بِسۡمِ ٱللَّهِ ٱلرَّحۡمَٰنِ ٱلرَّحِيمِ |
Im Namen Gottes, des barmherzigen Erbarmers! |
وَٱلصَّٰٓفَّٰتِ صَفًّا |
I11 Bei denen, die in Reihen stehen, |
فَٱلزَّٰجِرَٰتِ زَجۡرًا |
2 einen gewaltigen Ruf erklingen lassen |
فَٱلتَّٰلِيَٰتِ ذِكۡرًا |
3 und Lobpreis vortragen: |
إِنَّ إِلَٰهَكُمۡ لَوَٰحِدٌۭ |
4 Euer Gott ist ein einziger, |
رَّبُّ ٱلسَّمَٰوَٰتِ وَٱلۡأَرۡضِ وَمَا بَيۡنَهُمَا |
5 Der Herr der Himmel und der Erde und dessen, was zwischen ihnen ist, |
وَرَبُّ ٱلۡمَشَٰرِقِ |
und der Herr des Sonnenaufgangs! |
إِنَّا زَيَّنَّا ٱلسَّمَآءَ ٱلدُّنۡيَا بِزِينَةٍ ٱلۡكَوَاكِبِ |
26 Wir haben den untersten Himmel geschmückt, mit dem Schmuck der Sterne |
وَحِفۡظًۭا مِّن كُلِّ شَيۡطَٰنٍۢ مَّارِدٍۢ |
7 und zum Schutz vor lauter aufrührerischen Satanen. |
لَّا يَسَّمَّعُونَ إِلَى ٱلۡمَلَإِ ٱلۡأَعۡلَىٰ |
8 Sie vermögen es nicht, die Oberste Ratsversammlung zu belauschen zuhören |
وَيُقۡذَفُونَ مِن كُلِّ جَانِبٍۢ |
und werden von allen Seiten beworfen, |
دُحُورًۭا |
9 um sie zu vertreiben. |
وَلَهُمۡ عَذَابٌۭ وَاصِبٌ |
Ihnen kommt eine lang andauernde Strafe zu! |
إِلَّا مَنۡ خَطِفَ ٱلۡخَطۡفَةَ |
10 Anders derjenige, der etwas aufschnappt: |
فَأَتۡبَعَهُۥ شِهَابٌۭ ثَاقِبٌۭ |
Ihn verfolgt ein durchdringender Feuerbrand. |
فَٱسۡتَفۡتِهِمۡ أَهُمۡ أَشَدُّ خَلۡقًا أَم مَّنۡ خَلَقۡنَآ ۚ |
311 So bitte sie um Auskunft: Waren sie schwerer zu erschaffen oder die Wesen, die wir [sonst] geschaffen haben? |
إِنَّا خَلَقۡنَٰهُم مِّن طِينٍۢ لَّازِبٍۭ |
Wir haben sie aus fest zusammenhaftendem Ton geschaffen. |
بَلۡ عَجِبۡتَ وَيَسۡخَرُونَ |
12 Doch nein! Du wunderst dich, während sie Spott treiben; |
وَإِذَا ذُكِّرُوا۟ لَا يَذۡكُرُونَ |
13 wenn sie ermahnt werden, nehmen sie es sich nicht zu Herzen, |
وَإِذَا رَأَوۡا۟ ءَايَةًۭ يَسۡتَسۡخِرُونَ |
14 und wenn sie ein Zeichen erblicken, treiben sie Spott |
وَقَالُوٓا۟ إِنۡ هَٰذَآ إِلَّا سِحۡرٌۭ مُّبِينٌ |
15 und sagen: „Das ist nichts als offenkundige Zauberei! |
أَءِذَا مِتۡنَا وَكُنَّا تُرَابًۭا وَعِظَٰمًا |
16 Wenn wir gestorben und zu Staub und Knochen geworden sind, |
َءِنَّا لَمَبۡعُوثُونَ |
sollen wir dann etwa erweckt werden? |
أَوَءَابَآؤُنَا ٱلۡأَوَّلُونَ |
17 Und etwa auch unsere Vorväter?“ |
قُلۡ نَعَمۡ وَأَنتُمۡ دَٰخِرُونَ |
18 Sprich: „Ja; und ihr werdet dann demütig dastehen!“ |
فَإِنَّمَا هِیَ زَجۡرَةٌۭ وَٰحِدَةٌۭ |
419 Es ist nur ein einziger Ruf |
فَإِذَا هُمۡ يَنظُرُونَ |
und da schauen sie |
وَقَالُوا۟ يَٰوَيۡلَنَا |
20 und sagen: „Wehe uns! |
هَٰذَا يَوۡمُ ٱلدِّينِ |
Das ist der Tag des Gerichts.“ |
هَٰذَا يَوۡمُ ٱلۡفَصۡلِ |
21 „Das ist der Tag der Entscheidung, |
ٱلَّذِی كُنتُم بِهِۦ تُكَذِّبُونَ |
den ihr geleugnet habt!“ |
ٱحۡشُرُوا۟ ٱلَّذِينَ ظَلَمُوا۟ وَأَزۡوَٰجَهُمۡ |
22 „Versammelt die, die Unrecht getan haben, und ihre Gefährten |
وَمَا كَانُوا۟ يَعۡبُدُونَ |
und das, dem sie gedient haben |
مِن دُونِ ٱللَّهِ |
23 außer Gott, |
فَٱهۡدُوهُمۡ إِلَىٰ صِرَٰطِ ٱلۡجَحِيمِ |
führt sie auf den Weg zum Höllenbrand |
وَقِفُوهُمۡ ۖ |
24 und stellt sie hin! |
إِنَّهُم مَّسۡـُٔولُونَ |
Sie werden befragt.“ |
مَا لَكُمۡ لَا تَنَاصَرُونَ |
25 „Warum helft ihr euch nicht gegenseitig?“ |
بَلۡ هُمُ ٱلۡيَوۡمَ مُسۡتَسۡلِمُونَ |
26 Doch sie fügen sich heute in ihr Schicksal. |
وَأَقۡبَلَ بَعۡضُهُمۡ عَلَىٰ بَعۡضٍۢ يَتَسَآءَلُونَ |
527 Sie wenden sich fragend einander zu |
قَالُوٓا۟ إِنَّكُمۡ كُنتُمۡ تَأۡتُونَنَا عَنِ ٱلۡيَمِينِ |
28 und sagen: „Ihr seid immer von rechts her zu uns gekommen.“ |
قَالُوا۟ بَل لَّمۡ تَكُونُوا۟ مُؤۡمِنِينَ |
29 Sie sagen: „Aber nein, ihr seid nicht gläubig gewesen! |
وَمَا كَانَ لَنَا عَلَيۡكُم مِّن سُلۡطَٰنٍۭ ۖ |
30 Wir hatten keine Vollmacht über euch. |
بَلۡ كُنتُمۡ قَوۡمًۭا طَٰغِينَ |
Vielmehr wart ihr ein aufsässiges Volk! |
فَحَقَّ عَلَيۡنَا قَوۡلُ رَبِّنَآ ۖ |
31 Nun hat sich das Wort unseres Herrn an uns erfüllt. |
إِنَّا لَذَآئِقُونَ |
Wir werden es kosten! |
فَأَغۡوَيۡنَٰكُمۡ إِنَّا كُنَّا غَٰوِينَ |
32 Wir haben euch fehlgehen lassen; wir sind selbst fehlgegangen.“ |
فَإِنَّهُمۡ يَوۡمَئِذٍۢ فِی ٱلۡعَذَابِ مُشۡتَرِكُونَ |
33 Sie teilen an jenem Tag dieselbe Strafe. |
إِنَّا كَذَٰلِكَ نَفۡعَلُ بِٱلۡمُجۡرِمِينَ |
34 So verfahren wir mit den Übeltätern! |
إِنَّهُمۡ كَانُوٓا۟ إِذَا قِيلَ لَهُمۡ |
635 Sie gebärdeten sich, wenn man zu ihnen sagte: |
لَآ إِلَٰهَ إِلَّا ٱللَّهُ يَسۡتَكۡبِرُونَ |
„Es gibt keinen Gott außer Gott!“, hochmütig |
وَيَقُولُونَ أَئِنَّا لَتَارِكُوٓا۟ ءَالِهَتِنَا لِشَاعِرٍۢ مَّجۡنُونٍۭ |
36 und sagten: „Sollen wir unsere Götter für einen besessenen Dichter verlassen?“ |
بَلۡ جَآءَ بِٱلۡحَقِّ |
37 Doch nein, er hat die Wahrheit gebracht |
وَصَدَّقَ ٱلۡمُرۡسَلِينَ |
und die Gesandten bestätigt! |
إِنَّكُمۡ لَذَآئِقُوا۟ ٱلۡعَذَابِ ٱلۡأَلِيمِ |
38 Ihr werdet die schmerzhafte Strafe kosten. |
وَمَا تُجۡزَوۡنَ إِلَّا مَا كُنتُمۡ تَعۡمَلُونَ |
39 Euch wird nur vergolten, was ihr getan habt. |
إِلَّا عِبَادَ ٱللَّهِ ٱلۡمُخۡلَصِينَ |
740 Anders die auserkorenen Diener Gottes! |
ُو۟لَٰٓئِكَ لَهُمۡ رِزۡقٌۭ مَّعۡلُومٌۭ |
41 Ihnen kommt ein bestimmter Unterhalt zu – |
فَوَٰكِهُ ۖوَهُم مُّكۡرَمُونَ |
42 Früchte – und man wird sie ehren |
فِی جَنَّٰتِ ٱلنَّعِيمِ |
43 in den Gärten der Wonne, |
عَلَىٰ سُرُرٍۢ مُّتَقَٰبِلِينَ |
44 einander auf Ruhebetten gegenüber liegend, |
يُطَافُ عَلَيۡهِم بِكَأۡسٍۢ مِّن مَّعِينٍ |
45 während man mit einem Kelch voll Quellwasser unter ihnen die Runde macht, |
بَيۡضَآءَ لَذَّةٍۢ لِّلشَّٰرِبِينَ |
46 einem weißen, ein Genuss für die Trinkenden. |
لَا فِيهَا غَوۡلٌۭ |
47 Darin ist kein Rausch |
وَلَا هُمۡ عَنۡهَا يُنزَفُونَ |
und sie werden davon nicht betrunken. |
وَعِندَهُمۡ قَٰصِرَٰتُ ٱلطَّرۡفِ عِينٌۭ |
48 Und bei ihnen befinden sich Frauen, die den Blick keusch niederschlagen, mit großen schwarzen Augen, |
كَأَنَّهُنَّ بَيۡضٌۭ مَّكۡنُونٌۭ |
49 als wären sie verborgene Eier. |
فَأَقۡبَلَ بَعۡضُهُمۡ عَلَىٰ بَعۡضٍۢ يَتَسَآءَلُونَ |
850 Sie wenden sich einander fragend zu. |
قَالَ قَآئِلٌۭ مِّنۡهُمۡ |
51 Einer von ihnen sagt: |
إِنِّی كَانَ لِی قَرِينٌۭ |
„Ich hatte einen Gefährten, |
يَقُولُ أَءِنَّكَ لَمِنَ ٱلۡمُصَدِّقِينَ |
52 der sagte: ‚Gehörst du etwa zu denen, die es für wahr halten? |
أَءِذَا مِتۡنَا وَكُنَّا تُرَابًۭا وَعِظَٰمًا |
53 Wenn wir gestorben und zu Staub und Knochen geworden sind, |
أَءِنَّا لَمَدِينُونَ |
sollen wir dann etwa gerichtet werden?’“ |
قَالَ هَلۡ أَنتُم مُّطَّلِعُونَ |
54 Er sagte: „Woll ihr nicht hinschauen?“ |
فَٱطَّلَعَ فَرَءَاهُ فِی سَوَآءِ ٱلۡجَحِيمِ |
55 Er schaute hin und sah ihn mitten im Höllenbrand. |
قَالَ تَٱللَّهِ |
56 Er sagte: „Bei Gott, |
إِن كِدتَّ لَتُرۡدِينِ |
fast hättest du mich zugrunde gerichtet! |
وَلَوۡلَا نِعۡمَةُ رَبِّی |
57 Wäre nicht die Gnade meines Herrn gewesen, |
لَكُنتُ مِنَ ٱلۡمُحۡضَرِينَ |
so würde auch ich vorgeführt werden. |
أَفَمَا نَحۡنُ بِمَيِّتِينَ |
58 Sterben wir etwa nicht |
إِلَّا مَوۡتَتَنَا ٱلۡأُولَىٰ |
59 außer das erste Mal |
وَمَا نَحۡنُ بِمُعَذَّبِينَ |
und werden nicht bestraft? |
إِنَّ هَٰذَا لَهُوَ ٱلۡفَوۡزُ ٱلۡعَظِيمُ |
60 Das ist wahrlich der große Sieg!“ |
لِمِثۡلِ هَٰذَا فَلۡيَعۡمَلِ ٱلۡعَٰمِلُونَ |
61 Nach so etwas sollen alle Handelnden streben. |
أَذَٰلِكَ خَيۡرٌۭ نُّزُلًا أَمۡ شَجَرَةُ ٱلزَّقُّومِ |
962 Was ist die bessere Unterkunft, dies oder der Zaqqūm-Baum? |
إِنَّا جَعَلۡنَٰهَا فِتۡنَةًۭ لِّلظَّٰلِمِينَ |
63 Wir haben ihn zur Prüfung für die bestimmt, die Unrecht tun. |
إِنَّهَا شَجَرَةٌۭ تَخۡرُجُ فِیٓ أَصۡلِ ٱلۡجَحِيمِ |
64 Es ist ein Baum, der aus dem untersten Höllenbrand herauswächst. |
طَلۡعُهَا كَأَنَّهُۥ رُءُوسُ ٱلشَّيَٰطِينِ |
65 Sein Blütenstand gleicht Satansköpfen. |
فَإِنَّهُمۡ لَٴَاكِلُونَ مِنۡهَا |
66 Sie essen davon |
فَمَالِـُٔونَ مِنۡهَا ٱلۡبُطُونَ |
und füllen sich damit die Bäuche. |
ثُمَّ إِنَّ لَهُمۡ عَلَيۡهَا لَشَوۡبًۭا مِّنۡ حَمِيمٍۢ |
67 Dann erhalten sie darauf noch eine Mischung aus heißem Wasser. |
ثُمَّ إِنَّ مَرۡجِعَهُمۡ لَإِلَى ٱلۡجَحِيمِ |
68 Dann kehren sie zurück zum Höllenbrand. |
إِنَّهُمۡ أَلۡفَوۡا۟ ءَابَآءَهُمۡ ضَآلِّينَ |
69 Sie haben ihre Vorväter auf Irrwegen angetroffen |
فَهُمۡ عَلَىٰۤ ءَاثَٰرِهِمۡ يُهۡرَعُونَ |
70 und eilen ihnen hinterdrein. |
وَلَقَدۡ ضَلَّ قَبۡلَهُمۡ أَكۡثَرُ ٱلۡأَوَّلِينَ |
1071 Schon vor ihnen sind die meisten der Altvorderen in die Irre gegangen. |
وَلَقَدۡ أَرۡسَلۡنَا فِيهِم مُّنذِرِينَ |
72 Wir haben Warner unter sie gesandt. |
فَٱنظُرۡ كَيۡفَ كَانَ عَٰقِبَةُ ٱلۡمُنذَرِينَ |
73 Schau doch, wie das Ende der Gewarnten war – |
إِلَّا عِبَادَ ٱللَّهِ ٱلۡمُخۡلَصِينَ |
74 mit Ausnahme der ausgezeichneten Diener Gottes. |
وَلَقَدۡ نَادَىٰنَا نُوحٌۭ |
II1175 Noah rief zu uns |
فَلَنِعۡمَ ٱلۡمُجِيبُونَ |
– wie trefflich erhören wir! |
وَنَجَّيۡنَٰهُ وَأَهۡلَهُۥ مِنَ ٱلۡكَرۡبِ ٱلۡعَظِيمِ |
76 und wir retteten ihn und die Seinen aus der großen Bedrängnis |
وَجَعَلۡنَا ذُرِّيَّتَهُۥ هُمُ ٱلۡبَاقِينَ |
77 und ließen seine Nachkommen überleben. |
وَتَرَكۡنَا عَلَيۡهِ فِی ٱلۡٴَاخِرِينَ |
78 Wir hinterließen unter den Späteren über ihn: |
سَلَٰمٌ عَلَىٰ نُوحٍۢ فِی ٱلۡعَٰلَمِينَ |
79 „Friede sei über Noah unter den Weltbewohnern!“ |
إِنَّا كَذَٰلِكَ نَجۡزِی ٱلۡمُحۡسِنِينَ |
80 So vergelten wir denen, die Gutes tun. |
إِنَّهُۥ مِنۡ عِبَادِنَا ٱلۡمُؤۡمِنِينَ |
81 Er gehört zu unseren gläubigen Dienern. |
ثُمَّ أَغۡرَقۡنَا ٱلۡٴَاخَرِينَ |
82 Darauf ertränkten wir die Übrigen. |
وَإِنَّ مِن شِيعَتِهِۦ لَإِبۡرَٰهِيمَ |
1283 Zu seiner Gruppe gehört auch Abraham. |
إِذۡ جَآءَ رَبَّهُۥ بِقَلۡبٍۢ سَلِيمٍ |
84 Damals, als er mit gesundem Herzen zu seinem Herrn kam; |
إِذۡ قَالَ لِأَبِيهِ وَقَوۡمِهِۦ |
85 damals, als er zu seinem Vater und seinem Volk sagte: |
مَاذَا تَعۡبُدُونَ |
„Was ist es, dem ihr dient? |
أَئِفۡكًا ءَالِهَةًۭ دُونَ ٱللَّهِ تُرِيدُونَ |
86 Begehrt ihr auf lügnerische Weise Götter außer Gott? |
َمَا ظَنُّكُم بِرَبِّ ٱلۡعَٰلَمِينَ |
87 Was meint ihr über den Herrn der Weltbewohner?“ |
فَنَظَرَ نَظۡرَةًۭ فِی ٱلنُّجُومِ |
88 Er warf einen Blick auf die Sterne |
فَقَالَ إِنِّی سَقِيمٌ |
89 und sagte: „Ich bin krank“; |
فَتَوَلَّوۡا۟ عَنۡهُ مُدۡبِرِينَ |
90 worauf sie ihm den Rücken zukehrten. |
فَرَاغَ إِلَىٰۤ ءَالِهَتِهِم |
91 Er aber wandte sich zu ihren Götter um |
فَقَالَ أَلَا تَأۡكُلُونَ |
und sagte: „Wollt ihr nicht essen? |
مَا لَكُمۡ لَا تَنطِقُونَ |
92 Was ist mit euch, dass ihr nicht sprecht?“ |
فَرَاغَ عَلَيۡهِمۡ ضَرۡبًۢا بِٱلۡيَمِينِ |
93 Da wandte er sich gegen sie, indem er mit der Rechten auf sie einschlug. |
فَأَقۡبَلُوٓا۟ إِلَيۡهِ يَزِفُّونَ |
94 Da kamen sie auf ihn zugeeilt. |
قَالَ أَتَعۡبُدُونَ مَا تَنۡحِتُونَ |
95 Er sagte: „Dient ihr etwa dem, was ihr zurechtmeißelt habt, |
وَٱللَّهُ خَلَقَكُمۡ وَمَا تَعۡمَلُونَ |
96 wo doch Gott euch geschaffen hat und das, was ihr tut?“ |
قَالُوا۟ ٱبۡنُوا۟ لَهُۥ بُنۡيَٰنًۭا |
97 Sie sagten: „Errichtet ihm einen Bau |
فَأَلۡقُوهُ فِی ٱلۡجَحِيمِ |
und werft ihn in den Brand.“ |
فَأَرَادُوا۟ بِهِۦ كَيۡدًۭا |
98 Sie wollten ihm übel mitspielen; |
فَجَعَلۡنَٰهُمُ ٱلۡأَسۡفَلِينَ |
da machten wir sie zu den Unterlegenen. |
وَقَالَ إِنِّی ذَاهِبٌ إِلَىٰ رَبِّی سَيَهۡدِينِ |
1399 Er sprach: „Ich gehe zu meinem Herrn; er wird mich leiten.“ |
رَبِّ هَبۡ لِی مِنَ ٱلصَّٰلِحِينَ |
100 „Mein Gott, schenke mir einen von den Rechtschaffenen!“ |
