بِسۡمِ ٱللَّهِ ٱلرَّحۡمَٰنِ ٱلرَّحِيمِ |
Im Namen Gottes, des barmherzigen Erbarmers! |
وَٱلطُّورِ |
I11 Beim Berg, |
وَكِتَٰبٍۢ مَّسۡطُورٍۢ |
2 und bei einer Schrift, die niedergeschrieben ist |
فِی رَقٍّ مَّنشُورٍۢ |
3 auf ausgebreitetem Pergament; |
وَٱلۡبَيۡتِ ٱلۡمَعۡمُورِ |
4 bei dem Haus, zu dem man pilgert; |
وَٱلسَّقۡفِ ٱلۡمَرۡفُوعِ |
5 beim emporgehobenen Dach |
وَٱلۡبَحۡرِ ٱلۡمَسۡجُورِ |
6 und beim hoch angefüllten Meer! |
إِنَّ عَذَابَ رَبِّكَ لَوَٰقِعٌۭ |
7 Die Strafe deines Herrn bricht herein; |
مَّا لَهُۥ مِن دَافِعٍۢ |
8 niemand kann sie abwehren. |
يَوۡمَ تَمُورُ ٱلسَّمَآءُ مَوۡرًۭا |
II29 Am Tag, an dem der Himmel ins Wanken gerät |
وَتَسِيرُ ٱلۡجِبَالُ سَيۡرًۭا |
10 und die Berge in Bewegung gesetzt werden – |
فَوَيۡلٌۭ يَوۡمَئِذٍۢ لِّلۡمُكَذِّبِينَ |
11 Wehe an jenem Tage den Leugnern, |
ٱلَّذِينَ هُمۡ فِی خَوۡضٍۢ يَلۡعَبُونَ |
12 die schwätzen und spielen! |
يَوۡمَ يُدَعُّونَ إِلَىٰ نَارِ جَهَنَّمَ دَعًّا |
313 Am Tag, an dem sie ins Feuer der Hölle gestoßen werden: |
هَٰذِهِ ٱلنَّارُ ٱلَّتِی كُنتُم بِهَا تُكَذِّبُونَ |
14 „Das ist das Feuer, das ihr zur Lüge erklärt habt! |
أَفَسِحۡرٌ هَٰذَآ أَمۡ أَنتُمۡ لَا تُبۡصِرُونَ |
15 Ist das nun Zauberei? Oder seht ihr nicht? |
ٱصۡلَوۡهَا فَٱصۡبِرُوٓا۟ أَوۡ لَا تَصۡبِرُوا۟ سَوَآءٌ عَلَيۡكُمۡ ۖ |
16 Schmort darin! Ob ihr es geduldig ertragt oder nicht, ist gleich: |
إِنَّمَا تُجۡزَوۡنَ مَا كُنتُمۡ تَعۡمَلُونَ |
Euch wird vergolten, was ihr getan habt.“ |
إِنَّ ٱلۡمُتَّقِينَ فِی جَنَّٰتٍۢ وَنَعِيمٍۢ |
417 Die Gottesfürchtigen sind in Gärten und Wonne. |
فَٰكِهِينَ بِمَآ ءَاتَىٰهُمۡ رَبُّهُمۡ |
18 Sie erfreuen sich dessen, was ihr Herr ihnen gegeben hat; |
وَوَقَىٰهُمۡ رَبُّهُمۡ عَذَابَ ٱلۡجَحِيمِ |
ihr Herr hat sie vor der Strafe des Höllenbrands bewahrt. |
كُلُوا۟ وَٱشۡرَبُوا۟ هَنِيٓـًٔۢا |
19 „Lasst euch das Essen und Trinken wohl bekommen |
بِمَا كُنتُمۡ تَعۡمَلُونَ |
für das, was ihr getan habt!“ |
مُتَّكِـِٔينَ عَلَىٰ سُرُرٍۢ مَّصۡفُوفَةٍۢ ۖ |
20 Sie ruhen auf aufgereihten Betten |
وَزَوَّجۡنَٰهُم بِحُورٍ عِينٍۢ |
und wir geben ihnen Gefährtinnen mit großen schwarzen Augen. |
وَٱلَّذِينَ ءَامَنُوا۟ وَٱتَّبَعَتۡهُمۡ ذُرِّيَّتُهُم بِإِيمَٰنٍ |
21 Diejenigen, die glauben und denen ihre Nachkommen im Glauben folgen, |
أَلۡحَقۡنَا بِهِمۡ ذُرِّيَّتَهُمۡ |
vereinigen wir mit ihren Nachkommen – |
وَمَآ أَلَتۡنَٰهُم مِّنۡ عَمَلِهِم مِّن شَىۡءٍۢ ۚ |
wir prellen sie nicht um ihre Taten; |
كُلُّ ٱمۡرِئٍۭ بِمَا كَسَبَ رَهِينٌۭ |
jeder bürgt für das, was er selbst begangen hat. |
وَأَمۡدَدۡنَٰهُم بِفَٰكِهَةٍۢ وَلَحۡمٍۢ مِّمَّا يَشۡتَهُونَ |
22 An Früchten und Fleisch versorgen wir sie mit allem, was sie begehren. |
يَتَنَٰزَعُونَ فِيهَا كَأۡسًۭا |
23 Sie teilen dort einen Kelch, |
لَّا لَغۡوٌۭ فِيهَا وَلَا تَأۡثِيمٌۭ |
in dem weder Gerede noch Versündigung liegt. |
وَيَطُوفُ عَلَيۡهِمۡ غِلۡمَانٌۭ لَّهُمۡ |
24 Unter ihnen machen ihnen zugeteilte Jünglinge die Runde, |
كَأَنَّهُمۡ لُؤۡلُؤٌۭ مَّكۡنُونٌۭ |
als wären sie verborgene Perlen. |
وَأَقۡبَلَ بَعۡضُهُمۡ عَلَىٰ بَعۡضٍۢ يَتَسَآءَلُونَ |
25 Sie wenden sich einander fragend zu: |
قَالُوٓا۟ إِنَّا كُنَّا قَبۡلُ فِیٓ أَهۡلِنَا مُشۡفِقِينَ |
26 „Früher unter unseren Angehörigen ängstigten wir uns; |
فَمَنَّ ٱللَّهُ عَلَيۡنَا |
27 doch Gott hat uns Gnade erwiesen |
وَوَقَىٰنَا عَذَابَ ٱلسَّمُومِ |
und uns vor der Strafe des Glutwindes bewahrt. |
إِنَّا كُنَّا مِن قَبۡلُ نَدۡعُوهُ ۖ |
28 Früher haben wir ihn angerufen – |
إِنَّهُۥ هُوَ ٱلۡبَرُّ ٱلرَّحِيمُ |
er ist der Gütige und Barmherzige.“ |
فَذَكِّرۡ فَمَآ أَنتَ بِنِعۡمَتِ رَبِّكَ بِكَاهِنٍۢ وَلَا مَجۡنُونٍ |
