بِسۡمِ ٱللَّهِ ٱلرَّحۡمَٰنِ ٱلرَّحِيمِ |
Im Namen Gottes, des barmherzigen Erbarmers! |
قٓ ۚ |
I11 Qāf. |
وَٱلۡقُرۡءَانِ ٱلۡمَجِيدِ |
Bei der preisenswerten Lesung! |
بَلۡ عَجِبُوٓا۟ أَن جَآءَهُم مُّنذِرٌۭ مِّنۡهُمۡ |
22 Doch nein! Sie wundern sich, daß ein Warner aus ihrer Mitte zu ihnen kam. |
فَقَالَ ٱلۡكَٰفِرُونَ هَٰذَا شَىۡءٌ عَجِيبٌ |
Die Leugner sprechen: „Ein wundersames Ding! |
أَءِذَا مِتۡنَا وَكُنَّا تُرَابًۭا ۖ |
3 Wenn wir tot und zu Staub geworden sind? |
ذَٰلِكَ رَجۡعٌۢ بَعِيدٌۭ |
Das wäre eine weithergeholte Rückkehr!“ |
قَدۡ عَلِمۡنَا مَا تَنقُصُ ٱلۡأَرۡضُ مِنۡهُمۡ ۖ |
34 Wir wissen wohl, was die Erde von ihnen einbehält. |
وَعِندَنَا كِتَٰبٌ حَفِيظٌۢ |
Bei uns ist eine Schrift, die alles bewahrt. |
بَلۡ كَذَّبُوا۟ بِٱلۡحَقِّ لَمَّا جَآءَهُمۡ |
5 Doch nein! Sie erklären die Wahrheit, da sie zu ihnen kommt, |
فَهُمۡ فِیٓ أَمۡرٍۢ مَّرِيجٍ |
für Lüge und sind gänzlich in Verwirrung. |
أَفَلَمۡ يَنظُرُوٓا۟ إِلَى ٱلسَّمَآءِ فَوۡقَهُمۡ |
II46 Sehen sie nicht, daß wir den Himmel über ihnen erhoben |
كَيۡفَ بَنَيۡنَٰهَا وَزَيَّنَّٰهَا |
und geschmückt haben |
وَمَا لَهَا مِن فُرُوجٍۢ |
und er keine Brüche zeigt? |
وَٱلۡأَرۡضَ مَدَدۡنَٰهَا |
7 Und die Erde ausgebreitet haben, |
وَأَلۡقَيۡنَا فِيهَا رَوَٰسِیَ |
festgegründete Berge darauf gesetzt |
وَأَنۢبَتۡنَا فِيهَا مِن كُلِّ زَوۡجٍۭ بَهِيجٍۢ |
und allerlei schön anzusehende Arten - |
تَبۡصِرَةًۭ وَذِكۡرَىٰ لِكُلِّ عَبۡدٍۢ مُّنِيبٍۢ |
8 zu Lehre und Ermahnung für alle bußfertigen Gottesdiener. |
وَنَزَّلۡنَا مِنَ ٱلسَّمَآءِ مَآءًۭ مُّبَٰرَكًۭا |
59 Vom Himmel lassen wir gesegnetes Wasser herabkommen |
فَأَنۢبَتۡنَا بِهِۦ جَنَّٰتٍۢ وَحَبَّ ٱلۡحَصِيدِ |
und damit Gärten wachsen und Korn zur Ernte |
وَٱلنَّخۡلَ بَاسِقَٰتٍۢ لَّهَا طَلۡعٌۭ نَّضِيدٌۭ |
10 und Palmen, hochragend, mit dichtbesetzten Fruchtscheiden, |
رِّزۡقًۭا لِّلۡعِبَادِ ۖ |
11 den Gottesdienern zum Unterhalt. |
وَأَحۡيَيۡنَا بِهِۦ بَلۡدَةًۭ مَّيۡتًۭا ۚ |
Totes Land beleben wir damit. |
كَذَٰلِكَ ٱلۡخُرُوجُ |
So wird die Auferstehung sein. |
كَذَّبَتۡ قَبۡلَهُمۡ قَوۡمُ نُوحٍۢ |
612 Vor ihnen hat geleugnet das Volk Noahs, |
وَأَصۡحَٰبُ ٱلرَّسِّ وَثَمُودُ |
die Arser und die Ṯamūd |
وَعَادٌۭ وَفِرۡعَوۡنُ وَإِخۡوَٰنُ لُوطٍۢ |
13 und die ʿĀd, Pharao, die Brüder Lots, |
وَأَصۡحَٰبُ ٱلۡأَيۡكَةِ وَقَوۡمُ تُبَّعٍۢ ۚ |
14 die Leute von Laika und das Volk Tubbaʿs. |
كُلٌّۭ كَذَّبَ ٱلرُّسُلَ |
Alle haben die Gesandten der Lüge geziehen. |
فَحَقَّ وَعِيدِ |
Da erfüllte sich meine Drohung. |
أَفَعَيِينَا بِٱلۡخَلۡقِ ٱلۡأَوَّلِ ۚ |
715 Hat uns etwa die erste Schöpfung erschöpft? Aber nein! |
بَلۡ هُمۡ فِی لَبۡسٍۢ مِّنۡ خَلۡقٍۢ جَدِيدٍۢ |
Und doch zweifeln sie an einer neuen Schöpfung! |
وَلَقَدۡ خَلَقۡنَا ٱلۡإِنسَٰنَ |
16 Wir erschufen den Menschen; |
وَنَعۡلَمُ مَا تُوَسۡوِسُ بِهِۦ نَفۡسُهُۥ ۖ |
wir wissen, was ihm zuflüstert seine Seele; |
وَنَحۡنُ أَقۡرَبُ إِلَيۡهِ مِنۡ حَبۡلِ ٱلۡوَرِيدِ |
wir sind ihm näher als seine Halsschlagader. |
إِذۡ يَتَلَقَّى ٱلۡمُتَلَقِّيَانِ |
817 Dann, wenn sich begegnen die zwei sich Begegnenden, |
عَنِ ٱلۡيَمِينِ وَعَنِ ٱلشِّمَالِ قَعِيدٌۭ |
einer zur Rechten und einer zur Linken sitzend. |
مَّا يَلۡفِظُ مِن قَوۡلٍ |
18 Kein Wort spricht er, |
إِلَّا لَدَيۡهِ رَقِيبٌ عَتِيدٌۭ |
ohne daß ein Beobachter darüber wachte, bereit für seine Aufgabe. |
وَجَآءَتۡ سَكۡرَةُ ٱلۡمَوۡتِ بِٱلۡحَقِّ ۖ |
19 Der Todesrausch bringt dann die Wahrheit, |
ذَٰلِكَ مَا كُنتَ مِنۡهُ تَحِيدُ |
das ist es, wovor du stets ausgewichen bist. |
وَنُفِخَ فِی ٱلصُّورِۚ ذَٰلِكَ يَوۡمُ ٱلۡوَعِيدِ |
20 Es wird in die Posaune geblasen. Das ist der Tag der Drohverheißung. |
وَجَآءَتۡ كُلُّ نَفۡسٍۢ |
21 Und jede Seele kommt heran, |
مَّعَهَا سَآئِقٌۭ وَشَهِيدٌۭ |
mit ihr ein Treiber und ein Zeuge. |
لَّقَدۡ كُنتَ فِی غَفۡلَةٍۢ مِّنۡ هَٰذَا |
22 Das hast du nicht bedacht. |
فَكَشَفۡنَا عَنكَ غِطَآءَكَ |
Nun aber haben wir dir die Binde abgezogen, |
فَبَصَرُكَ ٱلۡيَوۡمَ حَدِيدٌۭ |
so daß dein Blick heute scharf ist. |
وَقَالَ قَرِينُهُۥ هَٰذَا مَا لَدَىَّ عَتِيدٌ |
923 Sein Gefährte spricht: „Hier ist, was ich bereithalte!“ |
أَلۡقِيَا فِی جَهَنَّمَ |
24 „Ihr beide, werft jeden hartnäckigen Leugner |
كُلَّ كَفَّارٍ عَنِيدٍۢ |
in den Höllenbrand, |
مَّنَّاعٍۢ لِّلۡخَيۡرِ مُعۡتَدٍۢ مُّرِيبٍ |
25 der Gutes vorenthält, Übertretungen begeht und Zweifel sät |
ٱلَّذِی جَعَلَ مَعَ ٱللَّهِ إِلَٰهًا ءَاخَرَ |
26 und Gott einen anderen Gott zur Seite stellt! |
فَأَلۡقِيَاهُ فِی ٱلۡعَذَابِ ٱلشَّدِيدِ |
Werft ihn in die schwere Pein!“ |
قَالَ قَرِينُهُۥ رَبَّنَا مَآ أَطۡغَيۡتُهُۥ |
1027 Sein Gefährte spricht: „Unser Herr! Nicht ich verführte ihn. |
وَلَٰكِن كَانَ فِی ضَلَٰلٍۭ بَعِيدٍۢ |
Er selbst war ganz verirrt.“ |
قَالَ لَا تَخۡتَصِمُوا۟ لَدَىَّ |
28 Gott spricht: „Rechtet nicht vor mir! |
وَقَدۡ قَدَّمۡتُ إِلَيۡكُم بِٱلۡوَعِيدِ |
Ich hatte euch meine Drohverheißung vorausgeschickt. |
مَا يُبَدَّلُ ٱلۡقَوۡلُ لَدَىَّ |
29 Was ich gesprochen habe, wird nicht geändert. |
وَمَآ أَنَا۠ بِظَلَّٰمٍۢ لِّلۡعَبِيدِ |
Ich tue den Gottesdienern kein Unrecht.“ |
يَوۡمَ نَقُولُ لِجَهَنَّمَ |
30 Am Tag, da wir zur Hölle sprechen: |
هَلِ ٱمۡتَلَأۡتِ |