فَبَشَّرۡنَٰهُ بِغُلَٰمٍ حَلِيمٍۢ |
101 Da verkündeten wir ihm einen beherrschten und klugen Jungen. |
فَلَمَّا بَلَغَ مَعَهُ ٱلسَّعۡىَ |
102 Als er alt genug war, um sich mit ihm zu mühen, |
قَالَ يَٰبُنَىَّ |
da sprach er: „Mein Sohn! |
إِنِّیٓ أَرَىٰ فِی ٱلۡمَنَامِ أَنِّیٓ أَذۡبَحُكَ |
Ich träumte, dass ich dich opfern werde. |
فَٱنظُرۡ مَاذَا تَرَىٰ ۚ |
So schau, was meinst du?“ |
قَالَ يَٰٓأَبَتِ |
Er sagte: „Mein Vater, |
ٱفۡعَلۡ مَا تُؤۡمَرُ ۖ |
tu, wie dir befohlen! |
سَتَجِدُنِیٓ إِن شَآءَ ٱللَّهُ مِنَ ٱلصَّٰبِرِينَ |
Du wirst mich finden – so Gott will –, dass ich zu den Geduldigen gehöre.“ |
فَلَمَّآ أَسۡلَمَا |
103 Als sie sich Gott ergaben |
وَتَلَّهُۥ لِلۡجَبِينِ |
und er ihn auf die Stirn niederwarf, |
وَنَٰدَيۡنَٰهُ أَن يَٰٓإِبۡرَٰهِيمُ |
104 da riefen wir ihm zu: „O Abraham! |
قَدۡ صَدَّقۡتَ ٱلرُّءۡيَآ ۚ |
105 Du hast das Traumgesicht erfüllt. |
إِنَّا كَذَٰلِكَ نَجۡزِی ٱلۡمُحۡسِنِينَ |
So vergelten wir denen, die Gutes tun! |
إِنَّ هَٰذَا لَهُوَ ٱلۡبَلَٰٓؤُا۟ ٱلۡمُبِينُ |
106 Das ist die deutliche Prüfung.“ |
وَفَدَيۡنَٰهُ بِذِبۡحٍ عَظِيمٍۢ |
107 Da lösten wir ihn mit einem gewaltigen Schlachtopfer aus |
وَتَرَكۡنَا عَلَيۡهِ فِی ٱلۡٴَاخِرِينَ |
108 und hinterließen unter den Späteren über ihn: |
سَلَٰمٌ عَلَىٰۤ إِبۡرَٰهِيمَ |
109 „Friede sei über Abraham.“ |
كَذَٰلِكَ نَجۡزِی ٱلۡمُحۡسِنِينَ |
110 So vergelten wir denen, die Gutes tun! |
إِنَّهُۥ مِنۡ عِبَادِنَا ٱلۡمُؤۡمِنِينَ |
111 Er gehört zu unseren gläubigen Dienern. |
وَبَشَّرۡنَٰهُ بِإِسۡحَٰقَ نَبِيًّۭا مِّنَ ٱلصَّٰلِحِينَ |
112 Wir verkündeten ihm Isaak als einen rechtschaffenen Propheten |
وَبَٰرَكۡنَا عَلَيۡهِ وَعَلَىٰۤ إِسۡحَٰقَ ۚ |
113 und segneten ihn und Isaak; |
وَمِن ذُرِّيَّتِهِمَا مُحۡسِنٌۭ وَظَالِمٌۭ لِّنَفۡسِهِۦ مُبِينٌۭ |
unter ihrer Nachkommenschaft ist mancher, der Gutes tut, und mancher, der offensichtlich gegen sich selbst Unrecht begeht. |
وَلَقَدۡ مَنَنَّا عَلَىٰ مُوسَىٰ وَهَٰرُونَ |
14114 Wir erwiesen Moses und Aaron Gnade |
وَنَجَّيۡنَٰهُمَا وَقَوۡمَهُمَا مِنَ ٱلۡكَرۡبِ ٱلۡعَظِيمِ |
115 und erretteten sie und ihr Volk aus der großen Bedrängnis |
وَنَصَرۡنَٰهُمۡ فَكَانُوا۟ هُمُ ٱلۡغَٰلِبِينَ |
116 und standen ihnen bei; da waren sie es, die siegreich waren. |
وَءَاتَيۡنَٰهُمَا ٱلۡكِتَٰبَ ٱلۡمُسۡتَبِينَ |
117 Und wir gaben ihnen die deutliche Schrift, |
وَهَدَيۡنَٰهُمَا ٱلصِّرَٰطَ ٱلۡمُسۡتَقِيمَ |
118 leiteten sie den geraden Weg |
وَتَرَكۡنَا عَلَيۡهِمَا فِی ٱلۡٴَاخِرِينَ |
119 und wir hinterließen unter den Späteren über sie: |
سَلَٰمٌ عَلَىٰ مُوسَىٰ وَهَٰرُونَ |
120 „Friede über Moses und Aaron!“ |
إِنَّا كَذَٰلِكَ نَجۡزِی ٱلۡمُحۡسِنِينَ |
121 So vergelten wir denen, die Gutes tun! |
إِنَّهُمَا مِنۡ عِبَادِنَا ٱلۡمُؤۡمِنِينَ |
122 Sie gehörten zu unseren gläubigen Dienern. |
وَإِنَّ إِلۡيَاسَ لَمِنَ ٱلۡمُرۡسَلِينَ |
15123 Auch Elia gehört zu den Gesandten. |
إِذۡ قَالَ لِقَوۡمِهِۦٓ |
124 Damals, als er zu seinem Volk sprach: |
أَلَا تَتَّقُونَ |
„Wollt ihr nicht gottesfürchtig sein? |
أَتَدۡعُونَ بَعۡلًۭ |
125 Wollt ihr etwa Baal anrufen |
وَتَذَرُونَ أَحۡسَنَ ٱلۡخَٰلِقِينَ |
und den besten Schöpfer aufgeben |
ٱللَّهَ رَبَّكُمۡ وَرَبَّ ءَابَآئِكُمُ ٱلۡأَوَّلِينَ |
126 Gott, euren Herrn und den Herrn eurer Vorväter?“ |
فَكَذَّبُوهُ فَإِنَّهُمۡ لَمُحۡضَرُونَ |
127 Doch sie bezichtigten ihn der Lüge; sie werden vorgeführt werden, |
إِلَّا عِبَادَ ٱللَّهِ ٱلۡمُخۡلَصِينَ |
128 mit Ausnahme der auserkorenen Diener Gottes. |
وَتَرَكۡنَا عَلَيۡهِ فِی ٱلۡٴَاخِرِينَ |
129 Wir hinterließen unter den Späteren über ihn: |
سَلَٰمٌ عَلَىٰۤ إِلۡ يَاسِينَ |
130 „Friede über Elia!“ |
إِنَّا كَذَٰلِكَ نَجۡزِی ٱلۡمُحۡسِنِينَ |
131 So vergelten wir denen, die Gutes tun! |
إِنَّهُۥ مِنۡ عِبَادِنَا ٱلۡمُؤۡمِنِينَ |
132 Er gehört zu unseren gläubigen Dienern. |
وَإِنَّ لُوطًۭا لَّمِنَ ٱلۡمُرۡسَلِينَ |
16133 Auch Lot gehört zu den Gesandten. |
إِذۡ نَجَّيۡنَٰهُ وَأَهۡلَهُۥٓ أَجۡمَعِينَ |
134 Als wir ihn und die Seinen allesamt erretteten, |
إِلَّا عَجُوزًۭا فِی ٱلۡغَٰبِرِينَ |
135 mit Ausnahme einer alten Frau, die zurückblieb. |
ثُمَّ دَمَّرۡنَا ٱلۡٴَاخَرِينَ |
136 Dann vernichteten wir die Übrigen. |
وَإِنَّكُمۡ لَتَمُرُّونَ عَلَيۡهِم مُّصۡبِحِينَ |
137 Ihr kommt an ihnen des Morgens vorbei. |
وَبِٱلَّيۡلِ ۗ |
138 und in der Nacht – |
أَفَلَا تَعۡقِلُونَ |
wollt ihr denn nicht begreifen? |
وَإِنَّ يُونُسَ لَمِنَ ٱلۡمُرۡسَلِينَ |
17139 Auch Jona gehört zu den Gesandten. |
إِذۡ أَبَقَ إِلَى ٱلۡفُلۡكِ ٱلۡمَشۡحُونِ |
140 Damals, als er auf das beladene Schiff floh, |
فَسَاهَمَ فَكَانَ مِنَ ٱلۡمُدۡحَضِينَ |
141 das Los zog und zu den Verstoßenen gehörte; |
فَٱلۡتَقَمَهُ ٱلۡحُوتُ |
142 und ihn dann der Fisch verschlang, |
وَهُوَ مُلِيمٌۭ |
und er sich selbst tadelte: |
فَلَوۡلَآ أَنَّهُۥ كَانَ مِنَ ٱلۡمُسَبِّحِينَ |
143 Hätte er nicht zu den Lobpreisenden gehört, |
لَلَبِثَ فِی بَطۡنِهِۦٓ |
144 so hätte er in seinem Bauch verweilt |
إِلَىٰ يَوۡمِ يُبۡعَثُونَ |
bis zum Tag, an dem sie auferweckt werden. |
فَنَبَذۡنَٰهُ بِٱلۡعَرَآءِ وَهُوَ سَقِيمٌۭ |
145 Da warfen wir ihn an eine kahle Stelle – und er war krank – |
وَأَنۢبَتۡنَا عَلَيۡهِ شَجَرَةًۭ مِّن يَقۡطِينٍۢ |
146 und ließen eine Kürbispflanze über ihm wachsen. |
وَأَرۡسَلۡنَٰهُ إِلَىٰ مِا۟ئَةِ أَلۡفٍ أَوۡ يَزِيدُونَ |
147 Wir sandten ihn zu Hundertausend oder mehr. |
فَـَٔامَنُوا۟ فَمَتَّعۡنَٰهُمۡ إِلَىٰ حِينٍۢ |
148 Da glaubten sie, und wir ließen sie noch eine Weile das Leben genießen. |
فَٱسۡتَفۡتِهِمۡ أَلِرَبِّكَ ٱلۡبَنَاتُ وَلَهُمُ ٱلۡبَنُونَ |
III18149 So bitte sie um Auskunft:Kommen deinem Herrn etwa die Töchter zu und ihnen die Söhne? |
أَمۡ خَلَقۡنَا ٱلۡمَلَٰٓئِكَةَ إِنَٰثًۭا |
150 Oder schufen wir etwa die Engel als weibliche Wesen |
وَهُمۡ شَٰهِدُونَ |
während sie Zeugen waren? |
أَلَآ إِنَّهُم مِّنۡ إِفۡكِهِمۡ لَيَقُولُونَ |
151 Sagen sie nicht in ihrer Lügenhaftigkeit: |
وَلَدَ ٱللَّهُ |
152 „Gott hat gezeugt“? – |
وَإِنَّهُمۡ لَكَٰذِبُونَ |
Sie sind Lügner! |
أَصۡطَفَى ٱلۡبَنَاتِ عَلَى ٱلۡبَنِينَ |
153 Soll er etwa die Töchter den Söhnen vorgezogen haben? |
مَا لَكُمۡ كَيۡفَ تَحۡكُمُونَ |
154 Was ist mit euch? Wie urteilt ihr? |
أَفَلَا تَذَكَّرُونَ |
155 Wollt ihr euch nicht mahnen lassen? |
أَمۡ لَكُمۡ سُلۡطَٰنٌۭ مُّبِينٌۭ |
156 Oder verfügt ihr über deutliche Vollmacht? |
فَأۡتُوا۟ بِكِتَٰبِكُمۡ |
157 Dann bringt eure Schrift herbei, |
إِن كُنتُمۡ صَٰدِقِينَ |
wenn ihr die Wahrheit sprecht! |
وَجَعَلُوا۟ بَيۡنَهُۥ وَبَيۡنَ ٱلۡجِنَّةِ نَسَبًۭا ۚ |
158 Sie behaupten eine Verwandtschaft zwischen ihm und den Dschinnen, |
وَلَقَدۡ عَلِمَتِ ٱلۡجِنَّةُ إِنَّهُمۡ لَمُحۡضَرُونَ |
wo die Dschinnen doch wissen, dass sie vorgeführt werden. |
سُبۡحَٰنَ ٱللَّهِ عَمَّا يَصِفُونَ |
159 Gepriesen sei Gott; [er ist erhaben darüber,] wie sie ihn beschreiben. |
إِلَّا عِبَادَ ٱللَّهِ ٱلۡمُخۡلَصِينَ |
160 Nicht so die auserkorenen Diener Gottes. |
فَإِنَّكُمۡ وَمَا تَعۡبُدُونَ |
19161 Ihr und das, dem ihr dient, |
مَآ أَنتُمۡ عَلَيۡهِ بِفَٰتِنِينَ |
162 ihr vermögt niemanden gegen ihn zu verführen, |
إِلَّا مَنۡ هُوَ صَالِ ٱلۡجَحِيمِ |
163 außer dem, der im Höllenfeuer schmort. |
وَمَا مِنَّآ إِلَّا لَهُۥ مَقَامٌۭ مَّعۡلُومٌۭ |
164 „Unter uns ist niemand, der nicht einen festen Rang hätte. |
وَإِنَّا لَنَحۡنُ ٱلصَّآفُّونَ |
165 Wir sind es, die in Reihen stehen |
وَإِنَّا لَنَحۡنُ ٱلۡمُسَبِّحُونَ |
166 und wir sind es, die lobpreisen!“ |
وَإِن كَانُوا۟ لَيَقُولُونَ |
20167 Sie pflegten zu sagen: |
لَوۡ أَنَّ عِندَنَا ذِكۡرًۭا مِّنَ ٱلۡأَوَّلِينَ |
168 „Gäbe es bei uns nur eine Mahnung von den Altvorderen, |
لَكُنَّا عِبَادَ ٱللَّهِ ٱلۡمُخۡلَصِينَ |
169 so wären wir die auserkorenen Diener Gottes!“ |
فَكَفَرُوا۟ بِهِۦ ۖ |
170 Sie glaubten nicht daran – |
فَسَوۡفَ يَعۡلَمُونَ |
sie werden es schon erfahren! |
وَلَقَدۡ سَبَقَتۡ كَلِمَتُنَا لِعِبَادِنَا ٱلۡمُرۡسَلِينَ |
171 Schon zuvor ist unser Wort an unsere gesandten Diener ergangen: |
إِنَّهُمۡ لَهُمُ ٱلۡمَنصُورُونَ |
172 Sie sind es, denen Beistand zuteil wird |
وَإِنَّ جُندَنَا لَهُمُ ٱلۡغَٰلِبُونَ |
173 und unser Heer ist es, welches obsiegen wird |
فَتَوَلَّ عَنۡهُمۡ حَتَّىٰ حِينٍۢ |
21174 So wende dich von ihnen für eine Weile ab |
وَأَبۡصِرۡهُمۡ فَسَوۡفَ يُبۡصِرُونَ |
175 und sieh sie dir an! Auch sie werden sehen. |
أَفَبِعَذَابِنَا يَسۡتَعۡجِلُونَ |
176 Wünschen sie sich unsere Strafe etwa eilig herbei? |
فَإِذَا نَزَلَ بِسَاحَتِهِمۡ |
177 Wenn sie auf ihre Gegend herabkommt, |
فَسَآءَ صَبَاحُ ٱلۡمُنذَرِينَ |
dann erleben die Gewarnten einen schlimmen Morgen! |
وَتَوَلَّ عَنۡهُمۡ حَتَّىٰ حِينٍۢ |
178 So wende dich von ihnen für eine Weile ab. |
وَأَبۡصِرۡ فَسَوۡفَ يُبۡصِرُونَ |
179 und schau! Auch sie werden sehen. |
سُبۡحَٰنَ رَبِّكَ رَبِّ ٱلۡعِزَّةِ عَمَّا يَصِفُونَ |
22180 Gepriesen sei dein Herr und erhaben ist er, der Herr der Macht, darüber, wie sie ihn beschreiben. |
وَسَلَٰمٌ عَلَى ٱلۡمُرۡسَلِينَ |
181 Friede sei über den Gesandten |
وَٱلۡحَمۡدُ لِلَّهِ رَبِّ ٱلۡعَٰلَمِينَ |
182 und Lob sei Gott, dem Herrn der Weltbewohner! |
Die Sure ist Einheit. Doch scheint V. 82 aus seiner vom Sinn geforderten Position nach V. 76 oder V. 77 ans Ende seines Gesätzes versetzt zu sein. Der seiner Funktion nach Gesätz-abschließende Refrain lässt keinen Nachklapp zu. V. 102, der aus einer lebhaften Wechselrede besteht, ist prosaisch und überlang, er enthält außerdem die erst später, in Q 18, verbindlich gemachte Kautel-Formel in šāʾa llāh. Nicht nur macht er den midraschischen Gedanken der Zustimmung des Abraham-Sohnes zur eigenen Opferung explizit, er stellt auch den zu opfernden Sohn als mit seinem Vater in die Ḥaǧǧ-Riten involviert dar. Obwohl die Erzählung ohne V. 102 für ihr Verständnis auf biblisches Vorwissen der Hörer angewiesen ist, dürfte V. 102, der mit seiner (wahrscheinlichsten) Abraham-Verbindung zum Ḥaǧǧ eine religionspolitisch aufgeladene Relektüre der Geschichte spiegelt, erst in Medina, nachgetragen worden sein.
Das Verspaar V. 112–113 ist ebenfalls späterer Zusatz zur Abrahamgeschichte, darauf verweist nicht nur der Gebrauch des erst in Spätmekka üblich werdenden Prädikats nabī hin, es setzt vor allem die erst in Medina (Q 2:124) virulent werdende Debatte um die „Verdienste der Väter“, zekhut ʾavot, voraus, nach welcher alle Nachkommen Abrahams durch sein Verdienst gerechtfertigt sind – auf diesen Anspruch antworten die Verse – im Einklang mit Q 2:124 – mit der Feststellung der Segens-Unwürdigkeit einzelner Nachkommen Abrahams. Die Verse werden bereits von Bell 1937, 446 als nachträgliche Einfügung behandelt, siehe SKMS, 181. Außerdem könnten die beiden Verse V. 174 und V. 175, die den Argumentszusammenhang unterbrechen, Dublette zu den fast identischen Versen V. 178 und V. 179 sein. Die Aufforderung zum Abwarten gehört als Textsorte ‚Prophetentrost‘, siehe KTS, 304–308, an den Schluss der Sure.
Die Sure zeigt nur im Anfangsteil eine Kongruenz von Reimserien und Sinneinheiten: Schwüre (V. 1–3) 3CCa, Schwuraussage (V. 4–5): aCiC, erweiterte Schwurserie (V. 8–10): aCiC, Anfangsvers von Polemik (V. 11) aCiC. Der weitere Text reimt auf 2n/m.
Versabteilungsdifferenzen
Es ist in allen kontroversen Fällen - siehe dazu die Diskussion in SKMS, 44f - an der kufischen Zählung festzuhalten.
