā / ʾillā qīlan salāman salāmā] Zu V. 25 vgl. 52:23 (kaʾsan lā laġwun fīhā wa-lā taʾṯīmūn), 78:35 (lā yasmaʿūna fīhā laġwan wa-lā kiḏḏāba) und 88:11 (lā tasmaʿu fīhā lāġiyah). Taʾṯīm wird von den Lexikographen sowohl mit ʾiṯm („Sünde, Vergehen“) gleichgesetzt als auch in deklarativem Sinne als „jemanden des ʾiṯm zeihen“ erklärt (vgl. kaḏḏaba, „der Lüge zeihen“ bzw. „als Lüge erklären“), s. al-Fīrūzābādī, al-Qāmūs al-muḥīṭ, s. v. ʾ-ṯ-m. Angesichts von 52:23, wo taʾṯīm als eine Folge des Genusses berauschender Getränke genannt wird, dürfte innerkoranisch die erste Deutungsalternative wahrscheinlicher sein (anders urteilt Ambros, Dictionary, 20). Dabei muss vorerst offenbleiben, ob dieser Gebrauch des II. Stammes durch Reimzwang motiviert ist oder tatsächlichem arabischen Sprachgebrauch entspricht.
Müller 1896 (vgl. Neuwirth, Studien, 210) geht davon aus, dass die beiden Verse 25 und 26, die an den 2n-Reim ihrer Umgebung nur sehr lose anklingen, eigentlich in den Teil über die „Leute der Rechten“ (ab V. 27) gehören. Zwar könnte eine Positionierung vor V. 35 (Reim: āKā) zunächst reimmäßig schlüssiger erscheinen, doch durchbricht auch hier zumindest V. 25 (-īmā) den Reim. Da zudem der pronominale Rückbezug fīhā nur bei der traditionellen Lokalisierung der Verse einen Anknüpfungspunkt hat (nämlich die ǧannāt an-naʿīm aus V. 12) empfiehlt es sich vorläufig (d. h. in Abwesenheit einschlägiger Manuskriptbefunde) doch, an der Versfolge des textus receptus festzuhalten. Eine Positionierung nach V. 19, die man aus sachlichen Gründen ebenfalls erwägen könnte – auch in 52:23 (yatanāzaʿūna fīhā kaʾsan lā laġwun fīhā wa-lā taʾṯīmun) wird hervorgehoben, dass der Genuss der Paradiesgetränke kein „Geschwätz“ zur Folge hat – scheidet aus, weil die Nachbarschaft zu V. 19 dann zumindest suggerieren würde, dass dem Suffix von fīhā in V. 25 dieselbe Referenz wie ʿanhā in V. 19 zu unterstellen ist (nämlich die „Becher und Kannen“ aus V. 18), was jedoch offensichtlich unsinnig ist. Zu berücksichtigen ist auch die Stellung der beiden Verse am Gesätzende: Denn auch wenn sie sich inhaltlich und reimlich vom Vorangehenden abheben, so stellt V. 26 mit seinem doppelten Friedensruf doch einen dramaturgisch sinnvollen Schlussruf dar, der die zuvor aufgeführten Details über das jenseitige Los der „Gott Nahestehenden“ (al-muqarrabūn) noch einmal summarisch auf den Punkt bringt.
Versabteilung: Mekka und Medina I ziehen V. 25, der sich nicht auf die vorangehende Passage reimt, mit V. 26 zusammen (Spitaler, Verszählung, 61). Neuwirth will an der Abteilung zwischen V. 25 und V. 26 festhalten und vermutet, die Schlussworte beider Verse könnten unflektiert als taʾṯīm und salām realisiert worden sein (Neuwirth, Studien, 25). Alternativ könnte man die beiden Verse aber auch als eigene Reimgruppe auf īmā bzw. āmā behandeln, wobei der Austausch von ī und ā natürlich nach dichterischer Konvention nicht statthaft ist.
wa-ʾaṣhābu l-yamīn mā ʾaṣhābu l-yamīn] Zur Versabteilung und zu Parallelen s. o. V. 8.9 sowie unten V. 90.91.
wa-ṭalḥin manḍūd] Naḍada ist eigentlich „stapeln, übereinanderschichten“ (Lane, Bd. 8, 2807c).
wa-ẓillin mamdūd] Vgl. 77:41 (ʾinna l-muttaqīna fī ẓilālin wa-ʿuyūn). Zum im Paradies herrschenden Schatten s. die Anmerkung zu 77:41.42.
wa-fākihatin kaṯīrah / lā maqṭūʿatin wa-lā mamnūʿah] S. die Anmerkung zu V. 20.
wa-furušin marfūʿah] Vgl. 88:13 (fīhā sururun marfūʿah) sowie die Anmerkung zu V. 15.
Bell (Commentary, ad loc.) will die abrupt mit ʾinnā ʾanšaʾnāhunna ʾinšāʾā einsetzende und offenbar erneut auf die in V. 22.23 thematisierten Paradiesjungfrauen (zu ihnen s. die Anmerkungen zu 56:22 sowie zu 78:33) Bezug nehmende Versgruppe hinter V. 23 setzen. Dadurch ginge jedoch die kaum zufällige Symmetrie zwischen den Abschnitten über die muqarrabūn und die ʾaṣḥāb al-yamīn verloren, die beide mit Beschreibungen der Paradiesjungfrauen enden. Noch gewichtiger ist die Tatsache, dass V. 38 die Paradiesjungfrauen ausdrücklich auch den „Leuten der Rechten“ zuweist (li-ʾaṣḥābi l-yamīn), was den Passus eindeutig dem vierten Gesätz zuordnet.
Baṣra betrachtet V. 35 nicht als eigenen Vers (Spitaler, Verszählung, 61). Verslänge, Struktur und die Reimpotenz von ʾinšāʾā erfordern jedoch eine Abteilung (Neuwirth, Studien, 25).
ʿuruban] Singular ʿarūb, den arabischen Lexika zufolge von Frauen ausgesagt – entweder im Sinne von „liebevoll, zugewandt“ oder „ungehorsam, unkeusch“ (Lane, Bd. 5, 1994c). Im Hintergrund steht vielleicht eine Spezifizierung der Grundbedeutung von ʿ-r-b „überqueren“ zu „übermäßig sein“: So kann das Verb ʿariba angewandt auf Brunnen oder Flüsse „wasserreich sein“ bedeuten (ebd., 1991 c). Das Attribut ʿarūb bezeichnet dann wohl ein charakterliches Übermaß sowohl im positiven als auch im negativen Sinne.