„Bist du voll?“, |
وَتَقُولُ هَلۡ مِن مَّزِيدٍۢ |
und sie erwidert: „Gibt es noch mehr?“ |
وَأُزۡلِفَتِ ٱلۡجَنَّةُ لِلۡمُتَّقِينَ |
1131 Den Gottesfürchtigen aber wird das Paradies nahegebracht, |
غَيۡرَ بَعِيدٍ |
nicht weit entfernt. |
هَٰذَا مَا تُوعَدُونَ |
32 „Das ist es, was euch verheißen war, |
لِكُلِّ أَوَّابٍ حَفِيظٍۢ |
jedem, der reumütig ist und sich zurückhält, |
مَّنۡ خَشِیَ ٱلرَّحۡمَٰنَ بِٱلۡغَيۡبِ |
33 der den Barmherzigen im Verborgenen fürchtet |
وَجَآءَ بِقَلۡبٍۢ مُّنِيبٍ |
und mit bußfertigem Herzen kommt. |
ٱدۡخُلُوهَا بِسَلَٰمٍۢ ۖ |
34 Geh ein in Frieden in das Paradies! |
ذَٰلِكَ يَوۡمُ ٱلۡخُلُودِ |
Das ist der Tag der Ewigkeit.“ |
لَهُم مَّا يَشَآءُونَ فِيهَا |
35 Sie haben darin, was sie wollen. |
وَلَدَيۡنَا مَزِيدٌۭ |
Und bei uns ist noch mehr für sie. |
وَكَمۡ أَهۡلَكۡنَا قَبۡلَهُم مِّن قَرۡنٍ |
1236 Wie viele Generationen vor ihnen ließen wir zugrunde gehen, |
هُمۡ أَشَدُّ مِنۡهُم بَطۡشًۭا |
die in ihrer Gewalt stärker waren, |
فَنَقَّبُوا۟ فِی ٱلۡبِلَٰدِ |
die das Land bis in die Tiefen absuchten: |
هَلۡ مِن مَّحِيصٍ |
Gibt es denn kein Entrinnen? |
إِنَّ فِی ذَٰلِكَ لَذِكۡرَىٰ لِمَن كَانَ لَهُۥ قَلۡبٌ |
37 Darin ist eine Mahnung für jeden, der Verstand hat |
أَوۡ أَلۡقَى ٱلسَّمۡعَ وَهُوَ شَهِيدٌۭ |
oder der zuhört, während er Zeuge ist. |
وَلَقَدۡ خَلَقۡنَا ٱلسَّمَٰوَٰتِ وَٱلۡأَرۡضَ |
38 Wir haben doch Himmel und Erde |
وَمَا بَيۡنَهُمَا فِی سِتَّةِ أَيَّامٍۢ |
und was zwischen ihnen in sechs Tagen geschaffen, |
وَمَا مَسَّنَا مِن لُّغُوبٍۢ |
ohne daß uns Ermüdung überkam. |
فَٱصۡبِرۡ عَلَىٰ مَا يَقُولُونَ |
1339 Ertrage nun geduldig, was sie sagen! |
وَسَبِّحۡ بِحَمۡدِ رَبِّكَ قَبۡلَ طُلُوعِ ٱلشَّمۡسِ |
Lobpreise deinen Herrn vor dem Aufgang der Sonne |
وَقَبۡلَ ٱلۡغُرُوبِ |
und vor ihrem Untergang! |
وَمِنَ ٱلَّيۡلِ فَسَبِّحۡهُ |
40 Preise ihn des Nachts |
وَأَدۡبَٰرَ ٱلسُّجُودِ |
und nach dem Gebet. |
وَٱسۡتَمِعۡ يَوۡمَ |
1441 Und horche auf den Tag, |
يُنَادِ ٱلۡمُنَادِ مِن مَّكَانٍۢ قَرِيبٍۢ |
da der Rufer aus der Nähe ruft! |
يَوۡمَ يَسۡمَعُونَ ٱلصَّيۡحَةَ بِٱلۡحَقِّ ۚ |
42 Am Tag, da sie den Schrei in Wahrheit hören. |
ذَٰلِكَ يَوۡمُ ٱلۡخُرُوجِ |
Das ist der Tag der Auferweckung. |
إِنَّا نَحۡنُ نُحۡىِۦ وَنُمِيتُ |
43 Wir schenken Leben und lassen sterben. |
وَإِلَيۡنَا ٱلۡمَصِيرُ |
Bei uns wird es enden. |
يَوۡمَ تَشَقَّقُ ٱلۡأَرۡضُ |
44 Am Tag, da die Erde sich spaltet und sie freigibt, |
عَنۡهُمۡ سِرَاعًۭا ۚ |
worauf sie sich eilen hervorzukommen. |
ذَٰلِكَ حَشۡرٌ عَلَيۡنَا يَسِيرٌۭ |
Das ist ein Versammeln, das uns leichtfällt. |
نَّحۡنُ أَعۡلَمُ بِمَا يَقُولُونَ ۖ |
1545 Wir wissen wohl, was sie sagen. |
وَمَآ أَنتَ عَلَيۡهِم بِجَبَّارٍۢ ۖ |
Du aber hast keine Gewalt über sie. |
فَذَكِّرۡ بِٱلۡقُرۡءَانِ |
Mahne mit der Lesung alle die, |
مَن يَخَافُ وَعِيدِ |
die meine Drohung annehmen! |
Die Sure ist Einheit, sie reimt auf das seltene und morphologisch nur durch nominale Bildungen erreichbare Schema 2C, zumeist 2b, ähnliche Reime finden sich frühmekkanisch in Q 85, siehe SKMS, Tabelle nach 115. Ihre Versenden sind daher leicht zu kontrollieren Die islamische Zähltradition, siehe SKMS, 47, verzeichnet entsprechend keine Differenzen. Im Falle von Q 50 wird von der Tradition der Buchstabenname nicht als eigener Vers gezählt. Angesichts des fehlenden Reims von ṣād ist auch diese Entscheidung zu übernehmen.
Literaturliste
Statt al-ʾaika, „das Baumdickicht“, ist in V. 14laika zu lesen. Gerd R. Puin (2005) kann zeigen, dass al-ʾaika eine arabisierende Verlesung von laika, wohl identisch mit Leuke Kome, ist. Die Identifikation überzeugt, da sich orthographisch neben al-ʾaika (Q 15:28 und Q 50:14) auch artikelloses laika findet: Q 26:176 und Q 38:18. Die traditionellen Leser ziehen daraus verschiedene Konsequenzen: An den beiden artikellosen Stellen in laika findet: Q 26:176 und Q 38:18 markieren die Leser Nāfiʿ, Ibn Kaṯīr, Ibn ʿĀmir und ʾAbū Ǧaʿfar ihr Verständnis von laika als Ortsnamen sogar durch die diptotische Vokalisation mit –a. Warš ʿan Nāfiʿ liest laika in Q 15:28 sogar gegen den rasm. Dagegen restituiert Ḥafṣ ʿan ʿĀṣim auch gegen den rasm die Lesung al-ʾaika. Siehe dazu corpuscoranicum.de Lesarten. - Die von Ḥafṣ ʿan ʿĀṣim und anderen vertretene Lesung al-ʾaika lässt sich leicht als eine nachträgliche Anpassung eines nicht mehr verstandenen rasm an ein bekanntes Lexem deuten.
Entsprechendes gilt für die ebenfalls artifizielle Schreibung von ar-rass, V. 12. Auch hier hat Puin (2005:329–331) das Vorliegen eines Ortsnamens, Arsae, warscheinlich gemacht. Dessen arabische Lautung aras o.ä. konnte leicht mit dem arabischen Appellativum rass assoziiert werden und dann sogar mit einem assimilierten Artikel als ar-rass „der Brunnen“, wiedergegeben werden. Anders als im Fall von al-ʾaika/laika ist die Orthographie des ursprünglichen Ortsnamens Arsae aber bei keinem Leser überliefert, so dass in der Umschrift weiter mit ar-rass gearbeitet werden muss, und sich das korrigierte Verständnis nur auf die Übersetzung niederschlagen kann, wo die ʾaṣḥāb ar-rass mit „die Arser“ wiedergegeben werden.