Literaturliste
I A Einleitung: | |
Schwüre auf Einheit Gottes, Unzugänglichkeit des Himmels für Dämonen | |
3 1–3 Schwurtableau bei enigmatischen übernatürlichen Phänomenen | |
2 4–5 Aussage: Einheit Gottes, des Herrn von Himmel und Erde | |
5 6–10 Sternschnuppenmythos: Schutz des Himmels und des dort verwahrten Wissens | |
B Eschatologisches, Polemik | |
1 11 Frage nach dem Schöpfungsrang des Menschen | |
8 12–19 Polemische Fragen um Erweckung, Drohung | |
7 20–26 Eschatologische Szenerie, Vorgang, Weheruf der Gerichteten | |
8 27–34 Gespräch vor dem Eintritt ins Höllenfeuer | |
5 35–39 Rückblende: Ablehnung der Botschaft von der Einheit Gottes | |
10 40–49 Auserwählte Diener im Paradies | |
12 50–61 Gespräch im Paradies | |
7 62–68 Zaqqūm-Baum | |
4 69–72 Irregang in Nachahmung der Väter; Irregang früherer Generationen, ihre Mahner | |
2 73–74 Ankündigung des Berichts vom Geschick der Gemahnten und der Gesandten | |
II Lesung: Prophetengeschichten | |
4 75–77, 82 Noah | |
4 78–81 Refrain: Segensruf, Einordnung uner die auserwählten Diener | |
16 83–98 Abraham: Bekämpfung des Götzendienstes von Vater und Volk | |
9 99–107 Opferung des Sohnes ( V. 102 späterer Zusatz) | |
4 108–111 Refrain | |
112–113 Späterer Zusatz | |
5 114–118 Mose und Aaron | |
4 119–122 Refrain | |
6 123–128 Elia | |
4 129–132 Refrain | |
6 133–138 Lot | |
10 139–148 Jona | |
III Predigt: Polemik, Rechtfertigung der Gesandten | |
12 149–160 Polemische Fragen um Engel als vermeintliche Töchter Gottes | |
6 161–166 Richtigstellung: Rede der Engel | |
4 167–170 Für Irrglauben keine Rechtfertigung, Drohung | |
5 171–177 Sieg der himmlischen Heerscharen, Rettung der Warner bereits vorbestimmt (ohne V. 174 f. ) | |
5 178–182 Segensruf über Gesandte, Gotteslob | |
Strukturformel, Proportionen:
Teil I: 74 Verse | Teil II: 72 Verse | Teil III: 32 Verse |
10: (3+2+5) + 64: (1+8+7+8+5+10+12+7+2+2+2) | (8+16+13+9+10+6+10) | (12+6+4+5+5) |
Literaturliste
wa-ṣ-ṣāffāti ṣaffā / fa-z-zāǧirāti zaǧrā / fa-t-tāliyāti ḏikrā]
Tableau von Schwüren bei Erscheinungen, die nur metonymisch, durch ihr Auftreten in Schlachtreihen, ṣaff, ihr Ausstoßen des die Totenerweckung einleitenden Schreis und ihre Rezitation von Mahnung, beschrieben werden. Sie sind durch ihre morphologische Form – Partizip feminin plural – als Vorboten eschatologischer Prozesse erkennbar. Die drei Handlungen werden als sukzessiv (fa-) dargestellt und damit auch – gegen Bell 1939, 442 – von einer und derselben Akteurgruppe ausgesagt, siehe zu den ‚Schwurtableaus‘ Neuwirth 1991a und KTS, 286–288. Die mit aṣ-ṣāffāt heraufbeschworenen Erscheinungen sind mit Engeln zu identifizieren, siehe Webb 2001. Denn wenn ṣaff auch innerweltlich für die reale Schlachtreihe geläufig ist (etwa bei ʿAntara 19–21, siehe SEAP, 651) so verweist das Bild der in Reihen Schreitenden oder Stehenden (so KÜ, 312), doch deutlich auf den biblischen „Herrn der Heerscharen“, YHWH ṣebaʾot (1 Sam 1:3, Ps 24:10, Eph 1:20f., Kol 1:16 usw). Sie werden in der apokalyptischen Tradition, äth. Henoch 18, 11 - 19, 3, 21, 1–10) eng mit Astralkörpern verbunden, siehe Schäfer 1975, 24: „wie überhaupt nicht immer ganz zu unterscheiden ist, ob mit seba‘ ha-šamayim das Heer der Sterne oder der Engel gemeint ist, vgl. im AT etwa 1 Kön 22:19, 2 Kön 17:16, Jes 24:21 […]“. Im christlichen Horizont werden diese Kräfte als Engelsheere vorgestellt, siehe Vorgrimler 1991. Als solche sind sie im Gottesdienst präsent, vgl. die mehrfachen Evokationen der Engelheere in der Chrysostomos-Liturgie. Vor dem Kleinen Einzug betet der Priester (Kallis 1993, 62): Despote kyrie ho theos hemon, ho katastesas en ouranois tagmata kai stratias angelon kai archangelon eis litourgian tes ses doxes, poieson syn te eisodo hemon eisodon agion angelon genestai („Herr, unser Gott, der du im Himmel die Ordnungen und Heere der Engel und Erzengel zum Dienst deiner Herrlichkeit eingesetzt hast, lass mit unserem Einzug den Einzug heiliger Engel geschehen“); Beim Großen Einzug, bei dem die Gläubigen selbst eine Mimesis der himmlischen Heerscharen vollziehen, singt der Chor (Kallis 1993, 96): hoi ta cherubim mystikos eikonitsontes kai te zoopoio triadi ton trishagion hymnon prosadontes … hos ton basilea ton holon hypodexomenoi…tais angelikais aoratos doryphoroumenon taxesin, („Die wir die Cherubim geheimnisvoll abbilden und der lebenschaffenden Dreieinigkeit den Lobgesang singen… denn wir werden den König des Alls empfangen, […] ihn, der von den Heerscharen der Engel unsichtbar begleitet wird“). In Q 37:1–3 dürfte an diese Gott lobpreisenden Engel, siehe Schäfer 1975, 36, gedacht sein, vgl. unten Kommentar zu V. 161–166. Es ist gewiss kein Zufall, dass später auch die Aufstellung der muslimischen Beter zum Freitagsgebet in Querreihen, ṣufūf, erfolgt.
Im frühmekkanischen Suren begegnen Engel in verschiedenen Funktionen, u.a. als Thronträger, Q 69:17, und als Heer Gottes: Q 89:22 wa-ǧāʾa rabbuka wa-l-malaku ṣaffan ṣaffā, („wenn dein Herr und die Engel in Reihen herankommen“), wo die Engel in auf einander folgenden Schlachtreihen stehend oder schreitend vorgestellt sind (siehe HK I, 207f., vgl. die Anmerkung zu Q 89:22 sowie TUK, Nr. 29), vgl. den mittelmekkanischen Zusatz in Q 78:38 yauma yaqūmu r-rūḥu wa-l-malāʾikatu ṣaffan („am Tage, da der Geist und die Engel in Reihen stehen werden“), siehe HK I, 463 und den Kommentar zu Q 78:38) – sämtlich Bilder, die aus der jüdischen apokalyptischen Literatur bekannt sind, siehe Schäfer 1975, 9–26. Während an diesen Stellen aber in dem für Engel einschlägigen Kontext, der ‚eschatologischen Szenerie‘, siehe KTS, 292–303, konkret von ihnen als malak bzw. malāʾika die Rede war, erscheint das Schlachtreihen-Bild im Schwur Q 37:1 durch eine elliptische Konstruktion, unter Auslassung des Beziehungswortes „Engel“, „verrätselt“. Es setzt offenbar Engelheere als geläufige Vorstellung voraus.
Die in Q 37 neue Einbindung der Engel in einen fāʿilāt-Schwur verbindet ihr Bild nun mit den früheren Schwurtableaus, vgl. KTS, 286–288. Denn das Bild von kosmischen Mächten, die ḏikr artikulieren, begegnete bereits in dem Tableau Q 77:5f., wo die Bildersprache des Textes allerdings nicht Engel, sondern das metereologische Bild sturmgetriebener Wolken nahelegte, deren akustische Selbstäußerung, ḏikr, am ehesten als Mahnung verstanden werden kann: Q 77:1–6: wa-l-mursalāti ʿurfā / fa-l-ʿāṣifāti ʿaṣfā / wa-n-nāširāti našrā / fa-l-fāriqāti farqā / fa-l-mulqiyāti ḏikrā / ʿuḏran au nuḏrā / ʾinnamā tūʿadūna la-wāqiʿ („Bei den reihenweis‘ Ausgesendeten / und darauf heftig Stürmenden! / Bei den weit Ausbreitenden, / dann wieder weit Zerstreuenden, / dann Mahnung Herabwerfenden, / Verzeihung oder Warnung! / Was euch angedroht ist, fällt herein“). Ähnlich auch Q 51:1–4. Diese und andere Parallelen zeigen, wie variabel und deutungsoffen die koranischen Vorstellungen von jenen kosmischen Akteuren sind, die am Jüngsten Tag den Prozess der Erweckung einleiten oder diesen Prozess präfigurieren – eine Ambiguität, die durchaus dem Bild der Engel in der apokalyptischen Tradition entspricht, die über bestimmte Naturgewalten gesetzt sind, siehe Schäfer 1975, 26f. Kosmische Akteure des Jüngsten Tages erscheinen in Q 100:1–5 wie in Offb 6 als apokalyptische Reiter: wa-l-ʿādiyāti ḍabḥā / fa-l-mūriyāti qadḥā / fa-l-muġīrāti ṣubḥā / fa-ʾaṯarna bihī naqʿā / fa-wasaṭna bihī ǧamʿā („Bei den schnaubend Jagenden, / mit Hufschlag Funken Schlagenden, / den Morgenangriff Wagenden: / die Staub aufwühlen mit dem Tritte / und dringen in der Scharen Mitte“), ähnlich auch Q 79:1–5 wa-n-nāziʿāti ġarqā/ wa-n-našiṭāti našṭā/ wa-s-sābiḥāti sabḥā / fa-s-sābiqāti sabqā/ fa-l-mudabbirāti ʾamrā („Bei den heftig Zerrenden / und lebhaft sich Gebärdenden / den Schwimmern gleich Hingleitenden / dann um die Wette Rennenden / ihr Tun zum Ziel hin Führenden!“), in Q 77:1–5 und Q 51:1–4 dagegen als sturmgetriebene Wolken. Wenn die Exegeten alle diese Phänomene unmittelbar mit Engeln identifizieren, verkennen sie zwar hier ästhetisch wirksame Bildersprache, die meteorologische und militärische Erscheinungen zeichnet, erfassen aber durchaus die dämonologische Dimension der Schwüre. Dass meteorologische Erscheinungen, „Winde“ für Gottes „Boten“ mal’akhav, eintreten können, wird biblisch in Ps 104:5 vorgezeichnet: `oseh mal’akhav ruhot, „Die Winde macht er zu seinen Boten“.
Paret, KKK, 414, spricht von „schwer verständlichen Schwüren“; er verkennt die besondere Strategie der Schwurtableaus, mit denen empirisch unbekannten Phänomenen Ausdruck verliehen wird. Die Sehertradition, aus der die Textsorte der Schwüre stammt, arbeitet bei ihren Voraussagen mit Amassierungen von bedrohlich erscheinenden Naturphänomenen, siehe Neuwirth 1993, 83–108 und Hoyland 2001, 220–222. Die für diese Erscheinungen im Koran neu eingeführte eschatologische Rahmengebung wird – indirekt – durch die morphologische Form des Partizips Feminin Plural der Schwurgegenstände, die seit Q 100:1–5 für Ankündigungen des Jüngsten Tages reserviert sind, nahegelegt, vgl. KTS, 286–288. Während aber die die Erweckung vorbereitenden Erscheinungen in den früheren Tableau-Schwurserien zwar Engeln nahestehende Akteure bezeichneten, aber nicht personifiziert waren, begegnen in Q 37 eindeutig Personen-ähnliche Wesen, die nun – neben dem nicht-verbalen Erweckungsschrei, V. 2, siehe TUK, Nr. 123, TUK, Nr. 492 und TUK, Nr. 533– auch zur geordneten Formung einer Schlachtreihe, und zur artikulierten Rezitation von Gotteslob (tāliyāti ḏikrā („Gotteslob vortragen“) in V. 3, statt mulqiyāti ḏikrā („Mahnung herabwerfen“) in Q 77:5) befähigt sind. An die Stelle enigmatischer kosmischer Kräfte, die das Bild apokalyptischer Reiter (Q 100, Q 79) bzw. eines Regensturms (Q 77, Q 51) evozieren, sind mit den bildlich als solchen kenntlich gemachten Engeln also bekannte, klassifizierbare, vor allem aber theologisch relevante Akteure getreten. Nimmt man das konsekutive fa- ernst, wird man bei tāliyāt ḏikr als einer Handlung, die nach dem Erweckungsschrei erfolgt, eher an Gotteslob – im Sinne des hymnischen V. 4 – als an Mahnung denken wollen, ḏikr deckt beides.
Mit dem Schwur werden drei große Themen der Sure: die von den geschlossenen Schlachtreihen suggerierte Einheit Gottes, die durch den Schrei eingeleitete eschatologische Erweckung und der aus Engeln (und nicht etwa niederen Geistwesen) bestehende himmlische Hofstaat, eingespielt. Zāǧirāt ist dabei nicht mit „(die) dann lärmend schelten“ (Bobzin 2010, 391), „barsch zurechtweisen“ (KÜ, 312), ähnlich Bell 1939, 442, wiederzugeben, die Engel haben vielmehr den Erweckungsschrei, zaǧra, auszustoßen, der den akustischen Signalen in Offb 7:7–9:21 („Posaunenstoß“) entspricht. Anders als in der Johannesapokalypse sind es nicht mehrere Signale sondern nur ein Schrei, vgl. schon Q 79:13 und wieder in Q 37:19 fa-ʾinnamā hiya zaǧratun wāḥida („es wird nur ein einziger Schrei sein“), denn die Auferstehung vollzieht sich in einem Augenblick. Gleichzeitig stellt der von den Engeln ausgestoßene Erweckungsschrei eine Intensivierung des in der vorausgehenden Sure Q 54:6 erwähnten Rufens dar: fa-tawalla ʿanhum yauma yadʿu d-dāʿi ʾilā šaiʾin nukur („Wende dich ab von ihnen! Am Tage, da der Rufer zu etwas Grässlichem ruft“).
Im weiteren Surentext kommen verschiedene Manifestationen übernatürlicher Kräfte zur Sprache, unter denen die Engel – wieder erwähnt indirekt in V. 165f. wa-ʾinnā la-naḥnu ṣ-ṣāffūn / wa-ʾinnā la-naḥnu l-musabbiḥūn, direkt in V. 150–153 in ihrer eigenen Polemik gegen ihre Vereinnahmung durch die Gegner – eine wichtige Gruppe ausmachen. Außerdem begegnen Dämonen, ǧinn/šaiṭān, V. 7–10, 158, schwer unterscheidbar von den ‚Nebengöttern‘, d.h. den den Gegnern verehrten falschen Gottheiten, die den im Henoch-Buch thematisierten gefallenen Engeln entsprechen: mā y/taʿbudūn, V. 22, V. 27–34. Schließlich figurieren die von den Gegnern als Sondergruppe aufrechterhaltenen „Göttinnen“, ʾāliha, V. 36, deren weibliches Geschlecht seit Q 53:19–22, evoziert auch in V. 152f., immer wieder hervorgehoben wird.
Das Bild von in Schlachtreihen Schreitenden mag eine Antwort auf die gleichfalls militärische Metapher aus der vorausgehenden Q 54:44f. sein, wo die Gegner sich auf den Beistand ihres eigenen ‚Heeres‘, ǧamʿ, ǧamīʿ - wohl durch ihre ‚Nebengötter‘ – berufen: ʾam yaqūlūna naḥnu ǧamīʿun muntaṣir / sa-yuhzamu l-ǧamʿu wa-yuwallūna d-dubur („Oder sagen sie: ‚Wir sind ein Heer, dem Hilfe geleistet wird’? / Doch wird die Schar besiegt werden und die Flucht ergreifen“), siehe Schäfer 1975, 33–35 und den Kommentar zu Q 54. Q 37 inszeniert kontrastiv den Eintritt des himmlischen Heeres in diese Auseinandersetzung.
ʾinna ʾilāhakum la-wāḥid / rabbu s-samāwāti wa-l-ʾarḍi wa-mā bainahumā wa-rabbu l-mašāriq]
Als Schwuraussage folgt ein hymnischer Ausruf über Gottes Einheit und Herrschaft über Himmel, Erde, Ost und West; vgl. zu dem psalmistisch vorgegebenen Verweis auf den Sonnenauf- und -untergang – der hier a potiori durch den Aufgang (im Plural) präsent gemacht wird – Q 73:9, 70:40 und 55:17, dazu Ps 50:1mi-mizrah šemeš `ad mevo‘o („vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang“). Vgl. zur Herrschaft Gottes über Himmel und Erde den liturgisch prominenten Ps 117:26, der aus der Einzugsgeschichte Jesu, Mt 21:9, in das eucharistische Gebet der Chrysostomos-Liturgie (Kallis 1993, 126) aufgenommen worden ist: pleres ho ouranos kai he ge tes doxes sou („Himmel und Erde sind deiner Ehre voll“). Zur möglichen Evokation der Schema Yisrael in V. 4, siehe TUK, Nr. 6. -->Schwurserie und Schwuraussage bilden einen besonders feierlichen Einsatz der Verkündigungseinheit.
ʾinnā zayyanna s-samāʾa d-dunyā bi-zīnatin-i l-kawākib / wa-ḥifẓan min kulli šaiṭānin mārid / lā yassammaʿūna ʾila l-malaʾi l-ʾaʿlā wa-yuqḏafūna min kulli ǧānib / duḥūran wa-lahum ʿaḏābun wāṣib / ʾillā man ḫaṭifa l-ḫaṭfata fa-ʾatbaʿahū šihābun ṯāqib]
Auf den hymnischen Eingang folgt – assoziativ das Bild des Himmels aus V. 5 fortführend – in Wir-Rede Gottes eine Reminiszenz des Sternschnuppenmythos, der bereits frühmekkanisch in Q 55:33–35 evoziert worden war. Zu den letztendlich biblischen (Gen 3:24: „Cherubim mit flammendem Schwert als Paradieswächter“, Gen 6:4: „gefallene Engel“) und talmudischen Grundlagen des Mythos siehe Hawting 2006 und Bodman 2011; vgl. generell zur spätantiken Engelvorstellung Schäfer 1975 und 2012, der auch Zeugnisse über die Nähe der Engel zu Gestirnen aufführt, siehe auch oben zu V. 1. Diese Nähe wird im Koran durch die Assoziation des Himmelsschmucks durch Sternbildern mit dem Himmelsschutz vor ‚aufsässigen Dämonen‘, mehrfach betont, siehe Q 15:17, Q 41:12. Dass die Engel in der Spätantike im Zentrum der Kontroverse um die von Gott allein oder unter Mitwirkung von Engeln realisierte Offenbarung stehen, siehe Schäfer 2012, 160–106, reflektiert sich auch im Koran. Denn die koranische Diskussion um das ‚verbotene Mithören‘ seitens der Dämonen (siehe TUK, Nr. 737 kreist letztlich um das Problem der genuinen Inspiration: die ‚falsche‘ oder doch unzuverlässige Inspiration durch die ‚mithörenden‘ Ǧinnen, siehe dazu Wellhausen 1897, 137, die sie an Dichter und Seher vermitteln, dient als negatives Gegenmodell zu der ‚wahren‘ Inspiration, die Gott einzig den Propheten zuteil werden lässt. Im Koran ist von früher erwogenen Rivalen Gottes im Offenbarungsprozess nicht mehr die Rede, es geht nur noch um die legitimen bzw. illegitimen Mittler.
