بِسۡمِ ٱللَّهِ ٱلرَّحۡمَٰنِ ٱلرَّحِيمِ |
Im Namen Gottes, des barmherzigen Erbarmers! |
طسٓمٓ |
I11 Ṭā sīn mīm. |
تِلۡكَ ءَايَٰتُ ٱلۡكِتَٰبِ ٱلۡمُبِينِ |
2 Dies sind die Zeichen der deutlichen Schrift. |
لَعَلَّكَ بَٰخِعٌۭ نَّفۡسَكَ |
23 Vielleicht bist du niedergedrückt, |
أَلَّا يَكُونُوا۟ مُؤۡمِنِينَ |
weil sie nicht gläubig sind. |
إِن نَّشَأۡ نُنَزِّلۡ عَلَيۡهِم مِّنَ ٱلسَّمَآءِ ءَايَةًۭ |
4 Wenn wir wollen, senden wir ein Zeichen vom Himmel auf sie hinab, |
فَظَلَّتۡ أَعۡنَٰقُهُمۡ لَهَا خَٰضِعِينَ |
vor dem ihre Nacken gebeugt bleiben. |
وَمَا يَأۡتِيهِم مِّن ذِكۡرٍۢ مِّنَ ٱلرَّحۡمَٰنِ مُحۡدَثٍ |
5 Keine neue Mahnung vom Barmherzigen kommt zu ihnen, |
إِلَّا كَانُوا۟ عَنۡهُ مُعۡرِضِينَ |
ohne dass sie sich von ihr abwenden. |
فَقَدۡ كَذَّبُوا۟ فَسَيَأۡتِيهِمۡ أَنۢبَٰٓؤُا۟ |
6 Sie haben geleugnet, doch die Nachrichten werden zu ihnen kommen, |
مَا كَانُوا۟ بِهِۦ يَسۡتَهۡزِءُونَ |
über die sie gespottet haben. |
أَوَلَمۡ يَرَوۡا۟ إِلَى ٱلۡأَرۡضِ |
7 Haben sie denn nicht gesehen, |
كَمۡ أَنۢبَتۡنَا فِيهَا مِن كُلِّ زَوۡجٍۢ كَرِيمٍ |
wie viele edle Arten wir auf der Erde haben wachsen lassen? |
إِنَّ فِی ذَٰلِكَ لَٴَايَةًۭ ۖ |
38 Darin liegt ein Zeichen, |
وَمَا كَانَ أَكۡثَرُهُم مُّؤۡمِنِينَ |
doch die meisten von ihnen glauben nicht. |
وَإِنَّ رَبَّكَ لَهُوَ ٱلۡعَزِيزُ ٱلرَّحِيمُ |
9 Dein Herr jedoch ist der Mächtige und Barmherzige. |
وَإِذۡ نَادَىٰ رَبُّكَ مُوسَىٰۤ |
II410 Als dein Herr rief: „Moses, |
أَنِ ٱئۡتِ ٱلۡقَوۡمَ ٱلظَّٰلِمِينَ |
geh zu deinem Volk, das Unrecht tut, |
قَوۡمَ فِرۡعَوۡنَ ۚ |
11 zum Volk Pharaos. |
أَلَا يَتَّقُونَ |
Wollen sie nicht gottesfürchtig sein?“ |
قَالَ رَبِّ |
12 Moses sagte: „Mein Herr, |
إِنِّیٓ أَخَافُ أَن يُكَذِّبُونِ |
ich befürchte, dass sie mich der Lüge zeihen. |
وَيَضِيقُ صَدۡرِی وَلَا يَنطَلِقُ لِسَانِی |
13 Die Brust ist mir eng und meine Zunge ist nicht gelöst. |
فَأَرۡسِلۡ إِلَىٰ هَٰرُونَ |
Deshalb sende zu Aaron. |
وَلَهُمۡ عَلَىَّ ذَنۢبٌۭ |
14 Auch haben sie mir eine Sünde vorzuwerfen, |
فَأَخَافُ أَن يَقۡتُلُونِ |
deshalb fürchte ich, dass sie mich töten. |
قَالَ كَلَّا |
15 Der Herr sprach: „Nein! |
فَٱذۡهَبَا بِـَٔايَٰتِنَآ ۖ |
So geht beide hin mit unseren Zeichen |
إِنَّا مَعَكُم مُّسۡتَمِعُونَ |
Wir sind mit euch und hören hin. |
فَأۡتِيَا فِرۡعَوۡنَ فَقُولَآ |
16 Geht zu Pharao und sagt: |
إِنَّا رَسُولُ رَبِّ ٱلۡعَٰلَمِينَ |
„Wir sind die Gesandten des Herrn der Weltbewohner.“ |
أَنۡ أَرۡسِلۡ مَعَنَا بَنِیٓ إِسۡرٰٓءِيلَ |
17 Sende die Israeliten mit uns!“ |
قَالَ أَلَمۡ نُرَبِّكَ فِينَا وَلِيدًۭا |
518 Pharao sagte: „Haben wir dich nicht als Kind bei uns großgezogen |
وَلَبِثۡتَ فِينَا مِنۡ عُمُرِكَ سِنِينَ |
Und hast du nicht einige Jahre deines Lebens unter uns verweilt? |
وَفَعَلۡتَ فَعۡلَتَكَ ٱلَّتِی فَعَلۡتَ |
19 Dass du die Tat begangen hast, die du begangen hast, |
وَأَنتَ مِنَ ٱلۡكَٰفِرِينَ |
war undankbar. |
قَالَ فَعَلۡتُهَآ إِذًۭا |
20 Moses sagte: „Ich beging sie damals, |
وَأَنَا۠ مِنَ ٱلضَّآلِّينَ |
als ich in die Irre ging. |
فَفَرَرۡتُ مِنكُمۡ لَمَّا خِفۡتُكُمۡ |
21 Dann floh ich aus Angst vor euch. |
فَوَهَبَ لِی رَبِّی حُكۡمًۭا |
Da schenkte mein Herr mir Urteilskraft |
وَجَعَلَنِی مِنَ ٱلۡمُرۡسَلِينَ |
und machte mich zu einem der Gesandten. |
وَتِلۡكَ نِعۡمَةٌۭ تَمُنُّهَا عَلَىَّ |
22 Und das ist eine Gnade, die du mir dafür erweisen würdest, |
أَنۡ عَبَّدتَّ بَنِیٓ إِسۡرَٰٓءِيلَ |
dass du die Israeliten zu Sklaven gemacht hast.“ |
قَالَ فِرۡعَوۡنُ |
23 Pharao sagte: |
وَمَا رَبُّ ٱلۡعَٰلَمِينَ |
„Was ist denn der Herr der Weltbewohner?“ |
قَالَ رَبُّ ٱلسَّمَٰوَٰتِ وَٱلۡأَرۡضِ وَمَا بَيۡنَهُمَآ ۖ |
24 Moses sagte: „Der Herr der Himmel, der Erde und dessen, was dazwischen liegt |
إِن كُنتُم مُّوقِنِينَ |
- wenn ihr überzeugt seid.“ |
قَالَ لِمَنۡ حَوۡلَهُۥٓ أَلَا تَسۡتَمِعُونَ |
25 Pharao sagte zu denen, die ihn umgaben: „Hört ihr nicht?“ |
قَالَ رَبُّكُمۡ وَرَبُّ ءَابَآئِكُمُ ٱلۡأَوَّلِينَ |
26 Moses sagte: „Euer Herr und der Herr eurer Vorväter.“ |
قَالَ إِنَّ رَسُولَكُمُ ٱلَّذِیٓ أُرۡسِلَ إِلَيۡكُمۡ لَمَجۡنُونٌۭ |
27 Pharao sagte: „Euer Gesandter, der zu euch geschickt worden ist, ist besessen.“ |
قَالَ رَبُّ ٱلۡمَشۡرِقِ وَٱلۡمَغۡرِبِ وَمَا بَيۡنَهُمَآ ۖ |
28 Moses sagte: „Der Herr des Sonnenauf- und Sonnenuntergangs und was dazwischen liegt |
إِن كُنتُمۡ تَعۡقِلُونَ |
– falls ihr begreift.“ |
قَالَ لَىِٕنِ ٱتَّخَذۡتَ إِلَٰهًا غَيۡرِی |
29 Pharao sagte: „Wenn du dir einen anderen Gott als mich nimmst, |
لَأَجۡعَلَنَّكَ مِنَ ٱلۡمَسۡجُونِينَ |
setze ich dich gewiss gefangen.“ |
قَالَ أَوَلَوۡ جِئۡتُكَ بِشَىۡءٍۢ مُّبِينٍۢ |
630 Moses sagte: „Und wenn ich dir eine deutliche Sache brächte?“ |
قَالَ فَأۡتِ بِهِۦٓ |
31 Pharao sagte: „So bring sie, |
إِن كُنتَ مِنَ ٱلصَّٰدِقِينَ |
– wenn du die Wahrheit sagst.“ |
فَأَلۡقَىٰ عَصَاهُ فَإِذَا هِیَ ثُعۡبَانٌۭ مُّبِينٌۭ |
32 Da warf er seinen Stock und siehe, er war offensichtlich eine Schlange |
وَنَزَعَ يَدَهُۥ فَإِذَا هِیَ بَيۡضَآءُ لِلنَّٰظِرِينَ |
33 und er zog seine Hand heraus und siehe, sie war für die Zusehenden weiß. |
قَالَ لِلۡمَلَإِ حَوۡلَهُۥٓ |
34 Pharao sagte den Ratsleuten, die ihn umgaben: |
إِنَّ هَٰذَا لَسَٰحِرٌ عَلِيمٌۭ |
„Das ist ein kundiger Zauberer. |