Literaturliste
I Einleitung: Schwur, Polemik | |
1 1 Schwur bei Lesung, qurʾān | |
2 2–3 Zweifel an Erweckung | |
2 4–5 Gottes Allwissenheit, sein Registrieren der Nachrichten Verwerfung der Wahrheit durch Ungläubige | |
II A Allmachtszeichen (ʾāyāt), Straflegenden Katalog | |
3 6–8 ʾāya: Himmel, Erde | |
3 9–11 ʾāya: Wasser, Vegetation als Nahrung und als Zeichen der Erweckungskraft | |
3 12–14 frühere Leugner: Anspielungen auf Straflegenden | |
B Todesstunde, eschatalogische Szenerie, Doppelbild | |
2 15–16 ungeschwächte Schöpferkraft Gottes, engste Nähe | |
6 22 Todesstunde eines individuellen Menschen zwei dem Sterbenden beigegebene Wächter | |
4 23–26 eschatologische Szenerie: Posaunenstoß, eschatologischer Vorgang: Wegführung der Menschen durch zwei Begleiter. Lasterkatalog des Toten, Aufforderung zu seiner Bestrafung | |
4 27–30 Selbstrechtfertigung des vom Verstorbenen lebenslang verehrten Nebengottes, Zurückweisung der Entschuldigung | |
Rede der ǧahannam | |
5 31–35 Einblendung der ǧanna: Tugendkatalog der Gerechten | |
III Schluss: Großtaten Gottes, Zuspruch, qurʾān-Bestätigung | |
3 36–38 Vernichtung alter Völker, unverminderte Schöpfungskraft | |
2 39–40 Zuspruch, Aufforderung zum Gottesdienst | |
4 41–44 Aufforderung, den Tag der Erweckung zu erwarten Eschatologische Szenerie | |
1 45 Aufforderung zur Mahnung mit qurʾān-Verlesung |
Strukturformel/Proportionen
Teil I: 5 Verse | Teil II: 30 Verse | Teil III: 15 Verse |
(1+2+2) | 9(3+3+3)/21(2+6+4+4+5) | 10(3+2+4+1) |
Literaturliste
qāf wa-l-qurʾāni l-maǧīd]
Zu dem dem Text vorangestellten Buchstabennamen siehe den Kommentar zu Q 15:1, KTS, 323 und jetzt auch Stewart 2011. Es folgt wie üblich eine Affirmation der transzendenten Herkunft der Botschaft, eine Offenbarungsbestätigung, vgl. zu dieser Textsorte KTS, 321–322. Sie begegnet hier in Form eines Schwurs bei der „Lesung“, d.h. dem Vortrag aus der transzendenten Schrift, so auch wieder in Q 38:1; siehe zu der Entwicklung dieser Konzeption Neuwirth 2016. Der Schwur klingt triumphal: Die Auszeichnung der Lesung mit maǧīd – preisenswert – rekurriert auf Q 85:21–22bal huwa qurʾānun maǧīd / fī lawḥin maḥfūẓ („es ist eine preisenswerte Lesung, bewahrt auf einer wohlbewahrten Tafel“). Diese himmlische Urschrift der Offenbarungen ist – gemäß dem altorientalischen Muster für himmlische Schriften – als alle Ratschlüsse Gottes umfassend vorzustellen, siehe Jeffery 1952:3–17. Der Schwur bei der Offenbarung ist für Mittelmekka charakteristisch, wo die alten mantischen Formen rekonfiguriert werden: Während frühmekkanisch ein breites Spektrum von Symbolbildern als Schwurobjekte figurierten, siehe Neuwirth 1991, treten nun – mit Ausnahme von Q 37:1–3, siehe den Kommentar zur Sure – nur noch Schrift- bzw. Lesungsreferenzen als Objekte auf, die naturgemäß unverschlüsselt genannt werden können. Die Form des Schwurs verschwindet in Mittelmekka allmählich ganz. Sie weicht stereotypen Offenbarungsbestätigungen wie tilka ʾāyātu l-kitāb („Das sind die Zeichen der Schrift“) u.ä., siehe KTS, 323–324. Damit ist die ursprünglich altarabisch-mantische Autorisierung der Botschaft durch enigmatisch verschlüsselte Rede einer neuen Autorität gewichen, nämlich der durch Schrift, siehe Neuwirth 2016.
bal ʿaǧibū ʾan ǧāʾahum munḏirun minhum fa-qāla l-kāfirūna hāḏā šaiʾun ʿaǧīb]
Der emphatische Einsatz drückt Befremden über das Verhalten der (abwesenden) Gegner aus, deren offenbar spöttische Verwunderung dem unbedeutenden sozialen Status des Verkünders gilt, vgl. den bereits frühmekkanischen Vorwurf in Q 74:25. ʾin hāḏā ʾillā qaulu l-bašar („das ist nur die Rede eines Sterblichen“), und mittelmekkanisch Q 54:24f.ʾa-bašaran minnā wāhidan nattabiʿuhu („sollen wir etwa einem Sterblichen aus unserer Mitte, einem einzelnen, folgen?“), vgl. HK I zur Sure, und Q 26:186wa-mā ʾanta ʾillā bašarun miṯlunā („du bist nur ein Sterblicher wie wir“). Das Faktum wird zum Gegenstand der Verwunderung erhoben in der späteren Sure 10:2ʾa-kāna li-n-nāsi ʿaǧaban ʾan ʾawḥainā ʾilā raǧulin minhum („Löst es etwa bei den Leuten Erstaunen aus, dass wir einem Mann unter den ihren eingegeben haben?“). Zu der spöttischen Verwunderung vgl. auch mittelmekkanisch Q 18:9kānū min ʾāyātinā ʿaǧaban („sie verwunderten sich über unsere Zeichen“), dagegen herrscht positive Verwunderung in Q 72:1istamaʿa nafarun min al-ǧinni fa-qalū ʾinnā samiʿnā qurʾānan ʿaǧaban („Eine Gruppe von Ǧinnen lauschte, sie sprachen: ‚wir hörten einen eine erstaunenswerte Lesung‘“).
ʾa-ʾiḏā mitnā wa-kunnā turāban ḏālika raǧʿun baʿīd / qad ʿalimnā mā tanquṣu l-ʾarḍu minhum wa-ʿindanā kitābun ḥafīẓ]
Die rhetorische Frage im Mund ungenannter Gegner ist bereits frühmekkanisch ein Topos der paganen Polemik, siehe Q 79:10f., Q 56:47f., mittelmekkanisch: Q 37:12–17, Q 37:53. Die elliptische Ausdrucksweise ist daher ohne weiteres verstehbar. Die Gegner spotten nach epikureischer Manier über die gegen die Empirie verstoßende Erweckungslehre. Dem setzt eine Gottesrede den Verweis auf die alles bewahrende Schrift entgegen, die von den Menschen ungeachtet ihres postmortalen physischen Zerfalls ein Register ihrer Taten bewahrt, vgl. schon früher Q 82:10–12. BEQ, 334 nennt ältere Traditionen: Ps 139, 16 (TUK, Nr. 981), Off 20, 1–15 (TUK, Nr. 130), Himmelfahrt Jesaias 9, 22 (TUK, Nr. 892), „Bilderreden“ (im ersten Henoch-Buch) 47.3 (TUK, Nr. 914), bT Rosh ha-shana 16b (TUK, Nr. 1071).
bal kaḏḏabū bi-l-ḥaqqi lammā ǧāʾahum fa-hum fī ʾamrin marīǧ]
Emphatische Klage über die Verweigerung der Akzeptanz der bereits zugänglich gewordenen Wahrheit; die Leugner sind sich hinsichtlich ihrer Einschätzung uneins. Ḥaqq ist mehrdeutig: es steht für Wahrheit, aber auch für Recht und Rechtes.
ʾa-fa-lam yanẓurū ʾilā s-samāʾi fauqahum kaifa banaināhā wa zaiyannāhā wa-mā lahā min furūǧ / wa-l-ʾarḍa madadnāhā wa-ʾalqainā fīhā rawāsiya wa-ʾanbatnā fīhā min kulli zauǧin bahīǧ / tabṣiratan wa-ḏikrā li-kulli ʿabdin munīb]
ʾĀyāt-Serie in Form von Wir-Prädikationen, die eine Anzahl älterer Suren evoziert, siehe zu der „Erbauung“ des Himmels Q 78:12, Q 79:27f., Q 91:5, zu seinem Schmuck mit Himmelskörpern: Q 15:16, Q 37:11, zur Erschaffung der Erde mit ihren Ebenen und Bergen, metonymisch repräsentiert durch rawāsin, Q 77:27 und Q 15:19. Diese Metonymie ist nicht nur dank der frühen „Ausredung“ in Q 79:32wa-l-ǧibāla ʾarsāhā („und die Berge hat er fest gegründet“) unmittelbar verständlich, sie ist auch bereits in der Dichtung vorbereitet, siehe Zuhair 13:101, ʾa-lā ʾarā ʿalā l-hawādiṯi bāqiyan wa-lā ḫālidan ʾillā l-ǧibāla r-rawāsiya („ich sehe nichts, was den Abläufen widerstehen kann oder ewig ist außer den fest gegründeten Bergen“, siehe SEAP, 516). Denn zugrunde liegt das Bild des Ankerwerfens, vgl. zu der Arche Noah Q 11:41wa-qāla rkabū fīhā bi-smi llāhi maǧrāhā wa-mursāhā („er sprach: ‚steigt in sie ein, im Namen Gottes stehe ihre Fahrt und ihr Anker-Werfen“). Die Vorstellung der Berge als tragenden Pfeilern, auf denen das Zeltdach des Himmels ruht, findet sich schon in den Psalmen, etwa Ps 104, der koranisch in Q 78 reflektiert ist, siehe HK I zu Q 78. Zu der Ausstattung der Erde mit Pflanzensorten siehe Q 55:10–12, Q 26:7. Auch die übrigen aufgezählten Schöpfungsakte sind göttliche Wohltaten, wie sie in den Psalmen Gegenstand der Preisung des Frommen sind; vgl. zu ihnen Q 78, siehe dazu Neuwirth 2007. Die Aussagen erscheinen hier nicht mehr nur als Zeugnisse göttlichen Handelns, sondern präsentieren sich zugleich als Teil göttlichen Wissens und göttlicher paränetischer Kommunikation. - Veronika Roth verweist auf Entsprechungen im „Buch der Wächter“ (erste Henochbuch), 2:1, 5:5, siehe TUK, Nr. 909.