ʾatrāb] Vgl. 78:33 (wa-kawāʿiba ʾatrābā) sowie die Anmerkung ebd. zur Bedeutung von tirb.
wa-ʾaṣḥabu š-šimāl mā ʾaṣḥabu š-šimāl] Zur Versabteilung und zu Parallelen s. o., V. 8.9.
fī samūmin wa-ḥamīm] Vgl. 90:20 (ʿalaihim nārun muʾṣadah). Die Lexikographen erklären samūm als „heißer Wind“ (s. Lane, Bd. 4, 1420a); Paret gibt das Wort in seiner koranischen Verwendung plausibel mit „sengende Glut“ wieder. Zu ḥamīm s. die Anmerkung zu V. 54.
Versabteilung: Die mekkanische Verszähltradition zieht V. 42 zu V. 43 (Spitaler, Verszählung, 61). Reim, Verslänge und Struktur legen jedoch eine Abteilung nahe (Neuwirth, Studien, 25).
wa-ẓillin min yaḥmūm / lā bāridin wa-lā karīm] Yaḥmūm ist den Lexikographen zufolge synonym mit ʾaḥamm, „schwarz“ (vgl. Lane, Bd. 2, 638a–b); die traditionelle Erklärung von yaḥmūm als „(schwarzer) Rauch“ (vgl. Ṭabarī, ad loc., Nr. 33447 ff.) ist von daher nicht unplausibel. Von einem seine eigentliche Funktion nicht erfüllenden Schatten ist etwas früher bereits in 77:30.31 (inṭaliqū ʾilā ẓillin ḏī ṯalāṯi šuʿab / lā ẓalīlin wa-lā yuġnī mina l-lahab; Gruppe IIIa) die Rede.
wa-kānū yaqūlūna ʾa-ʾiḏā mitnā wa-kunnā turāban wa-ʿiẓāman ʾa-ʾinnā la-mabʿūṯūn / ʾa-wa-ʾābāʾună l-ʾawwalūna] Vgl. 75:3 (ʾa-yaḥsabu l-ʾinsānu ʾa-lan naǧmaʿa ʿiẓāmah) und 79:10.11 (yaqūlūna ʾa-ʾinnā la-mardūdūna fĭ l-ḥāfirah / ʾa-ʾiḏā kunnā ʿiẓāman naḫira).
Versabteilung: Die Verszähltraditionen von Ḥimṣ sowie Mekka setzen nach yaqūlūna einen Versschluss an (Spitaler, Verszählung, 61), wohl um den überlang wirkenden Vers an sein Umfeld anzugleichen. Neuwirth plädiert dagegen, die Redeeinleitung vom restlichen Vers abzutrennen, zumal die folgenden zwei Kola immer noch einen im Vergleich zum Kontext auffällig langen Vers ergeben (Neuwirth, Studien, 25).
Beide Zähltraditionen von Ḥimṣ ziehen V. 48 und V. 49 zusammen (Spitaler, Verszählung, 61). Eine Abtrennung ist jedoch unumgänglich, da mit V. 49 die dem Verkünder in den Mund gelegte Gegenrede einsetzt (Neuwirth, Studien, 25).
Statt nach ʾāḫirīn trennen Damaskus, Ḥimṣ und Medina II die beiden Verse nach maǧmūʿūna (Spitaler, Verszählung, 61): qul ʾinna l-ʾawwalīna wa-l-ʾāḫirīna la-maǧmūʿūn / ʾilā mīqāti yaumin maʿlūm. In beiden Fällen liegen sowohl ein genuiner Reim als auch ein beide Verse verschränkendes Enjambement vor; eine Trennung nach ʾāḫirīn betont das Prädikat als Ganzes, während eine Trennung nach maǧmūʿūn das Gewicht auf den Präpositionalausdruck ʾilā mīqāti yaumin maʿlūm legt. Für die erste Alternative spricht jedoch die Analogie zu V. 51.52 (ṯumma ʾinnakum ʾayyuhă ḍ-ḍāllūna l-mukaḏḏibūn / la-ʾākilūna min šaǧarin min zaqqūm), wo zwar ebenfalls eine doppelte Reimpotenz besteht, eine divergierende Abteilung nach la-ʾākilūna jedoch nicht überliefert ist und aufgrund der resultierenden quantitativen Ungleichgewichtigkeit der beiden Verse auch unwahrscheinlich ist. Eine Verstrennung nach ʾāḫirīn ist damit wahrscheinlicher (Neuwirth, Studien, 25 f.).
ʾilā mīqāti yaumin maʿlūm] Als mīqāt wird der Jüngste Tag frühmekkanisch noch in 78:17 (ʾinna yauma l-faṣli kāna mīqātā) beschrieben.
qul] Die später sehr zahlreichen qul-Anweisungen, mittels derer eine bestimmte koranische Aussage als dem Propheten in den Mund gelegtes Gotteswort charakterisiert wird, sind in frühmekkanischer Zeit noch selten; neben dem vorliegenden Vers erscheinen sie nur noch in 79:18 und 52:31. Die früheste dieser drei Stellen ist dabei sicher 79:18 (Gruppe IIIa), wo die qul-Anweisung noch im Kontext eines an Mose ergehenden Verkündigungsauftrags steht (fa-qul hal laka ʾilā ʾan tazakkā). 56:49 und 52:31 (qul tarabbaṣū fa-ʾinnī maʿakum mina l-mutarabbiṣīn) demonstrieren dann, wie die Formel sich aus ihrem ursprünglich narrativen Kontext löst und sich zu einem tragenden Diskurselement polemischer Koranpassagen zu entwickeln beginnt.
ʾayyuhă ḍ-ḍāllūna l-mukaḏḏibūn] Zu den verschiedenen Gebrauchsweisen von kaḏḏaba vgl. die Anmerkungen zu 95:7, 92:16 und 73:11.