يُرِيدُ أَن يُخۡرِجَكُم مِّنۡ أَرۡضِكُم بِسِحۡرِهِۦ |
35 Er will euch mit seinem Zauber aus eurem Land vertreiben. |
فَمَاذَا تَأۡمُرُونَ |
Was gebietet ihr nun?“ |
قَالُوٓا۟ أَرۡجِهۡ وَأَخَاهُ |
36 Sie sagten: „Lass ihn und seinen Bruder warten |
وَٱبۡعَثۡ فِی ٱلۡمَدَآىِٕنِ حَٰشِرِينَ |
und schicke Boten in die Städte, um die Leute zu versammeln, |
يَأۡتُوكَ بِكُلِّ سَحَّارٍ عَلِيمٍۢ |
37 auf dass sie dir allerlei kundige Zauberer bringen.“ |
فَجُمِعَ ٱلسَّحَرَةُ لِمِيقَٰتِ يَوۡمٍۢ مَّعۡلُومٍۢ |
738 Da wurden die Zauberer zu einem Termin versammelt, der auf einen bestimmten Tag festgesetzt war, |
وَقِيلَ لِلنَّاسِ |
39 und zu den Leuten wurde gesagt: |
هَلۡ أَنتُم مُّجۡتَمِعُونَ |
„Seid ihr alle versammelt, |
لَعَلَّنَا نَتَّبِعُ ٱلسَّحَرَةَ |
40 damit wir den Zauberern folgen können, |
إِن كَانُوا۟ هُمُ ٱلۡغَٰلِبِينَ |
falls sie es sind, die siegen?“ |
فَلَمَّا جَآءَ ٱلسَّحَرَةُ قَالُوا۟ لِفِرۡعَوۡنَ |
41 Als dann die Zauberer kamen, sagten sie zu Pharao: |
أَىِٕنَّ لَنَا لَأَجۡرًا |
„Wir bekommen doch gewiss Lohn, |
إِن كُنَّا نَحۡنُ ٱلۡغَٰلِبِينَ |
wenn wir es sind, die siegen?“ |
قَالَ نَعَمۡ |
42 Er sagte: „Ja. |
وَإِنَّكُمۡ إِذًۭا لَّمِنَ ٱلۡمُقَرَّبِينَ |
Und ihr gehört dann zu den mir Nahestehenden.“ |
قَالَ لَهُم مُّوسَىٰۤ |
43 Moses sagte zu ihnen: |
أَلۡقُوا۟ مَآ أَنتُم مُّلۡقُونَ |
„Werft, was ihr werfen wollt.“ |
فَأَلۡقَوۡا۟ حِبَالَهُمۡ وَعِصِيَّهُمۡ وَقَالُوا۟ |
44 Dann warfen sie ihre Seile und Stöcke und sagten: |
بِعِزَّةِ فِرۡعَوۡنَ إِنَّا لَنَحۡنُ ٱلۡغَٰلِبُونَ |
„Bei der Macht Pharaos, wir sind es, die siegen!“ |
فَأَلۡقَىٰ مُوسَىٰ عَصَاهُ |
45 Da warf Moses seinen Stab |
فَإِذَا هِیَ تَلۡقَفُ مَا يَأۡفِكُونَ |
und siehe, schnell ergriff er, was sie vortäuschten. |
فَأُلۡقِیَ ٱلسَّحَرَةُ سَٰجِدِينَ |
846 Da wurden die Zauberer in Anbetung niedergeworfen. |
قَالُوٓا۟ ءَامَنَّا بِرَبِّ ٱلۡعَٰلَمِينَ |
47 Sie sagten: „Wir glauben an den Herrn der Weltbewohner, |
رَبِّ مُوسَىٰ وَهَٰرُونَ |
48 an den Herrn von Moses und Aaron.“ |
قَالَ ءَامَنتُمۡ لَهُۥ قَبۡلَ أَنۡ ءَاذَنَ لَكُمۡ ۖ |
49 Pharao sagte: „Ihr glaubt ihm, noch bevor ich es euch erlaubt habe? |
إِنَّهُۥ لَكَبِيرُكُمُ ٱلَّذِی عَلَّمَكُمُ ٱلسِّحۡرَ فَلَسَوۡفَ تَعۡلَمُونَ ۚ |
Er ist euer Meister, der euch die Zauberei gelehrt hat. Ihr werdet es schon noch erfahren! |
لَأُقَطِّعَنَّ أَيۡدِيَكُمۡ وَأَرۡجُلَكُم مِّنۡ خِلَٰفٍۢ وَلَأُصَلِّبَنَّكُمۡ أَجۡمَعِينَ |
Ich schlage euch wahrhaftig die Hände und Füße wechselseitig ab und kreuzige euch allesamt.“ |
قَالُوا۟ لَا ضَيۡرَ ۖ |
50 Sie sagten: „Das ist kein Schaden. |
إِنَّآ إِلَىٰ رَبِّنَا مُنقَلِبُونَ |
Zu unserem Herrn kehren wir zurück.“ |
إِنَّا نَطۡمَعُ أَن يَغۡفِرَ لَنَا رَبُّنَا خَطَٰيَٰنَآ |
51 Wir begehren, dass uns unser Herr unsere Sünden vergebe, |
أَن كُنَّآ أَوَّلَ ٱلۡمُؤۡمِنِينَ |
dafür dass wir die ersten der Gläubigen sind. |
وَأَوۡحَيۡنَآ إِلَىٰ مُوسَىٰۤ |
952 Und wir gaben Moses ein: |
أَنۡ أَسۡرِ بِعِبَادِیٓ إِنَّكُم مُّتَّبَعُونَ |
„Brich des Nachts mit meinen Dienern auf! Ihr werdet verfolgt.“ |
فَأَرۡسَلَ فِرۡعَوۡنُ فِی ٱلۡمَدَآىِٕنِ حَٰشِرِينَ |
53 Pharao entsandte Boten in die Städte, die die Leute versammelten. |
إِنَّ هَٰٓؤُلَآءِ لَشِرۡذِمَةٌۭ قَلِيلُونَ |
54 „Jene sind eine kleine Gruppe |
وَإِنَّهُمۡ لَنَا لَغَآئِظُونَ |
55 und verärgern uns, |
وَإِنَّا لَجَمِيعٌ حَٰذِرُونَ |
56 wir jedoch sind eine wachsame Menge.“ |
فَأَخۡرَجۡنَٰهُم مِّن جَنَّٰتٍۢ وَعُيُونٍۢ |
57 Da vertrieben wir sie aus Gärten und von Quellen, |
وَكُنُوزٍۢ وَمَقَامٍۢ كَرِيمٍۢ |
58 von Schätzen und einer edlen Stätte. |
كَذَٰلِكَ وَأَوۡرَثۡنَٰهَا بَنِیٓ إِسۡرَٰٓءِيلَ |
59 So war es. Wir gaben sie den Israeliten zum Erbe. |
فَأَتۡبَعُوهُم مُّشۡرِقِينَ |
1060 Da folgten sie ihnen bei Sonnenaufgang. |
فَلَمَّا تَرَٰٓءَا ٱلۡجَمۡعَانِ |
61 Als dann die beiden Scharen einander sahen, |
قَالَ أَصۡحَٰبُ مُوسَىٰۤ إِنَّا لَمُدۡرَكُونَ |
sagten Mosis Gefährten: „Wir werden eingeholt!“ |
قَالَ كَلَّآ ۖ إِنَّ مَعِی رَبِّی سَيَهۡدِينِ |
62 Er sagte: „Nein! Mein Herr ist mit mir, er wird mich leiten.“ |
فَأَوۡحَيۡنَآ إِلَىٰ مُوسَىٰۤ |
63 Da gaben wir Moses ein: |
أَنِ ٱضۡرِب بِّعَصَاكَ ٱلۡبَحۡرَ ۖ |
„Schlage mit deinem Stab das Meer.“ |
فَٱنفَلَقَ فَكَانَ كُلُّ فِرۡقٍۢ كَٱلطَّوۡدِ ٱلۡعَظِيمِ |
Da spaltete es sich und jeder Teil war wie ein gewaltiger Berg. |
وَأَزۡلَفۡنَا ثَمَّ ٱلۡٴَاخَرِينَ |
64 Und wir ließen die anderen dort herankommen |
وَأَنجَيۡنَا مُوسَىٰ وَمَن مَّعَهُۥٓ أَجۡمَعِينَ |
65 und retteten Moses und die mit ihm waren allesamt. |
ثُمَّ أَغۡرَقۡنَا ٱلۡٴَاخَرِينَ |
66 Dann ließen wir die anderen ertrinken. |
إِنَّ فِی ذَٰلِكَ لَٴَايَةًۭ ۖ |
1167 Darin liegt ein Zeichen, |
وَمَا كَانَ أَكۡثَرُهُم مُّؤۡمِنِينَ |
doch die meisten von ihnen glauben nicht. |
وَإِنَّ رَبَّكَ لَهُوَ ٱلۡعَزِيزُ ٱلرَّحِيمُ |
68 Dein Herr jedoch ist der Mächtige und Barmherzige. |
وَٱتۡلُ عَلَيۡهِمۡ نَبَأَ إِبۡرَٰهِيمَ |
1269 Und trag ihnen die Geschichte von Abraham vor! |
إِذۡ قَالَ لِأَبِيهِ وَقَوۡمِهِۦ مَا تَعۡبُدُونَ |
1370 Damals, als er zu seinem Vater und seinen Leuten sagte: „Was ist es, dem ihr dient?“ |
قَالُوا۟ نَعۡبُدُ أَصۡنَامًۭا |
71 Sie sagten: „Wir dienen Götzen |