wa-nazzalnā mina s-samāʾi māʾan mubārakan / fa-ʾanbatnā bihi ǧannātin wa-ḥabba l-ḥaṣīd / wa-l-naḫla bāsiqātin lahā ṭalʿun naḍīd / rizqan li-l-ʿibādi wa-ʾaḥyainā bihi baldatan maitan ka-ḏālika l-ḫurūǧ]
Weitere ʾāyāt: segenspendender Regen (vgl. Q 15:22, Q 26:148), mit dem Gärten und Getreidefelder genährt werden und hochragende Palmen mit dicht stehendem Blütenstand (vgl. Q 55:11) dienen der Erhaltung der Gottesdiener. Sie sind gleichzeitig aber auch Zeichen für die Erweckung: Regen belebt eine ausgetrockene Siedlung – eine Präfiguration der Auferstehung. Damit ist indirekt die Kontingenz der empirischen Welt angesprochen, deren Vergehen bereits vorgezeichnet ist.
kaḏḏabat qablahum qaumu Nūḥin wa-ʾaṣḥābu r-rassi wa- Ṯamūd / wa-ʿĀdun wa-Firʿaunu wa-ʾiḫwānu Lūṭ / wa-ʾaṣḥābu l-ʾaikati wa-qaumu Tubbaʿin kullun kaḏḏaba r-rusula fa-ḥaqqa waʿīd]
Die hier an die Stelle der vom Muster der mittelmekkanischen Surenkomposition her erwarteten Erzählung oder Erzählserie getretene Liste führt das Argument über den mit dem Stichwort ḫurūǧ, „Auferstehung“, vgl. V. 42, angesprochenen Streitpunkt fort. Bei den früheren, die Botschaft ihrer Gesandten leugnenden Völkerschaften ist die Strafdrohung, waʿīd, bereits in Erfüllung gegangen. Sie ist zwar innerweltlich erfolgt, verweist aber vor auf die eschatologisch verheißene Strafe, die in V. 20, 28, 45 mit dem gleichen Wort waʿīd bezeichnet wird.
Es geht bei der Erinnerung an die altarabischen ʾumam ḫāliya nicht, wie bei den Prophetenerzählungen der Fall, um die Verankerung der Gemeinde in der biblisch geprägten Geschichte, sondern um eine Demonstration der Bedachtlosigkeit der Leugner einst und jetzt gegenüber den in der Schöpfung liegenden Zeichen für die Kontingenz der empirischen Welt.
Die in der Liste aufgeführten Völkerschaften sind zumeist schon Gegenstand einer Erzählung gewesen, siehe für Noah, Q 71:21–26, dazu FVQ, 282, für Thamūd, Q 51:43–45, ʿĀd, Q 54:18–20, Pharao Q 79:15–25, FVQ, 225, die Leute Lots Q 54:33–38, FVQ, 254f., andere wurden (oder werden in Mittelmekka) nur in Listen erwähnt: die Leute von Laika (bzw. Leuke Kome, siehe dazu oben Textkritik), später Madyan genannt, Q 15:87f., Q 26:176, das Volk Tubbaʿs, Q 44:37, während die Arser, deren Name bei den kanonischen Lesern als „ʾaṣḥāb ar-rass“, gedeutet wird, siehe Textkritik, erst in Q 25:38 wieder begegnen werden.
Der Name Tubbaʿ, siehe FVQ, 89, der schon in Q 44:37 unkommentiert in einer Liste begegnete, wird in Teilen der islamischen Tradition als Sammelbezeichnung für die Könige von Himyar verstanden. Andere nehmen dagegen eine individuelle Figur der Vorzeit an, die von einigen sogar mit Abraha, dem in Q 95 unbenannt gelassenen Angreifer Mekkas, identifiziert wurde, siehe die Literaturnachweise bei KU, 102f. Robin (2004) erwägt, Tubbaʿ – in Anlehnung an eine nachkoranische Tradition – mit einem bedeutenden südarabiischen Herrscher des sechsten Jahrhunderts, ʾAbū Karib ʾAsʿad, zu identifizieren, angesichts von dessen religiöser und politischer Statur „es nicht überraschen würde, wenn sein Name oder einer seiner Beinamen als Name eines Propheten in Erinnerung geblieben wäre“, siehe Robin 2004:878. Robin hat in einer neuen Untersuchung (2015:48–54) in Tubbaʿ eine koranische Evokation einer uns nicht mehr identifizierbaren im Jemen spielenden Katastrophe gesehen. Er gibt dieser Hypothese vor einer anderen den Vorzug, nach welcher erst die nachkoranische jemenitische Tradition eine koranisch vorgefundene vage Geschichtsanspielung auf ihre eigene himyaritische Vergangenheit bezogen habe.
Die im Koran sonst marginale Figur – sie begegnet nur noch ein weiteres Mal, wieder in einem Straflegendenkatalog, Q 44:37 – spielt im Kontext der Konfrontation von pagan-arabischen und biblischen Wertevorstellungen aber eine wichtige Rolle, siehe zu Tubbaʿ die Lexikonartikel Firestone 2006 und Beeston 2000. - Puin (2005:331–333) versucht, auch in Tubbaʿ eine Ortsbezeichnung aufzudecken. Er erwägt, das Konsonantengerüst vielmehr als YBʿ zu deuten, so dass eine Identifikation des im Koran ja nicht weiter bestimmten Tubbaʿ mit dem (allerdings seinerseits erschlossenen) Ortsnamen Yanbuʿ oder Yanbuʿ möglich würde, ein Ort, der in den Kontext der übrigen in Mittelmekka heraufbeschworenen Orte auf oder angrenzend an die Halbinsel wie Egra (al-Ḥiǧr), Leuke Kome (Laika) und Sodom (al-muʿtafika) passen würde, siehe seine Karte 2005:339. Angesichts der Prominenz von Tubbaʿ als Person in außerkoranischen Texten ist diese Hypothese aber wenig wahrscheinlich.
Die „ʾaṣḥāb ar-rass“ sind neu – zu ihnen KU, 61 – sie werden nur noch einmal, in Q 25:38, begegnen. Puin (2005:329–331) hat sie auf der Grundlage von vorislamischer und islamischer geographischer Literatur mit einer Völkerschaft identifizieren können, die in der ptolemäischen Darstellung Arabiens (ca. 150 n.Chr) Arsae genannt werden und „unmittelbar nördlich von Iambia, dem heitigen Yanbuʿ, ansässig war… Das semitische Äquivalent der Buchstabenfolge ARS wäre ʿ-r-s, die natürliche Aussprache davon lautet /ars/ oder /aras/. Von hier zu dem arabisch verstandenen, mit einem assimilierten Artikel versehenen ar-Rass ist es dann nur ein kleiner Schritt“. Die Lesung ar-rass ist also ähnlich sekundär wie die von al-ʾaika, für Leuke Kome, nur haben wir keine genaue Überlieferung für den in der ptolemäischen Geographie vielleicht nur abgekürzten Namen ihrer Siedlung, so dass nur mit „die Arser “ übersetzen können.
Die lokalen Gruppen aus der Liste dürften als frühere Völker aus der Umwelt im Horizont der Hörer verankert gewesen sein; sie sind hier wie auch sonst nicht entlang der Lage ihrer Siedlungen vorgestellt, sondern werden verstreut aufgezählt: die Reihe beginnt mit den am weitesten südlich anzusiedelnden Arsern, springt dann zu den Nabatäern (ʿĀd und Ṯamūd, die zu der Stadt Egra, al-Ḥiǧr, gehören), schreitet nach Norden fort zu Lot (Sodom und Gomorra), kehrt dann nach Laika/Leuke Kome zurück zu den Nabatäern, um schließlich im Jemen bei Tubbaʿ zu enden. - Die biblischen Figuren Noah und Lot wiederum werden bereits im 2. Petrusbrief 2, 4–11 als Gerechte zusammengenannt, siehe BEQ, 108, TUK, Nr. 91. In der koranischen Lesung ihrer Geschichte werden alle zu Zeugen göttlicher Bestrafung für die Unbotmäßigkeit (takḏīb) gegenüber den bei ihnen aufgetretenen Gesandten, siehe zu dieser „Theologisierung“ von Lokaltraditionen Sinai 2011. Dass sie auch durch Stärke und Ausdauer hervorragten, wird am Anfang des Schlussteils, V. 38 in Erinnerung gebracht, wo die Vernichtungen in den melancholischen Kontext der ubi-sunt-Frage gestellt sind.
ʾa-fa-ʿayīnā bi-l-ḫalqi l-ʾauwali bal hum fī labsin min ḫalqin ǧadīd]
Die Debatte um die Ablehnung der Auferstehung wendet sich nun – nach dem Argument der göttlichen Macht zum Lebenspenden und Vernichten – dem Argument von Gottes Unermüdlichkeit zu, siehe auch V. 37, die sein Versprechen einer neuen Schöpfung außer Zweifel stellt. Der Gedanke der Unermüdlichkeit begegnete schon frühmekkanisch: Q 55:29kulla yawmin huwa fī šaʾn, („Jeden Tag ist er am Werk“). Dass Gott die Welt nicht durch Mühe und Anstrengung, sondern durch sein Wort erschaffen hat, findet sich in Gen r 12, siehe BEQ, 22 und TUK, Nr. 1137. Speyer (BEQ, 23) führt u.a. homiletische christliche Texte an, die sich gegen die Unterstellung der Ruhebedürftigkeit Gottes verwahren. David Kiltz weist auf die bereits von Paulus, Gal 6, 1–18, vertretene Vorstellung einer „neuen Schöpfung“ hin, die hier freilich christlich, d.h. „in Jesus“, nicht wie im Koran eschatologisch konnotiert ist, siehe TUK, Nr. 305.
wa-la-qad ḫalaqnā l-ʾinsāna wa-naʿlamu mā tuwaswisu bihi nafsuhu wa-naḥnu ʾaqrabu ʾilaihi min ḥabli l-warīd]
Mit dem programmatischen Vers, der den die gesamte Sure durchziehenden Gedanken der Nähe Gottes rhetorisch auf die Spitze treibt, beginnt der Mittelteil. Die auf eine Körpermetapher zurückgreifende hyperbolische Einkleidung der Gottesnähe Metapher steht im Kontext einer Reihe von Nähe- und Ferne-Angaben, siehe V. 3, 27, 31, 41. Die Gegner sehen die letzten Dinge in der Ferne, V. 3, der Verkünder besteht auf ihrer Nähe (V. V. 27, 31, 41).