Hawting 2006 schlägt überzeugend vor, in der malaʾ al-aʿlā die aus der frühjüdischen Literatur bekannte yešivah šel maʿlah („die himmlische Lehrversammlung“) – siehe Freedman 2007, 353 – zu sehen, die sich aus Engeln konstituiert; BT Gittin 68a spricht allerdings auch von dem Dämonenkönig Asmodeus, der täglich in der himmlischen Akademie lernt, siehe TUK, Nr. 744. Angesichts des in frühmekkanischer Zeit entwickelten Bildes von himmlischen Schreibern, Q 82:10–12, Q 80:11–16, ist am ehesten an die mit dem Aufzeichnen von göttlichen Entscheiden befassten Schreiberengel, siehe Schäfer 1975, 30f., zu denken, einer dem Engelheer verwandten Gruppe. Das Schlachtreihenbild der Engel in V. 1 präludiert also der in V. 8–10 bewiesenen Wehrhaftigkeit des himmlischen Personals. Himmlisches Wissen wird einzig erwählten menschlichen Empfängern zuteil. Die Ǧinnen – eine niedrigere Gruppe von Geistwesen, wohl den vom Himmel verbannten gefallenen Engeln entsprechend – sind damit entmachtet.
fa-staftihim ʾa-hum ʾašaddu ḫalqan ʾam man ḫalaqnā ʾinnā ḫalaqnāhum min ṭīnin lāzib]
Mit den Ǧinnen waren Geschöpfe eingeblendet, die angesichts ihrer besonderen Schöpfungsmaterie – Feuer – in einem Rivalitätsverhältnis zu den aus Lehm erschaffenen Menschen stehen. Mit der anschließenden herausfordernden Frage an die Gegner wird eine polemische Auseinandersetzung einleitet. Die Aufforderung fa-staftihim begegnet nur in Q 37, sie leitet in V. 149 die – der Eingangspolemik entsprechende – Schlusspolemik ein. Gefordert wird die Einsicht in die geringe Bedeutung der Menschen im Gesamtkontext der Schöpfung – bereits ein frühmekkanischer Topos, vgl. Q 96, siehe zu dem – ebenfalls als rhetorische Frage formulierten – Vergleich der als geringfügig erachteten Menschenschöpfung mit anderem Schöpfungsakten: Q 79:27 ʾa-ʾantum ʾašaddu ḫalqan ʾami s-samāʾu banāhā („War eure Schöpfung etwa schwerwiegender als der Himmel, den er baute“), wo sie mit kosmischen Phänomenen verglichen wird. In Q 37 scheint jedoch eine Kontrastierung von Menschen und Geistwesen intendiert zu sein, denn die Erwähnung der Materie „Lehm“, ṭīn, evoziert die in Q 55:14f. kontrastierte Schöpfung der Menschen aus Schwerem (min ṣalṣālin ka-l-faḫḫār, „aus feuchter Erde wie Töpferware“) und der Geister aus Leichtem (min māriǧin min nār, „aus einem Gemisch von Feuer“). Die Geister sind von ihrer Schöpfungsmaterie her sublimer als die Menschen, diesen materialiter also überlegen. Wenn sie in V. 9f. als besiegt erscheinen – wieviel ohnmächtiger sind dann die Menschen! – Die herausfordernde Frage ʾa-ʾantum/-kum + Komparativ leitete auch in der vorausgehenden Q 54:43 eine Polemik ein.
bal ʿaǧibta wa-yasḫarūn / wa-ʾiḏā ḏukkirū lā yaḏkurūn / wa-ʾiḏā raʾau ʾāyatan yastasḫirūn / wa-qālū ʾin hāḏā ʾillā siḥrun mubīn / ʾa-ʾiḏā mitnā wa-kunnā turāban wa-ʿiẓāman ʾa-ʾinnā la-mabʿūṯūn / ʾa-wa-ʾābāʾuna l-ʾawwalūn / qul naʿam wa-ʾantum dāḫirūn / fa-kaifa kāna ʿaḏābī wa-nuḏur / wa-la-qad fa-ʾinnamā hiya zaǧratun wāḥidatun fa-ʾiḏā hum yanẓurūn]
Anstelle einer Antwort tritt die Verspottung des Fragers: göttliche Zeichen werden zu bloßem vom Verkünder bewirkten Wort-Zauber heruntergespielt. Mit der hier wie in V. 14 unspezifiziert bleibenden āya dürfte konkret ein Rückgriff auf die vorausgehende Q 54 vorliegen, die mit der triumphalen Feststellung einer – als apokalyptisches Zeichen wahrgenommenen – Mondspaltung beginnt, die von den Gegnern aber sofort als (Wort-)Zauber verhöhnt wird: iqtarabati s-sāʿatu wa-nšaqqa l-qamar / wa-ʾin yarau ʾāyatan yuʿriḍū wa-yaqūlū siḥrun mustamirr („Die Stunde ist nahe; der Mond hat sich gespalten. / Doch wenn sie ein Zeichen sehen, wenden sie sich ab und sprechen: ‚Immer wieder Zauberei!‘“). Die Gegner sehen in der Unterlegung der Wirkllichkeit mit einer eschatologisch relevanten Bedeutung nichts anderes als Manipulation, „Zauberei“.
Mit der herausfordernden Frage der Gegner nach der Möglichkeit der Erweckung gegen jede empirische Erfahrung wird eine Position auf den Punkt gebracht, die bereits in frühmekkanischer Zeit in Q 75:3 ʾa-yaḥsabu l-ʾinsānu ʾallan naǧmaʿa ʿiẓāmah („Glaubt der Mensch etwa, wir könnten seine Gebeine nicht wieder zusammenbringen?“) anklang, und in Q 79:10–12 in die Form herausfordernder Rede von Gegnern gekleidet worden war: yaqūlūna ʾa-ʾinnā la-mardūdūna fī l-ḥāfira / ʾa-ʾiḏā kunnā ʿiẓāman naḫira / qālū tilka ʾiḏan karratun ḫāsira („sie sprechen: ‚Sollen wir aus dem Grabe erstehen, / da wir schon zu morschen Knochen zerfallen sind?‘/ Sie sprechen: ‚Welch eine verlustreiche Wende!‘“). Erst in einer der letzten frühmekkanischen Suren, Q 56:47f. – deren Text in V. 16f. wörtlich zitiert ist – wird er um das ‚Väter-Argument‘ erweitert: Die Erweckung gilt jetzt den Gegnern nicht nur angesichts des postmortalen Zustands der Menschen als „Staub und Knochen“ – auf den sich auch das Zeugnis des einen Verdammten aus der Teichoskopieszene in V. 53, s.u., noch einmal beruft – als inakzeptabel. Sie ist es auch deshalb, weil sie ihren elitären Status betrifft: Denn ihre längst dahingegangenen Väter, die man sich im Einklang mit den auch sonst geläufigen Vorstellungen der vorderorientalischen Antike in einer Art Schattenwelt, siehe Waardenburg 2001, vorstellt, verlieren bei Annahme einer alle Toten gleich machenden Erweckung ihren besonderen Rang. Mit dem Rekurs auf die Väter, in deren Tradition sich die Angesprochenen stellen, ist der Gedanke des nasab, der Abstammung, eingeblendet – eine Autoritätsquelle, gegen die die Sure an mehreren Stellen polemisiert, siehe u. V. 158. Dieser Autoritätsquelle setzt der Text erstmals auch narrativ, durch die im Zentrum stehende Abrahams-Geschichte, ein positives Gegenmodell entgegen.
Das Phänomen des Todes und der Zustand nach dem Tod – V. 16 ʾiḏā mitnā – ist ein die paganen Zeitgenossen auch in ihrer Literatur viel beschäftigendes Thema, siehe Hamori 1974, Homerin 1985, Borg 1997; es wird auch in Q 37 noch mehrmals thematisiert, siehe V. 53, V. 58–59. Erschreckende Todesszenen wurden bereits in Q 75:26–30 und 56:83–87 ausgemalt; sie leiteten dort direkt, ohne den postmortalen Zustand zu problematisieren, zu Bildern des Eingangs in die jenseitige Vergeltung über. In Q 37 wird dagegen das allgemeinere Problem des Nachlebens aufgeworfen, denn mit der eschatologischen Projektion wird ausdrücklich eine von den Gegnern vertretene Vorstellung von ‚ihren Toten‘, die auch post mortem noch das Ansehen der Nachkommen verbürgen, überlagert und infrage gestellt. Die Vorväter verlieren ihre soziale Signifikanz, wenn sie unterschiedslos unter die Erweckten insgesamt eingehen.
Dem Verkünder wird eine durch die Anweisung qul betonte Erwiderung in den Mund gelegt – eine Strategie, die in Frühmekka noch nicht begegnete, jetzt aber zu einem wichtigen Mittel der Emphase wird. Seine Entgegnung enthält auch die Ankündigung jenes Erweckungsschreis, den – laut V. 3 – die Engel am Jüngsten Tag ausstoßen werden. Die einem morgendlichen Überfall ähnliche Plötzlichkeit der Erweckung, die in V. 177 noch einmal zur Sprache kommt, ist nicht nur aus frühmekkanischen Suren – vgl. Q 79:13f. fa-ʾinnamā hiya zaǧratun wāḥida / fa-ʾiḏā hum bi-s-sāhira („Und doch wird es sein nur ein einziger Aufschrei, / schon sind sie geweckt zu hellem Wachen.“) – sondern auch aus der unmittelbar vorausgehenden Sure 54 geläufig, wo es V. 50 heißt: wa-mā ʾamrunā ʾillā wāḥidatun ka-lamḥin bi-l-baṣar („Unser Vorgehen ist einiges Zeichen, wie ein Wink mit den Augen“) – vielleicht in Abgrenzung zu den pluralen Ankündigungssignalen der Apokalypse in der Offenbarung Johannis, wo von mehreren Posaunenstößen die Rede ist, Offb 7:7–9:21, siehe TUK, Nr. 533. Den Angesprochenen steht nach ihrer Erweckung zunächst ein neuer Erkenntniszustand, yanẓurūn („sie werden sehen“), V. 20, bevor. Die ‚Einsicht‘ (in die eigene Situation) als Resultat der eschatologischen Wende ist aus frühesten Suren geläufig, vgl. Q 82:5 ʿalimat nafsun mā qaddamat wa-aḫḫarat („dann weiß eine Seele was vorausgeschickt und was sie vernachlässigt hat“) und Q 51:44.
wa-qālū yā-wailanā hāḏā yaumu d-dīn / hāḏā yaumu l-faṣli llaḏī kuntum bihī tukaḏḏibūn / uḥšuru llaḏīna ẓalamū wa-ʾazwāǧahum wa-mā kānū yaʿbudūn / min dūni llāhi fa-hdūhum ʾilā ṣirāṭi l-ǧaḥīm / wa-qifūhum ʾinnahum masʾūlūn / mā lakum lā tanāṣarūn / bal humu l-yauma mustaslimūn]
Die Gegner erkennen in einer eschatologischen Vorausblende die Realität des Gerichtstags an, den sie – als er ihnen gepredigt wurde – geleugnet hatten. Er wird nun abgerufen als yaum al-faṣl, hemera kriseos („Tag der Entscheidung“); diese Evangelienreminiszenz – Mt 10:15, Mt 12:36, TUK, Nr. 621 und Lk 21:22–24 – war schon in Frühmekka eingeführt worden, vgl. Q 78:17: ʾinna yauma l-faṣli kāna miqātā („Der Tag der Entscheidung ist ein fester Termin“); 77:38: hāḏā yaumu l-faṣli ǧamaʿnākum wa-l-ʾauwalīn („das ist der Tag der Entscheidung, wir versammeln euch mit den Früheren!“); dabei klingt etymologisch die Konnotation der „Trennung“ mit. Es folgt der Auftrag, die Ungläubigen und ihresgleichen wie auch ihre ‚Nebengötter‘ zusammenzutreiben und zum Feuer zu „leiten“ - eine euphemistische Anweisung, die mit ihrer Inversion der eigentlich für die Rechtleitung vorbehaltenen Formel ihdi/ihdū (ʾilā) ṣ-ṣirāṭ („leite(t) (auf) den Weg“) offenbar zynisch intendiert ist. Die Anweisung spielt mit dem sechsten Vers der fātiḥa, ihdinā ṣ-ṣirāṭa l-mustaqīm („leite uns den rechten Weg“), dessen sarkastische Verwendung die bereits in Gebrauch befindliche Normalform vorauszusetzen scheint; zu weiteren Rückgriffen auf die fātiḥa s.u. „Entwicklungsgeschichtliche Einordnung“.
Von ‚Nebengöttern‘ – außerhalb des Göttinnenkreises, s.u. – war vorher erst einmal, Q 68:41, die Rede, wo sie bereits mit dem später stereotyp werdenden Ausdruck šurakāʾ („Teilhaber“) benannt wurden. Der Ausdruck šurakāʾ, der in Q 68 offenbar noch nicht terminologisch war, vgl. dazu KU, 61, und KTS, 337–344, fehlt in der Göttinnenpolemik der letzten frühmekkanischen Suren Q 52 und Q 52 ebenso wie in Q 37 noch gänzlich, wo statt dessen von wa-mā kānū yaʿbudūna min dūni llāhi („was sie anbeteten neben Gott“, V. 22) bzw. ālihatinā („die Götter“, V. 36, V. 86) die Rede ist; er setzt sich erst später durch.
Den Ungläubigen, für die jede Unterstützung ausbleibt (V. 25), wird eine weitere Befragung angekündigt. Die zynische Frage nach der ausbleibenden gegenseitigen Hilfeleistung ergibt nur dann Sinn, wenn die hier eingeblendeten Partner die ‚Nebengötter‘ der Angesprochenen sind, von denen ja eine Rettung am ehesten zu erwarten wäre.
wa-ʾaqbala baʿḍuhum ʿalā baʿḍin yatasāʾalūn / qālū ʾinnakum kuntum taʾtūnanā ʿani l-yamīn / qālū bal lam takūnū muʾminīn / wa-mā kāna lanā ʿalaikum min sulṭānin bal kuntum qauman ṭāġīn / fa-ḥaqqa ʿalainā qaulu rabbinā ʾinnā la-ḏāʾiqūn / fa-ʾaġwainākum ʾinnā kunnā ġāwīn / fa-ʾinnahum yaumaʾiḏin fi l-ʿaḏābi muštarikūn / ʾinnā ka-ḏālika nafʿalu bi-l-muǧrimīn]
Diese Befragung -, eingeführt mit der schon aus Q 52:25 wa-ʾaqbala baʿḍuhum ʿalā baʿḍin yatasāʾalūn („Sie wenden sich fragend aneinander“), ähnlich: Q 68:30 fa-ʾaqbala baʿḍuhum ʿalā baʿḍin yatalāwamūn („Und einer wandte sich zum anderen vorwurfsvoll“) bekannten Einleitungsformel von Gesprächen in einer Situation der Reue – entpuppt sich in Q 37 als ein Streitgespräch der Verdammten mit ihren ‚Nebengöttern‘, offenbar niederen Geistween. Auch Paret, KÜ, 313, geht von „den Geistern, die zum Unglauben verführt haben“, aus, Bobzin 2010, 728, nimmt „Satane“ an. Die Pointe ist jedoch die, dass die als Autoritäten verehrten ‚Nebengötter‘ (wa-mā kānū yaʿbudūn, „was sie verehrt haben“, V. 23f.) am Tage des Gerichts versagen und sich sogar (V. 32) mit ʾinnā kunnā ġāwīn, als „die, die dazu bestimmt sind, irrezugehen“ zu ihrer Rolle bekennen. Diese Bestimmung ist offenbar diejenige der aus dem I. Henochbuch bekannten ‚gefallenen Engel‘, denen die ‚Nebengötter‘ der Gegner ensprechen dürften. Der perfektive Aspekt des Ausdrucks ʾinnā kunnā +Partizip bringt hier den Gedanken der jemandem beschiedenen Rolle zum Ausdruck; so auch in Q 44:3, 5; siehe dazu Reuschel 1968 und KTS, 755–757. Sie gestehen ein, über keine Vollmacht, sulṭān, verfügt zu haben.
Damit wird ein vorher stereotyp den Ungläubigen bescheinigter Mangel, die fehlende Bevollmächtigung, vgl. Q 52:38 ʾam lahum sullamun yastamiʿūna fīhi fal-yaʾti mustamiʿuhum bi-sulṭānin mubīn („Haben sie Leitern, auf denen sie zuhören können? Dann soll der, der zuhört, seine Vollmacht bringen!“), Q 52:23 (mittelmekkanischer Zusatz) ʾin hiya ʾillā asmāʾun sammaitumūhā ʾantum wa-ʾābāʾukum mā ʾanzala llāhu bihā min sulṭanin (…) („Es sind nur Namen, die ihr genannt habt, ihr und eure Väter, Gott sandte dazu keine Vollmacht.“) - auf die mythische Gruppe der Nebengötter übertragen. Eine solche ‚Vollmacht‘, auch als kitāb, „Dokument“, bezeichnet, wird seit der Orientierung an der Schrift (vgl. Madigan 2001, 145–165) als der essentiellen Autoritätsquelle zum Kriterium der Glaubwürdigkeit, siehe dazu den Kommentar zu Q 52:38.
In der Rede der Nebengötter wird die aus den älteren Höllenbeschreibungen geläufige zynische Aufforderung, die „Strafe zu kosten“, ḏūqū, Q 78:30, 51:14, 54:37, 54:39, 54:48, zur Bestätigung ihrer Befindlichkeit in der Hölle. Es ist bemerkenswert, dass die – in der frühmekkanischen Sure 53:23 in ihrer Realität bestrittenen ʾin hiya ʾillā asmāʾun sammaitumūhā – Nebengötter in der Szene als aktive Figuren, als Mitangeklagte, auftreten; das Spiel mit ihrer Realität im Jenseits ist daher am ehesten als zynische Rede zu verstehen. - V. 34 ist die wörtliche Negativ-Version der Verheißung an die Gesandten in V. 80, ʾinnā ka-ḏālika naǧzī l-muḥsinīn („So belohnen wir die, die Gutes tun“).
ʾinnahum kānū ʾiḏā qīla lahum lā ʾilāha ʾilla llāhu yastakbirūn / wa-yaqūlūna ʾa-ʾinnā la-tārikū ʾālihatinā li-šāʿirin maǧnūn / bal ǧāʾa bi-l-ḥaqqi wa-ṣaddaqa l-mursalīn / ʾinnakum la-ḏāʾiqu l-ʿaḏābi l-ʾalīm / wa-mā tuǧzauna ʾillā mā kuntum taʿmalūn]
Nach der Entlarvung der von den Gegnern verehrten Nebengötter als ohnmächtig erscheint die Hybris ihres gegenwärtigen Verhaltens umso deutlicher: sie erheben sich spöttisch über das Einheitsbekenntnis des Verkünders. Dieses Bekenntnis ist in diesem Wortlaut neu, von ihm begegnete aber die Variante lā ʾilāha ʾillā huwa („kein Gott außer ihm “) bereits frühmekkanisch, in Q 73:9. Sie stellen nun explizit ihre Loyalität zu ihren – gerade als machtlos erwiesenen – „Göttern“,ʾāliha, hoch über die Autorität des Verkünders, der seinerseits als Dämonen-inspirierter Dichter verleumdet in die Nachbarschaft von niederen Geistern gerückt wird. Diese Verunglimpfung nimmt einen frühmekkanischen Topos auf: Q 81:19–22; 68:1–4, 46–52; 69:40–48; 52:29–34. Der Verkünder reklamiert dagegen ‚die Wahrheit‘ für sich und beansprucht – erstmals im Koran – die Beglaubigung durch die früheren Gesandten, deren Botschaft er bestätigen will. Diese Referenz ist neu. Wir haben hier mit Stroumsa 2010, 30f. eines der entscheidenden Kriteria spätantiken Denkens vor uns: „Das Nachdenken über Religion <und damit ihr Wahrheitsanspruch> (…) wird zum integralen Bestandteil derselben“.
Wenn sich auch erste Rückverweise auf die bereits von früheren Gesandten überbrachte Botschaft bereits in Q 73:15 ʾinnāʾarsalnā ʾilaikum rasūlan šāhidan ʿalaikum ka-mā ʾarsalnā ʾilā Firʿauna rasūlā („Wir sandten zu euch einen Boten, als Zeuge über euch, wie wir zu Pharao einen Boten sandten“) finden, so erscheint die Berufung auf die Nähe zu den früheren Gottgesandten doch erstmals als Entgegnung auf die von den Gegnern behauptete Macht der Nebengötter. Dem Modell ihrer von der Vätertradition gestützten Mehrgottverehrung – V. 69–70: ʾinnahum ʾalfau ʾābāʾahum ḍāllīn / fa-hum ʿalā ʾāthārihim yuhraʿūn („Sie fanden schon ihre Väter auf dem Irrweg und folgen nun ihren Spuren“, wörtlich: „werden hinter ihnen her getrieben“) – wird also das Modell der biblischen Tradition entgegengehalten. Der eine Gott, Herr des Himmels und der Erde, V. 5, ist der von den früheren Gesandten bereits verkündete oder doch durch ihren Glauben bezeugte Gott. Diese Kontrastierung von biologischer Genealogie und spiritueller Abkunft ist ein Novum der mittelmekkanischen Suren, in denen sich eine Gesandten-Theologie, eine Lehre von den Warnerpropheten, herausbildet. Zugleich ist mit dem Argument bereits das Thema des Erzählteils, V. 75–148, angesprochen.