فَنَظَلُّ لَهَا عَٰكِفِينَ |
und verehren sie immerfort.“ |
72 Er sagte: „Hören sie euch, wenn ihr sie anruft, | |
أَوۡ يَنفَعُونَكُمۡ أَوۡ يَضُرُّونَ |
73 oder nützen sie euch oder schaden sie?“ |
قَالُوا۟ بَلۡ وَجَدۡنَآ ءَابَآءَنَا كَذَٰلِكَ يَفۡعَلُونَ |
74 Sie sagten: „Wir fanden, dass schon unsere Väter ebenso handelten.“ |
قَالَ أَفَرَءَيۡتُم مَّا كُنتُمۡ تَعۡبُدُونَ |
75 Er sagte: „Was meint ihr von dem, dem ihr gedient habt, |
أَنتُمۡ وَءَابَآؤُكُمُ ٱلۡأَقۡدَمُونَ |
76 ihr und eure Vorväter?“ |
فَإِنَّهُمۡ عَدُوٌّۭ لِّیٓ |
1477 „Sie sind mir feindlich gesonnen, |
إِلَّا رَبَّ ٱلۡعَٰلَمِينَ |
nicht aber der Herr der Weltbewohner, |
ٱلَّذِی خَلَقَنِی فَهُوَ يَهۡدِينِ |
78 der mich erschaffen hat und mich leitet, |
وَٱلَّذِی هُوَ يُطۡعِمُنِی وَيَسۡقِينِ |
79 der es ist, der mir zu essen gibt und zu trinken, |
وَإِذَا مَرِضۡتُ فَهُوَ يَشۡفِينِ |
80 der, wenn ich krank bin, mich heilt, |
وَٱلَّذِی يُمِيتُنِی ثُمَّ يُحۡيِينِ |
81 der mich sterben lässt und dann wieder lebendig macht |
وَٱلَّذِیٓ أَطۡمَعُ أَن يَغۡفِرَ لِی خَطِيٓـَٔتِی يَوۡمَ ٱلدِّينِ |
82 und von dem ich begehre, dass er mir am Tag des Gerichts meine Sünden vergebe. |
رَبِّ هَبۡ لِی حُكۡمًۭا |
1583 Herr, schenk mir Urteilskraft |
وَأَلۡحِقۡنِی بِٱلصَّٰلِحِينَ |
und nimm mich unter die Rechtschaffenen auf! |
وَٱجۡعَل لِّی لِسَانَ صِدۡقٍۢ فِی ٱلۡٴَاخِرِينَ |
84 Schaffe mir einen ehrenhaften Ruf unter den Späteren, |
وَٱجۡعَلۡنِی مِن وَرَثَةِ جَنَّةِ ٱلنَّعِيمِ |
85 mache mich zu einem der Erben des Gartens der Wonne, |
وَٱغۡفِرۡ لِأَبِیٓۖ إِنَّهُۥ كَانَ مِنَ ٱلضَّآلِّينَ |
86 vergib meinem Vater, denn er ging in die Irre, |
وَلَا تُخۡزِنِی يَوۡمَ يُبۡعَثُونَ |
87 und erniedrige mich nicht am Tag, an dem sie auferweckt werden, |
يَوۡمَ لَا يَنفَعُ مَالٌۭ وَلَا بَنُونَ |
88 am Tag, an dem weder Besitz noch Söhne nützen, |
إِلَّا مَنۡ أَتَى ٱللَّهَ بِقَلۡبٍۢ سَلِيمٍۢ |
89 – außer dem, der zu Gott mit gesundem Herzen kommt!“ |
وَأُزۡلِفَتِ ٱلۡجَنَّةُ لِلۡمُتَّقِينَ |
1690 Den Gottesfürchtigen wird der Garten nahegebracht |
وَبُرِّزَتِ ٱلۡجَحِيمُ لِلۡغَاوِينَ |
91 und den Fehlgehenden der Höllenbrand vor Augen gebracht. |
وَقِيلَ لَهُمۡ أَيۡنَ مَا كُنتُمۡ تَعۡبُدُونَ |
92 und ihnen wird gesagt: „Wo ist denn das, dem ihr zu dienen pflegtet |
مِن دُونِ ٱللَّهِ |
93 anstelle Gottes? |
هَلۡ يَنصُرُونَكُمۡ أَوۡ يَنتَصِرُونَ |
Helfen sie euch? Oder wissen sie sich selbst zu helfen?“ |
فَكُبۡكِبُوا۟ فِيهَا هُمۡ وَٱلۡغَاوُۥنَ |
94 Dann werden sie kopfüber hineingestürzt, sie und die Fehlgehenden |
وَجُنُودُ إِبۡلِيسَ أَجۡمَعُونَ |
95 und die Heerscharen von Iblīs, allesamt. |
قَالُوا۟ وَهُمۡ فِيهَا يَخۡتَصِمُونَ |
1796 Sie sagen, wenn sie dort miteinander streiten: |
تَٱللَّهِ إِن كُنَّا لَفِی ضَلَٰلٍۢ مُّبِينٍ |
97 „Bei Gott! Wir befanden uns in deutlicher Verirrung. |
إِذۡ نُسَوِّيكُم بِرَبِّ ٱلۡعَٰلَمِينَ |
98 Als wir euch dem Herrn der Weltbewohner gleichgesetzt haben, |
وَمَآ أَضَلَّنَآ إِلَّا ٱلۡمُجۡرِمُونَ |
99 führten uns allein die Übeltäter in die Irre. |
فَمَا لَنَا مِن شَٰفِعِينَ |
100 Wir haben keinen Fürsprecher |
وَلَا صَدِيقٍ حَمِيمٍۢ |
101 und keinen hingebungsvollen Freund. |
فَلَوۡ أَنَّ لَنَا كَرَّةًۭ |
102 Wenn es für uns eine Umkehr gäbe, |
فَنَكُونَ مِنَ ٱلۡمُؤۡمِنِينَ |
so wären wir unter den Gläubigen. |
إِنَّ فِی ذَٰلِكَ لَٴَايَةًۭ ۖ |
18103 Darin liegt ein Zeichen, |
وَمَا كَانَ أَكۡثَرُهُم مُّؤۡمِنِينَ |
doch die meisten von ihnen glauben nicht. |
وَإِنَّ رَبَّكَ لَهُوَ ٱلۡعَزِيزُ ٱلرَّحِيمُ |
104 Dein Herr jedoch ist der Mächtige und Barmherzige. |
كَذَّبَتۡ قَوۡمُ نُوحٍ ٱلۡمُرۡسَلِينَ |
19105 Das Volk Noahs bezichtigte die Gesandten der Lüge. |
إِذۡ قَالَ لَهُمۡ أَخُوهُمۡ نُوحٌ أَلَا تَتَّقُونَ |
106 Als ihr Bruder Noah zu ihnen sagte: „Wollt ihr nicht gottesfürchtig sein? |
إِنِّی لَكُمۡ رَسُولٌ أَمِينٌۭ |
107 - Ich bin euch ein vertrauenswürdiger Gesandter. - |
فَٱتَّقُوا۟ ٱللَّهَ وَأَطِيعُونِ |
108 So fürchtet Gott und gehorcht mir! |
وَمَآ أَسۡـَٔلُكُمۡ عَلَيۡهِ مِنۡ أَجۡرٍ ۖ |
109 – Und ich verlange von euch dafür keinen Lohn. |
إِنۡ أَجۡرِیَ إِلَّا عَلَىٰ رَبِّ ٱلۡعَٰلَمِينَ |
Allein der Herr der Weltbewohner kommt für meinen Lohn auf. – |
فَٱتَّقُوا۟ ٱللَّهَ وَأَطِيعُونِ |
110 So fürchtet Gott und gehorcht mir!“ |
قَالُوٓا۟ أَنُؤۡمِنُ لَكَ |
20111 Sie sagten: „Sollen wir dir glauben, |
وَٱتَّبَعَكَ ٱلۡأَرۡذَلُونَ |
wo dir die Niedrigsten folgen?“ |
قَالَ وَمَا عِلۡمِی بِمَا كَانُوا۟ يَعۡمَلُونَ |
112 Er sagte: „Was wüsste ich davon, was sie getan haben? |
إِنۡ حِسَابُهُمۡ إِلَّا عَلَىٰ رَبِّی ۖ |
113 Mit ihnen abzurechnen obliegt allein meinem Herren, |
لَوۡ تَشۡعُرُونَ |
wolltet ihr es nur einsehen! |
وَمَآ أَنَا۠ بِطَارِدِ ٱلۡمُؤۡمِنِينَ |
114 Ich verstoße die Gläubigen nicht, |
إِنۡ أَنَا۠ إِلَّا نَذِيرٌۭ مُّبِينٌۭ |
115 Ich bin nur ein deutlicher Warner.“ |
قَالُوا۟ لَىِٕن لَّمۡ تَنتَهِ يَٰنُوحُ |
116 Sie sagten: „Wenn du nicht aufhörst, Noah, |
لَتَكُونَنَّ مِنَ ٱلۡمَرۡجُومِينَ |
wirst du gewiss gesteinigt.“ |
قَالَ رَبِّ إِنَّ قَوۡمِی كَذَّبُونِ |
21117 Er sagte: „Mein Herr, mein Volk bezichtigt mich der Lüge. |
فَٱفۡتَحۡ بَيۡنِی وَبَيۡنَهُمۡ فَتۡحًۭا |
118 Triff zwischen mir und ihnen eine Entscheidung |