Der anderswo für geschichtliche Erzählungen reservierte Mittelteil führt einmalig ein Szenario ein, das den neuralgischen Punkt des zeitgenössischen paganen Weltbilds berührt: das Ergehen der Menschen bei ihrem Sterben. Es ist in dieser Grenzsituation des Todes, dass sich Gottes Nähe zu seinem Geschöpf am deutlichsten manifestiert. Der Mensch, al-ʾinsān, hat in Mittelmekka einen neuen Stellenwert erhalten. Galt er in Frühmekka als ein von Schöpfung her mangelhaftes Wesen, siehe Q 103:2, Q 100:6, Q 96:6, Q 90:4, Q 80:17, Q 70:19, so besteht sein Mangel jetzt in seiner selbstverantwortlichen Verführbarkeit, seiner Offenheit gegenüber bösen Einflüsterungen, die ihn zu Übertretungen verleiten. Das gravierendste Beispiel dafür liefert Adam im Paradies in der wenig späteren Sure Q 20:120, der sich von Satan in Flüsterton zu seinem Ungehorsam überreden lässt, siehe dazu Wild 2006 – während in derselben Sure Q 20:96 der für die Idolatrie verantwortlich gemachte as-Sāmirī, zugibt, bei seiner Anfertigung des Goldenen Kalbes den irreführenden Eingebungen seiner eigenen Seele gefolgt zu sein. In Q 50:16ff. werden diese Eingebungen einer scharfen Kontrolle unterstellt.
ʾiḏ yatalaqqā l-mutalaqqiyāni ʿani l-yamīni wa-ʿani š-šimāli qaʿīd / mā yalfiẓu min qaulin ʾillā ladaihi raqībun ʿatīd]
Einsatz der Darstellung der Todesstunde im Stil einer Erzählungseinleitung mit ʾiḏ. Doch kündigt die Imperfektform der Verben einen Bericht über noch ausstehende Hergänge an: das Ergehen eines Sterbenden in der Phase bis zu seiner Einweisung in die Vergeltung – ein Geschehen, das im Jetzt, beim Sterben beginnt, das sich aber bis nach dem Posaunenstoß des Jüngsten Tages hinzieht. Die in V. 16 proklamierte Nähe Gottes wird virulent in der Todesstunde, die schon frühmekkanisch Q 75:26–30 heraufbeschworen worden war: kallā ʾiḏā balaġati t-tarāq / wa-qīla man rāq / wa-ẓanna ʾannahu l-firāq/ wa-t-taffati s-sāqu bi-s-sāq / ʾilā rabbika yaumaʾiḏin-i l-masāq („Ja, wenn die Seele zum Schlüsselbein hochsteigt / und man fragt, wer kann eine Beschwörung vornehmen? / und er merkt, es kommt die Stunde der Trennung / und sich ein Bein um das andere Bein schlingt / jenen Tags geht der Weg hin zu deinem Herrn“). Diese Szene, die in Q 75 den Sterbenden noch in seiner menschlichen Gesellschaft ins Bild brachte, wird in Q 50 mit dämonischen Wesen besetzt. Es geht nicht mehr um den beklemmenden letzten Moment des Individuums, sondern um Gerichtsvorbereitung: Die Todesstunde stellt sich dar als eine Situation der totalen Überwachung (V. 18raqīb) des Menschen durch von Gott bestellte Akteure. „Die beiden Zusammentreffenden“ bleiben zwar enigmatisch, sind aber wohl als Dämonen oder Engelwesen vorzustellen, an die vielleicht schon in Q 86:4ʾinna kulla nafsin lammā ʿalaihā ḥāfiẓ („über jede Seele ist ein Wächter gesetzt“) gedacht war. Diese Wächter werden zu beiden Seiten des Sterbenden Platz nehmen und alles von ihm Gesagte registrieren. Die Verfremdung der Kontrollfiguren durch ihre nur metonymische Bezeichnung mit einer figura etymologica steigert die Drohwirkung und Dramatik.
wa-ǧāʾat sakratu l-mauti bi-l-ḥaqqi ḏālika mā kunta minhu taḥīd / wa-nufiḫa fī ṣ-ṣūri ḏālika yaumu l-waʿīd]
Von einer Art Todesrausch, einem totalen Kontrollverlust des Sterbenden war schon in Q 75:26–30 die Rede, wo die physische Not des Sterbenden durch Beschwörungen gelindert werden sollte. Saleh 2008 bringt das Bild des Todesrausches mit dem Ausdruck kullu nafsin ḏāʾiqatu l-mauti („Jede Seele wird den Tod schmecken“) – vgl. (negativ) Mt 16, 28 – aus Q 29:57 zusammen: Der Genuss des berauschenden Todeskelches führt die Trunkenheit, verstanden als den gänzlichen Verlust der Selbstverfügung, herbei.
Ǧāʾat… bi-l-ḥaqq kann adverbial im Sinne von „kommt wahrhaftig“ verstanden werden, doch spricht der Gebrauch von al-ḥaqīqa im Sinne von Tod in der Poesie, siehe Hamori 1974:8–11, für das substantivische Verständnis im Sinne von „bringt die endgültige Wahrheit“). Es ist diese „Wahrheit“ des von göttlich bestellten Akteuren „bewachten Sterbens“, das mit der Registrierung der Worte des Sterbenden bereits das Gericht vorbereitet, der der pagane Sterbende zeit seines Lebens ausgewichen ist. Wie auch in Q 75 durch „jenen Tags“, yaumaʾiḏin, angedeutet, geht die Sterbeszene in Q 50 – mit einem Zeitsprung – direkt in ein Szenario des Jüngsten Tages über. Posaunenstöße – bekannt aus der Offenbarung des Johannes 11–15–19, 7 und aus Thess 4:13–18, siehe TUK, Nr. 492 – kündigen schon in Frühmekka die eschatologische Szenerie an, vgl. Q 69:13fa-ʾiḏā nufiḫa fi ṣ-ṣūri („wenn dereinst in die Posaune geblasen wird“), sie sind neben dem Schrei, zaǧrā, siehe Q 37:2, oder dem „Ruf des Rufers“, Q 54:6, Ankündigungssignal des Jüngsten Tages.
wa-ǧāʾat kullu nafsin maʿahā sāʾiqun wa-šahīd / la-qad kunta fī ġaflatin min hāḏā fa-kašafnā ʿanka ġiṭaʾaka fa-baṣaruka l-yauma ḥadīd]
das Vortreten der Menschen zum Gericht, der „eschatologische Vorgang“, siehe zur Textsorte SKMS, 190–191, ging in früheren Texten ohne die beiden Begleitfiguren vor sich. Die Anrede – wohl Gottes – an den Verstorbenen nimmt den Vorwurf seines zeitlebens versuchten Ausblendens des Todes aus V. 20 wieder auf. Die mit dem Tode gegebene Scharfsichtigkeit betrifft die Einsicht in die Natur des vorher in seiner entscheidenden theologischen Dimension nicht erkannten Todes.
wa-qāla qarīnuhu hāḏā mā ladaiya ʿatīd]
Doch ist im Fortgang gar nicht vom Gericht die Rede, an dessen Stelle tritt vielmehr das Denouement einer einst gepflegten religiösen Loyalität des Verstorbenen: Der hier sprechende – und seine Täuschung aufdeckende - „Gefährte“, qarīn, ist ein Dämon, ein Nebengott, der seinem einstigen Verehrer nun zynisch auf das ihn erwartende Höllenfeuer weist – so auch das Verständnis von Bell 1939:529, KKK, 455 und Zirker 2003:323. Von einem solchen Selbstenthüllung des Schicksalsgefährten, qarīn, als Verführer war in der Höllenbeschreibung in Q 37:51 die Rede. In einem ganz von Dämonen besetzten Jenseits-Panorama ist es nur konsequent, dass versöhnliche Elemente wie etwa die Bitte um Sündenvergebung, – wie sie etwa die ihrem Tod ins Auge blickenden frisch bekehrten Zauberer aus Q 20:73 beschäftigte – oder die Suche nach einem Fürsprecher – wie in Q 20:109 – völlig fehlen. Die Szene wird ganz aus dem Horizont der paganen Todeserwartung als eines Ereignisses ohne jede Hoffnung heraus entwickelt.