la-ʾākilūna min šaǧarin min zaqqūm] Zaqama bedeutet „sich etwas hastig hineinstopfen“ o. Ä. (Lane, Bd. 3, 1238c–1239a), eine vom folgenden Vers (fa-māliʾūna minhă l-buṭūn) noch einmal explizit umschriebene Assoziation, die für zeitgenössische Hörer auch dem Ausdruck zaqqūm selbst angehaftet haben dürfte. Die speziell zu zaqqūm tradierten Erklärungsversuche (s. Lane, Bd. 3, 1239a) sind offensichtlich aus dem Koran extrapoliert; auch die auf den ersten Blick der koranischen Verwendung diametral zuwiderlaufende Erläuterung von zaqqūm als ein aus Datteln und Butter zubereitetes Gericht (vgl. a. Lisān, s. v. z-q-m) dürfte eine nachträgliche Konstruktion sein, mit deren Hilfe sich eine jener für die frühe Koranexegese so typischen Anekdoten über das diskursive Wechselspiel von koranischen Offenbarungen und Äußerungen von Muḥammads Hörern bilden ließ (vgl. die Zusammenfassung bei Lane: nach der Offenbarung von 44:43.44 soll Abū Ǧahl über die in Aussicht gestellte Dattelspeise frohlockt haben, woraufhin dann ein weiterer zaqqūm-Vers offenbart worden sei). Bei dem Ausdruck zaqqūm handelt es sich wie auch bei den ähnlich enigmatischen Ausdrücken siǧǧīn, ʾilliyīn und tasnīm aus Q 83 (vgl. die Anmerkung zu 83:7.8) um eine in erster Linie als Eigenname fungierende, trotz ihrer Opazität jedoch durchaus gewisse semantische Konnotationen vermittelnde Bezeichnung für zentrale Gegebenheiten des Jenseits; der Gebrauch von Ausdrücken dieser Art ist also ein im Koran mehrfach belegtes rhetorisches Mittel. Der hier erstmals erwähnte zaqqūm-Baum (vgl. später noch 37:66 und 44:43–46) wird offenbar als ein Gewächs vorgestellt, dessen Früchte die Verdammten „gierig in sich hineinstopfen“ (z-q-m) bzw. mit denen sie sich „die Bäuche füllen“ (V. 53), ohne dass sich daraus irgendeine Sättigungswirkung ergäbe. Für diese Deutung spricht auch, dass bereits in 88:6.7 (laisa lahum ṭaʿāmun ʾillā min ḍarīʿ / lā yusminu wa-lā yuġnī min ǧūʿ; Gruppe II) von der nicht sättigenden Speise der Verdammten die Rede ist; diese Vorstellung verbindet sich in der vorliegenden Sure dann mit dem Namen des zaqqūm-Baums. – Zu erwägen ist darüberhinaus, ob der zaqqūm-Baum nicht vielleicht als eine Subvertierung des Paradiesbaumes aus Genesis 2 und 3 zu verstehen ist (Neuwirth, Frühmekkanische Suren, 636, auf der Grundlage einer ursprünglich auf Matthias Radscheit zurückgehenden Idee).
fa-šāribūna ʿalaihi mina l-ḥamīm] S. neben V. 42 (fī samūmin wa-ḥamīm) und V. 93 (fa-nuzulun min ḥamīm) noch 55:44 (yaṭūfūna bainahā wa-baina ḥamīmin ʾān) sowie 78:25 (ʾillā hamīman wa-ġassāqa) mit Anmerkung. Vgl. a. 69:36 (wa-lā ṭaʿāmun ʾillā min ġislīn).
fa-šāribūna šurba l-hīm] Zur Übersetzung von hīm vgl. Bauer 2010.
Verschiedene Ausschnitte der hier evozierten Zeugung des Menschen werden – mit anderen Begrifflichkeiten – bereits in 96:1.2, 90:8–10, 87:1–3, 82:7.8, 70:39 thematisiert.
naḥnū ḫalaqnākum] Zum Verb ḫalaqa vgl. die Anmerkung zu 96:1.2.
wa-mā naḥnu bi-masbūqīn] Vgl. identisch 70:41.
ʿalā ʾan nubaddila ʾamṯālakum] Vgl. 70:40.41 (ʿalā ʾan nubaddila ḫairan minhum).
wa-nunšiʾakum fī mā lā taʿlamūn] Vgl. 70:39 (kallā ʾinnā ḫalaqnāhum mimmā yaʿlamūn).
wa-la-qad ʿalimtumu n-našʾata l-ʾūlā] Vgl. 53:47 (wa-ʾanna ʿalaihi n-našʾata l-ʾuḫrā).
la-ǧaʿalnāhu ḥuṭāman] Ḥuṭām ist wörtlich „Trümmer“.
fa-ẓaltum tafakkahūn] Tafakkaha ist eine Crux (vgl. Ambros, Dictionary, 215). Bei den Lexikographen (vgl. Lane, Bd. 6, 2432b sowie Lisān, s. v. f-k-h) finden sich u. a. die etymologisch plausiblen Bedeutungen „(Früchte = fākiha) genießen“ und „sich amüsieren, belustigen“ (vgl. fakiha = „heiter, fröhlich sein“), sowie eine Reihe von auch in der Koranexegese prominenten Erklärungen („erstaunt sein“, „bereuen“; vgl. Ṭabarī, ad loc., Nr. 33493 ff., wo als weitere Erklärung noch „sich gegenseitig Vorwürfe machen“ figuriert). Letztere Deutungen stehen unter einem starken Verdacht, für den vorliegenden Vers maßgeschneidert zu sein, so dass es sich prinzipiell empfiehlt, mit den ersten beiden Alternativen zu arbeiten. Diese fügen sich nun allerdings weitaus weniger glatt in den Kontext ein, doch ist in beiden Fällen eine ironische Verwendung denkbar: „Da könntet ihr euch dann an euren Früchten gütlich tun!“ / „Da könntet ihr euch dann weiterhin belustigen!“ Da im nächsten Vers eine wörtliche Rede folgt und die Wendung fa-ẓaltum tafakkahūn folglich als eine Art Zitateinleitung zu fungieren scheint, wurde in der obigen Übersetzung die zweite Interpretation gewählt: „da könnt ihr euch dann [mit den folgenden Worten] weiter belustigen: …“.
bal naḥnu maḥrūmūn] Vgl. identisch 68:27, wo der Ausruf ebenfalls als Reaktion auf eine durch Gott bewirkte Verheerung menschlicher Anbauflächen fungiert.
ʾa-fa-raʾaitumu n-nāra llatī tūrūn] Zu nār vgl. die Anmerkung zu 111:3.
naḥnu ǧaʿalnāhā taḏkiratan wa-matāʿan li-l-muqwīn] Zu den Begriffen ḏikr, ḏikrā und taḏkira s. die Anmerkung zu 73:19 mit zahlreichen Verweisen. Zur Versstruktur (Bestimmung einer natürlichen Gegebenheiten bzw. der koranischen Offenbarungen als „Mahnung für“, taḏkira / ḏikr / ḏikrā li- ...) s. 81:27 (ʾin huwa ʾillā ḏikrun li-l-ʿālamīn), 69:48 (wa-ʾinnahū la-taḏkiratun li-l-muttaqīn), 68:52 (wa-mā huwa ʾillā ḏikrun li-l-ʿālamīn) und 74:31 (wa-mā hiya ʾillā ḏikrā li-l-bašar, gehört zu einem Einschub). Zum Verb ʾaqwā vgl. die Substantive qawāʾ und qiyy, „Wüste, Einöde“.
fa-sabbiḥ bi-smi rabbika l-ʿaẓīm] Vgl. identisch 69:52 sowie 55:78 (tabāraka smu rabbika ḏĭ l-ǧalāli wa-l-ʾikrām), 73:8 (wa-ḏkuri sma rabbika), 87:1 (sabbiḥ sma rabbika l-ʾaʿlā), 87:14 (wa-ḏakara sma rabbihī fa-ṣallā) und 96:1 (bi-smi rabbika llaḏī ḫalaq); zu psalmischen Parallelen sowie zu der vom Syrisch geprägten Semantik von sabbaḥa s. die Anmerkung zu 87:1. Zum Gottestitel rabb s. die Anmerkung zu 95:8.