وَنَجِّنِی وَمَن مَّعِیَ مِنَ ٱلۡمُؤۡمِنِينَ |
und errette mich und die von den Gläubigen, die mit mir sind!“ |
فَأَنجَيۡنَٰهُ وَمَن مَّعَهُۥ فِی ٱلۡفُلۡكِ ٱلۡمَشۡحُونِ |
22119 Da erretteten wir ihn und die, die mit ihm waren, auf dem beladenen Schiff |
ثُمَّ أَغۡرَقۡنَا بَعۡدُ ٱلۡبَاقِينَ |
120 und ließen dann die übrigen ertrinken. |
إِنَّ فِی ذَٰلِكَ لَٴَايَةًۭ ۖ |
23121 Darin liegt ein Zeichen, |
وَمَا كَانَ أَكۡثَرُهُم مُّؤۡمِنِينَ |
doch die meisten von ihnen glauben nicht. |
وَإِنَّ رَبَّكَ لَهُوَ ٱلۡعَزِيزُ ٱلرَّحِيمُ |
122 Dein Herr jedoch ist der Mächtige und Barmherzige. |
كَذَّبَتۡ عَادٌ ٱلۡمُرۡسَلِينَ |
24123 Die ʿĀd bezichtigten die Gesandten der Lüge |
إِذۡ قَالَ لَهُمۡ أَخُوهُمۡ هُودٌ |
124 Als ihr Bruder Hūd zu ihnen sagte: |
أَلَا تَتَّقُونَ |
„Wollt ihr nicht gottesfürchtig sein? |
إِنِّی لَكُمۡ رَسُولٌ أَمِينٌۭ |
125 – Ich bin euch ein vertrauenswürdiger Gesandter. – |
فَٱتَّقُوا۟ ٱللَّهَ وَأَطِيعُونِ |
126 So fürchtet Gott und gehorcht mir! |
وَمَآ أَسۡـَٔلُكُمۡ عَلَيۡهِ مِنۡ أَجۡرٍ ۖ |
127 – Und ich verlange von euch dafür keinen Lohn. |
إِنۡ أَجۡرِیَ إِلَّا عَلَىٰ رَبِّ ٱلۡعَٰلَمِينَ |
Allein der Herr der Weltbewohner kommt für meinen Lohn auf. – |
أَتَبۡنُونَ بِكُلِّ رِيعٍ ءَايَةًۭ تَعۡبَثُونَ |
25128 Wollt ihr auf jeder Anhöhe ein Zeichen errichten zu eurem Vergnügen |
وَتَتَّخِذُونَ مَصَانِعَ لَعَلَّكُمۡ تَخۡلُدُونَ |
129 und euch Bauwerke zulegen, sodass ihr Unsterblichkeit erlangt? |
وَإِذَا بَطَشۡتُم بَطَشۡتُمۡ جَبَّارِينَ |
130 Und wenn ihr zupackt, packt ihr dann gewaltsam zu? |
فَٱتَّقُوا۟ ٱللَّهَ وَأَطِيعُونِ |
26131 So fürchtet Gott und gehorcht mir! |
وَٱتَّقُوا۟ ٱلَّذِیٓ أَمَدَّكُم بِمَا تَعۡلَمُونَ |
132 Und fürchtet den, der euch reichlich versorgt hat mit dem, was ihr kennt, |
أَمَدَّكُم بِأَنۡعَٰمٍۢ وَبَنِينَ |
133 euch versorgt hat mit Vieh und Söhnen, |
وَجَنَّٰتٍۢ وَعُيُونٍ |
134 mit Gärten und Quellen. |
إِنِّیٓ أَخَافُ عَلَيۡكُمۡ عَذَابَ يَوۡمٍ عَظِيمٍۢ |
135 Ich fürchte für euch die Strafe eines gewaltigen Tages.“ |
قَالُوا۟ سَوَآءٌ عَلَيۡنَآ أَوَعَظۡتَ |
27136 Sie sagten: „Es ist uns gleich, ob du ermahnst |
أَمۡ لَمۡ تَكُن مِّنَ ٱلۡوَٰعِظِينَ |
oder nicht ermahnst. |
إِنۡ هَٰذَآ إِلَّا خُلُقُ ٱلۡأَوَّلِينَ |
137 Das ist nur die Art der Altvorderen. |
وَمَا نَحۡنُ بِمُعَذَّبِينَ |
138 Wir werden nicht bestraft.“ |
فَكَذَّبُوهُ فَأَهۡلَكۡنَٰهُمۡ ۗ |
28139 Darauf bezichtigten sie ihn der Lüge und da ließen wir sie zugrunde gehen. |
إِنَّ فِی ذَٰلِكَ لَٴَايَةًۭ ۖ |
Darin liegt ein Zeichen, |
وَمَا كَانَ أَكۡثَرُهُم مُّؤۡمِنِينَ |
doch die meisten von ihnen glauben nicht. |
وَإِنَّ رَبَّكَ لَهُوَ ٱلۡعَزِيزُ ٱلرَّحِيمُ |
140 Dein Herr jedoch ist der Mächtige und Barmherzige. |
كَذَّبَتۡ ثَمُودُ ٱلۡمُرۡسَلِينَ |
29141 Die Ṯamūd bezichtigten die Gesandten der Lüge. |
إِذۡ قَالَ لَهُمۡ أَخُوهُمۡ صَٰلِحٌ أَلَا تَتَّقُونَ |
142 Als ihr Bruder Ṣāliḥ zu ihnen sagte: „Wollt ihr nicht gottesfürchtig sein? |
إِنِّی لَكُمۡ رَسُولٌ أَمِينٌۭ |
143 – Ich bin euch ein vertrauenswürdiger Gesandter. – |
فَٱتَّقُوا۟ ٱللَّهَ وَأَطِيعُونِ |
144 So fürchtet Gott und gehorcht mir! |
وَمَآ أَسۡـَٔلُكُمۡ عَلَيۡهِ مِنۡ أَجۡرٍ ۖ |
145 – Und ich verlange von euch dafür keinen Lohn. |
إِنۡ أَجۡرِیَ إِلَّا عَلَىٰ رَبِّ ٱلۡعَٰلَمِينَ |
Allein der Herr der Weltbewohner kommt für meinen Lohn auf. – |
أَتُتۡرَكُونَ فِی مَا هَٰهُنَآ ءَامِنِينَ |
30146 Werdet ihr in dem, was hier ist, in Sicherheit gelassen, |
فِی جَنَّٰتٍۢ وَعُيُونٍۢ |
147 in Gärten und an Quellen, |
وَزُرُوعٍۢ وَنَخۡلٍۢ طَلۡعُهَا هَضِيمٌۭ |
148 bei Gereidefeldern und Palmen, deren Blütenstand bekömmlich ist? |
وَتَنۡحِتُونَ مِنَ ٱلۡجِبَالِ بُيُوتًۭا فَٰرِهِينَ |
149 Und werdet ihr kunstvoll aus den Bergen Häuser schlagen? |
فَٱتَّقُوا۟ ٱللَّهَ وَأَطِيعُونِ |
31150 So fürchtet Gott und gehorcht mir! |
وَلَا تُطِيعُوٓا۟ أَمۡرَ ٱلۡمُسۡرِفِينَ |
151 Und gehorcht nicht dem Befehl der Maßlosen, |
ٱلَّذِينَ يُفۡسِدُونَ فِی ٱلۡأَرۡضِ وَلَا يُصۡلِحُونَ |
152 die Unheil auf der Erde anrichteten und nicht Gutes tun.“ |
قَالُوٓا۟ إِنَّمَآ أَنتَ مِنَ ٱلۡمُسَحَّرِينَ |
32153 Sie sagten: „Du bist verzaubert worden, |
مَآ أَنتَ إِلَّا بَشَرٌۭ مِّثۡلُنَا |
154 du bist nur ein Mensch, wie wir, |
فَأۡتِ بِـَٔايَةٍ إِن كُنتَ مِنَ ٱلصَّٰدِقِينَ |
so bring uns ein Zeichen, wenn du die Wahrheit sagst. |
قَالَ هَٰذِهِۦ نَاقَةٌۭ |
33155 Er sagte: „Dies ist eine Kamelstute |
لَّهَا شِرۡبٌۭ وَلَكُمۡ شِرۡبُ يَوۡمٍۢ مَّعۡلُومٍۢ |
sie soll ihren Teil Trinkwasser haben und ihr sollt euren Teil Trinkwasser haben an einem bestimmten Tag. |
وَلَا تَمَسُّوهَا بِسُوٓءٍۢ |
156 Berührt sie nicht auf schlechte Weise, |
فَيَأۡخُذَكُمۡ عَذَابُ يَوۡمٍ عَظِيمٍۢ |
dann packt euch die Strafe eines gewaltigen Tages.“ |
فَعَقَرُوهَا فَأَصۡبَحُوا۟ نَٰدِمِينَ |
157 Da schnitten sie ihr die Flechsen durch, bereuten ihre Tat aber am nächsten Morgen. |
فَأَخَذَهُمُ ٱلۡعَذَابُ ۗ |
34158 Da packte sie die Strafe. |
إِنَّ فِی ذَٰلِكَ لَٴَايَةًۭ ۖ |
Darin liegt ein Zeichen, |
وَمَا كَانَ أَكۡثَرُهُم مُّؤۡمِنِينَ |
doch die meisten von ihnen glauben nicht. |
وَإِنَّ رَبَّكَ لَهُوَ ٱلۡعَزِيزُ ٱلرَّحِيمُ |
159 Dein Herr jedoch ist der Mächtige und Barmherzige. |