ʾalqiyā fī ǧahannam kulla kaffārin ʿanīd / mannāʿin li-l-ḫairi muʿtadin murīb / allaḏī ǧaʿala maʿa llāhi ʾilāhan ʾāḫara fa-ʾalqiyāhu fī l-ʿadhābi š-šadīd]
Die Anweisung, die Verurteilten in den Höllenbrand zu werfen – eine anonyme Rede – ergeht an zwei nicht namentlich genannte Akteure. Die Kennzeichnung der Verdammten hat die Form eines Lasterkatalogs – siehe zu der Textsorte KTS, 297 – der die frühmekkanischen Kataloge aus Q 68:12 und Q 70:28 wieder aufnimmt, so figuriert mannāʿ li–l-ḫair auch in Q 68:12 und Q 70:21. Auch in Q 75:31–35 war die Sterbeszene von einem Lasterkatalog gefolgt: fa-lā ṣaddaqa wa-lā ṣallā / wa-lākin kaḏḏaba wa-tawallā / ṯumma ḏahaba ʾilā ʾahlihi yatamaṭṭā / ʾaulā laka fa-ʾaulā / ṯumma ʾaulā laka fa-ʾaulā („denn er glaubte nicht und betete nicht / sondern leugnete und wandte sich ab / ging dann zu den Seinen, um sich zu vergnügen / Doch weh dir, weh! / Weh dir, weh!“). Dem Verdammten wird egoistisches Verhalten, die Sorglosigkeit im Kreis der Familie vorgeworfen, eng vebunden mit kultischen Versäumnissen, der Verweigerung des Gebets und des Respekts vor der Verkündigung. In Q 50 stehen soziale Versäumnisse, die Zurückhaltung des Gutes neben dem Unglauben in der Kritik.
qāla qarīnuhu rabbanā mā ʾaṭġaituhu wa-lākin kāna fī ḍalālin baʿīd / qāla lā taḫtaṣimū ladaiya wa-qad qaddamtu ʾilaikum bi-l-waʿīd / mā yubaddalu l-qaulu ladaiya wa-mā ʾana bi-ẓallāmin li-l-ʿabīd]
Der Gefährte distanziert sich – wie in Q 37:51 – von der ihm seitens des jetzt Verstorbenen einst entgegengebrachten Verehrung. Das Streitgespräch wird durch göttliches Eingreifen abgebrochen, es besteht keine Verhandlungsmöglichkeit, da die Strafe (für die Verehrung von Nebengottheiten) längst angedroht war (waʿīd, V. 28). Das Thema des „Streits (taḫāṣum) der Verdammten in der Hölle“ begegnet auch in Q 37:22–33 und wieder Q 26:96–102, es wird vor allem in Q 38:59–64, einer Sure, die mehrere Szenarien des Streits enthält, einen noch breiteren Raum einnehmen.
yauma naqūlu li-ǧahannama hali mtalaʾti wa-taqūlu hal min mazīd]
Personifizierung der Hölle, Gehenna – siehe zum Namen FVQ, 105–106, vgl. Kommentar zu Q 15:43 – als gefräßiges Ungeheuer. Ein ähnliches Bild entwarf bereits Q 104, sūrat al-humaza, siehe HK I, 154f. Es scheint hier eine Bildübertragung von der paganen Vorstellung des gefrässigen Schicksals auf Gehenna vorzuliegen, vgl. die Zeugnisse bei Izutsu 2002:133.
wa-ʾuzlifati l-ǧannatu li-l-muttaqīna ġaira baʿīd / hāḏā mā tūʿadūna li-kulli ʾauwābin ḥafīẓ / man ḫašiya r-raḥmāna bi-l-ġaibi wa-ǧāʾa bi-qalbin munīb]
Der drastischen Strafszene wird der Paradieslohn für die Gerechten entgegengestellt. – Der Gegenort Paradies wird ‚nahe gebracht‘; die Vorstellung von einer erst aufzurichtenden jenseitigen Bühne kommt bereits mit denselben Worten in Q 81:13 zum Ausdruck. - Dem Lasterkatalog V. 24–26 entspricht mit V. 32–33 ein Tugendkatalog, vgl. KTS, 329, 354. Die den Gerechten eignende Tugend der Bußfertigkeit, ʾauwāb, wird in der wenig späteren Sure Q 38, die auf das Schema CCab reimt, an mehreren heilsgeschichtlichen Figuren exemplifiziert werden. Die Gerechten zeichnen sich durch im Geheimen praktizierte Gottesfurcht aus, siehe dazu etwas später Q 67:12, sie stehen in der Tradition Abrahams, der – aus einer paganen Umwelt kommend – sich Gott mit reinem, „gesundem“ Herzen zuwandte, vgl. Q 37:84, vgl, auch Q 26:89.
ʾudḫulūhā bi-salāmin ḏālika yaumu l-ḫulūd / lahum mā yašāʾūna fīhā wa-ladainā mazīd]
Der Willkommensgruß, vgl. dazu frühmekkanisch Q 56:26, 91 mittelmekkanisch Q 15:46, verbindet sich mit dem Versprechen der Unvergänglichkeit. Ḫulūd, eigentlich „ewig werden, ewig sein“, ist ein unerreichbares Ideal des vorislamischen Helden, der sich durch exzessive Großzügigkeit ein bleibendes Gedächtnis in seiner Gesellschaft zu erwerben versucht. Er widersetzt sich pragmatischen Mahnungen zur Mäßigung mit dem Argument, dass die bloße Sicherung des physischen Lebens keine Unvergänglichkeit verheiße: Der Vers von Ṭarafa, Muʿallaqa 44, mit dem er seinen Tadler zum Schweigen bringen will, der ihn zu einer pragmatischeren Lebenshaltung ermahnt, hält ihm entgegen: yā ʾaiyuhāḏā l-lāʾimī ʾaḥḍuru l-waġā / wa-ʾan ʾašhada l-laḏḏāti hal ʾanta muḫlidī? („Du, der du mich tadelst, dafür dass ich mich ins Schlachtgetümmel werfe und mich in die Freuden des Lebens stürze – kannst du mich unvergänglich machen?“), siehe dazu Hamori 1974:9. Die Tyrannei des unberechenbaren Schicksals kann nur durch selbstzerstörerische Lebensweise bis hin zu einem durch Waghalsigkeit selbst herbeigeführten Tod gebrochen werden. Diesem anthropozentrischen Umgang mit Leben und Tod setzt die koranische Rede das Bild eines Lebens nach dem Tod entgegen. - Die abschließende Zusicherung des mazīd, des Mehr an Segnungen, kehrt den Ruf Gehennas nach mehr, mazīd, an Menschenopfern um.
wa-kam ʾahlaknā qablahum min qarnin hum ʾašaddu minhum baṭšan fa-naqqabū fī l-bilādi hal min maḥīṣ / ʾinna fī ḏālika la-ḏikrā li-man kāna lahu qalbun ʾau ʾalqā s-samʿa wa-huwa šahīd]
Der Schlussteil setzt ein mit einem nochmaligen Resumee der Vernichtungsgeschichten, jetzt mit dem Akzent, dass die früher Vernichteten stärker und ausdauernde waren als die gegenwärtigen Leugner. Die hyperbolische Redeweise von V. 36, wörtlich: „die in das Land Löcher bohrten“, d.h. es bis in seine Tiefen absuchten, um eine Zuflucht zu finden, unterstreicht die Auswegslosigkeit der Suche nach innerweltlichen Alternativen zu der Unterwerfung unter Gottes Willen. Hier dürfte die Resignation über die Vergeblichkeit menschlicher Selbstbehauptungen, die Frage nach dem „ubi sunt“, mitschwingen, die die gesamte altarabische Dichtung durchzieht, und die auch in den koranischen Klagen über die ʾumam ḫāliya, etwa die ʿĀd und die Ṯamūd, die sich mit ihren Monumentalbauten ein dauerndes Gedächtnis schaffen wollten, mitschwang. Siehe dazu Becker 1916 und KTS, 711–716. Die Geschichte der gescheiterten Mächtigen soll zur Mahnung der zur Belehrung Bereiten dienen. Der Ausdruck ʾalqā s-samʿa begegnet auch in Q 26:223.
wa-la-qad ḫalaqnā s-samāwāti wa-l-ʾarḍa wa-mā bainahumā fī sittati ʾaiyāmin wa-mā massanā min luġūb]
vgl. schon V. 15 im Anfangsteil. Auch in Q 15:83 wird der Schlussteil durch eine Schöpfungserinnerung weitergeführt. Den Vernichtungsakten in der Geschichte steht die Erschaffung der Welt vor der Geschichte als eine Großtat Gottes gegenüber, die seine unerschöpfliche Kraft manifestiert, unterstrichen dadurch, dass entgegen der biblischen Vorstellung dem Sechs-Tagewerk hier kein Ruhetag folgt. Die Schrift-Evokation, das explizit benannte Sechstagewerk, das hier erstmals als solches erwähnt wird; unterstreicht das Argument der schon früher, Q 55:29 ohne Referenz behaupteten Unermüdlichkeit Gottes. Frühere Preisungen des Schöpfers, wie in Q 20:4f., kamen ohne das biblische Zeugnis aus.
fa-ṣbir ʿalā mā yaqūlūna wa-sabbiḥ bi-ḥamdi rabbika qabla ṭulūʿi š-šamsi wa-qabla l-ġurūb / wa-mina l-laili fa-sabbiḥhu wa-ʾadbāra s-suǧūd]
Ermutigung zur Geduld wie schon frühmekkanisch am Surenschluss häufig, siehe Q 73:10, Q 70:5, Q 68:48, Q 52:48, und Aufforderung zu liturgischen Übungen, zu Morgen- und Abendgebet, wie auch zu Vigilien, siehe dazu frühmekkanisch Q 73:1–20, vgl. mittelmekkanisch Q 20:130. Der Ausdruck sabbiḥ bi-ḥamdi rabbika könnte als Aufforderung zur Rezitation auch der Fatiha verstanden werden, vgl. die ähnlichen Nennungen von al-ḥamd – das als Name der Fātiḥa in Umlauf war – am Ende anderer Suren wie Q 52:48, Q 37:182.