fa-lā ʾuqsimu bi-mawāqiʿi n-nuǧūm] Wörtlich: „... bei den Orten, an denen die Sterne herabfallen“. Zum affirmativen Sinn von fa-lā ʾuqsimu bi- vgl. die Anmerkung zu 90:1 mit weiteren Stellen. Zu grundsätzlichen Hinweisen zu den koranischen Schwüren sowie ihrer wahrscheinlichen, aber bis dato noch nicht hinreichend untersuchten Anlehnung an ein charakteristisches Ausdrucksmittel altarabischer Seher (kuhhān) s. die Anmerkung zu 100:1–5; zu Aufbau und Funktion des hier vorliegenden Schwurtypus s. die Anmerkung zu 93:1.2 mit zahlreichen Parallelstellen. Schwüre im Sureninnern begegnen sonst noch in Q 51:23, 70:40, 74:32–34, 81:15–18 und 86:11 f., die bis auf 70:40 allesamt in unterschiedlichen Formulierungen den Nachthimmel evozieren. Bis auf 70:40 und 74:32–34 folgen auf diese Schwüre immer metatextuelle Aussagen, die deiktisch oder wie der folgende Vers mit einem freischwebenden Personalpronomen formuliert sind und zumeist den Offenbarungscharakter des Koran affirmieren.
wa-ʾinnahū la-qasamun lau taʿlamūna ʿaẓīm] Vgl. 89:5 (hal fī ḏālika qasamun li-ḏī ḥiǧr). Zum ‚frei schwebenden’ Personalpronomen -hū s. die folgende Anmerkung sowie die Bemerkungen zu 87:18.19, 81:19 und 97:1.
ʾinnahū la-qurʾānun karīm / fī kitābin maknūn / lā yamassuhū ʾillă l-muṭahharūn] Vgl. 85:21.22 (bal huwa qurʾānun maǧīd / fī lauḥin maḥfūẓ) sowie 80:11–16 (kallā ʾinnahā taḏkirah / ... / fī ṣuḥufin mukarramah). Alle drei Stellen haben eine analoge Struktur: Auf einen den Offenbarungscharakter der koranischen Verkündigungen bekräftigenden emphatischen Nominalsatz, dessen Subjekt ein ‚frei schwebendes’, d. h. kein Antezedens aufnehmendes Personalpronomen ist, folgt eine Lokalisierung der Korantexte „in“ (fī) einem himmlischen Kodex (56:78, 80:13) bzw. auf einer „wohlverwahrten Tafel“ (85:22). Zum frühmekkanischen Gebrauch des Substantivs qurʾān s. allg. die Anmerkung zu 75:16–19.
tanzīlun min rabbi l-ʿālamīn] Vgl. identisch 69:43; zur Beschreibung der Offenbarung als tanzīl s. die Anmerkungen dazu und zu 97:1. Die Titulierung Gottes als rabb al-ʿālamīn ist sicherlich eine Resonanz jüdisch-christlicher Gottesbezeichnungen (vgl. hebr. melek ha-ʿôlām, etwa in Jeremia 10:10), ohne dass sich die genaue Herkunft näher einengen ließe; vgl. GdQ, Bd. 1, 112, Anm. 2, wo u. a. die folgenden Parallelen angeführt werden: targumisches Aramäisch: מרא עלמא und ריבון עלמא; mandäisch: מאראיהון דכולהון אלמאיא; rabbinisches Hebräisch: רבונו של עולם und – der koranischen Wendung am nächsten – רבון העולמים; neutestamentliches Griechisch: βασιλεὺς τϖν αἰώνων; äthiopischer Henoch: egzīʾa kwellu ʿālamāt. Ergänzen ließe sich, dass die Bezeichnung schon relativ früh auch über jüdisch-christliche Kreise hinaus Verbreitung gefunden haben muss, wie die in einer Inschrift aus dem Jahr 267 n. Chr. bezeugte Anrede Duscharas als mry ʿlmʾ dokumentiert (Healey 2001, 95)
Ungeachtet der gerade angeführten Belege ist es unwahrscheinlich, dass mit dem nomen rectum der koranischen Wortverbindung rabb al-ʿālamīn „die Welten“ (d. h. Diesseits und Jenseits) gemeint sind – man würde dann statt des gesunden maskulinen Plurals ʿālamūn eher ʿawālim oder evtl. wie im Äthiopischen ʿālamāt erwarten. Ein noch gravierenderes Indiz dafür, dass ʿālamūn nicht mit „Welten“, sondern mit „Weltbewohner“ zu übersetzen ist, liefern die Stellen 5:20.115, 7:80, 15:70, 26:165, 29:10.28 (vgl. u. a. den Ausdruck ʾaḥad min al-ʿālamīn), vgl. auch 2:47.122, 3:42, 6:86, 7:140, 44:32, 45:16 (mit der Wendung iḫtāra / faḍḍala ʿalā l-ʿālamīn). Da die in diesen Versen geforderte Übersetzung „Weltenbewohner“ auch auf alle anderen Vorkommnisse des Wortes passt (ohne dort allerdings die einzig mögliche zu sein), empfiehlt sich (gegen Paret und Zirker) die einheitliche Wiedergabe von ʿālamūn mit „Weltbewohner“, auch wenn sie den Nachteil hat, die jüdisch-christliche Konnotation des Begriffes weniger klar hervortreten zu lassen.
Der Gottesname rabb al-ʿālamīn erscheint in Mekka I neben 56:80 und 69:43 noch in 83:6 (yauma yaqūmu n-nāsu li-rabbi l-ʿālamīn); 81:29 (wa-mā tašāʾūna ʾillā ʾan yašāʾa llāhu rabbu l-ʿālamīn) ist ein späterer Einschub und wohl nicht mehr frühmekkanisch. Da die übrigen drei Belege zu Gruppe IIIa gehören, tritt der Ausdruck erst gegen Ende der frühmekkanischen Periode auf, was zu seiner Herkunft aus der biblischen Tradition passt – auch sonst sind Verweise auf konkrete Termini und Figuren der biblischen Tradition in frühmekkanischer Zeit ja verhältnismäßig selten und nehmen erst sukzessive zu (vgl. etwa den parallelen Fall von ǧahannam, s. die Anmerkung zu 102:6). Als nomen rectum einer anderen Genitivverbindung erscheint al-ʿālamīn jedoch schon etwas früher, nämlich in 81:27 aus Gruppe II (ḏikrun li-l-ʿālamīn; ist identisch mit 68:52).