ʾillā ʿibāda llāhi l-muḫlaṣīn / ʾulāʾika lahum rizqun maʿlūm / fawākihu wa-hum mukramūn / fī ǧannāti n-naʿīm / ʿalā sururin mutaqābilīn / yuṭāfu ʿalaihim bi-kaʾsin min maʿīn / baiḍāʾa laḏḏatin li-š-šāribīn / lā fīhā ġaulun wa-lā hum ʿanhā yunzafūn / wa-ʿindahum qāṣirātu ṭ-ṭarfi ʿīn / ka-ʾannahunna baiḍun maknūn]
Den in Streitgespräche involvierten und mit ihrer Schuld konfrontierten Verdammten werden die Seligen, die „reinen Diener Gottes“, gegenübergestellt, die am Ort ihrer Vergeltung, in Gärten, als von jeder Störung unbehelligt eingeblendet werden. Die Gärten zeichnen sich durch Üppigkeit aus, wobei Früchte als Zeichen der Naturfülle an erster Stelle stehen. Der Fortgang schildert ein Gelageszenario mit luxuriöser Ausstattung und Weingenuss ohne Rauscheffekt, in Präsenz von jungen, keusch blickenden Frauen – alles Elemente, die einzelne frühere Paradiesbeschreibungen evozieren, siehe zu fawākih Q 77:42, zum Namen ğannatu n-naʿīm Q 70:38, 56:89 (Plural: Q 68:34, 56:12, 52:17), zu den Liegebänken, surur, Q 88:13, 56:15, 52:20, zu dem mit Mischwasser gefüllten Becher kaʾs min maʿīn (o.ä.), Q 83:25–28, 78:34, 56:18, 52:23, der Rauschfreiheit Q 56:19, den züchtig blickenden Frauen Q 55:56, zum Vergleich mit dem verborgenen Ei Q 56:23, 55:56; siehe zu den Poesie-Referenzen dieser Beschreibungen Horovitz 1923 und KTS, 429–431sowie TUK, Nr. 1015. Doch sind die Paradiesinsassen nur geehrte (mukramūn) Gäste, sie sind nicht selbst in den himmlischen Hofstaat integriert, sie sind noch nicht, wie erst in Q 50, ‚eingekleidet‘. Auch tritt die in Q 54:54f. betonte Gottesnähe wieder hinter den Genüssen zurück.
fa-ʾaqbala baʿḍuhum ʿalā baʿḍin yatasāʾalūn / qāla qāʾilun minhum ʾinnī kāna lī qarīn / yaqūlu ʾa-ʾinnaka la-mina l-muṣaddiqīn / ʾa-ʾiḏā mitnā wa-kunnā turāban wa-ʿiẓāman ʾa-ʾinnā la-madīnūn / qāla hal ʾantum muṭṭaliʿūn / fa-ṭṭalaʿa fa-raʾāhu fī sawāʾi l-ǧaḥīm / qāla ta-llāhi ʾin kidta la-turdīn / wa-lau-lā niʿmatu rabbī la-kuntu mina l-muḥḍarīn / ʾa-fa-mā naḥnu bi-mayyitīn / ʾillā mautatana l-ʾūlā wa-mā naḥnu bi-muʿaḏḏabīn / ʾinna hāḏā la-huwa l-fauzu l-ʿaẓīm / li-miṯli hāḏā fa-l-yaʿmali l-ʿāmilūn]
Doch auch die Seligen treten in Gespräche ein – eine Dynamisierung der bis dahin statischen Jenseitsszenarien. Die bereits in V. 27 als Einleitung zu einem Gespräch in der Hölle eingesetzte Formel führt nun ein Gespräch im Paradies ein. Darin figuriert ein Vertreter der Erweckungsleugnung, von dem die – in V. 16 bereits als Motto der Gegner angeführte – zynische Infragestellung der Auferstehung nach bereits erfolgtem Zerfall des Körpers zitiert wird. Dieser Spötter, der in einer Teichoskopie-Szene von den im Paradies weilenden Seligen im Höllenfeuer identifiziert wird, wird nun ins Gespräch einbezogen; er muss sich für seinen Verführungsversuch rechtfertigen. Solche Teichoskopie-Szenen finden sich bereits in Frühmekka, vgl. Q 74:40–47; sie erinnern an die Evangelienszene um den aus dem Höllenfeuer heraus die Seligen ‚in Abrahams Schoß‘ anrufenden Verdammten aus Lk 16:19–31. Die Gesprächsszene in Q 37:50–60, die diejenige zwischen den Gerichteten und ihren Verführern vor dem Eintritt in die Hölle, V. 27–32, spiegelt, wird ihrerseits noch ein weiteres Mal abgebildet: die von dem Spötter angestellte Überlegung zur Situation nach dem Tode – die für ihn ein Weiterleben ausschließt – wird von den im Garten weilenden Seligen noch einmal aufgenommen: Sie nehmen den Tod als etwas nur Vorläufiges, mautatunā l-ʾūlā („unseren vorübergehenden Tod“) wahr und können ihn damit entmachten. Zu dieser Vorstellung vgl. Offb 20:14–15, TUK, Nr. 1016, Mt 10:28.
ʾa-ḏālika ḫairun nuzulan ʾam šaǧaratu z-zaqqūm / ʾinnā ǧaʿalnāhā fitnatan li-ẓ-ẓālimīn / ʾinnahā šaǧaratun taḫruǧu fī ʾaṣli l-ǧaḥīm / ṭalʿuhā ka-ʾannahū ruʾūsu š-šayāṭīn / fa-ʾinnahum la-ʾākilūna minhā fa-māliʾūna minha l-buṭūn / ṯumma ʾinna lahum ʿalaihā la-šauban min ḥamīm / ṯumma ʾinna marǧiʿahum la-ʾila l-ǧaḥīm]
Es folgt als Nachüberlegung ein – zynisch eingeleiteter - Vergleich zwischen der vorher referierten Situation der Seligen und dem bereits aus Q 56:52–56 bekannten Symbol der Höllenbewirtung, dem Zaqqūmbaum, vgl. Q 56:52–56hāḏā nuzuluhum yauma d-dīn („das ist ihre Bewirtung am Tag des Gerichts“), siehe dazu den Kommentar zur Sure. Dieser „Höllenbaum“ oder Unersättlichkeitsbaum“, dessen Früchte unstillbare Begierde und anschließend unstillbaren Durst erwecken, ist ein Gegentypus zum Paradiesbaum, der „ein Gegenstand der Begierde des Auges“, ta’avah (hu) la-`enayim, Gen 3:6, ist. Die Einführung des „Höllenbaums“ in Q 56, die die biblische Referenz nicht unmittelbar erkennen lässt, hatte offenbar Probleme aufgeworfen, so dass er hinsichtlich seiner Früchte näher beschrieben werden musste. Die Ableitung des Namens aus einer syrischen Verballhornung des Genitiv Plural von griechisch „Feigen“, zaqqūm,ton sykon, die Radscheit 2010 im Hinblick auf den von Jesus verfluchten Feigenbaum, Mt 21:20–21, vornimmt, ist wäre zwar - angesichts der auch von Ephrem, Paradieshymen 12, 13, siehe Brock 1990, 194, hergestellten theologischen Beziehung zwischen dem Paradiesbaum und dem verfluchten Feigenbaum – bestechend, ist aber philologisch nicht haltbar. Es reicht aus, von einer Wortbildung aus dem arabischen ZQM auszugehen und den Ausdruck als ‚Baum der Unersättlichkeit‘ zu verstehen. Mit Radscheit ist festzuhalten, dass die šağarat az-zaqqūm ein Antipode zum Baum der Erkenntnis ist und wie jener Begierde erweckt, siehe den Kommentar zu Q 56. – Die mit den Qualen des Genusses von diesem Baum Bestraften stehen mit ihrem Vergehen, der Verehrung mehrerer Gottheiten, in der Tradition ihrer Väter – ein erneuter Angriff auf die Autoritätsquelle des nasab. Sie berufen sich selbst auf diese Autorität in V. 69f. – Mit ḍāllīn spielt V. 69 vielleicht auf den Schluss der fātiḥa an, die bereits in V. 23 anklang und die im Schlussvers V. 118 zitiert wird.
ʾinnahum ʾalfau ʾābāʾahum ḍāllīn / fa-hum ʿalā ʾāṯārihim yuhraʿūn / wa-la-qad ḍalla qablahum ʾakṯaru l-ʾawwalīn / wa-la-qad ʾarsalnā fīhim munḏirīn / fa-nẓur kaifa kāna ʿāqibatu l-munḏarīn / ʾillā ʿibāda llāhi l-muḫlaṣīn]
Der kurze Passus fasst die Situation zusammen, die sich nicht von derjenigen früherer Zeiten unterscheidet; ein ähnlicher Appell erging auch in der vorausgehenden Q 54:4f.wa-la-qad ǧāʾahum mina l-ʾanbāʾi mā fīhi muzdaǧar / ḥikmatun bāliġatun fa-mā tuġni n-nuḏur („Zu ihnen ist doch schon Kunde gekommen, die sie hätte abschrecken können, treffende Weisheit - doch was nützen die Warnungen!!“) Bereits zu den Früheren – ein Rekurs auf die Vorväter, vgl. V. 17, V. 069ʾābāʾunā l-ʾauwalūn – wurden Gesandte, Warner-Propheten, munḏirūn, geschickt, deren Geschicke nun zur Mahnung vorgestellt werden sollen. Der folgende Bericht über diese Geschicke entspricht der „Lesung“, mit der die Hörer in die heilsgeschichtliche Vergangenheit geführt werden. Die Lesungsgstexte exemplifizieren die Erfahrungen der Gesandten an sechs Beispielen, ebenso wie die Rettung der „reinen Gottesdiener“. Der Gedanke, dass die Gesandten typologisch Vorläufer des Verkünders sind, wird nicht expliziert, kann aber seit Q 73:15, 53:56 bereits als bekannt vorausgesetzt werden.
Die Prädikation ʿibāda llāhi l-muḫlaṣīn wird in Q 37 – im Bezug auf die Gesandten und die von ihnen gewarnten Gerechten – neu eingeführt. Sie begegnet fünfmal: V. 40, V. 74, V. 128, V. 160, V. 169. Damit wird die Vorstellung von einem Gottesvolk entworfen, zu dem auch die Hörer des Verkünders gehören. Diese Vorstellung von einem Kollektiv der Gerechten kommt derjenigen einer Gemeinde nahe, wie sie sich – inzwischen erkennbar an dem offenbar bereits in Gebrauch befindlichen Gemeindegebet, der fātiḥa - herausgebildet zu haben scheint.
wa-la-qad nādānā nūḥun fa-la-niʿma l-muǧībūn / wa-naǧǧaināhu wa-ʾahlahū mina l-karbi l-ʿaẓīm / wa-ǧaʿalnā ḏurriyyatahū humu l-bāqīn / wa-taraknā ʿalaihi fi l-ʾāḫirīn / salāmun ʿalā nūḥin fi l-ʿālamīn / ʾinnā ka-ḏālika naǧzi l-muḥsinīn / ʾinnahū min ʿibādina l-muʾminīn / ṯumma ʾaġraqna l-ʾāḫarīn]
Wie angekündigt folgt eine Serie von heilsgeschichtlichen Begebenheiten. Sie beginnt mit Noah, der auch sonst als der „noch vor“ den anderen auftretende Gesandte behandelt wird, siehe zu seiner koranischen Entwicklung KTS, 623–633, vgl. Brinner 2003. Seine Geschichte, bei der der Akzent auf seiner Rettung liegt, wird als bekannt vorausgesetzt, vgl. KU, 7f.. Sie konnte bereits in Q 51:46 durch bloße Namensnennung evoziert werden und wurde in Q 54:9–17 entfaltet, wo er bereits als Warner auftrat. Noahs biblisch nicht thematisierte Warnerrolle entspricht dem der spätantiken jüdischen und christlichen Tradition gezeichneten Bild, siehe BEQ, 93–97. In den frühen koranischen Noaherzählungen ist die geschichtliche Zäsur, deren Zeuge der biblische Noah wird, nicht Thema, es geht um eine Gesandtenrettung; auch in Q 37 ist die Flut nur durch karb, „Bedrängnis“, angedeutet.
Noahs Rettung begreift die seiner ḏurriya, „seiner Nachkommenschaft“, ein. Ḏurriya, wird in Q 37Q 37 (V. 77; V. 113 ist dagegen späterer Zusatz) neu eingeführt. Das Wort ist abgeleitet von ḏarra/ḏurra, „Samenkorn“, und könnte am ehesten eine lautlich nahe, wenn auch nicht etymologisch begründete Entsprechung zu hebräisch zera`, „Same“, sein. Denn zera` begegnet in den biblischen Vätergeschichten als Umschreibung für ‚Nachkommen‘; der „Same Abrahams“ vor allem ist der zentrale Begriff in jener Verheißung, die im biblischen Text das Fazit aus der Opfergeschichte zieht: Gen 22:17: „Ich will dich reichlich segnen und deinen Samen mehren, deine Nachkommen so viel machen wie die Sterne am Himmel und der Sand am Meer“. Das in seiner morphologischen Form im Koran auffällige Wort ḏurriyya begegnet am häufigsten im Zusammenhang mit Abraham, kommt aber erstmals nicht in seiner, sondern in Noahs Geschichte vor, Q 37:77, die der Abrahamgeschichte unmittelbar vorausgeht. Mit der Prägung dieses ‚biblisierenden‘ Konzepts der „Nachkommenschaft“ kann die bis dahin übliche Rede von „Söhnen“ (banūn) die zusammen mit den ‚Vorvätern‘ das Rückgrat des paganen Machtsystems bilden, vermieden werden. Angesichts seiner häufigen Kontextualisierung mit biblischen Gesandten haftet dem Wort, anders als der paganen nasab-Vorstellung eine heilsgeschichtliche Konnotation an, seine Einführung gehört also – ähnlich wie die von ʿālamīn, siehe den Kommentar zu Q 1 - in den Kontext der lexikalischen Neukonstruktion einer theologisch relevanten Wirklichkeit.
Die physische Rettung wird ergänzt durch eine spirituelle Auszeichnung: mit einer Eulogie salāmun ʿalā Nūḥin fī l-ʿālamīn. Die Übersetzung von ʿālamīn als „Menschen“ (statt „Welten“, siehe den Kommentar zu Q 1) gibt zwar die eschatologische Konnotation nicht wieder, wird aber dem Sinn des Verses am ehesten gerecht. Die Erzählung endet mit einem vierversigen Refrain, der bei den übrigen Erzählungen wiederholt wird. – V. 82 gehört bereits hinter V. 102 oder V. 77, vgl. o. Literarkritik.
wa-ʾinna min šīʿatihī la-ʾibrāhīm / ʾiḏ ǧāʾa rabbahū bi-qalbin salīm / ʾiḏ qāla li-ʾabīhi wa-qaumihī māḏā taʿbudūn / ʾa-ʾifkan ʾālihatan dūna llāhi turīdūn / fa-mā ẓannukum bi-rabbi l-ʿālamīn]
Es folgt die Erzählung über Abrahams Bekämpfung der Götzen seines Volkes, vgl. zu seiner koranischen Entwicklung KTS, 633–652 und Firestone 2001, vor allem aber Sinai 2009. Er war in Frühmekka zunächst in Q 87:19, dann in Q 53:36 – zusammen mit Mose – als Träger einer Schrifttradition erwähnt worden, in Q 53 weiter charakterisiert durch allaḏī waffā („der Treue bewies“), nämlich mit seiner Opferbereitschaft, siehe HK I, 661f. und die Anmerkung zu Q 53:37. Darüberhinaus war gegen Ende der frühmekkanischen Periode in Q 51:24–30 die Geschichte seiner Bewirtung der himmlischen Gäste erzählt worden, die in der Verkündigung eines Sohnes kulminierte – gefolgt von einer Lot-Geschichte, Q 51:31–37.
Die Erzählung in Q 37, die aus zwei komplementären Teilen, einer Straflegende und einer Prüfungsgeschichte, besteht und das Herzstück der Gesandtenerzählungsserie ausmacht, ergänzt diese Nachrichten über Abraham. Sie ist wesentlich komplexer als die vorausgehenden und die noch folgenden. Ihr erster Teil thematisiert zwar die für Straflegenden charakteristische Bedrängnis eines Gesandten inmitten seines unbotmäßigen Volkes, aus der er unter dramatischen Umständen gerettet wird, doch kreist der Text um Abrahams aktives Handeln: seine Zerstörung der Götzen, die von seinem Volk und seinem Vater verehrt werden. Diese für das koranische Abraham-Bild als des maßgeblichen Vorkämpfers des Monotheismus bei weitem wichtigste Begebenheit ist haggadischer Herkunft, Speyer führt einen Midrasch aus Gen. Rabba 38,19 an, siehe BEQ, 134–140, er verweist auf weitere Parallelen aus der Apokalypse Abrahams, Kap. 1–8, siehe TUK, Nr. 660, und dem Jubiläenbuch, Jub 12, 1–8, siehe TUK, Nr. 637, TUK, Nr. 1237 und TUK, Nr. 1238. Während der biblische Abraham-Bericht, Gen 12, mit seinem auf den Ruf Gottes hin unternommenen Auszug aus seiner Heimat Haran beginnt, hat Abraham im Koran wie in den Apokryphen ein ‚Vorleben‘ in seiner Urheimat: Anders als dort führt er damit aber gerade nicht nur sein in der Tradition seiner Väter stehendes Leben weiter, vielmehr tauscht der koranische Abraham – wie es nun auch von der Hörergemeinde Muhammads verlangt wird – in radikaler Abkehr von der Vätertradition Blutsbande, Genealogie, gegen spirituelle Bande ein. Der unmittelbare Anlass seines Auszugs ist sein Konflikt mit den Götzendienern seiner Umwelt, denen er mit den Standardvorwürfen der trügerischen Realität und Machtlosikeit der Götzen entgegentritt. Zwar war die Begründung seines Auszugs, V. 99, mit der Abkehr vom Götzendienst seiner Umwelt schon in der frühesten jüdischen Exegese aus biblischen Aussagen außerhalb des Genesis-Textes erschlossen, siehe Kugel 2008, 90–96, und im Jubiläenbuch, Jub 12:2–4, explizit gemacht worden. Doch war es nie - wie im Koran - der Vater selbst, von dem sich Abraham lossagte. -
fa-naẓara naẓratan fi n-nuǧūm / fa-qāla ʾinnī saqīm / fa-tawallau ʿanhu mudbirīn / fa-rāġa ʾilā ʾālihatihim fa-qāla ʾa-lā taʾkulūn / mā lakum lā tanṭiqūn / fa-rāġa ʿalaihim ḍarban bi-l-yamīn / fa-ʾaqbalū ʾilaihi yaziffūn / qāla ʾa-taʿbudūna mā tanḥitūn / wa-llāhu ḫalaqakum wa-mā taʿmalūn / qālu bnū lahū bunyānan fa-ʾalqūhu fi l-ǧaḥīm / fa-ʾarādū bihī kaidan fa-ǧaʿalnāhumu l-ʾasfalīn]
Abrahams zeitweise Verscheuchung der Götzendiener durch die – astrologisch begründete – Behauptung, er sei krank, saqīm, V. 7, ist bisher nicht überzeugend erklärt worden. Saqīm steht für physische Schwäche, aber auch für psychisches Leiden etwa Liebeskummer. Daher wäre auch eine Deutung im Sinne von „matt“, „bedrückt“ – wie im Falle Jonas (Q 37:145) möglich, durch die aber der Blick auf Sterne funktionslos würde. Zuletzt hat Strohmaier 2011 für die Reminiszenz einer „sabischen“ Legende plädiert, die um Abrahams Krankheit kreist. Bemerkenswert hier ist der Hinweis auf qalb salīm (wörtlich „gesundes Herz“) Abrahams im V. 84 (siehe dazu TUK, Nr. 316), der gereimt mit und im Gegensatz zu saqīm („krank“) im V. 89 steht. Zu qalb salīm in V. 84.
Für die in V. 97 angedeutete ‚Einmauerung‘ zwecks Verbrennung (wie bei Daniel, Dan 3:19–23) kann Speyer nur eine nachkoranisch kodifizierte Tradition, Ma`aseh Avraham, anführen, siehe BEQ, 139f.. Es könnte dieser Legende von Abrahams Rettung aus dem Feuer, auf die auch bereits Hieronymos anspielt, die Umdeutung einer Metapher zugrunde liegen (Ur Khasdim, Gen 11.28, meint für Hieronymos das „Feuer der Chaldäer“, das bildlich für die Idolatrie der Chaldäer zu verstehen sei), siehe die Hieronymus-Referenz bei Emmanouela Grypeou, TUK, Nr. 1236.