كَذَّبَتۡ قَوۡمُ لُوطٍ ٱلۡمُرۡسَلِينَ |
35160 Das Volk Lots bezichtigte die Gesandten der Lüge. |
إِذۡ قَالَ لَهُمۡ أَخُوهُمۡ لُوطٌ أَلَا تَتَّقُونَ |
161 Als ihr Bruder Lot zu ihnen sagte: „Wollt ihr nicht gottesfürchtig sein? |
إِنِّی لَكُمۡ رَسُولٌ أَمِينٌۭ |
162 – Ich bin euch ein vertrauenswürdiger Gesandter. – |
فَٱتَّقُوا۟ ٱللَّهَ وَأَطِيعُونِ |
163 So fürchtet Gott und gehorcht mir! |
وَمَآ أَسۡـَٔلُكُمۡ عَلَيۡهِ مِنۡ أَجۡرٍ ۖ |
164 – Und ich verlange von euch dafür keinen Lohn. |
إِنۡ أَجۡرِیَ إِلَّا عَلَىٰ رَبِّ ٱلۡعَٰلَمِينَ |
Allein der Herr der Weltbewohner kommt für meinen Lohn auf. – |
أَتَأۡتُونَ ٱلذُّكۡرَانَ مِنَ ٱلۡعَٰلَمِينَ |
36165 Geht ihr zu den Männern unter den Weltbewohnern |
وَتَذَرُونَ مَا خَلَقَ لَكُمۡ رَبُّكُم مِّنۡ أَزۡوَٰجِكُم ۚ |
166 und lasst außer acht, was euch euer Herr an Frauen geschaffen hat? |
بَلۡ أَنتُمۡ قَوۡمٌ عَادُونَ |
Nein, ihr seid ein Volk, das eine Übertretung begeht. |
قَالُوا۟ لَىِٕن لَّمۡ تَنتَهِ يَٰلُوطُ |
167 Sie sagten: „Wenn du nicht aufhörst, Lot, |
لَتَكُونَنَّ مِنَ ٱلۡمُخۡرَجِي |
wirst du gewiss vertrieben werden.“ |
قَالَ إِنِّی لِعَمَلِكُم مِّنَ ٱلۡقَالِينَ |
168 Er sagte: „Ich verabscheue, was ihr tut. |
رَبِّ نَجِّنِی وَأَهۡلِی مِمَّا يَعۡمَلُونَ |
169 Herr, rette mich und die Meinen vor dem, was sie tun!“ |
فَنَجَّيۡنَٰهُ وَأَهۡلَهُۥٓ أَجۡمَعِينَ |
37170 Da retteten wir ihn und die Seinen allesamt - |
إِلَّا عَجُوزًۭا فِی ٱلۡغَٰبِرِينَ |
171 mit Ausnahme einer alten Frau, die zurückblieb. |
ثُمَّ دَمَّرۡنَا ٱلۡٴَاخَرِينَ |
172 Dann rotteten wir die anderen aus. |
وَأَمۡطَرۡنَا عَلَيۡهِم مَّطَرًۭا ۖ |
173 Wir ließen einen Regen auf sie niedergehen; |
فَسَآءَ مَطَرُ ٱلۡمُنذَرِينَ |
wie schlimm war der Regen der Gewarnten! |
إِنَّ فِی ذَٰلِكَ لَٴَايَةًۭ ۖ |
38174 Darin liegt ein Zeichen, |
وَمَا كَانَ أَكۡثَرُهُم مُّؤۡمِنِينَ |
doch die meisten von ihnen glauben nicht. |
وَإِنَّ رَبَّكَ لَهُوَ ٱلۡعَزِيزُ ٱلرَّحِيمُ |
175 Dein Herr jedoch ist der Mächtige und Barmherzige. |
كَذَّبَ أَصۡحَٰبُ لۡـَٔيۡكَةِ ٱلۡمُرۡسَلِينَ |
39176 Die Leute des Dickichts bezichtigten die Gesandten der Lüge. |
إِذۡ قَالَ لَهُمۡ شُعَيۡبٌ أَلَا تَتَّقُونَ |
177 Als Šuʿaib zu ihnen sagte: „Wollt ihr nicht gottesfürchtig sein?“ |
إِنِّی لَكُمۡ رَسُولٌ أَمِينٌۭ |
178 – Ich bin euch ein vertrauenswürdiger Gesandter. – |
فَٱتَّقُوا۟ ٱللَّهَ وَأَطِيعُونِ |
179 So fürchtet Gott und gehorcht mir! |
وَمَآ أَسۡـَٔلُكُمۡ عَلَيۡهِ مِنۡ أَجۡرٍ ۖ |
180 – Und ich verlange von euch dafür keinen Lohn. |
إِنۡ أَجۡرِیَ إِلَّا عَلَىٰ رَبِّ ٱلۡعَٰلَمِينَ |
Allein der Herr der Weltbewohner kommt für meinen Lohn auf. – |
أَوۡفُوا۟ ٱلۡكَيۡلَ وَلَا تَكُونُوا۟ مِنَ ٱلۡمُخۡسِرِينَ |
40181 Haltet das Maß ein und zieht nichts ab |
وَزِنُوا۟ بِٱلۡقِسۡطَاسِ ٱلۡمُسۡتَقِيمِ |
182 und wiegt mit rechter Waage! |
وَلَا تَبۡخَسُوا۟ ٱلنَّاسَ أَشۡيَآءَهُمۡ |
183 Vergütet den Menschen ihre Sachen nicht zu geringen Preisen |
وَلَا تَعۡثَوۡا۟ فِی ٱلۡأَرۡضِ مُفۡسِدِينَ |
und treibt auf der Erde nicht euer Unwesen, indem ihr Unheil anrichtet. |
وَٱتَّقُوا۟ ٱلَّذِی خَلَقَكُمۡ وَٱلۡجِبِلَّةَ ٱلۡأَوَّلِينَ |
184 Fürchtet den, der euch erschaffen hat und die Scharen der Altvorderen.“ |
قَالُوٓا۟ إِنَّمَآ أَنتَ مِنَ ٱلۡمُسَحَّرِينَ |
41185 Sie sagten: „Du bist verzaubert worden, |
وَمَآ أَنتَ إِلَّا بَشَرٌۭ مِّثۡلُنَا |
186 du bist nur ein Mensch wie wir, |
وَإِن نَّظُنُّكَ لَمِنَ ٱلۡكَٰذِبِينَ |
und wir sind der Meinung, dass du ein Lügner bist.“ |
فَأَسۡقِطۡ عَلَيۡنَا كِسَفًۭا مِّنَ ٱلسَّمَآءِ |
187 Lass doch auf uns Stücke vom Himmel herabfallen, |
إِن كُنتَ مِنَ ٱلصَّٰدِقِينَ |
wenn du die Wahrheit sagst!“ |
قَالَ رَبِّیٓ أَعۡلَمُ بِمَا تَعۡمَلُونَ |
188 Er sagte: „Mein Herr weiß am besten, was ihr tut.“ |
فَكَذَّبُوهُ فَأَخَذَهُمۡ عَذَابُ يَوۡمِ ٱلظُّلَّةِ ۚ |
189 Sie bezichtigten ihn der Lüge. Da packte sie die Strafe des düsteren Tages. |
إِنَّهُۥ كَانَ عَذَابَ يَوۡمٍ عَظِيمٍ |
– Sie war die Strafe eines gewaltigen Tages. – |
إِنَّ فِی ذَٰلِكَ لَٴَايَةًۭ ۖ |
42190 Darin liegt ein Zeichen, |
وَمَا كَانَ أَكۡثَرُهُم مُّؤۡمِنِينَ |
doch die meisten von ihnen glauben nicht. |
وَإِنَّ رَبَّكَ لَهُوَ ٱلۡعَزِيزُ ٱلرَّحِيمُ |
191 Dein Herr jedoch ist der Mächtige und Barmherzige. |
وَإِنَّهُۥ لَتَنزِيلُ رَبِّ ٱلۡعَٰلَمِينَ |
III43192 Es ist die Herabsendung vom Herrn der Weltbewohner. |
نَزَلَ بِهِ ٱلرُّوحُ ٱلۡأَمِينُ |
193 Der vertrauenswürdige Geist hat es herabgebracht |
عَلَىٰ قَلۡبِكَ لِتَكُونَ مِنَ ٱلۡمُنذِرِينَ |
194 dir ins Herz, damit du warnst, |
بِلِسَانٍ عَرَبِیٍّ مُّبِينٍۢ |
195 in deutlicher arabischer Sprache. |
وَإِنَّهُۥ لَفِی زُبُرِ ٱلۡأَوَّلِينَ |
196 Es ist in den Schriften der Altvorderen. |
أَوَلَمۡ يَكُن لَّهُمۡ ءَايَةً |
197 War es ihnen denn nicht ein Zeichen, |
أَن يَعۡلَمَهُۥ عُلَمَٰٓؤُا۟ بَنِیٓ إِسۡرَٰٓءِيلَ |
dass die Gelehrten der Israeliten darüber bescheid wissen? |
وَلَوۡ نَزَّلۡنَٰهُ عَلَىٰ بَعۡضِ ٱلۡأَعۡجَمِينَ |
198 Und hätten wir es auf einen Nichtaraber herabgesandt, |
فَقَرَأَهُۥ عَلَيۡهِم مَّا كَانُوا۟ بِهِۦ مُؤۡمِنِينَ |
199 und hätte er es ihnen verlesen, so hätten sie nicht daran geglaubt. |
كَذَٰلِكَ سَلَكۡنَٰهُ فِی قُلُوبِ ٱلۡمُجۡرِمِينَ |