wa-stamiʿ yauma yunādi l-munādi min makānin qarīb / yauma yasmaʿūna ṣ-ṣaiḥata bi-l-ḥaqqi ḏālika yaumu l-ḫurūǧ / ʾinnā naḥnu nuḥyī wa-numītu wa-ʾilainā l-maṣīr / yauma tašaqqaqu l-ʾarḍu ʿanhum sirāʿan ḏālika ḥašrun ʿalainā yasīr]
Der Anweisung zu täglichen liturgischen Verrichtungen im Jetzt wird noch eine mahnende Erinnerung an die eschatologische Zukunft hinzugefügt, der Hörer und damit die Gemeinde sollen sich des jederzeit möglichen „Rufes des Rufers“ – in Q 54:6 heißt es yadʿu d-dāʿi – des Eintretens des Jüngsten Tages, bewusst sein. Wieder wird die Nähe des Ereignisses (V. 41 qarīb) hervorgehoben. Wie im Falle der beiden den Toten aufsuchenden Engel/Dämonen al-mutalaqqiyān, wird auch das Auftreten des Rufers durch eine figura etymologica verrätselt. Die bedrohliche Nähe Gottes wird hier durch die bedrohliche Nähe des Rufers signalisiert, auf dessen Ruf hin die Toten aus ihren Gräbern hervorkommen werden. Die Erde wird erbeben und so die Versammlung der Auferstandenen leicht machen. Gott ist es, der Leben und Tod gibt. Das Bild der aufgebrochen Gräber, das frühmekkanisch schon in Q 99:1–2ʾiḏā zulzilati l-ʾarḍu zilzālahā / wa-ʾaḫraǧati l-ʾarḍu ʾaṯqālahā („wenn dereinst die Erde erbebt / und wenn die Erde ihre Last auswirft…“) evoziert wurde, erinnert an das Szenario der von Christus aus den aufgebrochenen Gräbern heraus nach oben gezogenen Toten, das textuell und ikonographisch das Osterfest begleitet, vgl. ähnlich auch ein Gedicht über das Weltende von von Jakob von Sarug, siehe TUK, Nr. 539.
naḥnu aʿlamu bi-mā yaqūlūna wa-mā ʾanta ʿalaihim bi-ǧabbārin fa-ḏakkir bi-l-qurʾāni man yaḫāfu waʿīd]
Polemische Erinnerung an den gegnerischen Spott über die Auferstehungslehre, V. 2, zugleich Trost an den Propheten, der keine Macht über die Gegner für sich in Anspruch nehmen kann, sondern für seine Mission allein auf die Verkündigung angewiesen ist. Die Schlussaufforderung zur Ermahnung durch die Lesung, qurʾān, die sich an diejenigen richten soll, die Gottes Drohung ernst nehmen, nimmt den Anfangsschwur wieder auf. Die Sure schließt mit polemischem Ton – wie sie polemisch begonnen hatte. Das letzte Wort, waʿīd, nimmt die Verse 13 und 20 wieder auf.
Literaturliste
Sure 50 wird von Nöldeke GdQ I, 124 , ohne weitere Begründung hinter Q 44 gestellt. Welchen mittelmekkanischen Suren steht sie nahe?
Sie beginnt als eine der letzten Suren mit einem Schwur, der triumphal auf die erhabene Herkunft der Lesung abhebt. Im Kontrast dazu steht – wie in der etwas späteren Sure 38 – die spöttische Verwunderung, die die Ungläubigen der ihnen vorgetragenen Lehre von der Auferstehung entgegenbringen. Mit seinem emphatisch auf der „Lesung“, qurʾān, als Autorisierung pochenden Eingangssignal, das von einer ähnlich insistierenden göttlichen Drohung, waʿīd, an die Ungläubigen gefolgt wird, programmiert bereits der Surenanfang den Drohcharakter der göttlichen Selbstmitteilung, der im folgenden Text entfaltet werden wird. Mit dem Gedanken der Zugänglichkeit und dennoch Verwerfung der Botschaft schließt sich Q 50 an Q 54 an, die dieses Spannungsfeld in einem Refrain, wa-laqad yassarnā l-qurʾāna li-ḏ-ḏikri fa-hal min muddakir („wir machen die Lesung zur Ermahnung – doch gibt es jemanden, der sich mahnen lässt?“) viermal wiederholt. Mit Q 54 teilt sie auch die Struktur des Schlussteils: Prophetentrost mit abschließender Offenbarungsbestätigung. Diese Einklammerung der Sure durch Offenbarungsreferenzen wird wenig später Standard, siehe KTS, 360–364.
Mit Sure 37 verbindet Q 50 das Motiv des Streitgesprächs in der Hölle, das dort noch ausgiebiger und mit rhetorisch wirksamen Strategien wie Fiktionalisierung der Rede geführt wird.
Strukturell steht Q 50 auch Q 76 nahe, die ebenfalls im Mittelteil ohne die sonst übliche narrativ entfaltete Erzählung bleibt, die also die Hörer nicht in die heilsgeschichtliche Vergangenheit führt, sondern ein Nachdenken über einen aktuellen Gegenstand anstößt. In Q 50 ist der im Bewusstsein der Paganen ausgeblendete Übergang vom Leben zum Tod des Menschen Thema. Biblische Reminiszenzen, von den isolierten Kurzerwähnungen Noahs, Lots, Pharaos und des Sechs-Tage-Werks abgesehen, fehlen in Q 50 gänzlich. Die Sure bringt sich stattdessen in aktuelle Debatten ein; sie bietet eine Darstellung der Hergänge des Sterbens, die – wie schon die frühmekkanische Sterbeszene in Q 75 – dem von den lokalen Paganen angenommenen definitiven Ende des Menschen mit seinem Tod ein Szenario des Fortlebens des Menschen entgegensetzt. Was in Q 75 noch als schockierende Szene innerhalb der menschlichen Lebenswelt eingeblendet wurde, bei der der Weheruf die konkreten Ereignisse nur andeutete, ist in Q 50 zu einem auch Dämonen involvierenden Szenario ausgeweitet, bei dem der Richtspruch nun explizit gemacht wird. Q 50 gehört mit Q 71 („Die Ǧinnen“) und Q 76 („Der Mensch“) zu einer in Mittelmekka entstehenden Gruppe von umfangmäßig kürzeren Suren, die ihre Bilder eher aus lokalen altarabischen als aus biblischen Traditionen schöpfen.
Die eigene Lokalgeschichte erweist sich dabei als ambivalent, sie besteht in einer Kette von erfolglos ausgegangenen Prophetenentsendungen, denen die alten Völker mit derselben Hartnäckigkeit wie die zeitgenössisischen Leugner begegnet sind (V. 12–13). Indem diese Geschichte aber auch die Stärke und Ausdauer der alten heidnischen Gesellschaften abbildet (V. 36), stößt sie zu einer Reflektion über das ubi sunt, die Vergänglichkeit menschlichen Wirkens und sein Streben nach Ewigkeit, an.
Die lokalarabische Geschichte wird mit Anspielungen auf Straflegenden, auf die Geschichten der ʾumam ḫāliya, präsent gemacht. In der Liste von insgesamt acht Völkerschaften begegnen dabei neue Protagonisten: Während die Standardgeschichten um ʿĀd und Thamūd schon frühmekkanisch präsent sind und auch die Geschichte Lots, der – wie in Genesis bereits angedeutet – im Koran eine Zwischenstellung zwischen biblischer und altarabischer Tradition einnimmt, schon vorher narrativ entfaltet wurde, ist über andere Völkerschaften aus vorhergehenden Verkündigungen wenig bekannt. Die ʾaṣḥāb al-ʾaika/ʾaṣḥāb Laika, die Leute von Laika/Leuke Kome, kommen nur mittelmekkanisch (in Q 15:78, Q 26:176, Q 50:14 und Q 38:13) vor; die ʾaṣḥāb ar-rass, die Arser, sind gänzlich neu; sie begegnen erst wieder in einer Liste in Q 38:13 und noch später in Q 25:38, ebenso die Leute des Tubbaʿ, die nur noch einmal in Q 44:37 erwähnt werden. Dank neuerer Forschungen von Gerd Puin und Christian Robin können diese Gruppen nun aber geographisch zugeordnet werden. Von Sodom und Gomorra (Lot) am Toten Meer im Norden reicht das Itinerar der Geschichtserinnerung über das nabatäische Egra (ʾaṣḥāb al-Ḥiǧr; Ṯamūd) und seinen Rotmeerhafen Leuke Kome (ʾaṣḥāb al-ʾaika/Laika) und südlich bis Iambia, das Land der Arser (ʾaṣḥāb ar-rass) und schließlich in den Jemen zu den Leuten des Tubbaʿ – wenn die Reihenfolge der genannten Völker in Q 50 auch – ebenso wenig wie in Q 15 und Q 26 – geographisch ausgerichtet ist.
Angesichts der besonders relevanten Verbindungen zu Q 54 legt sich eine Einordnung von Q 50 in der Nachbarschaft zu Q 54 nahe. Da aber Q 37 direkt auf ein in Q 54 diskutiertes aktuelles Ereignis Bezug zu nehmen scheint, sollte Q 50 erst nach Q 37 plaziert werden.
Literaturliste
Sure 50 ist die Sure über Tod und Sterben schlechthin. Der Tod soll als „Nicht-Ende“ des menschlichen Daseins, vielmehr als ein Übergang hin zu einem jenseitigen Dasein demonstriert werden. Denn es geht um die Wahrheit der – gleich eingangs thematisierten – Auferstehung, die unter den Gegnern zum Gegenstand des Spottes geworden ist. Man hat sich unter den Spöttern empirisch-orientierte Skeptiker vorzustellen, die sich der durch den Verkünder bewirkten „Verwandlung“ der empirischen Welt durch die eschatologische Botschaft, ihrer „Verzauberung“, verweigern, siehe zu der Debatte um die „verbale Manipulation“, den Wortzauber, siḥr, des Verkünders im Anfangsteil von Q 54 geführt wurde, den Kommentar zu Q 54. Streitpunkt ist also der Status des Todes, in den Augen der Spötter ein definitives Ende, das bereits die empirische Wahrnehmung den postmortalen Verfall des Menschen zu bezeugen scheint.