Die Geschichte von der Götzenzertrümmerung, die im Koran mehrmals erzählt wird, projiziert den Anstoß, den der Verkünder an der Verweigerung des Eingottglaubens seitens seiner paganen Gegner in seiner Heimatstadt wahrnimmt, in die Zeit Abrahams. Der Status der Gottheiten, für die Gegner wenn nicht den Rang von Töchtern Gottes, so doch den von Engeln beanspruchen, siehe die Zusatzverse zu Q 53:26–28, wird im Spiegel der Abrahamgeschichte - wo von gemeißelten Götzenfiguren die Rede ist - grotesk noch weiter heruntergespielt – gewiss eine indirekte Verhöhnung der pagagen Zeitgenossen, die in die Nachbarschaft krudester Götzenverehrung gerückt werden. Auf jeden Fall nimmt der Vorwurf, gemeißelte Figuren als Gottheiten zu verehren auf das erste Gebot, Ex 20:1, Bezug – wenn dieses Gebot auch im koranischen Dekalog, Q 17:22–39, fehlt. Indem sich Abraham nicht nur von seinem Volk, sondern auch von seinem Vater lossagt, schwört er dem Prinzip des nasab ab, er begründet eine neue Genealogie, die sich auf eine spirituelle Leitfigur, Gott selbst, bezieht, siehe KTS, 633–637.
wa-qāla ʾinnī ḏāhibun ʾilā rabbī sa-yahdīn / rabbi hab lī mina ṣ-ṣāliḥīn / fa-baššarnāhu bi-ġulāmin ḥalīm]
Nach seiner Rettung von der Verfolgung durch die Götzendiener unterstellt sich Abraham der Leitung Gottes. Sein Gebet um einen Sohn wird erhört, vgl. schon Q 51:28: wa-baššarūhu bi-ġulāmin ʿalīm („Und sie verkündeten ihm einen klugen Knaben.“), siehe Anmerkung zu 51:28; die Erzählung in Q 37 liefert also, wie Sinai 2009, 119 zurecht betont, eine Rechtfertigung der in Q 51 ohne Begründung ergangenen wunderbaren Verheißung, tabšīr, nach. Siehe zur biblischen Verheißung Isaaks TUK, Nr. 460.--> ḥalīm bezeichnet nicht so sehr „trefflich“ (Bobzin 2010, 394), „brav“, „mild“ (KÜ, 315) als „verständig“, „besonnen“; ḥilm ist ein altarabisches ethisches Ideal, mit dem laut den Zeugnissen altarabischer Dichtung die gelegentlichen exzessiven Ausbrüche, ğahl, der vorislamischen Helden ausgeglichen werden, vgl. z.B. Tarafa 12, 54 yazaʿūna l-ǧahla fī maǧlisihim wa-humu ʾanṣaru ḏī l-ḥilmi ṣ-ṣamadi („Sie zügeln die Unbeherrschtheit in ihren Versammlungen und stützen den Besonnenen und Beständigen“), siehe weitere Belege in SEAP, 386.
fa-lammā balaġa maʿahu s-saʿya qāla yā-bunayya ʾinnī ʾarā fi l-manāmi ʾannī ʾaḏbaḥuka fa-nẓur māḏā tarā qāla yā-ʾabati fʿal mā tuʾmaru sa-taǧidunī ʾin šāʾa llāhu mina ṣ-ṣābirīn / fa-lammā ʾaslamā wa-tallahū li-l-ǧabīn / wa-nādaināhu ʾan yā-ʾibrāhīm / qad ṣaddaqta r-ruʾyā ʾinnā ka-ḏālika naǧzi l-muḥsinīn / ʾinna hāḏā la-huwa l-balāʾu l-mubīn / wa-fadaināhu bi-ḏibḥin ʿaẓīm / wa-taraknā ʿalaihi fi l-ʾāḫirīn / salāmun ʿalā ʾibrāhīma / ka-ḏālika naǧzi l-muḥsinīn / ʾinnahū min ʿibādina l-muʾminīn]
Die zweite Geschichte fokussiert Abrahams Bereitschaft, den Sohn zu opfern, die Aqedah, vgl. Gen 22, mit der er erneut seine Höherwertung der spirituellen Bindung gegenüber der familären unter Beweis stellt. - Doch dürfte der das Geschehen einleitende V. 102, der mit seiner prosaischen Form und Überlänge aus dem poetischen Kontext der Sure herausfällt, ein späterer Zusatz sein, s.o. Literarkritik, der die Erzähllücke zwischen der Sohnesankündigung und dessen Opferung schließt. - Er hebt die synergetisch von Vater und Sohn begonnene Opferhandlung hervor, zu der sich der Sohn bereit erklärt hatte. Auf eine spätere Einfügung deutet auch der Sprachgebrauch des Sohnes: die Vorbehaltsklausel ʾin šāʾa llāh wird erst in Q 18 für Aussagen über zukünftiges Tun zur Auflage gemacht.
Die Bedeutung des Kolons fa-lammā balaġa maʿahū s-saʿya ist umstritten. Lexikalisch möglich ist die Deutung von saʿy im Sinne von „Bemühen“, so erwägt Paret (KÜ, 315), „als er soweit herangewachsen war, dass er mit ihm zur Arbeit gehen konnte“. Doch führt er auch die wahrscheinlichere Deutung an; „dass er mit ihm den Lauf (zwischen as-Safa und al-Marwa) machen konnte“. Bei Voraussetzung eines medinischen Zusatzes spricht viel für die Laufritus-Referenz; der auch in Q 2:158 thematisierte Laufritus zwischen aṣ-Şafā und al-Marwa, gehört zu den Ḥaǧǧ-Riten, die als Teil der Lebenswelt der Mekkaner keiner weiteren Beschreibung bedurften. Da die sich in Medina herauskristallisierende Abrahamvita eng mit den mekkanischen Riten verbunden ist, Teile der Kaʿba auch selbst als Erinnerungsorte an Abraham gelten, siehe Sinai 2009, 135–145, Witztum 2009, KTS, 637–652, Neuwirth 2016, legt sich die Annahme einer nachträglichen Einbettung der Akedah-Erzählung in den Wallfahrtskontext nahe. Es wäre dann zu übersetzen: „als er mit ihm bis zum rituellen Lauf gelangt war“, d.h. vor dem Vollzug des die Pilgerfahrt abschließenden Opferritus stand, der dann infolge des Traumgesichts zu einem Sohnesopfer werden soll.
Calder 1986, der ebenfalls die Ḥaǧǧ-Referentialität vertritt, möchte den Anstoß der bei der Deutung von balaġa als „das Alter zu etwas erreichen“ problematischen Syntax – die Bestimmung maʿahū wäre sinnwidrig vorausgezogen – dadurch beseitigen, dass er saʿy als Ort des Laufritus versteht: „als er mit ihm den Ort des Lauf-Ritus erreicht hatte‘. In der hier gewählten Übersetzung wird dagegen auf die Phase des saʿy innrhalb der Ḥaǧǧ-Riten abgehoben. Als Hintergrund für die medinisch erweiterte Erzählung ist die in Q 2:127 dokumentierte Deutung der Aqedah als Gründungsakt für das Heiligtum der Kaaba –mit dem Opferaltar wird die Grundlage für das Heiligtums gelegt – vorauszusetzen, siehe dazu Witztum 2011 und Neuwirth 2016.
Calder 1986, der von üblichen Deutung von ǧabīn als „Stirn“ (Ambros 2004, 56, Bobzin 2010, 394, KÜ, 315) ausgeht, macht auf die rituelle Problematik der koranischen Aussage – Opfer dürfen nicht hinterrücks geschlachtet werden – aufmerksam, zu deren Erklärung bereits die klassischen Exegeten Entschuldigungsgründe gesammelt hatten. Angesichts der zu erwartenden Lokaliserung des Opfers, für das am ehesten ein hochgelegener Ort infrage kommt, zumal der biblische Ort in der jüdischen Tradition mit dem Berg Moria identifiziert wurde. schlägt Calder vor, ǧabīn als eine Modifikation von ǧabʾ („Hügel“) oder ǧabal („Berg“) zu lesen. Es wäre dann zu übersetzen: „Als er ihn dann auf dem Hügel niedergeworfen hatte“. Die Deutung würde durch solche – anerkannten – Fälle von Lautmodifikation wie Q 95:2Ṭūr Sīnīn für Ṭūr Saināʾ, Q 79:16 oder Q 37:130 ʾIlyāsīn für Ilyās unterstützt. Man entgeht diesem Problem, wenn man ǧabīn nicht als Stirn, sondern – wie im heutigen Arabisch geläufig – als „Schläfe“ versteht.
Der Auftrag an Abraham erfolgt – anders als in Gen 22:1 – in einem Traumgesicht. Das entspricht dem biblischen Traumgesicht Abrahams in Gen 15, in dem ihm verheißen wird, dass seinen Nachkommen eine historische Rolle zufallen wird. Eine solche historische Rolle auch für seine arabischen Nachkommen Abrahams kommt erst in Spätmekka, in Q 14:35–41, zur Sprache.
Die im Zusatz V. 102 zum Ausdruck gebrachte – über den biblischen Bericht hinausgehende – Bereitschaft des Sohnes, sich an dem Opfer zu beteiligen, die aus dem Kerntext der Sure nicht explizit hervorging, ist die in der Spätantike in jüdischem wie christlichem Kontext akzeptierte, vgl. Kugel 2008, 126–128. Sie exkulpiert Abraham von der Schuld, den Sohn eigenmächtig seiner persönlichen Gottestreue zu opfern und beseitigt so den Anstoß, dass sich eine vorbildliche Prophetengestalt mit der Bereitschaft zu einer grausamen Handlung verbindet, siehe TUK, Nr. 1243 sowie TUK, Nr. 1245. Zu der bereits frühen jüdischen Umdeutung der biblischen ‚Aqedah‘, der Bindung des Sohnes durch Abraham, in einen Akt einvernehmlicher Opferbereitschaft von Vater und Sohn siehe Schreiner 2007, der die jüdische, und Kundert 1998, der beide, die jüdische und die christliche Rezeption nachzeichnet. Für die nicht nur in der christlichen, sondern auch in der jüdischen Tradition früh entdeckte soteriologische Dimension des Sohnesopfers siehe Pseudo-Philo, Liber Antiquitatum Biblicarum XXXII, 2–3, TUK, Nr. 1245 und Josephus, Antiquitates I, 232–234, TUK, Nr. 1241, siehe auch TUK, Nr. 795, TUK, Nr. 669, und TUK, Nr. 465. Siehe generell zur Akedah in der frühjüdischen Tradition Kundert 1998: 83–179. Zu einer frühen christologischen Deutung siehe die Zeugnisse TUK, Nr. 1239 (Melito von Sardis), TUK, Nr. 1241 (Gregor von Nyssa); siehe weiterhin Kundert, 1998:180–302. Zu ihrer medinischen Refiguration siehe Neuwirth 2016.
In Q 37 scheint eine christliche Relektüre des biblischen Textes mitzuschwingen, denn die Anspielung auf das mit Christus selbst erbrachte „gewaltige Opfer“ in V. 107 ist unüberhörbar, wenn diese auch - wie im Koran - häufig nicht funktional ist, siehe dazu auch die von Yusuf Kouriyhe beigebrachte Homilie von Jakob von Serug (TUK, Nr. 1227).
Dem biblischen Text, Gen 22, zufolge wird Abrahams Bereitschaft zur äußersten Hingabe an Gott belohnt mit der Privilegierung seiner Nachkommen, die fortan durch die ‚Verdienste ihrer Väter‘ gerechtfertigt sein sollen, in Gen 22:18 heißt es: „Durch deine Nachkommen sollen alle Völker der Erde gesegnet werden, weil du auf meine Stimme gehört hast“, vgl. Aurelius 2003, 98–111, Schechter 1909, 179ff. und Firestone 1990, 135–152 sowie 1998. Im koranischen Text dagegen wird Abraham mit einem ehrenden Segensspruch belohnt: Sein Name soll für die neue Gemeinde fortan mit der Formel: „der Segen über ihm“, ʿalaihi s-salām, verbunden werden. Solche Segenssprechungen über die Erzväter, wenn auch von deren eigenen Eltern ausgesprochen, finden sich bereits im Jubiläenbuch, etwa Jub 12, 29. An die Stelle von privilegierender Genealogie tritt im Koran also eine spirituelle Vorbildrolle, die ihn jedoch im Rang nicht über die im weiteren genannten Propheten erhebt.
Die Opfergeschichte um Abraham wird im Koran nur einmal erzählt, in ihrer mekkanischen Version ist sie eine erbauliche Geschichte, die die bedingungslose Treue des Patriarchen bezeugt. Sie erhält jedoch in der medinischen Opferdebatte im Kontext der Wallfahrtsriten eine für die Identitätskonstruktion der Gemeinde herausragende neue Bedeutung, siehe dazu Witztum 2009, Sinai 2009, KTS, 637–652 und Neuwirth 2016.
wa-baššarnāhu bi-ʾisḥāqa nabiyyan mina ṣ-ṣāliḥīn / wa-bāraknā ʿalaihi wa-ʿalā ʾisḥāqa wa-min ḏurriyyatihimā muḥsinun wa-ẓālimun li-nafsihī mubīn]
Der Vers fällt durch das erst in Spätmekka gebräuchliche Prophetenprädikat nabī als späterer Zusatz auf, siehe Bobzin 2009. Er reflektiert vor allem die medinische Debatte um die in der jüdischen Tradition aufrechterhaltene Prärogative der „Verdienste der Väter“, der zufolge alle Nachkommen der Erzväter gerechtfertigt sind. Ein Verständnis von muḥsinun wa-ẓālimun li-nafsihī im pluralen Sinne– Bobzin 2010, 395: „und unter ihren Kindeskindern ist mancher, der Gutes tut, und mancher, der offen frevelt gegen sich“ – ist wahrscheinlicher als eine Beziehung auf die beiden verschieden würdigen Isaak-Söhne, denn der Vers reflektiert eine medinische Polemik, Q 2:124: „als Abraham von seinem Herrn geprüft wurde durch Worte, die er dann erfüllte: ‚ich will dich zu einem Vorbild für die Menschen machen‘. Er sprach: ‚Auch Leute von meinen Nachkommen?‘ Er sprach: ‚Die Frevler umfasst mein Bund nicht“, lā yanālu ʿahdī ẓ-ẓālimīn. Nicht alle Nachkommen Abrahams sind gerechtfertigt, siehe dazu KTS, 640–646.
wa-la-qad manannā ʿalā mūsā wa-hārūn / wa-naǧǧaināhumā wa-qaumahumā mina l-karbi l-ʿaẓīm / wa-naṣarnāhum fa-kānū humu l-ġālibīn / wa-ʾātaināhuma l-kitāba l-mustabīn / wa-hadaināhuma ṣ-ṣirāṭa l-mustaqīm / wa-taraknā ʿalaihimā fi l-ʾāḫirīn / salāmun ʿalā mūsā wa-hārūn / ʾinnā ka-ḏālika naǧzi l-muḥsinīn / ʾinnahumā min ʿibādina l-muʾminīn]
Die weiteren Erzählungen werden – wie die einleitende Noah-Geschichte – nur resumiert. Die Figur des Mose – zu der Namensform siehe JPND, 12f. – der zunächst in Q 87:19, wiederholt in Q 53:36, zusammen mit Abraham als Träger einer Schrifttradition eingeführt war, konnte offenbar von Anfang an als bekannt vorausgesetzt werden, wenn auch nicht in seiner biblischen Rolle als Befreier der Israeliten. Vielmehr begegnete er als Bußprediger, der Pharao zum Eingottglauben bekehren will. Seine Entsendung zu Pharao wurde zunächst in einer Straflegendenliste einfach evoziert: Q 73:15–16; erzählt wurde sie – beginnend mit der Berufung – zum ersten Mal in Q 79:15–26, einer Sure, die Q 37 auch insofern nahesteht, als ihr polemischer Teil, Q 79:27–32, wie Q 37:11 mit der herausfordernden Frage nach der besonderen Anforderung der Menschenschöpfung, ʾa-ʾantum ʾašaddu ḫalqan („War eure Schöpfung schwerwiegender als [...]“) einsetzt. Siehe zu der koranischen Entwicklung des Mose BEQ, 225–263, Neuwirth 2002 und KTS, 653–671. In Q 37 begegnet Mose erstmals zusammen mit Aaron; erwähnt werden wenige, elementare Fakten aus ihrer Geschichte – ihre und ihres Volkes Errettung aus der Bedrängnis, karb wie bei Noah, V. 76, ihr Empfang der Schrift (kitāb hier erstmals), der außerhalb der Rettungsgeschichte erfolgt, ihre Rechtleitung – die die Auszeichnung der beiden Gesandten mit der schon Noah und Abraham gewährten Eulogie und der Versicherung ihrer Belohnung begründen. Statt der sonst stets präsenten Gegnerfigur Pharao – diese begegnete sogar ohne Nennung Moses bereits in Q 89:10, 85:18, 69:9 – wird hier erstmals das zu rettende Volk thematisiert. - Von Aaron war vorher noch nicht die Rede, seine Rolle wird erst in der Mose gewidmeten etwas späteren Sure 20 entfaltet.
Das Bild der Verleihung ‚der Schrift‘ an Mose beruht auf biblischen Aussagen wie Ex 24:12, wo Gott selbst die Tafeln und damit die Torah und die Gesetze an Mose aushändigt: we-ettenah lekha et luhot ha-even we-ha-torah we-ha miswot asher katavti le-horotam („Ich will dir die Steintafeln übergeben, die Weisung und die Gebote, die ich aufgeschrieben habe. Du sollst das Volk darin unterweisen“). In V. 117 könnte bei „Klarheit schaffender Schrift“ an diese „wegweisenden“ Gesetze gedacht sein. Mose ist von mittelmekkanischer Zeit an der Empfänger von Schrift par excellence, wobei wie in der jüdischen Tradition an die gesamte Torah gedacht ist. Die Zuschreibung der gesamten Torah an Mose als ihrem Überbringer wird im Jubiläenbuch expliziert: Jub 1, 27: „Und er sprach zum Engel des Angesichtes: ‚Schreibe auf für Mose vom Beginn der Schöpfung bis wann gebaut wird mein Heiligtum unter ihnen‘“ ; vgl. Berger 1981, 279: „So wie im Dtn Mose der autoritative Sprecher und Offenbarungsmittler ist, wird im Jub nunmehr geklärt, dass genauso auch hinter der gesamten Überlieferung von Gen bis Lev Mose als verantwortliche Autorität steht“.
wa-ʾinna ʾilyāsa la-mina l-mursalīn / ʾiḏ qāla li-qaumihī ʾa-lā tattaqūn / ʾa-tadʿūna baʿlan wa-taḏarūna ʾaḥsana l-ḫāliqīn / llāha rabbakum wa-rabba ʾābāʾikumu l-ʾawwalīn / fa-kaḏḏabūhu fa-ʾinnahum la-muḥḍarūn / ʾillā ʿibāda llāhi l-muḫlaṣīn / wa-taraknā ʿalaihi fi l-ʾāḫirīn / salāmun ʿalā ʾil yāsīn / ʾinnā ka-ḏālika naǧzi l-muḥsinīn / ʾinnahū min ʿibādina l-muʾminīn]
Die Geschichte von Elia, Ilyās, wird im Koran nur dieses eine Mal erzählt, siehe dazu KU, 99–101, BEQ, 406f.; siehe zur Namensform Ilyās, die am ehesten eine christliche Überlieferung reflektiert, siehe JPND, 27; in V. 130 steht nur reimeswegen ʾIlyāsīn. Die Geschichte beschränkt sich auf das eine für Straflegenden charakteristische Detail von Elias Bekämpfung einer Mehrgottverehrung, hier eines fremden Kultes. Wie im biblischen Bericht, 1 Kön 18, gilt sein Angriff Baal, arab. Baʿl, ein Name, der direkt 1 Kön 18:21 entstammen kann, aber auch einem altarabisch geläufigen Gottesnamen entspricht, siehe JPND, 10 und BEQ, 406. Elias Predigt, mit der er den biblischen Gott gegen Baal durchsetzen will, nimmt das biblische Element YHWH hu ha-elohim, 1 Kön 18:39, „der Herr, er ist der Gott“ in V. 124Allāha rabbakum auf, entspricht aber gleichzeitig der aktuellen Situation des Verkünders, der gerade den „Herrn der Welten“ gegen die in der paganen Vätertradition aufrechterhaltenen Mehrgötterkult durchsetzen will.
wa-ʾinna lūṭan la-mina l-mursalīn / ʾiḏ naǧǧaināhu wa-ʾahlahū ʾaǧmaʿīn / ʾillā ʿaǧūzan fi l-ġābirīn / ṯumma dammarna l-ʾāḫarīn / wa-ʾinnakum la-tamurrūna ʿalaihim muṣbiḥīn / wa-bi-l-laili ʾa-fa-lā taʿqilūn]
Ohne dass Lot explizit erwähnt wurde, war bereits in Frühmekka im Kontext von Straflegendenserien vom Ereignisort der sich mit Lot verbindenden Katastrophe als von den „umgewendeten Städten“, d.h. Sodom und Gomorrha, – die nach der hebräischen Sammelbezeichnung mahpekha, al-muʾtafikāt, genannt wurden, vgl. BEQ, 152–158, KU, 15, 136 - die Rede: Q 69:9; 53:53. Die in Q 37 nur kurz gestreifte Lot-Geschichte war frühmekkanisch, in Q 51:31–37 – verbunden mit der Abrahamsgeschichte – und wieder in der Q 37 vorausgehenden Q 54:33–40 – bereits erzählt worden, sie wird hier nur unter dem einen Aspekt der Rettung Lots in Erinnerung gebracht. In Q 51 und Q 54 stand dagegen die Bestrafung bzw. die Warnung des Volkes im Vordergrund; in Q 54 versucht Lot, sein Volk von Übergriffen auf seine Gäste abzuhalten.