200 So brachten wir es in die Herzen der Übeltäter. |
لَا يُؤۡمِنُونَ بِهِۦ |
44201 Sie glauben nicht daran |
حَتَّىٰ يَرَوُا۟ ٱلۡعَذَابَ ٱلۡأَلِيمَ |
bis sie die schmerzhafte Strafe sehen. |
فَيَأۡتِيَهُم بَغۡتَةًۭ وَهُمۡ لَا يَشۡعُرُونَ |
202 Sie kommt unvermittelt über sie, während sie nichts ahnen. |
فَيَقُولُوا۟ هَلۡ نَحۡنُ مُنظَرُونَ |
203 Dann sagen sie: „Erhalten wir Aufschub?“ |
أَفَبِعَذَابِنَا يَسۡتَعۡجِلُونَ |
204 Wünschen sie sich unsere Strafe etwa eilig herbei? |
أَفَرَءَيۡتَ إِن مَّتَّعۡنَٰهُمۡ سِنِينَ |
205 Was meinst du wohl, wenn wir ihnen Jahre gegeben hätten, um das Leben zu genießen |
ثُمَّ جَآءَهُم مَّا كَانُوا۟ يُوعَدُونَ |
206 und dann das über sie käme, was ihnen angedroht wurde, |
مَآ أَغۡنَىٰ عَنۡهُم مَّا كَانُوا۟ يُمَتَّعُونَ |
207 hätte ihnen das nicht geholfen, was sie noch genossen. |
وَمَآ أَهۡلَكۡنَا مِن قَرۡيَةٍ |
208 Und wir haben noch keine Stadt zugrunde gehen lassen, |
إِلَّا لَهَا مُنذِرُونَ |
ohne dass sie vorher Warner gehabt hätte |
ذِكۡرَىٰ وَمَا كُنَّا ظَٰلِمِينَ |
209 zur Mahnung. Wir taten kein Unrecht. |
وَمَا تَنَزَّلَتۡ بِهِ ٱلشَّيَٰطِينُ |
45210 Die Satane sind nicht damit herabgesandt worden. |
وَمَا يَنۢبَغِی لَهُمۡ وَمَا يَسۡتَطِيعُونَ |
211 Es kommt ihnen nicht zu und sie können es nicht. |
إِنَّهُمۡ عَنِ ٱلسَّمۡعِ لَمَعۡزُولُونَ |
212 Sie werden vom Hören abgehalten. |
فَلَا تَدۡعُ مَعَ ٱللَّهِ إِلَٰهًا ءَاخَرَ |
46213 Rufe neben Gott nicht noch einen anderen Gott an, |
فَتَكُونَ مِنَ ٱلۡمُعَذَّبِينَ |
sonst wirst du bestraft! |
وَأَنذِرۡ عَشِيرَتَكَ ٱلۡأَقۡرَبِينَ |
214 Und warne deine nächsten Verwandten |
وَٱخۡفِضۡ جَنَاحَكَ لِمَنِ ٱتَّبَعَكَ مِنَ ٱلۡمُؤۡمِنِينَ |
215 Senke deinen Flügel über diejenigen von den Gläubigen, die dir folgen. |
فَإِنۡ عَصَوۡكَ فَقُلۡ إِنِّی بَرِیٓءٌۭ مِّمَّا تَعۡمَلُونَ |
216 Wenn sie sich dir widersetzen, dann sprich: „Ich bin unschuldig an dem, was ihr tut.“ |
وَتَوَكَّلۡ عَلَى ٱلۡعَزِيزِ ٱلرَّحِيمِ |
217 Und vertrau auf den Mächtigen und Barmherzigen, |
ٱلَّذِی يَرَىٰكَ حِينَ تَقُومُ |
218 der dich sieht, wenn du stehst |
وَتَقَلُّبَكَ فِی ٱلسَّٰجِدِينَ |
219 und dich unter denen, die sich niederwerfen, wendest. |
إِنَّهُۥ هُوَ ٱلسَّمِيعُ ٱلۡعَلِيمُ |
220 Er ist der Hörende und Wissende. |
هَلۡ أُنَبِّئُكُمۡ عَلَىٰ مَن تَنَزَّلُ ٱلشَّيَٰطِينُ |
47221 Soll ich euch kundtun, auf wen die Satane herabkommen? |
تَنَزَّلُ عَلَىٰ كُلِّ أَفَّاكٍ أَثِيمٍۢ |
222 Sie kommen auf jeden sündigen Lügner herab. |
يُلۡقُونَ ٱلسَّمۡعَ وَأَكۡثَرُهُمۡ كَٰذِبُونَ |
223 Sie horchen hin. Die meisten von ihnen sind jedoch Lügner. |
وَٱلشُّعَرَآءُ يَتَّبِعُهُمُ ٱلۡغَاوُۥنَ |
224 Und den Dichtern folgen die Fehlgehenden. |
أَلَمۡ تَرَ أَنَّهُمۡ فِی كُلِّ وَادٍۢ يَهِيمُونَ |
225 Hast du denn nicht gesehen, dass sie in allerlei Tälern wie verrückt lieben |
وَأَنَّهُمۡ يَقُولُونَ مَا لَا يَفۡعَلُونَ |
226 und sagen, was sie nicht tun? |
إِلَّا ٱلَّذِينَ ءَامَنُوا۟ وَعَمِلُوا۟ ٱلصَّٰلِحَٰتِ |
48227 Außer denen, die glauben, gute Werke tun |
وَذَكَرُوا۟ ٱللَّهَ كَثِيرًۭا |
und Gottes viel gedenken |
وَٱنتَصَرُوا۟ مِنۢ بَعۡدِ مَا ظُلِمُوا۟ ۗ |
die Hilfe erhalten, nachdem ihnen Unrecht getan wurde. |
وَسَيَعۡلَمُ ٱلَّذِينَ ظَلَمُوٓا۟ أَىَّ مُنقَلَبٍۢ يَنقَلِبُونَ |
Und diejenigen, die Unrecht tun, werden erfahren, wohin sie zurückkehren werden. |
V. 110 könnte Dublette zu V. 108 sein, beide Verse sind identisch.Ohne V. 110 würde allerdings die Proportion nicht erreicht, die vielleicht angestrebt war. Die Proportionen zwischen den Surenteilen sind bis V. 140 eindeutig: 9 / 60 / 36 / 18 / 18. Danach weichen zwei Prophetenporträts mit je 16 Versen von der arithmetrischen Regel, durch 6 oder sogar 9 dividierbar zu sein, ab. Der Schlußteil mit entweder 18 + 18 oder 18 + 12 Versen entspricht wieder den Proportionen. (Siehe zu den in den mekkanischen Suren nachweisbaren Proportionen SKMS, S. 6f., 115, 177f., 186, 314, 316, 318). Der Schlußteil ist aber schwer eindeutig zu bestimmen: Die Verse V. 221-226 sehen wie ein späterer Zusatz aus. Die Ausnahmeformel in V. 227 ist zweifellos ein Zusatz, doch muß deswegen nicht der ganze Vers später ergänzt sein. Der Schlußsatz mit seiner Paronomasie bildet einen rhetorisch einprägsamen Schluß, dessen Drohgestus auch gut zum Tenor der Sure paßt. ʾIllā-Einschränkungen (siehe HK 1, S. 62, 742-745) sind in der Regel spätere Zusätze. Im Fall von V. 227 setzt die Aussage über die positiv bewerteten Dichter darüber hinaus eine soziale Spannung voraus, wie sie am ehesten nach Medina paßt (siehe dazu KTS, S. 716-722).
Versabteilungsdifferenzen
Die Versabteilung in Sure 26 ist weitgehend unkontrovers. V. 1: ṭāʾ-sīn-mīm, die schriftevozierende Klangfolge aus arabischen Buchstabennamen, wird nur in der kufischen Tradition als Vers gezählt. Dieser Entscheidung ist zuzustimmen, da hier ein Reim vorliegt. Dagegen ist in V. 49 – gegen die kufische Tradition – mit allen traditionellen Zählern bei taʿlamūn ein Versende anzusetzen. Das als Reimwort unproblematische taʿlamūn trennt zwei mehrgliedrige Sätze, die auch semantisch selbständig sind. Zu den weiteren Differenzen zu Kufa, denen nicht zu folgen ist, siehe Neuwirth 2007>SKMS, S. 43.