III529 So mahne! Durch die Güte deines Herrn bist du weder ein Wahrsager noch ein Besessener. |
أَمۡ يَقُولُونَ شَاعِرٌۭ نَّتَرَبَّصُ بِهِۦ رَيۡبَ ٱلۡمَنُونِ |
30 Oder sagen sie etwa: „Ein Dichter! Wir wollen abwarten, welches unsichere Schicksal ihn ereilt“? |
قُلۡ تَرَبَّصُوا۟ |
31 Sprich: „Wartet nur ab! |
فَإِنِّی مَعَكُم مِّنَ ٱلۡمُتَرَبِّصِينَ |
Ich warte mit euch.“ |
أَمۡ تَأۡمُرُهُمۡ أَحۡلَٰمُهُم بِهَٰذَآ ۚ |
32 Oder gebieten ihre Träume ihnen dies? |
أَمۡ هُمۡ قَوۡمٌۭ طَاغُونَ |
Oder sind sie ein aufsässiges Volk? |
أَمۡ يَقُولُونَ تَقَوَّلَهُۥ ۚ |
33 Oder sagen sie: „Er hat es nur zusammengedichtet“? |
بَل لَّا يُؤۡمِنُونَ |
Nein, sie sind nicht gläubig! |
فَلۡيَأۡتُوا۟ بِحَدِيثٍۢ مِّثۡلِهِۦٓ |
34 Sie sollen mit einer Kunde gleicher Art kommen, |
إِن كَانُوا۟ صَٰدِقِينَ |
wenn sie die Wahrheit sprechen! |
أَمۡ خُلِقُوا۟ مِنۡ غَيۡرِ شَىۡءٍ |
35 Oder sind sie aus nichts geschaffen? |
أَمۡ هُمُ ٱلۡخَٰلِقُونَ |
Oder sind sie es, die schaffen? |
أَمۡ خَلَقُوا۟ ٱلسَّمَٰوَٰتِ وَٱلۡأَرۡضَ ۚ |
36 Oder haben sie etwa die Himmel und die Erde geschaffen? |
بَل لَّا يُوقِنُونَ |
Nein, sie sind nicht überzeugt! |
أَمۡ عِندَهُمۡ خَزَآىِٕنُ رَبِّكَ |
37 Oder verfügen sie über die Schätze deines Herrn? |
أَمۡ هُمُ ٱلۡمُصَۣيۡطِرُونَ |
Oder sind sie die Herrscher? |
أَمۡ لَهُمۡ سُلَّمٌۭ يَسۡتَمِعُونَ فِيهِ ۖ |
38 Oder besitzen sie eine Leiter, auf der sie lauschen können? |
فَلۡيَأۡتِ مُسۡتَمِعُهُم بِسُلۡطَٰنٍۢ مُّبِينٍ |
Dann soll der, der lauscht, eine klare Vollmacht vorweisen! |
أَمۡ لَهُ ٱلۡبَنَٰتُ وَلَكُمُ ٱلۡبَنُونَ |
39 Oder kommen ihm etwa die Töchter zu und euch die Söhne? |
أَمۡ تَسۡـَٔلُهُمۡ أَجۡرًۭا |
40 Oder verlangst du Lohn von ihnen, |
فَهُم مِّن مَّغۡرَمٍۢ مُّثۡقَلُونَ |
so dass eine Schuld auf ihnen lasten würde? |
أَمۡ عِندَهُمُ ٱلۡغَيۡبُ فَهُمۡ يَكۡتُبُونَ |
41 Oder kommt ihnen das Verborgene zu, so dass sie es niederzuschreiben vermöchten? |
أَمۡ يُرِيدُونَ كَيۡدًۭا ۖ |
42 Oder beabsichtigen sie eine List? |
فَٱلَّذِينَ كَفَرُوا۟ هُمُ ٱلۡمَكِيدُونَ |
Die Ungläubigen sind es, die überlistet werden. |
أَمۡ لَهُمۡ إِلَٰهٌ غَيۡرُ ٱللَّهِ ۚ |
43 Oder haben sie einen anderen Gott als Gott? |
سُبۡحَٰنَ ٱللَّهِ عَمَّا يُشۡرِكُونَ |
Gepriesen sei Gott – er ist erhaben über das, was sie ihm beigesellen! |
وَإِن يَرَوۡا۟ كِسۡفًۭا مِّنَ ٱلسَّمَآءِ سَاقِطًۭا |
644 Sähen sie ein Stück des Himmels herabfallen, |
يَقُولُوا۟ سَحَابٌۭ مَّرۡكُومٌۭ |
so würden sie sagen: „Ein Wolkenhaufen!“ |
فَذَرۡهُمۡ حَتَّىٰ يُلَٰقُوا۟ يَوۡمَهُمُ |
45 Lass sie also nur, bis sie ihrem Tag begegnen, |
ٱلَّذِی فِيهِ يُصۡعَقُونَ |
an dem sie zu Boden gestreckt werden – |
يَوۡمَ لَا يُغۡنِی عَنۡهُمۡ كَيۡدُهُمۡ شَيۡـًۭٔا |
46 am Tag, an dem ihnen ihre Pläne nichts helfen |
وَلَا هُمۡ يُنصَرُونَ |
und sie keinen Beistand finden. |
وَإِنَّ لِلَّذِينَ ظَلَمُوا۟ عَذَابًۭا دُونَ ذَٰلِكَ |
47 Denen, die Unrecht tun, kommt noch eine weitere Strafe zu; |
وَلَٰكِنَّ أَكۡثَرَهُمۡ لَا يَعۡلَمُونَ |
doch die meisten von ihnen haben kein Wissen. |
وَٱصۡبِرۡ لِحُكۡمِ رَبِّكَ فَإِنَّكَ بِأَعۡيُنِنَا ۖ |
48 Harre geduldig des Urteils deines Herrn, denn du befindest dich in unserer Obhut! |
وَسَبِّحۡ بِحَمۡدِ رَبِّكَ حِينَ تَقُومُ |
Lobpreise deinen Herrn, wenn du im Gebet stehst, |
وَمِنَ ٱلَّيۡلِ فَسَبِّحۡهُ وَإِدۡبَٰرَ ٱلنُّجُومِ |
49 und preise ihn des Nachts und beim Untergehen der Sterne! |
bi-smi llāhi r-raḥmāni r-raḥīm] Zur Basmala s. die entsprechende Anmerkung zu 93; zum Gottesnamen raḥmān s. die Anmerkung zu 55:1.
wa-ṭ-ṭūr] Gemeint ist der Berg Sinai, vgl. 95:2 (wa-ṭūri sīnīn).