ʾa-fa-bi-hāḏă l-ḥadīṯi ʾantum mudhinūn] Zum Gebrauch von ḥadīṯ s. die Anmerkung zu 77:50. Zu ʾadhana vgl. 68:9 mit Anmerkung.
wa-taǧʿalūna rizqakum ʾannakum tukaḏḏibūn] Zur (über das Aramäische vermittelten) mittelpersischen Etymologie von rizq vgl. Jeffery, Foreign Vocabulary, 142 f. Der Ausdruck erscheint frühmekkanisch noch in 51:22.57 (vgl. a. V. 58, wo Gott als razzāq bezeichnet wird) sowie in dem Einschub 89:16. – ʿAlī und Ibn ʿAbbās sollen statt rizqakumšukrakum gelesen haben (Muʿǧam, ad loc.): „und es zu eurem Dank machen, dass ihr leugnet“.
fa-lau-lā ʾiḏā balaġati l-ḥulqūm] Intendiert ist die Seele (nafs, f.) des Sterbenden, vgl. 75:26 (kallā ʾiḏā balaġati t-tarāq) mit Anmerkung. S. auch Andrae 1926, 154 f..
wa-naḥnu ʾaqrabu ʾilaihi minkum] Ist sinngemäß auf den Sterbenden zu beziehen, der – wie in V. 83 seine „Seele“ (nafs) – nicht explizit genannt wird.
ʾin kuntum ġaira madīnīn] Das Partizip madīn erscheint – ebenfalls im Plural – noch in 37:53. Morphologisch gesehen handelt es sich um ein Partizip Passiv zu dāna, yadīnu, „borgen, ein Darlehen aufnehmen“, woraus sich eigentlich die Bedeutung „verschuldet“ ergäbe (vgl. Lane, Bd. 3, 945a). Da jedoch zum Zeitpunkt der Verkündigung von Sure 56 die Begriffe ad-dīn, „das (Jüngste) Gericht“, bzw. yaum ad-dīn, „Tag des Gerichts“, bereits eine außerordentliche Prominenz im koranischen Diskurs besaßen (vgl. die Anmerkung zu 107:1), ist der Ausdruck aber wohl denominal im Sinne von „am Jüngsten Tag (yaum ad-dīn) gerichtet“ zu verstehen.
mina l-muqarrabīn] S. die Anmerkung zu V. 11.
fa-rauḥun wa-raiḥānun wa-ǧannatu naʿīm] Raiḥān kann auch insbesondere eine Art des Basilikums bezeichnen (Lane, Bd. 3, 1181c). Die Aufzählung klingt deutlich an einen Vers aus einer Gelagebeschreibung von al-Aʿšā Maimūn (gest. zwischen 625 und 630?) an: wa-miskun wa-raiḥānun wa-rāḥun tuṣaffaqū, „Und Moschus und Basilikum und gewässerten Wein ...“ (zitiert bei Horovitz 1923, 67). Dass es sich um eine bewusste Anspielung handelt, ist angesichts der auch sonst beobachtbaren Anlehnung koranischer Paradiesbeschreibungen an Gelageszenen der Dichtung (vgl. die Anmerkung zu V. 15–19 sowie speziell zu V. 15 und V. 17) wahrscheinlich. Bemerkenswert ist dabei die Ersetzung von rāḥ („Wein“; vgl. Lane, Bd. 3, 1180a) durch das ähnlich klingende, aber eine andere Bedeutung transportierende rāuḥ („leichte Brise“). Zu ǧannatu naʿīm s. die Anmerkung zu V. 12. Versabteilung: Die Verszähltradition von Damaskus und die von Ḥimṣ nach Saʿāda setzen nach raiḥānun einen Verstrenner (Spitaler, Verszählung, 61), der jedoch weder von der Verslänge her noch durch Reimpotenz gerechtfertigt ist (Neuwirth, Studien, 26).
ʾaṣḥābi l-yamīn] S. die Anmerkung zu V. 8.
wa-taṣliyatu ǧaḥīm] Zu ǧaḥīm vgl. die Anmerkung zu 102:6.
ʾinna hāḏā la-huwa ḥaqqu l-yaqīn] Vgl. 69:51 (wa-ʾinnahū la-ḥaqqu l-yaqīn).
fa-sabbiḥ bi-smi rabbika l-ʿaẓīm] S. die Anmerkung zu V. 74.
Literaturliste
Wie verschiedene andere Suren aus den Gruppen IIIa und IIIb setzt auch Q 56 mit einem Verweis auf das „Hereinbrechen“ des Jüngsten Gerichts ein, der hier als eschatologischer Temporalsatz gestaltet ist. Instruktiv ist dabei ein Vergleich der Sure mit früheren Texten wie Q 81 und 82, in denen sich solche einleitenden Temporalsätze zu ausgedehnten Temporalsatzserien auswachsen können, die ein ganzes Kaleidoskop von endzeitlichen Zerfallserscheinungen präsentieren. Im Gegensatz dazu steht zu Beginn der vorliegenden Sure nur ein einziger ʾiḏā-Satz, der zudem nicht dieses oder jenes Detailphänomen skizziert, sondern sich darauf beschränken kann, mittels eines stenographischen Kürzels („wenn hereinbricht, was hereinbrechen wird“) frühere Einzelschilderungen abzurufen. Offenbar kann bei den koranischen Hörern bereits in diesem frühen Stadium eine weitgehende Vertrautheit mit den eschatologischen Passagen vorangehender Verkündigungen vorausgesetzt werden – ein wichtiges Indiz dafür, dass die Korantexte zumindest unter einem Teil ihrer Adressaten allmählich eine Art proto-kanonischen Status gewinnen. Der Nachsatz des einleitenden Temporalsatzes bekräftigt, dass sich die – später (V. 92) noch einmal explizit angeprangerte – Leugnung des Jüngsten Gerichts beim tatsächlichen Eintreten des Weltendes nicht mehr aufrecht erhalten lässt (V. 2). V. 3, der „die Hereinbrechende“ mit zwei weiteren Partizipalformen als „erniedrigend und erhöhend“ qualifiziert, exponiert dann bereits das im Mittelpunkt der restlichen Sure stehende Thema: die ‚kritische’ bzw. unterscheidende Wirkung des Jüngsten Gerichts, bei dem die Menschen gemäß ihren Verdiensten und Vergehen neu gruppiert werden.
An diese gleichsam programmatische erste Szenerie schließt sich ab V. 4 eine zweite Szenerie an, die jetzt wieder charakteristische, bereits aus früheren Suren vertraute Detailaufnahmen präsentiert, nämlich die Erschütterung der Erde und die Zermalmung der Berge zu Staub. Als letztes Glied der Serie steht die Einteilung der Gerichteten in drei Kategorien (V. 7), die gleich im Anschluss aufgezählt werden: die „Leute der Rechten“, die „Leute der Linken“ und die „Vorauseilenden“. Während im Koran sonst eine Zweiteilung der Menschen in Selige und Verdammte vorherrscht, wird hier also eine dritte Kategorie von besonders verdienstvollen Paradiesinsassen eingeführt, die sonst nirgends explizit erscheint und die man allenfalls indirekt in den beiden aufeinanderfolgenden, jedoch leicht divergierenden Paradiesbeschreibungen in 55:46 ff. und 55:62 ff. reflektiert sehen könnte (vgl. Horovitz 1923, 55 sowie den Kommentar zu Q 55).