Die Gegenwartsreferenz in der Anrede an die Hörer bezieht sich auf die Lage der Ortschaft an einer Handelsstrasse, siehe Schick 2001. Sie ruft zugleich zu einer Reflektion über zerstörte Ortschaften, Ruinen, auf – ein Interesse, dass im Zentrum des nasīb, des Anfangsteils der altarabischen Qaside steht, in der der Dichter klagend an den verlassenen Wohnstätten seiner Stammesgenossen verharrt; siehe dazu KTS, 429, 431; zu dem auch sonst im Koran angesprochenen Motiv des „Ubi sunt qui ante nos in mundo fuere“, siehe Becker 1924 und KU, 29–32, vgl. KTS, 220–223. – Das Geschick der von der Rettung ausgeschlossenen Gattin Lots, hier und in Q 51 als „alte Frau“ bezeichnet, wird erst in Q 27:57 als göttlicher Beschluss erklärt, siehe dazu Schmid 2015. Mit dem Verb ġabara („bleiben“) wird vielleicht auf die Erstarrung der Frau, die sich dem Gebot nicht zurückzublicken, widersetzt hatte (Gen 19:26), angespielt.
wa-ʾinna yūnusa la-mina l-mursalīn / ʾiḏ ʾabaqa ʾila l-fulki l-mašḥūn / fa-sāhama fa-kāna mina l-mudḥaḍīn / fa-ltaqamahu l-ḥūtu wa-huwa mulīm / fa-lau-lā ʾannahū kāna mina l-musabbiḥīn / la-labiṯa fī baṭnihī ʾilā yaumi yubʿaṯūn / fa-nabaḏnāhu bi-l-ʿarāʾi wa-huwa saqīm / wa-ʾanbatnā ʿalaihi šaǧaratan min yaqṭīn / wa-ʾarsalnāhu ʾilā miʾati ʾalfin ʾau yazīdūn / fa-ʾāmanū fa-mattaʿnāhum ʾilā ḥīn]
Jona – siehe zur Namensform Yūnus JPND, 26, zur koranischen Figur, BEQ, 407–410, KU, 155 – war bis dahin erst einmal und nur in einer Anspielung als ṣāḥib al-ḥūt („der mit dem Fisch“), als abschreckendes Beispiel in Q 68:48 erwähnt worden. Seine offenbar problematisch erachtete Geschichte wird nun in groben Zügen entfaltet, ohne dass allerdings der eigentliche Grund für Jonas Flucht, seine Weigerung, als Warner aufzutreten, Jona 1:1–3, explizit erwähnt würde: Jona flieht auf ein vollbeladenes Schiff (V. 140; Jona 1:5), das aber in Seenot gerät, so dass ein Losorakel (V. 141, Jona 1:1–3) den daran Schuldigen ermitteln soll. Das Los fällt auf ihn, er wird von den Seeleuten ins Meer geworfen – mudḥaḍīn in V. 41 bedeutet nicht „verlieren“, sondern „verstoßen werden“. - Er wird von einem Fisch verschlungen V. 142, Jona 2:1), und aus dem Bauch des Fisches nur durch sein Gotteslob - eine Leistung, die in V. 2V. 2 und V. 166 mit den Engeln verbunden wird - gerettet. Sein Gotteslob ist biblisch (Jona 2:3–11) durch den – den Nucleus der Geschichte bildenden – Jona in den Mund gelegten Lobpsalm attestiert, vgl. Kugel 2008, 630–632. Seine Rückwendung zu Gott entspringt seinem Umdenken: das aktive wa-huwa mulīm wird zwar im allgemeinen im Sinne des passiven malūm „tadelnswert“ übersetzt – Bobzin 2010, 396 „als er zu tadeln war“, ähnlich KÜ, 316 – ist aber elliptisch für mulīm nafsahū, „sich selbst tadelnd“, „sich besinnend“ zu verstehen, in diesem Sinne wird es in der wenig späteren Q 21:87 expliziert. - Dieselbe Wendung begegnet bei dem gleichfalls knapp dem Tod des Ertrinkens entrinnenden Pharao in Q 51:40, der ebenfalls umdenkt – laut dem spätmekkanischen Vers Q 10:90 ist er im letzten Moment reumütig. Die Übersetzung in HK I, 527 „Er verdiente sich die Strafe“ ist entsprechend zu korrigieren: „Da war er reumütig“, vgl. Firestone 2004, 66–68.
Gerade Jonas Reue, gepaart mit dem Gotteslob, macht ihn zu einem Modell für den reumütigen Sünder, eine Verbindung, die bereits in der jüdischen Liturgie hergestellt worden ist, wo das Buch Jona als Lesungstext am Versöhnungstag figuriert, siehe dazu Busse 2003, 52–55, Koloska 2015. Bereits die Mischna, Ta`anit 2:1. bezeugt die Berufung auf die Geschichte als Teil eines Bußrituals, siehe Kugel 2008, 629. Die Zeitbestimmung „bis zum Tag, da sie erweckt werden“ könnte, wie Koloska annimmt, eine Reminiszenz der vielfach attestierten christlichen Deutung von Jonas Aufenthalt im Bauch des Fisches als Präfiguration der Hadesfahrt Christi, Mt 12:39–41, Lk 11:29–31, und seiner Auferstehung sein – eine Spur vorausgehender christologischer Lektüren der Geschichte, wie wir sie auch anderswo, etwa in der Mariengeschichte, siehe den Kommentar zu Q 19:28, und in der Josephsgeschichte, siehe den Kommentar zu Q 12:13, 17 vorfinden.
Jona wird auf kahles Land ausgeworfen, V. 145, Jona 2:11, krank und geschwächt – zu saqīim siehe oben zu V. 89 - nicht aber in Schande – dies betont schon Q 68:49wa-lau ʾan tadārakahū niʿmatun min rabbihi la-nubiḏa bi-l-ʿarāʾi wa-huwa maḏmūm („hätte ihn die Huld seines Herrn nicht erreicht, so wäre er schmählich ausgeworfen worden auf kahles Feld“) – irreal ist dabei nicht die Tatsache des Ausgeworfenwerdens, sondern die Schmählichkeit. Dem geschwächten Jona wird zur Stärkung eine schattenspendende Yaqṭīnpflanze, eine Art Kürbis-Pflanze zuteil, die über ihm hochwächst. Biblisch ist von einer Rhizinus-Staude, qiqayon, die Rede, Jona 4:6–11, die für ihr rasches Wachstum bekannt ist; zu der Pflanze siehe Löw 1924–1934. Jonas Sendung an die zu Warnenden endet mit ihrer Umkehr, die ihnen die Rettung für eine begrenzte Frist eröffnet. - Die Geschichte verschweigt die Pointe der biblischen Erzählung: Jonas Zurechtweisung wegen seiner Trauer um die Pflanze, die durch einen Wurmbiss nach kurzer Zeit verdorrt, und seiner Gleichgültigkeit gegenüber dem Geschick der Tausenden von Bewohnern Ninives, die durch seine Predigt gerettet werden können. Das doppelte Versagen Jonas, seine Flucht und seine Gleichgültigkeit, wird im Koran auf eines reduziert, das seinerseits durch seinen Erfolg ausgeglichen zu sein scheint. Seine Geschichte bleibt jedoch – wie die Lots – ohne die Erwähnung einer Auszeichnung und ohne Refrain. Zu weiteren jüdischen und christlichen Deutungen, die aber erst in der Exegese Spuren hinterlassen haben, siehe Busse 2003, 52–55 und Koloska 2015.
fa-staftihim ʾa-li-rabbika l-banātu wa-lahumu l-banūn / ʾam ḫalaqna l-malāʾikata ʾināṯan wa-hum šāhidūn / ʾa-lā ʾinnahum min ʾifkihim la-yaqūlūn / walada llāhu wa-ʾinnahum la-kāḏibūn / ʾa-ṣṭafa l-banāti ʿala l-banīn / mā lakum kaifa taḥkumūn / ʾa-fa-lā taḏakkarūn / ʾam lakum sulṭānun mubīn / fa-ʾtū bi-kitābikum ʾin kuntum ṣādiqīn / wa-ǧaʿalū bainahū wa-baina l-ǧinnati nasaban wa-la-qad ʿalimati l-ǧinnatu ʾinnahum la-muḥḍarūn / subḥāna llāhi ʿammā yaṣifūn / ʾillā ʿibāda llāhi l-muḫlaṣīn]
An die Lesung Biblischer Geschichten scließt eine Predigt an. Der hier nur implizierte Lesung und Predigt verbindende Gedanke ist offenbar die Allmacht Gottes, die sich in der Geschichte dokumentiert und die seine Verbindung zu geschlechtsspezifischen Präferenzen grotesk erscheinen lassen. Damit ist der von den Gegnern vertretene Engelglaube, der diese Allmacht tangieren würde, an seiner empfindlichsten Stelle angegriffen, seiner Involvierung von Geistwesen, deren weibliches Geschlecht sie desavouiert, da es in der empirischen Welt als Makel gelten würde. Mit der bereits den Argumentteil V. 11–74 einleitenden Formel fa-staftihim beginnt eine Engelpolemik Sie nimmt zunächst das Argument aus Q 53:21ʾa-lakumu ḏ-ḏakaru wa-lahū l-ʾunṯā („Soll euch das Männliche, ihm das Weibliche zukommen?“) auf, das sich direkt auf die Bestrebung der paganen Gegner bezieht, ihre weiblichen Gottheiten Allāt, Manāt und al-ʿUzzā vom Verkünder als Töchter Gottes anerkennen zu lassen. Bereits in Q 53 war die Ablehnung des Ansinnens durch das gender-Argument unterstrichen worden, dass Gott ausgerechnet die innerweltlich unerwünschten weiblichen Nachkommen zugeordnet werden sollten, vgl. auch die mit der in Q 37 fast identische Wiederaufnahme des Arguments in Q 52:39ʾam lahu l-banātu wa-lakumu l-banūn („soll er die Töchter haben, ihr die Söhne?“). Die Unterstellung, Gott könne Kinder gezeugt haben, V. 152f., bezieht sich also nicht auf die von den Christen aufrechterhaltende Gottessohnschaft sondern auf diesen paganen Kontext.
Die Zurechtweisung der Gegner gipfelt wieder in dem Vorwurf, keine Vollmacht, sulṭān, für ihre Position zu haben, vgl. das Eingeständnis der ‚Nebengötter‘, keine solche Vollacht zu besitzen, in V. 29f. Die Gegner statuieren eine Genealogie: eine Götterfamilie, bestehend aus Gott und den Ǧinnen, d.h. Geistwesen, denen – wie aus der etwas späteren Q 15:26–43 hervorgeht – die Engel verwandt sind. Der Gedanke ist nicht neu; er lässt sich zurückführen auf das Wächterbuch, (1. Henoch), in dem von prädiluvialen Gottessöhnen, bene elohim, die Rede ist, Engeln, von denen einige sich mit Menschentöchtern versippt haben und die eine für die Menschen verhängnisvolle Rolle spielen, siehe Crone 2013, Schäfer 1975. Das Reizwort nasab, hier auf die genealogische Verbindung zwischen Gott und Ǧinnen bezogen, verweist zurück auf die bereits zum Topos gewordene Polemik gegen die Clanzugehörigkeit der Ungläubigen, die ihren Vätern auf den Fersen folgen, was in V. 69f. als Grund ihres Verhängnisses ausgemacht worden war. - V. 158 bringt die Polarität zwischen den Ungläubigen und den nunmehr zu einer Gemeinde von Gottesdienern gefestigten Gläubigen, ʿibāda llāhi l-muḫlaṣīn, wie in V. 40, 74, 128 und wieder V. 169, zum Ausdruck.
fa-ʾinnakum wa-mā taʿbudūn / mā ʾantum ʿalaihi bi-fātinīn / ʾillā man huwa ṣāli l-ǧaḥīm / wa-mā minnā ʾillā lahū maqāmun maʿlūm / wa-ʾinnā la-naḥnu ṣ-ṣāffūn / wa-ʾinnā la-naḥnu l-musabbiḥūn]
Es legt sich nahe, in dieser Polemik bereits den Anfang der direkten Rede der Engel zu sehen, die wehrhaft einen Angriff von Gott, ʿalaihi ,V. 162, abwenden, und die sich in V. 164ff. zwar nicht explizit, aber doch durch ihre Selbstbeschreibung als diejenigen, die in Querreihen schreiten und diejenigen, die Gotteslob singen, zu erkennen geben. Der Vorwurf gegen die Gegner wird zusammengefasst in der Ohnmachtsbehauptung: die Ungläubigen und niedrigen Geistwesen werden gegen Gott mit keinem Verführungsversuch, fitna, etwas ausrichten können – fitna ist eine Prärogative Gottes, vgl. V. 63 - , außer bei denen, die ohnehin für das Höllenfeuer bestimmt sind. Die Qualifikationen aus V. 1 und 3 sind nun in die Form maskuliner Partizipien gekleidet, denn die Engel werden nicht geschlechtsspezifisch vorgestellt, gegen ihre Identifikation mit weiblichen Gottheiten wurde erst kurz vorher, V. 149f., polemisiert. Ihre grammatisch weibliche Repräsentation in V. 1–3 war der Schwurstableau-Konvention geschuldet, siehe oben. Solche direkten Reden von nicht mit der göttlichen Stimme identischen Sprechern sind im Koran die seltene Ausnahme.
Die Selbstdarstellung des Engelheeres scheint Antwort auf die Behauptung der Gegner in der vorausgehenden Q 54 zu sein, die sich selbst als eine – von ungenannten Kräften – unterstützte Truppe darstellen, der jedoch ihre Überwältigung angekündigt wird, Q 54:44f.: ʾam yaqūlūna naḥnu ǧamīʿun muntaṣir / sa-yuhzamu l-ǧamʿu wa-yuwallūna d-dubur („Oder sagen sie: wir sind ein Heer, dem Hilfe geleistet wird? / Doch wird ihre Schar besiegt werden und die Flucht ergreifen“). Die Selbstaussage der Engel wa-ʾinnā la-naḥnu l-musabbiḥūn erinnert an die Worte der die Engel nachbildenden Gläubigen in der Anamnese der Chrysostomos-Liturgie (Kallis 1993, 131): Se hymnoumen, se eulogoumen, Iyyāka nusabbiḥ, iyyāka nubārik („Dir singen wir, dich preisen wir“).
wa-ʾin kānū la-yaqūlūn / lau ʾanna ʿindanā ḏikran mina l-ʾawwalīn / la-kunnā ʿibāda llāhi l-muḫlaṣīn / fa-kafarū bihī fa-saufa yaʿlamūn / wa-la-qad sabaqat kalimatunā li-ʿibādina l-mursalīn / ʾinnahum la-humu l-manṣūrūna / wa-ʾinna ǧundanā la-humu l-ġālibūn / fa-tawalla ʿanhum ḥattā ḥīn / wa-ʾabṣirhum fa-saufa yubsirūn / ʾa-fa-bi-ʿaḏābinā yastaʿǧilūn / fa-ʾiḏā nazala bi-sāḥatihim fa-sāʾa ṣabāḥu l-munḏarīn]
Die Rede kehrt zur Aussage des Verkünders zurück, der nun die Schutzbehauptung der Gegner zurückweist, sie seien nur wegen der fehlenden Überlieferung (ḏikr) des Eingottglaubens durch die Vorfahren nicht zu seiner Annahme bereit – denn eine Belehrung der Alten darüber ist durch die Gesandten erfolgt. Die Gegner erkennen das – für den Verkünder einzig als Beglaubigung zählende – Gesandtenparadigma nur nicht als verpflichtend an. Zwei Modelle der Wissensüberlieferung stehen einander gegenüber: die durch nasab, Vorvätertradition, gewährleistete und die durch biblische Tradition, verkörpert in den heilsgeschichtlichen Akteuren. Die neuen Gläubigen haben diese durch Schrift verbürgte Wissensgenealogie an die Stelle der alten, durch Blutsbande verbürgten, gestellt. Die Überlegenheit der Gesandten gegenüber ihren Gegnern war bereits in der Vorzeit durch göttliche Entscheidung verhängt, die Zusage des naṣr, der „Unterstützung“ –ʾinnahum la-humu l-manṣūrūn – nimmt auf den Anspruch auf ein solches Privileg seitens der Ungläubigen in Q 54:44f. Bezug: nicht die durch Nebengötter oder niedere Geistwesen gestützten Paganen, sondern die den einen Gott verkündenden Gesandten werden siegreich sein, wie auch die Heerscharen Gottes – eine deutliche Referenz auf die laut V. 1 und 165 in Querreihen schreitenden Engel, die sich zu einem Heer, ǧund, formieren, siehe dazu V. 1.
Zu den zwei vielleicht aus dem Schlussgesätz eingedrungenen V. 174f. siehe Literarkritik. V. 177 führt 173 und 176 weiter. - Die Androhung einer plötzlichen Überfall-artigen Strafe erinnert an frühere ähnliche Bilder, vgl. Q 79:13f. fa-ʾinnamā hiya zaǧratun wāḥidah / fa-ʾiḏā hum bi-s-sāḥirah („Und doch wird es sein nur ein einziger Aufschrei, schon sind sie geweckt zu hellem Wachen“) und Q 100:1–5.
wa-tawalla ʿanhum ḥattā ḥīn / wa-ʾabṣir fa-saufa yubsirūn / subḥāna rabbika rabbi l-ʿizzati ʿammā yaṣifūn / wa-salāmun ʿala l-mursalīn / wa-l-ḥamdu li-llāhi rabbi l-ʿālamīn]
Suren-abschließender Prophetentrost, vgl. in derselben Position schon Q 51:54fa-tawalla ʿanhum fa-mā ʾanta bi-malūm („Darum wende dich von ihnen ab, dann bist du nicht zu tadeln“); in der Q 37 vorausgehenden Q 54 steht ein ähnlicher Trost, dort allerdings eschatologisch eingebettet, am Schluss des Anfangsteils: fa-tawalla ʿanhum („Wende dich ab von ihnen!“) - Der Surenschluss führt noch einmal die wichtigsten formelhaften Aussagen der Sure zusammen: er verweist mit der – nun polemisch auslautenden Doxologie V. 180 auf die Doxologie in V. 4 zurück, vor allem aber mit der Propheteneulogie auf die Erzählungen von Noah, Abraham, Mose, Aaron, und Elia. Mit dem abschließenden Gotteslob wird die fātiḥa (Q 1:2) evoziert, deren Schlussvers bereits in V. 23 in einer sarkastischen Umkehrung abgerufen worden war. Dass die fātiḥa in der mittelmekkanischen Zeit als Gemeindegebet in Gebrauch war, geht aus verschiedenen koranischen Zeugnissen hervor, siehe Neuwirth 1991b und KTS, 371–373. Ihre genaue Position unter den Suren ist jedoch schwer auszumachen.