Versabteilung: Mekka und Medina ziehen die ersten beiden Verse zusammen ( Spitaler, Verszählung, 59 ). Mit Neuwirth (Studien, 22) ist jedoch an einer Abteilung nach V. 2 festzuhalten: Denn einerseits reimt ṭūr mit den folgenden Versen, andererseits nimmt das erste Schwurglied einer Sure auch sonst in der Regel einen eigenen Vers ein (vgl. jedoch 95:1, den Neuwirth allerdings in zwei Verse teilen will).
raqq] Zur möglichen Entlehnung des Wortes aus dem Äthiopischen s. Jeffery, Foreign Vocabulary, 143 .
manšūr] Von „ausgebreiteten“ Schriften ist noch in dem zu Gruppe II gehörigen Vers 81:10 (wa-ʾiḏă ṣ-ṣuḥufu nušširat) die Rede, wo der Kontext eindeutig eschatologisch ist: Vor dem Jüngsten Gericht werden die als Grundlage der Urteilsfindung dienenden Tatenregister der Guten und Bösen ausgebreitet. Eine weitere Parallelstelle liegt 74:52 (bal yurīdu kullu mriʾin minhum ʾan yuʾtā ṣuḥufan munaššarah; IIIa) vor, wo es wohl eher um die Frage geht, warum die koranischen Offenbarungen nicht die aus der jüdisch-christlichen Tradition vertraute Gestalt abgeschlossener Schriftkorpora annehmen. Angesichts des vorangehenden Verses, der den Berg Sinai nennt, dürfte auch hier eher von Offenbarungen als von Tatenregistern die Rede sein.
wa-l-baiti l-maʿmūr] ʿAmara (s. Lane, Bd. 5, 2153c–2154b , vgl. Ambros, Dictionary, 194 ) ist allgemein „bewohnen, sich aufhalten in“, hier aber wohl „pilgern zu“ = „sich in einem Heiligtum aufhalten“ (so noch in 9:17.18); die Bedeutung „bebauen, kultivieren“ (so in 30:9) ist hier auch deshalb unwahrscheinlich, weil in diesem Falle als Objekt ein Land bzw. Ort zu erwarten wäre und nicht die Kaʿba (die frühmekkanisch auch in 106:3 als bait bezeichnet wird). Mekka erscheint als Schwurgegenstand noch in 92:3, und zwar wie in V. 1 der vorliegenden Schwurserie (wa-ṭ-ṭūr) in Kombination mit dem Berg Sinai (95:2.3: wa-ṭūri sīnīn / wa-hāḏă l-baladi l-ʾamīn). Auch in islamischen Beispielen für altarabische altarabischen kāhin-Schwüre erscheint die mekkanische Kaʿba, wobei die Authentizität der betreffenden Überlieferungen vorerst nicht sicher zu beurteilen ist (s. die Anmerkung zu 95:3).
wa-s-saqfi l-marfūʿ] Gemeint ist das Himmelsgewölbe, für dessen Erschaffung auch in 79:28 (rafaʿa samkahā fa-sawwāhā), 88:18 (wa-ʾilă s-samāʾi kaifa rufiʿat) und 55:7 (wa-s-samāʾa rafaʿahā) das Verb rafaʿa gebraucht wird. Vgl. auch die übrigen in der Anmerkung zu 91:5.6 genannten Stellen; s. auch die Anmerkungen und den Kommentar zu 55:7.10.
wa-l-baḥri l-masǧūr] Es handelt sich wohl um eine Anspielung auf die in 81:6 angekündigte endzeitliche Sintflut (wa-ʾiḏă l-biḥāru suǧǧirat); zu einem dieselbe Vorstellung dokumentierenden syrischen Intertext s. die Anmerkung ebd.
ʾinna ʿaḏāba rabbika la-wāqiʿ / mā lahū min dāfiʿ] Vgl. 51:5.6 (ʾinnamā tūʿadūna la-ṣādiq / wa-ʾinna d-dīna la-wāqiʿ), 56:1.2 (ʾiḏā waqaʿati l-wāqiʿah / laisa li-waqʿatihā kāḏibah), 69:15 (fa-yaumaʾiḏin waqaʿati l-wāqiʿah),70:1.2 (saʾala sāʾilun bi-ʿaḏābin wāqiʿ / li-l-kāfirīna laisa lahū dāfiʿ) und 77:7 (ʾinnamā tūʿadūna la-wāqiʿ). Zu der für die Gruppen IIIa und IIIb charakteristischen Bezeichnung des Weltendes mittels Ableitungen von der Wurzel w-q-ʿ s. die Anmerkung zu 77:7. Zum Gottestitel rabb s. die Anmerkung zu 95:8.
wa-tasīru l-ǧibālu sairā] Vgl. 78:20 (wa-suyyirati l-ǧibālu fa-kānat sarāba) und 81:3 (wa-ʾiḏă l-ǧibālu suyyirat); s. die ausführliche Anmerkung zu 81:3.
fa-wailun yaumaʾiḏin li-l-mukaḏḏibīn] Vgl. identisch (jedoch ohne einleitendes fa-) den Refrain der etwas früheren (Gruppe IIIa) Sure 77 (V. 15.19.24.28.34.37.40.45.47.49) sowie in etwa gleichzeitig (Gruppe IIIb) 83:10. Zu yaumaʾiḏin vgl. die Anmerkung zu 102:8. Zu den verschiedenen Gebrauchsweisen von kaḏḏaba vgl. die Anmerkungen zu 95:7, 92:16 und 73:11.
allaḏīna hum fī ḫauḍin yalʿabūn] Vgl. 70:42 (fa-ḏarhum yaḫūḍū wa-yalʿabū ḥattā yulāqū yaumahumu llaḏī yūʿadūn) und 74:45 (wa-kunnā naḫūḍu maʿa l-ḫāʾiḍīn).
yauma yudaʿʿūna ʾilă n-nāri ǧahannama daʿʿā] Zu ǧahannam s. die Anmerkung zu 78:21, zu nār die zu 111:3. Statt yudaʿʿūna existiert auch die Lesung yudʿauna, „sie werden gerufen“ ( Muʿǧam, ad loc. ).
Versabteilung: Baṣra und Mekka ziehen V. 13 und V. 14 zusammen ( Spitaler, Verszählung, 59 ) – wohl deshalb, weil V. 13 nicht mit seiner Umgebung reimt. Länge und Struktur des Verses erfordern jedoch eine Abteilung ( Neuwirth, Studien, 22 ). Isolierte Reime im Einleitungsvers eines Gesätzes begegnen auch sonst (s. etwa 80:33, 82:6 und 99:6; vgl. Neuwirth, Studien, 30und 94 f. ); überdies entspricht der Reim des yauma-VordersatzesV. 13 demjenigen der beiden – ebenfalls einen yauma-Vordersatz darstellenden – Anfangsverse des vorangehenden Gesätzes (V. 9.10), wobei sich an die 3KKā-Reime in V. 9.10 und V. 13 jeweils ein 2n-Reim anschließt (s. Neuwirth, Studien, 93 ).
hāḏihĭ n-nāru llatī kuntum bihā tukaḏḏibūn] Vgl. 55:43 (hāḏihī ǧahannamu llatī yukaḏḏibu bihă l-muǧrimūn), 77:29 (inṭaliqū ʾilā mā kuntum bihī tukaḏḏibūn) und 83:17 (ṯumma yuqālu hāḏă llaḏī kuntum bihī tukaḏḏibūn). Zu kaḏḏaba s. die Anmerkungen zu 95:7, 92:16 und 73:11.