Wie Saleh 2008 im Anschluss an Toshihiko Izutsu (Izutsu 2002:130–140) überzeugend argumentiert, ist der Gedanke des Todes in der paganen Gesellschaft als allpräsent vorauszusetzen, er stellt das einzig Sichere, al-ḥaqīqa schlechthin, in einer dem unberechenbaren Schicksal preisgegebenen Welt dar. Nur einer kleinen Elite stehen Wege des heroischen Aufbegehrens gegen das blinde Schicksal offen: durch todesmutiges Verhalten im Kampf oder durch „Selbstverewigung“, ḫulūd, im Gedächtnis der Zeitgenossen, erkauft durch großzügige Verteilung von Gütern. Bereits in frühmekkanischer Zeit, Q 90:6 wird ein altarabischer Zeuge für diese Haltung abgerufen, der sich rühmt: ʾahlaktu malan lubadā („ich habe viel Gut vertan“). In der hier vorauszusetzenden tribalen Ethik der muruwa, des selbst-überwindenden Heroismus, siehe dazu James Montgomery (2006) konnte der Tod nur durch heroische Selbstzerstörung, mit der man dem Schicksal zuvorkam, erträglich gemacht werden. Die Freiheit der Elite zu exzessivem Umgang mit Leib und Leben wie auch mit Besitz war allerdings mit einer ärmlichen Lebensweise der Unterprivilegierten bezahlt. Das damit gegebene soziale Unrecht galt der – in der Dichtung reflektierten – paganen Gesellschaft noch nicht als moralischer Anstoß. Das Bewusstsein dafür, eine soziale, karitative Verantwortung zu tragen, siehe dazu HK I zu Q 90, konnte sich erst im Kontext einer Gerichtsvorstellung, der Akzeptanz einer allen Menschen bevorstehenden Abrechnung, entwickeln. Die Möglichkeit, eine gottgewollte Ordnung, Gerechtigkeit, ḥaqq, herzustellen, stand und fiel daher mit der Annahme des Gerichts und damit der Umdeutung des Todes aus einem Lebensende in eine Übergangserfahrung.
Q 50 geht dieses Thema unter verschiedenen Aspekten an. In Erwiderung des ersten Verstoßes der Gegner gegen al-ḥaqq, ihrer Leugnung der ihnen verkündeten Auferstehung, V. 2–3, wird als Zeichen von Gottes Allwissenheit die Unauslöschlichkeit der Tatenregister der Menschen (V. 4), die auch nach deren Tod der Menschen fortbestehen, ins Feld geführt. Ein Gerichtsszenario wird also vorbereitet, das später, V. 20–21, weiter entwickelt wird. Zuvor wird jedoch Gottes Allmacht an seiner Schöpfung von Himmel und Erde demonstriert, ein Gedanke, der hier mit einem eschatologischen Subtext unterlegt ist: denn seine Art der Erhaltung der Erde, ihre Wiederbelebung nach ihrer Trockenheit, ist gleichzeitig ein Bild der Erweckung (V. 9–11); die gerade noch als beständig dargestellte Schöpfung ist also faktisch kontingent. Auf ihr liegt die Verheißung des Endes, woran waʿīd (V. 18,45), die „Drohung mit dem Ende“, einer der Schlüsselbegriffe der Sure, mehrfach erinnert.
Dieses verheißene Ende, waʿīd, ereilte die Leugner unter den alten Völkern bereits früher (V. 12–13). Ihre Geschichten, nicht die – aus den längeren mittelmekkanischen Suren vertrauten – Geschichten von der den biblischen Vorgängern erwiesenen Barmherzigkeit, werden daher in einer Liste in Erinnerung gebracht, die sich auf das Ende einer Anzahl von acht – vor allem lokalen – alten Völkern konzentriert.
Gottes seit der Schöpfung des Menschen eingenommene Nähe zu ihm (V. 16) reflektiert sich aber am deutlichsten und bedrohlichsten im Moment des Todes. Die den Mittelteil (V. 16–35) der Sure ausmachende Beschreibung der Hergänge beim Sterben, V. 17–30, füllen im Bewusstsein der das Fortleben infrage stellenden paganen Hörer ein Wissensvakuum; denn diese zweifeln die Erweckung ja gerade angesichts des empirisch nachweisbaren Verfalls des Menschen an, V. 3, den sie nur als absolutes Ende verstehen können. Dieser Sicht wird mit dem Bericht über postmortale Vorgänge entgegengetreten, die den Sterbenden/Toten nun als passives Opfer der Auseinandersetzung mit verschiedenen Dämonen einblenden. Dazu wird der schon in Q 75 als furchtbar dargestellte Todeskampf, die sakrat al-maut, der Moment, der dem Sterbenden und den Umstehenden gleichermaßen jede Kontrolle über die Hergänge entzieht, in Q 50 dramatisch entfaltet. Ein enigmatisches Paar von Geistwesen, „die beiden Zusammentreffenden“, wird zu beiden Seiten des Sterbenden Platz nehmen und alles dabei von ihm Gesagte aufzeichnen (V. 17–18), ihn also vollständig ihrer Kontrolle unterwerfen – eine Gerichtsvorbereitung. Ein Zeitsprung vom individuellen Tod zur Erweckung ermöglicht die Einblendung des Jüngsten Tages, angekündigt durch den Posaunenstoß (V. 20). Hier werden die Erweckten von zwei – ebenfalls anonymen, nur durch ihre Funktion als Totenführer und Zeuge bestimmten – Dämonen ihrer Vergeltung zugeführt. Der Fokus liegt zunächst auf den Verdammten, von den Seligen wird erst später die Rede sein. Exemplarisch wird ein einzelner durch die weiteren Prozeduren hindurch verfolgt (V. 22–29). Es treten zwei weitere Dämonen auf, die angewiesen sind, ihn – von dem zuvor ein Lasterkatalog vorgetragen wurde, V. 24–26 – und andere Übeltäter ins Feuer zu werfen. Dieser Moment ist zugleich der Moment der „Götzendämmerung“: denn zu den zum Feuer Verurteilten gehört auch eine von dem Toten früher als Nebengottheit verehrte Figur, sein „Gefährte“, qarīn, der sich im letzten Moment von ihm zu distanzieren sucht, aber dem gleichen Schicksal verfällt wie er. Die gesamte – auf zwei Etappen verteilte – Szene ist düster: Es gibt keinerlei vermittelnde Instanz zwischen dem Sterbenden und seinen dämonischen Bewachern. Mehr noch: es findet auch kein himmlisches Gericht statt, die mitschreibenden Engel/Dämonen, V. 18 sind offenbar ausreichend, um die ihn letztlich ereilende Strafe zu rechtfertigen.
Das düstere Szenario der sukzessiv vorbereiteten Bestrafung darf nicht jedoch das letzte Wort haben: wesentlich kürzer, proportional im halben Maßstab mit 5 gegenüber 10 Versen entsprechend folgt eine Paradies-Einblendung, V. 31–34, die den Mittelteil beschließt.
Der Schlussteil (V. 36–45) resumiert zunächst das Argument des schon früher erfolgten göttlichen Eingreifens in die Geschichte, nun auf die die gegenwärtigen Leugner bezogen: die den früher vernichteten Völkerschaften, die ihnen aus ihrer geographischen Nachbarschaft bekannt sind, hinsichtlich ihrer Stärke nicht einmal pari bieten können (V. 36). Gottes unerschöpfliche Kraft, die sich schon im Sechstagewerk manifestierte, soll den Verkünder zur Geduld ermutigen. Die üblicherweise am Schluss stehende Aufforderung zum Gottesdienst (V. 39–40) wird durch eine Mahnung ergänzt, es gilt, sich des jederzeit möglichen Eintreffens des Jüngsten Tages gewiss zu sein, dessen Bedrohlichkeit in V. 41 mit demselben stilistischen Mittel wie in der Sterbeszene, V. 17 – einer enigmatisierenden figura etymologica – ausgedrückt ist. Der erneute Rekurs auf al-ḥaqq, nun im Sinne von „(endgültiger) Wahrheit“, V. 42 verweist auf den Anfangsteil zurück. Der Schlussvers mit dem Auftrag zur Lesung nimmt den Schwur aus V. 1 wieder auf.
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Obwohl die angeklagten Leugner abwesend vorgestellt sind („sie“), ist die Sure, insbesondere in ihren bedrohlichen Teilen, durch rhetorische Effekte derart aufgeladen, dass sie nur als Vortrag vor umzustimmenden Hörern vorstellbar ist. Raffinierte Textstrategien wie die zweimalige – einen Sachverhalt verrätselnde – figura etymologica; wie das invertierte Zitat eines schon bekannten Verses in einem späteren, V. 30 in V. 35), sind nur als Überzeugungsmittel gegenüber umzustimmenden Leugnern sinnvoll. Mit der in verschiedene Kontexte eingebetteten Wiederholung des Gedankens der End-Drohung, waʿīd, V. 14, 20, 28 und45, sowie der endgültigen Wahrheit/Gerechtigkeit, 42 und 42, soll die pagane Vorstellung vom Sterben, das bereits mit dem eingetretenen Tod überstanden ist, durch die Aufdeckung des von ihm untrennbaren eschatologischen Fortgangs ad absurdum geführt werden. Die am Schluss an den Verkünder gerichete Anweisung zu gottesdienstlichen Leistungen ist implizit ein auch die (gläubigen) Hörer betreffender Auftrag.
Die Rede leitet ihre Autorisierung von der Schriftreferenz ab. Die Behauptung der göttlichen Nähe zum Menschen, die sich negativ in dessen Preisgegebensein im Tod beweist, ist aber zugleich auch positiv in der Abhaltung von Gottesdiensten abrufbar.