Mit dem dritten Gesätz beginnt die Behandlung der drei zuvor aufgelisteten Kategorien im Einzelnen, wobei zuerst die als letztes genannten „Vorauseilenden“ thematisiert werden. In V. 11 werden sie zunächst mit den Gott „Nahestehenden“ identifiziert und erscheinen als solche auch noch einmal in V. 88 im Rahmen einer die Sure abschließenden Rekapitulation aller drei Kategorien. Die „Nahestehenden“ stellen offenbar eine besonders ausgezeichnete Gruppe innerhalb der Schar der Seligen dar, zu der – anders als zu den ab V. 27 behandelten „Leuten der Rechten“ – nur wenige Zeitgenossen zählen (vgl. V. 13.14: „eine Schar von den Altvorderen und wenige von den Späteren“ im Gegensatz zu der abschließenden Aussage über die „Leute der Rechten“ in V. 39.40: „eine Schar von den Altvorderen und eine Schar von den Späteren“). Wie die folgende Paradiesbeschreibung ausführt, befinden sich die „Nahestehenden“ auf luxuriösen Ruhebetten, werden von ewig jungen Knaben mit allerlei Speisen und Getränken bedient und erfreuen sich der Gesellschaft weiblicher Gefährtinnen (V. 22.23: „Gefährtinnen mit großen schwarzen Augen, / verborgenen Perlen gleich“). Der den im folgenden Gesätz besprochenen „Leuten der Rechten“ zugedachte Lohn unterscheidet sich trotz ihrer offenbar geringeren ethisch-religiösen Leistungen nicht grundsätzlich von demjenigen der „Nahestehenden“: Wie letztere erhalten sie so viele „Früchte“ (fākiha), wie sie begehren (V. 32.33, vgl. V. 20), und auch ihnen werden jene paradiesischen „Jungfrauen“ (V. 36) zugeteilt, in denen bereits die Auflistung der den „Nahestehenden“ zuteil werdenden jenseitigen Freuden kulminierte (V. 22.23). Im Vergleich mit der erstmaligen Erwähnung jenseitiger Gefährtinnen der Seligen in 78:33 (Gruppe IIIa; s. die Anmerkung ebd.), auf die sich V. 37 mittels des bereits dort gebrauchten Epithetons ʾatrāb explizit zurückbezieht, fällt auf, dass sie hier durch die Beschreibung als ʾabkār („Jungfrauen“) eindeutig sexuelle Konnotationen erhalten. Dieselbe Entwicklung ist auch anderswo in Gruppe IIIb, nämlich in 55:56.74 (wo jeweils das Verb ṭamaṯa, „entjungfern“, gebraucht wird), zu beobachten und lässt sich vielleicht als eschatologische Transposition der aus der altarabischer Qaṣīdendichtung vertrauten – und gleichfalls eine exklusiv männliche Perspektive aufweisenden – erotischen Szenen verstehen.
Das fünfte und sechste Gesätz stellt diesen beiden Paradiesschilderungen das Los der „Leute der Linken“ entgegen. Die Hölle erscheint hier als direkte Inversion der zuvor geschilderten paradiesischen Verhältnisse: Den üppigen Pflanzen und „weit reichenden Schatten (ẓill)“ des Paradieses (V. 28–30) entspricht in der Hölle ein „Schatten (ẓill) von schwarzem Rauch, der nicht kühlt noch wohltuend ist“ (V. 43.44) – eine bereits aus Q 77 bekannte Korrespondenz (vgl. 77:30.31 und 77:41) –, und an die Stelle der im Paradies vorhandenen Bäche (V. 31: „sich ergießendes Wasser“) treten „sengende Glut und kochendes Wasser“ (V. 42). Auch die zuvor beschriebene generöse Bewirtung der Seligen (V. 17–21 und V. 32.33) hat ein negatives Pendant: Die Verdammten werden sich die Bäuche mit den Früchten des zaqqūm-Baums füllen (V. 52.53) – dessen enigmatischer Name (das zugrundeliegende Verb zaqama bedeutet „gierig in sich hineinstopfen“, s. Anm.) wohl auf seine ausbleibende Sättigungswirkung verweisen soll –, und ihr Durst wird sie sogar kochendes Wasser trinken lassen (V. 54.55). Der sich in diesen Bildern abzeichnende ‚gastronomische’ Jenseitsdiskurs, der im Schlussvers des Gesätzes sogar noch einmal terminologisch markiert wird (V. 56: „das ist ihre Unterkunft“, nuzuluhum), findet sich auch in verschiedenen anderen Passagen aus Gruppe IIIa und IIIb (vgl. 78:24–26, 69:36.37). Auffällig ist zugleich, dass sich in Q 56 sowohl das Paradies als auch die Hölle durch eine Außerkraftsetzung der natürlichen Wirkungen von Nahrung auszeichnen: In dieser Hinsicht entspricht die mangelnde Sättigungswirkung des zaqqūm-Baums dem in V. 19 hervorgehobenen Ausbleiben von Negativwirkungen wie Kopfschmerzen und Trunkenheit nach dem Genuss der den Seligen dargereichten Getränke. Die implizite Botschaft ist klar: Gott, der Schöpfer und Beherrscher der Natur, kann diese im Jenseits nach Belieben reorganisieren und damit zu einem Instrument moralischer Vergeltung machen.
An der Gedankenführung des fünften und sechsten Gesätzes ist bemerkenswert, dass die im Rahmen einer Rückblende auf die irdischen Vergehen der Verdammten zitierte Infragestellung der koranischen Gerichtsbotschaft (V. 47.48) zu Beginn des sechsten Gesätzes mit einem – durch vorgestelltes qul als Gotteswort gekennzeichneten – Warnspruch gekontert wird; das anschließende Drohwort setzt mit seiner deskriptiven Ausführlichkeit dann jedoch wieder die der Rückblende vorausgehende Höllenbeschreibung fort. Durch die geschickte Nutzung des inzwischen schon sehr reichhaltigen und flexiblen koranischen Formrepertoires integriert der Text so in eine eigentlich deskriptive Höllenbeschreibung einen in der Gegenwart stattfindenden polemischen Schlagabtausch.