ʾa-fa-siḥrun hāḏā ʾam ʾantum lā tubṣirūn] Zu dem in den Autoritätsdebatten in Gruppe IIIb mehrfach gebrauchten Verb ʾabṣara s. noch 51:21 (wa-fī ʾanfusikum ʾa-fa-lā tubṣirūn) und 68:5 (fa-sa-tubṣiru wa-yubṣirūn).
ʾinna l-muttaqīna fī ǧannātin wa-naʿīm] Vgl. 51:15 (ʾinna l-muttaqīna fī ǧannātin wa-ʿuyūn), 56:11.12 (ʾulāʾika l-muqarrabūn / fī ǧannāti n-naʿīm), 68:34 (ʾinna li-l-muttaqīna ʿinda rabbihim ǧannati n-naʿīm), 77:41 (ʾinna l-muttaqīna fī ẓilālin wa-ʿuyūn), 82:13 (ʾinna l-ʾabrāra la-fī naʿīm) und 83:22 (ʾinna l-ʾabrāra la-fī naʿīm). Naʿīm steht auch sonst häufig als Gegensatz zu dem im folgenden Vers gebrauchten Ausdruck ǧaḥīm (s. die Anmerkung zu 102:8). Zu ǧanna s. die Anmerkung zu 81:13. Zum Verb ittaqā und dem zugehörigen Substantiv taqwā s. die Anmerkung zu 92:5.
fākihīna bi-mā ʾātāhum rabbuhum] Vgl. 51:16 (ʾāḫiḏīna mā ʾātāhum rabbuhum ʾinnahum kānū qabla ḏālika muḥsinīn). wa-waqāhum rabbuhum ʿaḏāba l-ǧaḥīm] Vgl. die zweite Hälfte von V. 27 (wa-waqānā ʿaḏāba s-samūm). Zu ǧaḥīm s. die Anmerkungen zu 102:6 und 102:8.
kulū wa-šrabū hanīʾan bi-mā kuntum taʿmalūn] Vgl. 69:24 (kulū wa-šrabū hanīʾan bi-mā ʾaslaftum fĭ l-ʾayyāmi l-ḫāliyah) und 77:43 (kulū wa-šrabū hanīʾan bi-mā kuntum taʿmalūn). Zur Abwesenheit von Hunger und Durst im Paradies s. den in der Anmerkung zu 77:41.42 zitierten Intertext.
muttakiʾīna ʿalā sururin maṣfūfatin] Zu muttakiʾīn s. die Anmerkung zu 56:16, zu den paradiesischen Ruhebetten (surur, furuš, ʾarāʾik) s. die Anmerkung zu 56:15. Zu maṣfūf vgl. 88:15 (wa-namāriqu maṣfūfah).
wa-zawwaǧnāhum bi-ḥūrin ʿīn] Zu den Epitheta ḥūr und ʿīn s. 55:72 (ḥūrun maqṣūrātun fĭ l-ḫiyām) und 56:22 (wa-ḥūrun ʿīn) mit Anmerkung. Zu den koranischen Paradiesjungfrauen s. a. allgemein die Anmerkung zu 78:33.
allaḏīna ʾāmanū] Zum Verb ʾāmana s. die Anmerkung zu 69:33.
wa-ttabaʿathum ḏurriyyatuhum bi-ʾīmānin] Statt wa-ttabaʿathum existiert auch die Variante wa-ʾatbaʿnāhum ( Muʿǧam, ad loc. ); sie betont, dass der Glaube der betreffenden Nachkommen in letzter Instanz nicht ihr eigenes Verdienst ist, sondern von Gott gewirkt ist.
wa-mā ʾalatnāhum min ʿamalihim min šaiʾin] Die einzige koranische Parallele ist der medinensische Vers 49:14, wo es heißt: lā yalitkum min ʾaʿmālikum šaiʾan (zur Form yalitkum, die Bergsträßer als Verlesung des Konsonantengerüsts von yālitkum = yaʾlitkum erklärt, s. GdQ, Bd. 3, 114, Anm. 1 , sowie die weiteren Literaturangaben in Paret, Kommentar, zu 49:14 ).
kullu mriʾin bi-mā kasaba rahīn] Vgl. 74:38 (kullu nafsin bi-mā kasabat rahīnah) mit Anmerkung. Die – insgesamt nur fünf Mal im Koran bezeugte – Wendung kullu mriʾin begegnet frühmekkanisch noch in 80:37, 74:52 und 70:38 (vgl. Neuwirth, Studien, 215 ). Zu imruʾ s. auch die Anmerkung zu 78:40.
wa-ʾamdadnāhum bi-fākihatin wa-laḥmin mimmā yaštahūn] Vgl. 55:52 (fīhimā min kulli fākihatin zauǧān), 55:68 (fīhimā fākihatun wa-naḫlun wa-rummān), 56:20.21 (wa-fākihatin mimmā yataḫayyarūn / wa-laḥmi ṭairin mimmā yaštahūn), 56:32.33 (wa-fākihatin kaṯīrah / lā maqṭūʿatin wa-lā mamnūʿah) und 77:42 (wa-fawākiha mimmā yaštahūn). Von Fleischgenuss im Paradies ist also erst in den zu Gruppe IIIb gehörigen Versen 52:22 und 56:21 die Rede, während die zu IIIa zählenden Sure 77 und in IIIb auch noch Sure 55 nur von Früchten sprechen. Zu einem möglichen biblischen Hintergrund der den Seligen verheißenen Früchte s. die Anmerkung zu 77:41.42.
yatanāzaʿūna fīhā kaʾsan] Zu kaʾs s. die Anmerkung zu 78:34. Tanāzaʿa (s. allg. Ambros, Dictionary, 265 ) bedeutet sonst „miteinander streiten (über)“ und kann in dieser Bedeutung sowohl transitiv als auch mit der Präposition fī gebraucht werden (vgl. 18:21: ʾiḏ yatanāzaʿūna bainahum ʾamrahum und 8:43: wa-la-tanāzaʿtum fĭ l-ʾamri). An der vorliegenden Stelle passt dieser Sinn jedoch offenbar nicht. Den arabischen Lexika zufolge kann das Verb jedoch auch „etwas miteinander teilen“ bedeuten (tanāzaʿnă l-ḥadīṯ, „wir unterhielten uns“, tanāzaʿŭ r-raǧaz, „sie rezitierten gemeinsam raǧaz-Verse“; s. Lane, Bd. 8, 3031a ); nazaʿa im ersten Stamm ist „(weg-, ab-)ziehen“.