Literaturliste
I Einleitung: | |
Offenbarungsbestätigung, Zuspruch, Unglaube trotz Zeichen | |
1 1 Schriftevokation | |
1 2 Offenbarungsbestätigung (kitāb) | |
1 3 Tröstung des Verkünders über Unglauben | |
3 4-6 Polemik gegen Ablehner der Offenbarung | |
1 7 ʾāya: Erde und Vegetation | |
2 8-9 Refrain: Unglaube gegenüber allen Zeichen, Macht und Barmherzigkeit Gottes | |
II Prophetenerzählungen | |
Mose | |
8 10-17 Sendung Moses | |
12 18-29 Streitgespräch mit Pharao | |
8 30-37 Zeichen Moses, Gegenplan Pharaos | |
5 38-42 Versammlung der Zauberer | |
10 43-51 Wettstreit und Bekehrung der Zauberer (V. 49 = 2 Verse) | |
8 52-59 Auftrag zum Auszug, Gegenplan Pharaos | |
7 60-66 Verfolgung Moses, Rettung; Bestrafung Pharaos | |
2 67-68 Refrain | |
Abraham | |
9 69-77 Abrahams Rede gegen seinen Vater und sein Volk | |
5 78-82 Hymnus Abrahams | |
4 83-86 Gebet Abrahams (positive Bitten) | |
3 87-89 Gebet Abrahams (negative Bitten) | |
6 90-95 Paradies und Hölle | |
7 96-102 Gespräch in der Hölle | |
2 103-104 Refrain | |
Noah | |
6 105-110 Noah und sein Volk | |
6 111-116 Streitgespräch | |
2 117-118 Gebet Noahs | |
2 119-120 Rettung Noahs – Bestrafung des Volkes | |
2 121-122 Refrain | |
Hūd | |
5 123-127 Hūd und sein Volk ʿĀd, Hūds Rede | |
3 128-130 Polemische Fragen Hūds | |
4 131-134 Aufruf zur Gottesfurcht, Hymnus Hūds | |
1 135 Warnung vor Gerichtstag | |
4 136-139a Gegenrede des Volkes | |
2 139b-140 Bestrafung, Refrain | |
Ṣāliḥ | |
5 141-145 Ṣāliḥ und sein Volk, die Ṯamūd, Rede Ṣāliḥs | |
7 146-152 Polemische Fragen Ṣāliḥs, Aufruf zur Gottesfurcht, Aufforderungen | |
2 153-154 Gegenrede des Volkes | |
4 155-158a Erprobung des Volkes, Vergehen | |
2 158b-159 Strafe, Refrain | |
Lot | |
5 160-164 Lots Rede an sein Volk | |
2 165-166 Polemische Fragen | |
1 167 Gegenrede des Volkes | |
2 168-169 Rede Lots und Gebet | |
4 170-173 Rettung Lots, Bestrafung des Volkes | |
4 174-175 Refrain | |
Šuʿaib | |
5 176-180 Šuʿaibs Rede an sein Volk | |
2 181-182 Positive Aufforderungen | |
2 183-184 Aufforderungen an das Volk | |
3 185-187 Polemische Anreden an den Gesandten | |
2 188-189 Erwiderung und Bestrafung | |
2 190-191 Refrain | |
III Offenbarungsbestätigungen | |
8 192-199 Offenbarungsbestätigung (qurʾān), Beglaubigung durch Israeliten | |
5 200-204 Unglaube gegenüber Offenbarung, Strafandrohung | |
5 205-209 Fristgewährung, frühere Vernichtung von Völkern | |
3 210-212 qurʾān nicht durch Satane offenbart | |
7 213-219 Aufforderung zur Alleinverehrung Gottes, zur Warnung, zu Gottesdienst | |
1 220 Hymnische Prädikation | |
Eventuell späterer Zusatz | |
6 221-226 Satane und die von ihnen Inspirierten | |
1 227 Strafandrohung an Frevler |
Strukturformel
Teil I: 9 Verse | Teil II: 183 Verse | Teil III: 36 Verse |
(1 + 1 + 1 + 3 + 1 + 2) | 60 (8 + 12 + 8 + 5 + 10 + 8 + 7 + 2) + 36 (9 + 5 + 4 + 3 + 6 + 7 + 2) + 18 (6 + 6 + 2 + 2 + 2) + 18 (5 + 3 + 4 + 1 + 3 + 2) + 19 (5 + 7 + 2 + 3 + 2) + 16 (5 + 2 + 1 + 2 + 4 + 2) + 16 (5 + 2 + 2 + 3 + 2 + 2) | 18 (9 + 4 + 5) + 18 (3 + 7 + 1 [+ 6 + 1]) |
Der Zusatz [] betrifft nur das leere Gesätz, V. 221-226.
ṭāʾ-sīn-mīm] Die Sure beginnt – wie schon vorher Q 15 und Q 20 – mit einer semantisch leeren Klangeinheit, bestehend aus den Namen arabischer Buchstaben. Siehe dazu den Kommentar zu Q 15:1. Siehe auch Stewart 2011. – Ṭāʾ-sīn-mīm findet sich noch einmal spätmekkanisch in Q 28:1.
tilka ʾāyātu l-kitābi l-mubīn] Es folgt eine Offenbarungsbestätigung durch Berufung auf die himmlische Schrift (vgl. Q 15:1) – funktional eine Ankündigung des nun folgenden Vortrags. Mit ʾal-kitāb wird bereits Mose als der prominenteste Empfänger der Schrift evoziert, von dem in der Sure vor allem die Rede sein wird. Die Qualifikation der Schrift als „klar“ zielt auf die Sprachgestalt der Botschaft, die auch am Schluß der Sure noch einmal thematisiert wird (V. 193-195: nazala bihi r-rūḥu l-ʾamīn / ‚…‘ / bi-lisānin ʿarabiyyin mubīn, „mit ihm herab kam der getreue Geist / ‚…‘ / in klarer arabischer Sprache“). Der Sprachdiskurs wurde in Q 20:113 erstmals eröffnet, er wird nach Q 26 auch in der wenig späteren Sure Q 44 wieder aufgegriffen, wo er ebenfalls den Anfang und das Ende der Sure bestimmt (Q 44:2: wa-l-kitābi l-mubīn, „bei der klaren Schrift“, und Q 44:58: fa-ʾinnamā yassarnāhu bi-lisānika, „Wir haben es [d.h. die Botschaft] in deiner Sprache leichtgemacht“; vgl. den Kommentar zur Sure). Siehe zum Diskurs der Sprache heiliger Schriften im Koran KTS, S. 737-743, in der späteren Theologie van Ess 1997:604-612.
laʿallaka bāḫiʿun nafsaka ʾallā yakūnū muʾminīn] Die Formulierung bāḫiʿun nafsaka – von einzelnen Kommentatoren und in ihrer Nachfolge von Ambros 2004:34 wörtlich als „sich selbst umbringen, schlachten“ gedeutet – ist eine Hyperbel zum Ausdruck der heftigen Verzweiflung. Die Frage, inwieweit der Unglaube der Hörer den jeweiligen Verkünder affizieren solle, stellte sich bereits in der verwandten Sure Q 20:1-2: ṭāʾ-hāʾ / mā ʾanzalnā ʿalaika l-qurʾāna li-tašqā („Wir sandten die Lesung nicht auf dich herab, daß du unglücklich würdest“). Alle koranischen Propheten sind in Gefahr, am Unglauben ihrer Gemeinschaften zu verzweifeln, der Verkünder ist hier keine Ausnahme. Prophetentröstungen begegneten daher bereits in frühmekkanischer Zeit; sie finden sich in der Regel am Surenschluß (siehe KTS, S. 305 f.). Die hier wie schon in Q 20 offengelegte Verzweifulng des Verkünders selbst ist jedoch neu.
ʾin našaʾ nunazzil ʿalaihim mina s-samāʾi ʾāyatan fa-ẓallat ʾaʿnāquhum lahā ḫāḍiʿīn / wa-mā yaʾtīhim min ḏikrin mina r-raḥmāni muḥdaṯin ʾillā kānū ʿanhu muʿriḍīn / fa-qad kaḏḏabū fa-sa-yaʾtīhim ʾanbāʾu mā kānū bihī yastahziʾūn] Die Aussage antwortet auf provokative Forderungen, Zeichen vorzuführen (siehe Q 15:7 und Q 17:90-93, vgl. spätmekkanisch wieder Q 10:20, Q 13:7). Das „Zeichen vom Himmel“ könnte etwa in dem – schon am Ende der frühmekkanischen Zeit (in Q 52:44) in Aussicht gestellten – Herabfallen einer Sternschnuppe bestehen. Der Nachweis eines solchen Herabfallens wird von den Gegnern auch in der Schlußpolemik (V. 187) provokativ eingefordert. – Die hypothetische Reaktion der Leugner auf ein solches Zeichen wird in einem ihre Würde kompromittierenden Körperbild ausgedrückt, vgl. dazu den Ausdruck ihrer Verwunderung angesichts einer das Empirische übersteigenden Ankündigung in Q 70:36: fa-mā li-llaḏīna kafarū qibalaka muhṭiʿīn („Was haben die Ungläubigen, daß sie den Hals nach dir recken?“). Ausdrücke der Resignation über die sich wiederholende Abkehr von der Botschaft werden in Mittelmekka Topos (vgl. Q 15:11).
ʾa-wa-lam yarau ʾila l-ʾarḍi kam ʾanbatnā fīhā min kulli zauǧin karīm] ʾĀyāt-Versgruppe, die die bereits vorliegenden Zeichen, die Schöpfung mit ihrer – auf Wiederkehr und symbolisch auf die Totenerweckung verweisenden – Vegetation, in Erinnerung bringt. Siehe zu dem Reichtum der Arten, projiziert auf eine Paradieslandschaft, Q 55:46-78.