Der zweite Hauptteil der Sure ist einer sich über vier Gesätze erstreckenden ʾāyāt-Debatte gewidmet, die durch zahlreiche Fragen an eine Mehrzahl von Adressaten einen im Vergleich zum ersten Teil außerordentlich appellativen Charakter gewinnt. Während das siebte Gesätz Gottes Allmacht aus der Schöpfung des Menschen (hier mit implizitem Verweis auf die eschatologische Wiedererweckung als an-našʾa al-ʾūlā, „die erste Schöpfung“ bezeichnet) zu begründen versucht, handeln das achte bis zehnte Gesätz von grundlegenden Gegebenheiten der menschlichen Lebensform: der Möglichkeit der Nahrungsbeschaffung durch Ackerbau (V. 63–70), dem Vorhandensein von Trinkwasser (V. 68–70) sowie der Verfügbarkeit von Holz zur Entzündung von Feuer (V. 71–74). An drei Stellen wird dabei die Denkbarkeit einer Rückgängigmachung der gegebenen Verhältnisse hervorgehoben: Gott könnte die Angesprochenen „gegen ihresgleichen austauschen“ (V. 60.61), er könnte die von ihnen angebauten Pflanzen „zu Spreu machen“ (V. 65), und er könnte das Trinkwasser „brennend“ (ʾuǧāǧan) – d. h. wohl: zu Salzwasser – werden lassen (V. 70); die beiden letzten Überlegungen werden dabei identisch mit lau našāʾu (la-)ǧaʿalnā ... eingeleitet. Gegen die scheinbare Beständigkeit und Unveränderlichkeit der menschlichen Lebensordnung soll so ihre grundsätzliche Fragilität, ihre Abhängigkeit von einem durch moralisches Wohlverhalten und Dankbarkeit zu sichernden fortwährenden göttlichen Wohlwollen vor Augen geführt werden; gleichsam als Konsequenz aus den zuvor rekapitulierten ʾāyāt steht deshalb am Ende des zweiten Teils ein Aufruf zum Gotteslob (V. 74). – Auffällig ist noch, dass die sachliche Verschränkung von Schöpfung und Eschatologie auch durch das bereits in V. 35 von den Paradiesjungfrauen gebrauchte und dann wieder in V. 61.62 erscheinende Verb ʾanšaʾa hervorgehoben wird.
Der dritte Surenteil wird durch einen Schwur eingeleitet, der hier wohl – anders als die für Gruppe II charakteristischen kosmischen Schwurserien (s. die Anmerkung zu 93:1.2) oder die in 100:1–5, 79:1–5, 77:1–5 und 51:1–4 vorliegenden fāʿilāt-Serien – lediglich allgemein einer Bekräftigung der folgenden Aussage dient. Die sich anschließenden Offenbarungsbestätigungen heben hervor, dass die koranischen Verkündigungen auf eine „wohlverwahrte“ himmlische „Schrift“ (V. 78) zurückgehen, deren Inhalt auf göttliches Geheiß „herabgesandt“ (V. 80: tanzīl) worden sei. Wie in 80:13 und 85:22 soll hier wohl klargestellt werden, dass die mündlich verkündeten Korantexte kraft ihrer Herkunft aus einem himmlischen Kodex zumindest mittelbar an der von den koranischen Hörern offenbar mit genuinen Offenbarungen assoziierten Aura von Schrifthaftigkeit partizipieren (vgl. den kursorischen Kommentar zu Q 85 mit weiteren Bemerkungen).
Das zwölfte Gesätz ist wie 75:26–30 (Gruppe IIIa) eine Sterbeszene, die, obwohl sie eigentlich keinen Vorgang der Endzeit behandelt, als eschatologischer Temporalsatz gestaltet ist. Wie in Sure 75 wird der Tod des Einzelnen – der bereits in V. 60 antizipiert wurde – so systematisch mit eschatologischen Zügen ausgestattet und erscheint damit als eine prinzipiell allen Menschen und nicht nur der letzten Generation zugedachte Endzeiterfahrung: Gegen alle Einwände und Zweifel wird das eschaton in die diesseitige menschliche Lebenswirklichkeit hineingeholt, so dass die Konsequenzen der jetzt und hier zu treffenden Wahl zwischen Akzeptanz oder Ablehnung der koranischen Verkündigungen in unmittelbare Nähe der diesseitigen Lebenswirklichkeit rücken. Sachlich steht dabei wohl die auch anderswo im Koran belegte Vorstellung von einem Seelenschlaf im Hintergrund, also der Gedanke, dass die Verstorbenen die Zeit zwischen ihrem Ableben und dem Jüngsten Tag in einem Zustand der Bewusstlosigkeit verbringen; zumindest aus subjektiver Perspektive folgen auf den individuellen Tod deshalb unmittelbar Auferstehung und Jüngstes Gericht (vgl. die Anmerkung zu 79:46).
Das dreizehnte Gesätz rekapituliert noch einmal die einleitend genannten und dann in der umfangreichen Antithese V. 10b–56 ausführlich behandelten drei Jenseitskategorien (V. 88.89: die Gott „Nahestehenden“, vgl. V. 11; V. 90.91: die „Leute zur Rechten“, vgl. V. 8a.b sowie 27a ff.; V. 92–94: die hier als „Leugner und Irregeleitete“ umschriebenen „Leute zur Linken“, vgl. 9a.b und V. 41a ff.). Jede der drei Gruppen wird dabei mit einem besonders prominenten Element der entsprechenden Jenseitsschilderung verknüpft: die Gott „Nahestehenden“ mit dem in V. 12 (im Plural) erwähnten „Garten der Wonne“, die „Leute zur Rechten“ mit dem den Seligen entbotenen Friedensgruß (vgl. V. 26, der sich dort allerdings auf die erste Kategorie bezieht), die „Leute zur Linken“ schließlich mit ihrer „Unterkunft“ (nuzul, vgl. V. 56) in der Hölle und dem Genuss von kochendem Wasser (ḥamīm, vgl. V. 54). Die Sure fasst so noch einmal systematisch die wichtigsten Aussagen des ersten Teils zusammen und verknüpft sie mit der im vorangehenden Gesätz entfalteten Todesszene: Erst damit wird die zuvor nur allgemein dargelegte Unterscheidung dreier Jenseitsgruppen eng an die Lebens- und Sterbenswirklichkeit des einzelnen angebunden. – Die Sure schließt mit einer erneuten Offenbarungsbestätigung und einem liturgischen Aufruf, der identisch bereits am Ende des zweiten Surenteils stand.