lā laġwun fihā wa-lā taʾṯīmun] Vgl. insbesondere 56:25 (lā yasmaʿūna fīhā laġwan wa-lā taʾṯīmā) mit Anmerkung, zu laġw auch 78:35 (lā yasmaʿūna fīhā laġwan wa-lā kiḏḏāba) und 88:11 (lā tasmaʿu fīhā lāġiyah). Inhaltlich parallel ist wohl auch 56:19 (lā yuṣaddaʿūna ʿanhā wa-lā yunzifūn).
wa-yaṭūfu ʿalaihim ġilmānun lahum ka-ʾannahum luʾluʾun maknūn] Zum ersten Versteil vgl. 56:17 (yaṭūfu ʿalaihim wildānun muḫalladūn) mit Anmerkung, zur zweiten Hälfte vgl. den – allerdings als Beschreibung der Paradiesjungfrauen, nicht der die Seligen bedienenden Jünglinge – Vers 56:23 (ka-ʾamṯāli l-luʾluʾi l-maknūn). Wie ein von Yousef Kouriyhe identifizierter Text Jakobs von Serug (vgl. TUK, Nr. 181) belegt, haben die koranischen Paradiesjünglinge eine Parallele in syrisch-christlichen Beschreibungen der im Kindesalter verstorbenen Toten, die – wie die Paradiesjünglinge in 52:24 und 76:19 – auch mit Perlen verglichen werden (Übersetzung von David Kiltz): „Oh Verständiger, der du diesen Toten, der voller Vorzüge ist, auf das Begräbnis vorbereitet hast! Warum weinst du über den Schönen, der ohne Fehl ist? Wer weint über eine Perle, die aus den Wellen des Meeres emporgestiegen ist? Denn siehe, sie wurde in die Krone des Königs gesetzt.“ Während im syrischen Text allerdings die Theodizee-Problematik (wie kann Gott unschuldige Kinder sterben lassen?) thematisiert wird, sind die koranischen Paradiesjünglinge vor allem Elemente einer luxuriösen Kulisse.
wa-ʾaqbala baʿḍuhum ʿalā baʿḍin yatasāʾalūn] Gespräche im Jenseits werden sonst noch in 68:30 (fa-ʾaqbala baʿḍuhum ʿalā baʿḍin yatalāwamūn; gehört wie die vorliegende Sure zu Gruppe IIIb) und 74:40.41 (fī ǧannātin yatasāʾalūn / ʿani l-muǧrimīn; IIIa) geschildert.
fa-manna llāhu ʿalainā] Zum Gottesnamen Allāh s. die Anmerkung zu 95:8. wa-waqānā ʿaḏāba s-samūm] Vgl. die zweite Hälfte von V. 18 (wa-waqāhum rabbuhum ʿaḏāba l-ǧaḥīm). Zu samūm s. Ambros, Dictionary, 139 .
fa-ḏakkir] S. 51:55 (wa-ḏakkir fa-ʾinna ḏ-ḏikrā tanfaʿu l-muʾminīn), 87:9 (fa-ḏakkir ʾin nafaʿati ḏ-ḏikrā) und 88:21 (fa-ḏakkir ʾinnamā ʾanta muḏakkir).
fa-mā ʾanta bi-niʿmati rabbika bi-kāhinin wa-lā maǧnūn] Vgl. 81:22 (wa-mā ṣāḥibukum bi-maǧnūn) mit Anmerkung sowie 69:42 (wa-lā bi-qauli kāhinin qalīlan mā taḏakkarūn), 68:2 (mā ʾanta bi-niʿmati rabbika bi-maǧnūn), 68:51 (wa-yaqūlūna ʾinnahū la-maǧnūn), 51:39 (wa-qāla sāḥirun ʾau maǧnūn) und 51:52 (ʾillā qālū sāḥirun ʾau maǧnūn).
ʾam yaqūlūna šāʿirun] Vgl. 69:41 (wa-mā huwa bi-qauli šāʿirin qalīlan mā tuʾminūn). S. auch die Anmerkung zu 81:22.
qul tarabbaṣū] Eine mit qul eingeleitete Redeaufforderung begegnet im Koran erstmals in 79:18.19 (IIIa), wo sie jedoch innerhalb Gottes an Moses gerichtetem Auftrag steht, Pharao zur Umkehr zu mahnen (fa-qul hal laka ʾilā ʾan tazakkā / wa-ʾahdiyaka ʾilā rabbika fa-taḫšā). In Gruppe IIIb werden an den Verkünder gerichtete qul-Aufforderungen dann zu einem Mittel, reale außerkoranische Auseinandersetzung zwischen Muḥammad und seinen Gegnern stilisiert abzubilden und weiterzuführen; vgl. neben dem vorliegenden Vers noch 56:49.50 (qul ʾinna l-ʾawwalīna wa-l-ʾāḫirīn / la-maǧmūʿūna ʾilā mīqāti yaumin maʿlūm).
qaumun ṭāġūn] Zum Verb ṭaġā s. die Anmerkung zu 96:6.
ʾam yaqūlūna taqawwalahū bal lā yuʾminūn] Vgl. 69:44 (wa-lau taqawwala ʿalainā baʿḍa l-ʾaqāwīl). Zu ʾāmana = „glauben“ s. die Anmerkung zu 69:33.
ḥadīṯ] Zum Gebrauch von ḥadīṯ s. die Anmerkung zu 77:50.
ʾam ḫuliqū min ġairi šaiʾin ʾam humu l-ḫāliqūn] Da alle anderen Fragen der Serie kontrafaktisch sind und die erwartete Antwort negativ ist, dürfte auch V. 35 auf zwei als gleichermaßen falsch vorgestellte Alternativen zielen: Weder ist es der Fall, dass die Hörer „aus nichts“ geschaffen wurden (denn Gott schafft sie 77:20 ff. und anderen Stellen zufolge aus „verächtlichem Wasser“, d. h. aus Sperma), noch ist es richtig, dass sie selbst ihre eigene Erschaffung bewerkstelligen. Zum Verb ḫalaqa s. die Anmerkung zu 96:1.2.
ʾam ḫalaqŭ s-samāwāti wa-l-ʾarḍa bal lā yūqinūn] Während der zweite Teil von V. 35 speziell auf die Erschaffung der Menschen zielt, geht es hier um die Erschaffung von Himmel und Erde; der Vers ist also nicht synonym mit der zweiten Hälfte des vorangehenden Verses.