Literaturliste
Die Sure steht in GdQ, 123 , unter den mittelmekkanischen Suren nach Q 54 an zweiter Stelle. Die Einordnung wird durch verschiedene Beobachtungen bestätigt. Q 37 führt den Diskurs aus Q 54 weiter: die Verhöhnung des in Q 54:1–2 als Eingangssignal präsentierten Zeichens der ‚Mondspaltung‘ als (Wort-)Zauber wird in Q 37:14f. wieder aufgenommen; das Argument aus Q 54:4–5, dass dank der Gesandten-Entsendungen das entscheidende Wissen vorliege, wird in Q 37 durch die Erzählung weiterer Straflegenden und die den Gesandten im Vorherein gewährte Versicherung ihres Sieges, Q 37:173f., erhärtet. Auch stilistische Elemente wie die zur Einleitung des Polemikteils Q 54:43 eingesetzte rhetorische Frage ʾa-kuffarukum + Komparativ + min, werden wieder aufgenommen: Q 37:11 ʾa-ʾantum + Komparativ + min, und Leitmetaphern wie das militärische Bild der Truppe von übernatürlichen Helfern in Q 54:44f. erscheinen wieder, in Q 37:172f., nun jedoch mit erhöhter Bedeutung, da als Engelheer erkennbar. Vor allem aber erhalten diese in Q 54 noch isoliert eingeführten Elemente eine deutliche Stoßrichtung: Die Heeresmetapher, in Q 54 nur für die angemaßte Stärke der Gegner stehend, wird in eine Debatte um den Status der übernatürlichen Wesen eingepasst. Auch die Funktion der Gesandtenentsendung kann nun argumentativ ausgeschöpft werden, insofern deren Lehre als Gegenmodell zu einer überkommenen Autoritätsquelle, der von den Vätern überlieferten sunna, erscheint. Wie in Q 54 begegnet eine Erzählserie, nun Noah, Abraham, Mose, Elia und Lot und Jona behandelnd, wie dort münden die Erzählungen auch hier in einen mehrere Verse umfassenden Refrain ein.
Die zentrale Prophetenerzählung der Sure, um Abraham, exempliziert die bei der Option zwischen Familienbindung und Gottestreue zu treffende Wahl zugunsten einer spirituellen Genealogie an Stelle der biologischen. Die damit thematisierte Genealogie/nasab-Problematik ist aber nicht auf die innerweltlichen Beziehungen begrenzt, sondern hat eine ebenso kontroverse Entsprechung in dem von den Gegnern hergestellten nasab zwischen Gott und den Geistwesen/Nebengöttern – eine Wiederaufnahme der Vorstellung von den gefallenen Engeln, „Gottessöhnen“, die im „Wächterbuch“ (1. Henoch) thematisiert sind, siehe Crone 2013. In mittelmekkanischer Zeit ist der Prozess der Überlagerung, „supersession“, der älteren Vorstellung von Gottheiten – die in Q 53:19f. noch Allāt, Manāt und al-ʿUzzā heißen, die aber bereits im Zusatz zur Sure, V. 26–27, von den Ungläubigen als Engel ausgegeben werden – durch Engel im vollen Gange.
Die Sure schließt mit ihrer Engeldarstellung eng an Q 53 und Q 52 an, wo dem Versuch der Gegner, weibliche Gottheiten als Töchter Gottes – oder, wie in einem späteren Argumentationsgang vertreten: als Engel weiblichen Geschlechts – zu etablieren, mit Ablehnung begegnet wurde. Q 37 greift dabei auf das gender-Argument aus Q 53:21f. zurück, dass die Herantragung von innerweltlich unerwünschten Töchtern an Gott nur als grotesk gelten könne. In Q 37 hat sich die Auseinandersetzung mit Geistwesen, zu denen auch die Ǧinnen gehören, jedoch bereits ausgeweitet. Die von den Gegnern verehrten ‚Nebengötter‘ sind in ihrer Masse nicht weiblich vorgestellt sondern entsprechen den gefallenen Engeln aus dem Wächterbuch. Siehe HK I 642–585.
Die Sure wird letztmalig mit einem Schwurtableau eingeleitet: die vorher enigmatisch belassenen kosmischen Akteure, die an der Vorbereitung der eschatologischen Ereignisse beteiligt waren, sind jetzt nicht mehr meteorologische oder mythische Erscheinungen, sondern erweisen sich als theologisch revelante Kräfte, als das bereits biblisch bekannte Engelheer, das den „Herrn der Heerscharen“ umgibt. Diese Gott nahestehenden Engel werden kontrastiv zu den niederen Geistwesen eingeordnet.
Die Sure als ganze scheint die Existenz einer Kultgemeinde zu reflektieren, deren Angehörige in Nachahmung der himmlischen Heerscharen (V. 1–3) bzw. der Propheten (V. 143) Gottesdienst darbringen. Denn der Text nimmt mehrfach Zitatsplitter aus dem Gemeindegebet, der fātiḥa, auf: nicht nur endet Q 37 (V. 182) mit dem Zitat des Anfangs der fātiḥa (Q 1:2), al-ḥamdu li-llāhi rabbi l-ʿālamīn, das vielleicht kultisch, als Aufruf zur Rezitation der fātiḥa, gemeint ist; sie paraphraisert auch in dem Mose-Aaron-Bericht einen fātiḥa-Vers (Q 37:18) wa-hadaināhumā ṣ-ṣirāṭa l-mustaqīm, vgl. Q 1:6. Darüber hinaus weist sie zweimal auf die Konstante des Irregehens (ḍalla, Q 37:69, Q 37:71, vgl. Q 1:7) hin, vor dem allein göttliche Huld (niʿma, Q 37:19, vgl. Q 1:7allaḏīna ʾanʿamta ʿalaihim) bewahrt. Auch die – frühmekkanisch erst dreimal: in Q 83:6, 69:43, 56:80 begegnende – Benennung Gottes mit rabbu l-ʿālamīn (vgl. Q 1:2) fehlt nicht: Q 37:87, 182. Die erstmalige Betonung der als Kollektiv vorzustellenden Gottesdiener, ʿibād muḫlaṣūn, Q 37:40, 74, 128, 160, 169, die sowohl frühere als auch Zeitgenossen umfassen, spricht für dieselbe neue Entwicklungsstufe im Selbstverständnis der Gemeinde als zum biblischen Gottesvolk gehörig.
Literaturliste
Die Sure ist dreiteilig, sie folgt einer klaren Komposition, deren Form-Absicht sich auch in den relativ deutlichen Proportionen der Hauptteile reflektiert: I 10+64 / II 72 / III 32. Sie setzt ein mit einem Schwurtableau, d.h. einer Reihe von Schwüren bei nicht explizit, sondern metonymisch benannten Akteuren, die an dem Prozess der Erweckung der Toten beteiligt sind. Aufgrund früherer Aussagen über den himmlischen Hofstaat sind sie als Engel leicht identifizierbar. Damit treten erstmals handelnde Personen an die Stelle von meteorologischen bzw. mythischen Kräften, wie sie in den früheren Schwurtableaus üblich waren. Die Schwuraussage – vielleicht der Wortlaut des von den Engeln artikulierten Gotteslobs – ist eine Doxologie, die Gott als Herrn der Himmel und der Erde ins Bild bringt. An das Stichwort „Himmel“ knüpft eine polemische Bestreitung der Macht von Dämonen, niederen Geistwesen, an, die von den Grenzen des Himmels abgewehrt und damit von dem Wissen der Schreiberengel abgeschnitten werden sollen. Denn es geht um genuine, prophetische Inspiration, von der Dämonen ausgeschlossen werden müssen. Damit ist der Antagonismus benannt, der die Sure durchzieht: der Gegensatz zwischen göttlich bevollmächtigten und nicht bevollmächtigten übernatürlichen Kräften.
Die Andeutung einer Diskussion um die aus verschiedener Materie geformten Geschöpfe, unter denen die selbstherrlichen Menschen keineswegs eine Vorrangstellung einnehmen, leitet über in eine Polemik. Sie greift ein kurz vorher, in Q 54:2, berichtetes Zeichen für die nahegerückte Stunde der Erweckung auf, über das die Gegner spotten. Sie nehmen Anstoß an der Vorstellung einer Erweckung, die nicht nur mit dem empirisch bekannten postmortalen Zustand der Menschen unvereinbar ist, sondern die auch den Status der Vorväter in Frage stellen würde: Diese Väter sind als Garanten des genealogischen Ansehens, des nasab, Teil der stolz behaupteten Clanzugehörigkeit der paganen Sprecher (siehe Hoyland 2001), sie in eine universale Erweckung einzubeziehen, würde dieses Verhältnis nivellieren. Wie in dem späteren V. 69f. expliziert wird, liefert die Vätertradition auch das Modell für die Mehrgottverehrung.
Um diese Instanz zu entmachten, wird ein Szenario entworfen, in dem die Gegner mit ihren ‚Nebengöttern‘ versammelt sind und mit einander ins Gespräch treten. Sie alle befinden sich vor dem Eintritt ins Höllenfeuer, wo die falschen Gottheiten, die als „Irregehende“ den gefallenen Engeln aus dem ersten Buch Henoch sehr nahekommen, ihren Anhängern Rede stehen müssen und nun ihre fehlende Legitimation, ihre fehlende ‚Vollmacht‘, eingestehen. Eine Rückblende beleuchtet noch einmal das Auftreten der Ungläubigen, die dem Aufruf zum Eingottbekenntnis nicht folgten, sondern den Verkünder als Dämonen-inspirierten Dichter verspotteten. In der Entgegnung darauf wird erstmals die in Q 54 noch implizite Überzeugung explizit gemacht, dass der Verkünder nicht nur die Wahrheit überbringt, sondern auch die Botschaft der früheren Gottgesandten bestätigt, dass er also selbst in einer spirituellen Genealogie, der Gesandtenkette, steht.
Der Gesprächsszene vor der Hölle folgt eine Gesprächsszene im – zuvor als üppige Naturszene beschriebenen – Paradies. Das früher statische Diptychon von Paradies und Hölle wird damit auf das Niveau eines komplex besetzten Gesprächsorts gehoben. Von einem der Seligen wird teichoskopisch ein einstiger Gegner ausgemacht, der nun mit einem erweckungs-skeptischen Ausspruch zitiert wird. Seiner Unfähgkeit, sich eine Erweckung nach dem postmortalen physischen Verfall vorzustellen, steht die Rede der Seligen entgegen, die den Tod als ein nur vorläufiges Ereignis, einen vorübergehenden, „ersten Tod“, entschärfen.
Der Paradiesbeschreibung wird noch einmal eine Höllenbeschreibung gegenübergestellt, in der die vorher als Nahrung der Seligen gepriesenen Früchte in den verhängnisvollen Früchten des Zaqqūm-Baums ihre Entsprechung finden. Wie der Paradiesbaum der biblischen Tradition zufolge eine ‚Begierde der Augen‘ erweckt, so bewirken die Früchte des Höllenbaumes eine unersättliche Essbegierde, die auch noch unstillbaren Durst auslöst. Diese Qualen sind Strafe für die von den Vätern übernommenen Verhaltensweisen – die Verehrung von ‚Nebengöttern‘ – seitens der Verdammten. Der Vätertradition steht also frontal die Gesandtentradition gegenüber, von der der anschließende „Lesungsteil“, der Mittelteil der Sure handelt.
Das Zentrum der Sure ist von Erzählungen aus der Heilsgeschichte besetzt, liturgisch gesehen einer „Lesung“, mit der die Hörer aus dem Streit um Alleinverfügung Gottes über die Welt und ihre legitime Vermittlung an die Menschen heraus in eine ferne, aber mit Autorität besetzte Vergangenheit entführt werden. Wie in Mittelmekka die Regel verlagert der Mittelteil der Sure den Diskurs also in die biblische Heilsgeschichte. Er enthält verschieden ausführliche Berichte über insgesamt sieben Gesandte, die in sechs Episoden eingepasst sind. Die Serie beginnt mit Noah, dessen Gefährdung und Rettung kurz erwähnt werden, bevor ein Refrain von vier Versen seine Eulogie festhält und seine verdiente Belohnung konstatiert. Es folgt die Doppelerzählung über Abraham. Sie ist im Koran einmalig detailliert ausgemalt und bildet das Herzstück der gesamten Sure. Nachdem Abrahams besondere Gottesnähe bereits in der Philoxenie-Geschichte, d.h. der Bewirtung der göttlichen Gesandten, in Q 51:24–30 erzählt worden war, wird er nun zur Beispielfigur für die geforderte Absage an die Verehrung von Erscheinungen außer Gott und zugleich zum Pionier der Erreichung eines Genealogie-freien Status: er schwört den Götzen seines Vaters ab und bricht die persönliche Verbindung zum Vater ab.
Die zweite Abraham-Erzählung, die Aqedah, die ‚Bindung des Sohnes‘, zeigt Abraham, nachdem er seinen Vater verlassen hat, vor den Auftrag gestellt, seinen Sohn zu opfern, wozu er laut einem medinischen Zusatz – entsprechend der rabbinischen Deutung der Genesis-Erzählung – dessen Einwilligung erhalten hat. Doch bereits seine eigene Bereitschaft zum Opfer, die im Kerntext gemäß der biblischen Version allein fokussiert ist, trägt Abraham eine hohe Anerkennung ein: zwar nicht wie im biblischen Text, Gen 22:18, die Vorrangstellung seiner Nachkommen, doch eine Eulogie auf ihn selbst, die ihm seine Beispielrolle in der Erinnerung seiner spirituellen Nachkommen, d.h. der Gläubigen sichert. Die durch zwei spätere Ergänzungen aufgebrochene Darstellung weist auf ihre spätere Relektüre und rigorose Umdeutung im Kontext der Debatten mit den medinischen Juden voraus, siehe Neuwirth 2016.
Die Serie kehrt dann – nachdem mit Abraham kein Gesandter, sondern ein beispielhafter Frommer vorgestellt worden war – zu den Gesandtenfiguren, zurück, die einem unbotmäßigen Volk predigen und – in der Regel, mit der einzigen Ausnahme des Jona – dabei scheitern. Es folgen zunächst Mose und Aaron, die zusammen auftreten, und deren Rettung vor einer ungenannt bleibenden Katastrophe hervorgehoben wird. Moses vergebliche Mission bei Pharao, ist dabei als bekannt vorausgesetzt. Neu ist die Einbeziehung seines Volkes in das Rettungsgeschehen, ebenso wie der Gedanke der Verleihung der Schrift an Mose. – Einmalig im Koran wird die Geschichte von Elia erzählt, die ihn bei seiner Bemühung einblendet, den biblischen Schöpfergott gegen den paganen Baal durchzusetzen. Erst darauf folgt eine Erinnerung an den sonst direkt mit Abraham assoziierten Lot. Abgeschlossen wird die Serie durch die Jona-Geschichte, die ebenso wie die von Lot keinen Refrain mehr trägt – ein Hinweis auf die auch in der spätantiken Tradition nicht unambivalente Rolle der beiden Figuren. Insgesamt exemplifiziert die Erzählserie aber die neu in den Vordergrund tretende Vermittlerinstanz des Warner-Propheten, der sich beherzt dem Unglauben seines Volkes entgegenstellt im Idealfall Abrahams auch bedingungslose Gottestreue beweist.
Unmittelbar daran anschließend folgt mit Teil III eine Predigt, die zum Dialog mit den Hörern zurückkehrt. Sie setzt wieder mit der Aufforderung zur Befragung ein, nun auf eine konkrete Göttinnen-Polemik Bezug nehmend, die in Q 53 und Q 52 entfaltet worden war. Sie zielt auf die Zurückweisung der Möglichkeit, dass mit den altarabischen Göttinnen weibliche Engel gemeint sein könnten, noch mehr aber auf die Unterstellung, Gott habe überhaupt Kinder, Töchter, gezeugt. Das letztliche Kriterium der Wahrheit für Aussagen über Gott ist eine göttliche Vollmacht, eine Schrift, auf die sich die Propheten berufen können, die die Gegner aber nicht vorweisen können. Die Engel selbst treten nun als Stimmen in die Debatte ein und geben sich – als für sich selbst sprechende Akteure, nicht mehr als Schwurobjekte wie am Surenanfang, daher formal in Maskulin Plural – als die Heerscharen, „die in Reihen Schreitenden“, zu erkennen. Nicht nur ist eine Zusicherung von Unterstützung an die Gesandten bereits früher erfolgt, auch wird Gottes Heer, ǧundunā, siegreich sein – eine neuerliche Entgegnung auf die Behauptung der Gegner in Q 54:44f., dass ihre Truppe, ǧamīʿ, (durch übernatürliche Kräfte) unterstützt sein würde. Der Kampf zwischen beiden Parteien, den jeweils als Unterstützer beanspruchten übernatürlichen Kräften, also zwischen den ‚Nebengöttern‘ und den den gottnahen Engeln, findet nicht wie in der apokalyptischen Literatur auf Erden statt, vgl. Schäfer 2011, 171, siehe Q 54:44f., sondern ist eschatologisches Geschehen, ein nicht weiter spezifiziertes Vorspiel des Jüngsten Tages. - Ein Prophetentrost, „wende dich ab“, beschließt die Sure, gefolgt von der Wiederaufnahme eines Refrainverses auf die Gesandten und einem Zitat der - in der Sure auch sonst mehrmals evozierten - fātiḥa.
Literaturliste
Die Gemeinde steht in einer heftigen Auseinandersetzung um vor allem zwei von den Gegnern behaupteten Prärogativen: zum einen die Existenz von übernatürlichen Kräften neben Gott, unter denen sie vor allem ihre namentlich ungenannten ‚Nebengötter‘ (als Instanzen einer endzeitlichen Auseinandersetzung eingeführt in Q 54) und ihre Göttinnen (seit Q 53 Thema) verstehen, zum anderen die Macht der Genealogie oder Vätertradition. Der Verkünder hat ersterer Behauptung eine jüdisch-christlich geprägte Gegenversion: die Macht der zum himmlischen Hofstaat gehörigen Engel entgegenzuhalten. Engel bilden das himmlische Heer, sie sind Vorbilder der Gott lobpreisenden Gemeinde und zugleich die Vorboten des Jüngsten Tages, während die ‚Nebengötter‘, an die gefallenen Engel des Henoch-Buches erinnernd - allenfalls (machtlose) Teilnehmer an der endzeitlichen Auseinandersetzung sein werden, sich aber als Vorbilder nur negativ bewähren, indem sie ihre Anhänger durch Verführung ins Unheil stürzen. Sie sind ohne göttliche Vollmacht, haben keinen Platz in den Schriften. Der zweiten Prärogative wird die Vita Abrahams, der sich vorbildlich statt der Vätertradition auf sein Gottvertrauen stützt, entgegengesetzt. Darüberhinaus wird der gesamten von den Gegnern vertretenen Vorstellungswelt, nach welcher sie in einer von den Vätern ererbten Loyalität zu Nebengöttern stehen, eine Angelologie entgegengestellt, die sich ihrerseits in der Lebenswelt verankert hat: Denn der himmlischen Liturgie der Engel wird nun – wie eine Spiegelung – die irdische Liturgie der Gläubigen gegenübergestellt, der Lobpreis der Menschen, wie er sich in der zu dieser Zeit eingeführten fātiḥa manifestiert, die im Schlußvers der Sure anzitiert wird.
Autorität, sulṭān, ist in den Schriften niedergelegt, an denen die Gegner keinen Anteil haben. Sie wird vermittelt durch die Gesandten, die als Garanten der rechten Ordnung an die Stelle der Väter getreten sind. Der hier dokumentierte Anschluss an das Vorbild der – auf den Schultern der Gesandten – stehenden Schriftreligion mit ihren typologisch vorgeformten Verbalisierungen in der Liturgie manifestierte sich auch in der schon für Q 54 charakteristischen Berufung auf die früheren Propheten.