Literaturliste
Die Sure stellt mit 96 (bei Teilung der Verse 8.9.27.41 sogar 100) Versen den längsten frühmekkanischen Text dar und ist deshalb und auch angesichts ihres sehr entwickelten Aufbaus (Nennung dreier eschatologischer Gruppen, deren jenseitiges Schicksal dann der Reihe nach behandelt und gegen Ende der Sure noch einmal rekapituliert wird) in Gruppe IIIb einzuordnen, auch wenn sie im Durchschnitt etwas kürzere Verse als andere Suren dieser Gruppe aufweist (11,1 Silben pro Vers; vgl. dagegen Q 51, 52 und 68 mit über 15 Silben). Bestätigt wird diese Datierung auch durch eine ganze Reihe von Überschneidungen mit den ebenfalls zu IIIb gehörigen Suren 52 und 55 (s. die Anmerkungen, zum Verhältnis zu Q 55 s. a. den kursorischen Kommentar zu V. 4–10a).
Nöldeke und Schwally (GdQ, Bd. 1, 106, Anm. 1) zufolge „passen die Fragen in V. 8.9 nicht gut hierher und sind vielleicht erst aus V. 26.40 eingedrungen“. Tatsächlich erscheint es jedoch durchaus sinnvoll, dass die Sure die im Folgenden behandelten drei Jenseitskategorien im Anschluss an V. 7 (wa-kuntum ʾazwāǧan ṯalāṯah) zunächst summarisch aufzählt und erst dann weitere Details anführt – zumal dieselben drei Kategorien samt des von ihnen zu gewärtigenden Jenseitsschicksals gegen Ende der Sure (V. 88 ff.) noch einmal rekapituliert werden und die Dreiergliederung sich folglich klammerartig um den gesamten Text legt. Für die Vermutung von Nöldeke und Schwally könnte vielleicht geltend gemacht werden, dass die Bezeichnung der Opposition von Seligen und Verdammten mit dem Begriffspaar ʾaṣḥāb al-maimanah / ʾaṣḥāb al-mašʾamah sonst nur noch in 90:18.19 innerhalb eines erst später an einen frühmekkanischen Text angefügten Zusatzes (90:17–20) zu finden ist. Doch muss daraus nicht schon folgen, dass auch 56:8.9 sekundär sind; es wäre durchaus möglich, dass 90:17–20 zur selben Zeit wie Sure 56 entstanden sind. Gegen einen Einschub spricht aber vor allem die Tatsache, dass sich bei Extraktion von V. 8.9 kein sinnvoller Zusammenhang zwischen V. 7 und V. 10 ergibt. – Zu V. 25.26 sowie V. 35–38 s. die Anmerkungen.
Die Sure besteht aus drei Hauptteilen, von denen der erste etwa die dreifache Länge der übrigen beiden Teile aufweist und damit ein deutliches Übergewicht besitzt. Er ist einer ausführlichen Antithese gewidmet, welche das unterschiedliche Jenseitslos dreier bereits im Eingangsgesätz summarisch aufgelisteter Gruppen – der Gott „Nahestehenden“, der „Leute der Rechten“ und der „Leute der Linken“ – schildert. Der zweite Hauptteil besteht aus einer ausgedehnten ʾāyāt-Polemik, die neben der Erschaffung des Menschen auf drei besonders grundlegende Voraussetzungen der menschlichen Lebensform (Ackerbau, Trinkwasser, Feuer) verweist und dabei die prinzipielle Möglichkeit einer Aufhebung dieser göttlichen Gnadenerweise hervorhebt. Der Schlussteil beginnt wie in zahlreichen weiteren Suren zunächst mit einer Bekräftigung des Offenbarungscharakters der Korantexte, bevor er noch einmal die im ersten Teil behandelten drei Kategorien von Seligen und Verdammten rekapituliert.
Die Sure zeichnet sich durch ein dichtes Geflecht von terminologischen Überschneidungen und Binnenbezügen aus. Besonders offensichtlich ist dies in den Versen 88–94, die eine ganze Reihe von Stichworten aus dem ersten Surenteil aufgreifen, doch existieren darüber hinaus noch weitere Berührungspunkte (vgl. V. 13.14 und V. 39.40, V. 42 und V. 54, V. 35 und V. 61). Bemerkenswert ist überdies, dass der zweite und dritte Surenteil identisch enden (V. 74 und 96).
Überblick
1–3 āKiKah | I 1 1–3 eschatologischer Temporalsatz |
4–6 3(K)Kā, 7 āṯah | 2 4–7 eschatologischer Temporalsatz |
8a–9b 3KK3Kah mit Sonoren, 10a 2n/m | 8–10a Forts. eschatologischer Temporalsatz: Nennung dreier Kategorien mit Lehrfragen (V. 8b.9b) |
10b–24 2n/m (V. 15: ūnah), 25.26 īmā / āmā | 3 10b–26 Antithese (Positivteil): Paradiesbeschreibung (die muqarrabūn) |
27a.b 2n/m | 4 27a.b Lehrfrage nach den ʾaṣḥāb al-yamīn |
28–31 aKKūd/b, 32–34 2Kah , 35–37 āKā, 38–40 2n/m | 28–40 Antwort: Forts. Antithese (Positivteil): Paradiesbeschreibung mit Werkaffirmationen (V. 35–38) |
41a.b imāl | 5 41a.b Lehrfrage nach den ʾaṣḥāb aš-šimāl |
42–48 2n/m | 42–48 Forts. Antithese (Negativteil): |
42–44 Höllenbeschreibung |
|
45–48 Rückblende mit Lasterkatalog und darin eingebetteter gegnerischer Frage (V. 47.48) |
|
49–96 2n/m | 6 49–56 Forts. Antithese (Negativteil): |
49.50qul-Anweisung mit Warnspruch |
|
51–56 Höllenbeschreibung |
|
II 7 57–62 ʾāyāt-Polemik: | |
57–59 Werkaffirmation mit polemischen Fragen |
|
60.61 Werkaffirmation, theologische Prädikation |
|
62 polemische Frage |
|
8 63–67 Forts. ʾāyāt-Polemik mit polemischen Fragen (V. 63.64) | |
9 68–70 Forts. ʾāyāt-Polemik mit polemischen Fragen (V. 68–70b) | |
10 71–73 Forts. ʾāyāt-Polemik mit polemischen Fragen (V. 71.72) und Werkaffirmation (V. 73) | |
74 liturgischer Aufruf | |
III 11 75.76 Schwur | |
77–80 Offenbarungsbestätigung | |
12 81.82 polemische Frage | |
83–87 polemische Frage mit Sterbeszene in Gestalt eines eschatologischen Temporalsatzes (V.83–85) | |
13 88–94 Antithese (V. 88–91: Positivteil; V. 92–94: Negativteil): Rekapitulation der eingangs genannten drei Gruppen mit Verheißungen (V. 88.89 und 90.91) und Drohwort (V. 92–94) | |
14 95 Offenbarungsbestätigung | |
96 liturgischer Aufruf |
Proportionen (unter Voraussetzung der in den Anmerkungen begründeten Versabteilungen): [3 + 9 + 17 + 15 + 9 + 8]+[6 + 5 + 3 + 4]+[6 + 7 + 7 + 2] = 61 + 18 + 22.