ʾam humu l-muṣaiṭirūn] S. muṣaiṭir (auch musaiṭir gelesen, vgl. Muʿǧam, ad loc. ) s. 88:22 (lasta ʿalaihim bi-muṣaiṭir) mit Anmerkung.
fa-l-yaʾti mustamiʿuhum bi-sulṭānin mubīn] Sulṭān ist von syr. šulṭānā = „Macht, Herrschaft“ im Sinne legitimer Autorität (gr. exousia) abzuleiten (s. Jeffery, Vocabulary, 176 f. ). Die Vorstellung einer gottgegebenen „Vollmacht“ wird in Gruppe IIIb im Zusammenhang mit der eskalierenden Debatte um die vom Verkünder beanspruchte prophetische Autorität prominent; s. noch 55:33 (yā-maʿšara l-ǧinni wa-l-ʾinsi ʾini staṭaʿtum ʾan tanfuḏū min ʾaqṭāri s-samāwāti wa-l-ʾarḍi fa-nfuḏū lā tanfuḏūna ʾillā bi-sulṭān) und 51:38 (wa-fī mūsā ʾiḏ ʾarsalnāhu ʾilā firʿauna bi-sulṭānin mubīn). In 69:29 (ebenfalls IIIb) erscheint der Begriff in der Selbstbezichtigung des Verdammten (halaka ʿannī sulṭāniya), meint dort jedoch nur seine irdische Machtvollkommenheit und keine göttliche Bevollmächtigung. Der Ausdruck ist auch in der später in Q 53 eingefügten Götzenpolemik zentral (V. 23: ʾin hiya ʾillā ʾasmāʾun sammaitumūhā ʾantum wa-ʾābāʾukum mā ʾanzala llāhu bihā min sulṭānin).
ʾam lahu l-banātu wa-lakumu l-banūn] Dasselbe Argument erscheint bereits etwas früher in 53:21 (ʾa-lakumu ḏ-ḏakaru wa-lahu l-ʾunṯā; Gruppe IIIa). Weitere Stellungnahmen zur Frage der Existenz anderer Gottheiten enthalten in frühmekkanischer Zeit nur noch 73:9 und 51:51 (s. die Anmerkungen ebd.), die wie der vorliegende Vers zu Gruppe IIIb gehören.
ʾam tasʾaluhum ʾaǧran fa-hum min maġramin muṯqalūn] Vgl. den ebenfalls zu Gruppe IIIb gehörigen Vers 68:46 (ʾam tasʾaluhum ʾaǧran fa-hum min maġramin muṯqalūn). Zu neutestamentlichen Intertexten s. die Anmerkung ebd.
ʾam ʿindahumu l-ġaibu fa-hum yaktubūn] Vgl. identisch 68:47 sowie 53:35 (ʾa-ʿindahū ʿilmu l-ġaibi fa-huwa yarā). Das Verzeichnen (k-t-b) der menschlichen Taten ist nach 82:10–12 (wa-ʾinna ʿalaikum la-ḥāfiẓīn / kirāman kātibīn / yaʿlamūna mā tafʿalūn) Aufgabe von Wächterengeln (s. die Anm. ebd.), auf deren Tätigkeit der vorliegende Vers anspielen könnte. Der Ausdruck ġaib erscheint erstmals in 81:24 (wa-mā huwa ʿală l-ġaibi bi-ḍanīn; Gruppe II); s. die Anm. ebd.
ʾam yurīdūna kaidan fa-llaḏīna kafarū humu l-makīdūn] Vgl. 86:15.16 (ʾinnahum yakīdūna kaida / wa-ʾakīdu kaida) sowie 105:2 (ʾa-lam yaǧʿal kaidahum fī taḍlīl). Zu kafara s. die Anmerkung zu 84:22.
ʾam lahum ʾilāhun ġairu llāhi subḥāna llāhi ʿammā yušrikūn] S. 68:41 (ʾam lahum šurakāʾu fa-l-yaʾtū bi-šurakāʾihim ʾin kānū ṣādiqīn) mit Anmerkung (zu š-r-k).
fa-ḏarhum ḥattā yulāqū yaumahumu llaḏī fīhī yuṣʿaqūn] Vgl. 70:42 (fa-ḏarhum yaḫūḍū wa-yalʿabū ḥattā yulāqū yaumahumu llaḏī yūʿadūn).
wa-ʾinna li-llaḏīna ẓalamū ʿaḏāban dūna ḏālika wa-lākinna ʾakṯarahum lā yaʿlamūn] Gemeint ist wohl, dass die „Frevlern“ zusätzlich zu der in V. 45.46 genannten jenseitigen Vergeltung auch noch einer diesseitigen Strafe unterliegen (vgl. Neuwirth, Frühmekkanische Suren, 703 ). Vgl. 68:33, wo als Abschluss des Gleichnisses von den „Leuten des Gartens“ ebenfalls diesseitige und jenseitige Bestrafung unterschieden werden (ka-ḏālika l-ʿaḏābu wa-la-ʿaḏābu l-ʾāḫirati ʾakbaru lau kānū yaʿlamūn).
wa-ṣbir li-ḥukmi rabbika] Vgl. ganz ähnlich 68:48 (fa-ṣbir li-ḥukmi rabbika) und 74:7 (wa-li-rabbika fa-ṣbir).
fa-ʾinnaka bi-ʾaʿyuninā] Wörtl.: „Denn du befindest dich unter unseren Augen.“
wa-sabbiḥ bi-ḥamdi rabbika ḥīna taqūm] Zu sabbaḥa s. die Anmerkung zu 87:1. Die Wendung ḥīna taqūm könnte alternativ mit „wenn du dich (vom Schlaf) erhebst“ übersetzt werden. Die obige Übersetzung folgt Paret (s. Kommentar, ad loc. ), der darauf hinweist, dass auf das morgendliche Gebet bereits am Schluss von V. 49 (wa-mina l-laili fa-sabbiḥhu wa-ʾidbāra n-nuǧūm) angespielt wird und ein weiterer Hinweis folglich redundant wäre. Überdies gibt er zu bedenken, dass qāma im Koran sonst nie die Bedeutung „sich vom Schlaf erheben“ hat (vgl. frühmekkanisch noch 73:2 und 74:2).
wa-mina l-laili fa-sabbiḥhu wa-ʾidbāra n-nuǧūm] Zu sabbaḥa s. die Anmerkung zu 87:1.
Literaturliste
Als Sureneinleitung steht eine akkumulative Schwurserie, die wie die frühere Sure 95 den Berg Sinai (V. 1) und das mekkanische Kaʿba-Heiligtum (V. 4: „das Haus, zu dem man pilgert“) kombiniert. Dass der Berg Sinai hier wie sicher auch schon in Q 95 in seiner Eigenschaft als Offenbarungsschauplatz intendiert ist, geht aus der Anspielung auf heilige Schriften hervor, die sich unmittelbar an den Eröffnungsvers anschließt: „bei einer Schrift, die niedergeschrieben ist / auf ausgebreitetem Pergament“ (V. 2.3) – ein Verweis entweder auf das Korpus der biblischen Schriften, in deren Nachfolge die Korantexte sich anderswo ja explizit stellen (vgl. 87:18.19), oder aber auf die in 85:21.22, 80:13.14 und 56:77.78 erwähnte himmlische Urschrift, die als solche nicht nur den koranischen Verkündigungen, sondern auch den an Moses ergangenen Offenbarungen zugrunde liegt. Es folgen zwei weitere Schwüre, die synekdochisch auf die Schöpfung (repräsentiert durch das „emporgehobene Dach“ des Himmels, V. 5) und das Weltende (repräsentiert durch das aus 81:6 bekannte Überfluten der Meere, V. 6) anspielen. Die Schwurserie umspannt damit die drei zentralen Felder göttlichen Wirkens, nämlich Schöpfung, Offenbarung und Gericht, wobei wohl die bereits in der Gegenwart sichtbaren Taten Gottes in den Bereichen Schöpfung und Offenbarung auf die Realität auch des dritten Wirkungsbereiches verweisen sollen: Die Schwuraussage, die unmittelbar auf die eschatologische Anspielung in V. 6 folgt, bekräftigt denn auch das unweigerliche Eintreten des Jüngsten Gerichts.
Die damit angeschnittene Gerichtsthematik wird im zweiten Teil ausführlicher entfaltet: Während das zweite und dritte Gesätz Momentaufnahmen des Weltendes präsentieren (V. 9–16), zeichnet das umfangreiche vierte Gesätz (V. 17–28) ein Bild der jenseitigen Belohnung, die den Seligen im Paradies zuteil wird. Das dritte Gesätz, obzwar formal ein eschatologischer Temporalsatz, handelt nicht wie andere Szenerien von den Geschehnissen im Vorfeld des Jüngsten Gerichts, sondern von der Bestrafung der bereits in V. 11 eingeführten „Leugner“, die in V. 14–16 polemisch angeredet werden. Zusammen mit der folgenden Paradiesbeschreibung, die eine mit V. 14–16 korrespondierende Anrede der Seligen enthält (V. 19), ergibt sich so der für koranische Jenseitsszenarien charakteristische antithetische Effekt. Die meisten Einzelelemente des zweiten Teils sind bereits aus früheren Korantexten vertraut. Insgesamt weist der zweite Teil einen hohen Anteil an wörtlicher Rede auf: Neben den bereits erwähnten Anreden der Seligen und der Verdammten schließt er mit wörtlicher Rede der Seligen selbst, wobei u. a. eine zuvor in der dritten Person getroffene Aussage (V. 18: „Ihr Herr hat sie vor der Strafe des Höllenbrands bewahrt“) aufgenommen wird (V. 27: „Er hat uns vor der Strafe des Glutwindes bewahrt“). Die Paradiesschilderung ist später – wohl in spätmekkanischer oder medinensischer Zeit – um einen Zusatz erweitert worden, der die anscheinend jetzt unter Gemeindemitgliedern aufgekommene Frage nach dem Jenseitsschicksal ihrer Nachkommen anspricht, dabei allerdings am Grundsatz individueller Rechenschaftspflichtigkeit festhält: Um der jenseitigen Seligkeit teilhaftig zu werden, müssen sich die Nachkommen der Gläubigen aus eigener Kraft bewähren und ihren Vorfahren „im Glauben folgen“. Die Tatsache, dass der Einschub mit der Variation eines früheren Diktums aus 74:38 schließt, ist signifikant: Etwaige Kompromisserwartungen der Hörer werden so durch den Rekurs auf einen bereits bekannten und als kanonisch anerkannten Korantext zurückgewiesen.
Der polemische Schlussteil der Sure schwenkt aus der eschatologischen Zukunft zurück in die gegenwärtige Auseinandersetzung des Verkünders mit seinen Gegnern. Das außerordentlich lange fünfte Gesätz besteht nach einem einleitenden Aufruf mit Zuspruch aus einer ausgedehnten Frageserie. Die Anfangsfrage reagiert auf die auch anderswo behandelten Vorwürfe, Muḥammad sei kein von Gott ermächtigter Warner, sondern lediglich ein Wahrsager, Besessener oder Dichter; die anschließende Selbstaufforderung der Gegner – „Wir wollen abwarten, welches unsichere Schicksal ihn ereilt“ – unterstellt konsequenterweise auch Muḥammads Ergehen dem in der altarabischen Dichtung immer wieder heraufbeschworenen blinden Walten des Schicksals. Es folgt eine göttliche Anweisung zur Gegenrede: „Sprich: ‚Wartet nur ab! Ich warte mit euch.’“ (V. 31). Dieses in frühmekkanischer Zeit noch neue, in späteren Suren jedoch außerordentlich tragende Formelement der qul-Aufforderung erlaubt es, in einen insgesamt als Gottesrede stilisierten Text polemische Entgegnungen des Verkünders selbst zu integrieren (vgl. Neuwirth, Frühmekkanische Suren, 700 ) und so einen polemischen Redewechsel zu führen, der auch in der außerkoranischen Realität denkbar ist: Reale Debatten, die nicht immer zu Gunsten des koranischen Verkünders ausgegangen sein mögen, werden so durch literarisch stilisierte Wortwechsel kompensiert, die den Gemeindemitgliedern durchaus als argumentative Handreichungen für Auseinandersetzungen im Alltag gedient haben könnten. Im weiteren Fortgang der Frageserie werden dann zahlreiche Themen angesprochen, die sich im Verlaufe der frühmekkanischen Koranverkündigung zu Kontroverspunkten entwickelt haben: etwa die Herkunft der Korantexte (V. 33.34), die sich in der Schöpfung erweisende, von den Gegnern jedoch nicht konsequent ernst genommene Allmacht Gottes (V. 35–36) oder der gegen Ende der frühmekkanischen Zeit immer zentraler werdende Eingottglaube (V. 39 und 43). Darüber hinaus wird unterstrichen, dass die Unterstellungen der Gegner basislos, ja geradezu Auswüchse von Traumgespinsten sind (V. 32) und jeder übernatürlichen Bevollmächtigung (sulṭān, V. 38) entbehren – ein impliziter Kontrast zu der am Surenanfang evozierten Autorität göttlich inspirierter Offenbarungsschriften. V. 34 („Sie sollen mit einer Kunde gleicher Art kommen ...!“) impliziert, dass die besondere Autorisierung des koranischen Verkünders sich auch in immanenten Merkmalen seiner Verlautbarungen manifestiert und verrät bereits eine Überzeugung von der Einzigartigkeit der koranischen Botschaft; ob dabei jedoch eher an inhaltliche oder – gemäß der späteren islamischen Lehre von der literarischen Unerreichbarkeit (ʾiʿǧāz) des Korans – an literarisch-sprachliche Gesichtspunkte zu denken ist, bleibt allerdings offen.
Das sechste Gesetz beendet die direkte polemische Auseinandersetzung, indem es in Gestalt eines kontrafaktischen Gedankenspiels noch einmal drastisch die Verblendung und Unbelehrbarkeit der Gegner veranschaulicht: Selbst wenn sie ein Stück des Himmels herabfallen sähen, so würden sie darin doch nur einen Wolkenhaufen erblicken (V. 44). Folgerichtig kann der Verkünder deshalb aufgefordert werden, seine unbelehrbaren Widersacher ihrem Schicksal zu überlassen. Es folgen eschatologische Referenzen, wobei u. a. die Aussichtslosigkeit etwaiger von den „Ungläubigen“ ausgeheckter „Listen“ konstatiert wird (V. 46), wie sie bereits in der vorangehenden Frageserie Erwähnung fanden (V. 42). Nach einer kurzen Anspielung auf die Möglichkeit einer Bestrafung der „Frevler“ bereits im Diesseits (V. 48) schließt die Sure mit erneuten Aufrufen an den Verkünder: Angesichts des ihm entgegengesetzten Widerstandes wird er zur Standhaftigkeit aufgefordert und – in impliziter Widerlegung seiner in V. 30 insinuierten Gefährdung durch das blinde Walten des Schicksals – Gottes besonderer Obhut versichert (V. 48). Eine liturgische Schlussnote hält ihn und mittelbar wohl auch seine Anhänger zum Gotteslob „des Nachts und beim Untergehen der Sterne“ an (V. 48.49): Die sich sicherlich bei Tage abspielende Konfrontation des Verkünders mit Widersachern klingt ab in nächtlichen Gebetsübungen.
Literaturliste
Die Sure, in der bereits zweigliedrige Verse vorherrschen, gehört nach durchschnittlicher Verslänge (15,8 Silben) und Gesamtlänge in Gruppe IIIb. Diese Einordnung wird auch dadurch bestätigt, dass der Text zahlreiche terminologischer Überschneidungen mit den ebenfalls zu IIIb zählenden Suren 51, 55, 56, 68 und 69 aufweist (s. die Anmerkungen zu den Versen 5, 7 f., 14 f., 17, 20, 22–24, 31, 33, 38 f. und 41). *Vom Aufbau her ist die Sure insbesondere mit Q 68 zu vergleichen, die ebenfalls dreiteilig ist und von einem Schwur mit bedrohlicher Schwuraussage eingeleitet wird.
V. 21 fällt durch seine Überlänge aus dem Rahmen; überdies wird, wie Neuwirth feststellt, die Frage nach dem jenseitigen Schicksal der „Nachkommen“ (ḏurriyya) der Gläubigen sonst nur in spätmekkanischen (40:8) und medinensischen Texten (13:23, 3:170) diskutiert ( Neuwirth, Studien, 22 f. ). Während Nöldeke und Schwally den gesamten Vers als Einschub ansehen wollen ( GdQ, Bd. 1, 105 ), plädiert Neuwirth für eine Ausscheidung nur der beiden Kola (von wa-llaḏīna ʾāmanū bis ḏurriyyatahum) und führt als Beleg hierfür die Tatsache an, dass es sich bei der einzigen koranischen Parallelstelle zur Wendung kullu mriʾin bi-mā kasaba rahīn um den frühmekkanischen Vers 74:38 (kullu nafsin bi-mā kasabat rahīnah) handelt. Gegen Neuwirths Rekonstruktion spricht allerdings, dass zum dritten Kolon wa-mā ʾalatnāhum min ʿamalihim min šaiʾin nur die medinensische Parallelstelle 49:14 vorliegt. Zumindest die ersten drei Kola sind also wohl nicht ursprünglich. Was das vierte Kolon kullu mriʾin bi-mā kasaba rahīn betrifft, so stellt es zwischen dem zweiten Teil von V. 20 (wa-zawwaǧnāhum) und dem genau parallel dazu konstruierten Fortgang in V. 22 (wa-ʾamdadnāhum) formal einen Fremdkörper dar und ist auch inhaltlich klar auf die ersten drei Kola von V. 21 bezogen: Die Aussage, die Nachkommen gläubiger Vorfahren würden nur dann des Paradieses teilhaftig, wenn sie ihren Vorfahren „im Glauben folgen“, wird mit dem allgemeinen Grundsatz individueller moralischer Verantwortung begründet. Vor diesem Hintergrund ist vermutlich doch der gesamte Vers als Zusatz zu werten, der in seinem Schlussteil wohl bewusst das frühmekkanische Diktum kullu nafsin bi-mā kasabat rahīnah aus 74:38 zitiert.
Die nur im ersten Drittel durch Reimwechsel strukturierte und bereits von zweigliedrigen Versen geprägte Sure ist dreiteilig: Auf eine Schwurserie mit eschatologischer Aussage folgen zwei annähernd gleichlange Teile eschatologischen und polemischen Inhalts. Der Text zeichnet sich durch einen hohen Anteil polemischer Rede und Gegenrede aus: Bereits der zweite, eschatologische Teil enthält mehrere Fälle wörtlicher Rede, und der dritte Teil wird von einer langen Serie polemischer Fragen dominiert. Im Zentrum der Auseinandersetzung stehen dabei nicht mehr nur die in früheren Texten immer wieder bekräftigte Realität des Jüngsten Gerichts und die insbesondere in Q 81 diskutierte Autorität des Verkünders, sondern auch die sich gegen Ende der frühmekkanischen Periode herauskristallisierende Leugnung aller anderen Gottheiten als Allāh. Die Schärfe und Ausführlichkeit der Polemik dokumentiert eine zunehmende Eskalierung der Auseinandersetzungen zwischen koranischer Gemeinde und ihren Gegnern.
Überblick
I Schwüre | |
1–6 3(K)K2K mit vorherrschenden Sonoren | 1 1–6 Schwurserie |
7.8 āK3ʿ | 7.8 Warnspruch |
II Eschatologie | |
9.10 3Krā, 11.12 2n/m | 2 9–12 eschatologischer Temporalsatz (V. 11.12 Wehspruch) |
13 3GGā, 14–16 2n/m | 3 13–16 Antithese (Negativteil): eschatologischer Temporalsatz und Anrede der Verdammten mit Rückblende (V. 14–16) |
17–49 2n/m | 4 17–28 Antithese (Positivteil): Paradiesbeschreibung mit Tugendkatalog in Rückblende (V. 26–28) |
[21 ergänzender Zusatz] | |
III Polemik | |
5 29 Aufruf zur Verkündigung, Verkünderprädikation | |
30.31 polemische Frage und qul-Anweisung | |
32–43 weitere polemische Fragen mit Scheltworten (in V. 33.36) und Drohwort (in V. 42) | |
6 44–46 Mahnung zur Abkehr von den Ungläubigen mit vorangestellter Begründung (V. 44) und eschatologischem Temporalsatz (V. 46) | |
47 Drohwort, Scheltwort | |
48 Mahnung zur Standhaftigkeit, Zuspruch, liturgischer Aufruf | |
49 weiterer liturgischer Aufruf |
Proportionen: 8+[4+4+11]+[15+4+2].