ʾinna fī ḏālika la-ʾāyatan wa-mā kāna ʾakṯaruhum muʾminīn / wa-ʾinna rabbaka la-huwa l-ʿazīzu r-raḥīm] Die Versgruppe (V. 1-7) wird mit einer Klausel beschlossen, die in der Sure noch mehrfach mit der Funktion eines Refrains wiederholt wird (vgl. zu diesem in Mittelmekka eingeführten Stilmittel SKMS, S. 157-170; KTS, S. 753-761). In diesem Fall wird durch die Erwähnung von Gottes Allmacht zum einen (ʿaziz) und Barmherzigkeit zum anderen (raḥīm) den ‚majoritär Ungläubigen‘ noch eine Chance der Vergebung eröffnet.
wa-ʾiḏ nādā rabbuka mūsā ʾani ʾti l-qauma ẓ-ẓālimīn / qauma firʿauna ʾa-lā yattaqūn / qāla rabbi ʾinnī ʾaḫāfu ʾan yukaḏḏibūn / wa-yaḍīqu ṣadrī wa-lā yanṭaliqu lisānī fa-ʾarsil ʾilā hārūn / wa-lahum ʿalayya ḏanbun fa-ʾaḫāfu ʾan yaqtulūn / qāla kallā fa-ḏhabā bi-ʾāyātinā ʾinnā maʿakum mustamiʿūn / fa-ʾtiyā firʿauna fa-qūlā ʾinnā rasūlu rabbi l-ʿālamīn / ʾan ʾarsil maʿanā banī ʾisrāʾīl] Die ‚Lesung‘ wird mit einfachem ʾiḏ („damals als“) eingeleitet, vergleichbar der Einleitung von gottesdienstlichen Evangelienlesungen mit en ekeinais tais hēmerais („in jenen Tagen“). – Die Mose-Geschichte wurde erstmals in Q 20 ausführlich erzählt. Voraus gingen kürzere Berichte: frühmekkanisch Q 79:15-26 (Berufung und Botschaft an Pharao mit innerweltlicher und eschatologischer Strafe für Ablehnung, siehe Neuwirth 2002:328f. und HK I, S. 394-414) und mittelmekkanisch Q 37:114-122 (kurzer biographischer Durchgang, siehe Neuwirth 2002:331f. und KTS, S. 651-673). Die Darstellung in Q 26 setzt aber vor allem die in Q 20 voraus, deren Szenen hier zu einem – stark gerafften – Bericht zusammenfließen.
Die Erzählung geht nach kurzer Einleitung rasch über in die Berufungsgeschichte des Mose (Ex 3): Mose wird wie in Q 79:16 und wieder in Q 20:11 „gerufen“ (nādā), das frevlerische Volk Pharaos zur Gottesfurcht zu bewegen. Anders als in Q 79 und Q 20 entzieht sich Mose zunächst, er fürchtet Rache für seinen – in Q 20 bereits berichteten – Totschlag, scheut öffentliches Auftreten. Denn im Gegensetz zum Verkünder (Q 94:1-2: ʾa-lam našraḥ laka ṣadrak / wa-waḍaʿnā ʿanka wizrak, „Haben wir dir nicht die Brust geweitet / und die Bürde von dir genommen?“) ist ihm seine Brust noch nicht geweitet, auch ist ihm die Botschaft noch nicht „leichtgemacht“, siehe dagegen für den Propheten: Q 54:17, Q 54:22, Q 54:32, Q 54:40: wa-la-qad yassarnā l-qurʾāna li-ḏ-ḏikri fa-hal min muddakir („Wir machten die Lesung leicht zur Mahnung: Doch ist das jemand, der sich mahnen läßt?“). Zusammen mit dem von ihm erbetenen Helfer Aaron (vgl. etwas anders Ex 4,10) wird er zu Pharao entsandt. Aaron tritt jedoch sogleich wieder in den Hintergrund, er wird erst in V. 36 und V. 48 wieder kurz präsent gemacht.
Hayajneh (2008) möchte šaraḥa nicht als „weiten“, sondern nach dem Südarabischen als „festigen“ verstehen. Der später phraseologisch werdende Ausdruck šaraḥa ṣ-ṣadr ist aber in seiner konventionellen Deutung überzeugend (siehe HK 1, S. 88-95 zu Q 94). Die Mose und Aaron aufgegebene Frage ʾa-lā tattaqūn wird später von den weiteren Gottesboten der Erzählserie direkt an ihre Adressaten gerichtet (V. 106, V. 124, V. 142, V. 161 und V. 177). Derivate von ‚WQY‘ („gottesfürchtig sein“; siehe dazu HK 1, S. 230 zu Q 92:5) begegnen in Q 26 öfter (V. 90, V. 108, V. 110, V. 126, V. 131-132, V. 144, V. 150, V. 163, V. 179, V. 184). Taqwā gibt eusebeia („Gottesfurcht“, „persönliche Frömmigkeit“) wieder.
Die Botschaft Moses (V. 16-17), die in Q 79 in dem Versuch bestand, Pharao zur Eingottverehrung zu bekehren, umfaßt seit Q 20 auch den biblischen Auftrag, Pharao zu bewegen, die Israeliten ausziehen zu lassen (vgl. Ex 7,8-13). Während er im Kerntext von Q 20 jedoch noch hinter dem Bekehrungsauftrag zurücktrat und erst im späteren Zusatz wieder zur Sprache kam, wird er in Q 26 verwirklicht.
qāla ʾa-lam nurabbika fīnā walīdan wa-labiṯta fīnā min ʿumurika sinīn / wa-faʿalta faʿlataka llatī faʿalta wa-ʾanta mina l-kāfirīn / qāla faʿaltuhā ʾiḏan wa-ʾana mina ḍ-ḍāllīn / fa-farartu minkum lammā ḫiftukum fa-wahaba lī rabbī ḥukman wa-ǧaʿalanī mina l-mursalīn / wa-tilka niʿmatun tamunnuhā ʿalayya ʾan ʿabbadta banī ʾisrāʾīl / qāla firʿaunu wa-mā rabbu l-ʿālamīn / qāla rabbu s-samāwāti wa-l-ʾarḍi wa-mā bainahumā ʾin kuntum mūqinīn / qāla li-man ḥaulahū ʾa-lā tastamiʿūn / qāla rabbukum wa-rabbu ʾābāʾikumu l-ʾawwalīn / qāla ʾinna rasūlakumu llaḏī ʾursila ʾilaikum la-maǧnūn / qāla rabbu l-mašriqi wa-l-maġribi wa-mā bainahumā ʾin kuntum taʿqilūn / qāla la-ʾini ttaḫaḏta ʾilāhan ġairī la-ʾaǧʿalannaka mina l-masǧūnīn] Die Vorgeschichte wird als Rückblende in die Rede Pharaos verlegt; das Gespräch zwischen Mose und Pharao resümiert die in Q 20:38-40 als Bausteine einer Biographie eingebrachten Fakten. Das Argument Pharaos, Mose eine Erziehung gewährt zu haben, könnte auf nachbiblische Traditionen zurückgehen, die von einer Einführung Moses in ägyptische Weisheit berichten, (siehe BEQ, S. 272f.). Die rabbinische Tradition weiß von einer engen Beziehung des Kindes Mose zu den Angehörigen der Herrscherfamilie, Philo betont sogar ägyptische Bildungsinhalte (siehe Stemberger 2016:52-57). Anschließend wird die in Q 20:40 von Gott selbst emphatisch in Erinnerung gebrachte tragische Totschlagsgeschichte zum Gegenstand des Vorwurfs Pharaos. – Zu kāfir im Sinne von „undankbar“ vgl. die Antinomie šākir/kafūr in der zeitnahen Sure 76:3. – Die rabbinische Tradition exkulpiert Mose (siehe Stemberger 2016:57-61); im Koran gesteht Mose jedoch sein Versagen ein, das er mit Furcht vor Pharao begründet. Nach dieser captatio benevolentiae stellt er Pharao die erbetene Freilassung der Israeliten als Bringschuld Pharaos, der das Volk versklavt habe, dar. Parets Überstetzung (KÜ, S. 256 f.: „Und das ist eine Gnade, mit der du dich um mich verdient machen magst, [im Hinblick darauf], daß du die Kinder Israel zu Sklaven gemacht hast“) ist also gegenüber Bobzins (2010:319) sarkastischer Frage „Ist das etwa eine Gnade, die du mir gewährt hast – daß du die Kinder Israel versklavt hast?“ vorzuziehen. Manna bezeichnet im Koran stets die großzügig, ohne vorausgehende Wohltat, gewährte Zuwendung (vgl. aǧrun ġairu mamnūn, „verdienter, nicht geschenkter Lohn“, Q 68:3). Schon in Q 37 wird Mose mit – unverdienten – Wohltaten, nun seitens Gottes, verbunden.
Der Dialog zwischen Mose und Pharao (V. 23-29) weist eine rhetorische Steigerung auf: Die Frage nach dem Charakter des „Herrn der Welten“, sie wird zunächst kosmologisch beantwortet (V. 24): Gott ist der Herr über Himmel und Erde – die Antwort reflektiert psalmistische Prädikationen (vgl. dazu Ps 89,12; 115,15 und öfter). Speyer weist auf den im Schabbatgebet zitierten Ausdruck qone šamayim wa-ʾareṣ (Gen 14,19.22) hin. Auf die verwunderte Reaktion des Angesprochenen hin folgt der Versuch einer historischen Zuordnung Gottes zu Pharao und dessen Vorfahren – eine Abwandlung der im Achtzehngebet genannten Formel ʾelohenu we-ʾelohe(y) ʾavote(y)nu („unser Gott und Gott unserer Väter“), siehe BEQ, S. 269. Die explizite Zurückweisung auch dieser Antwort provoziert dann die Prädikation der Herrschaft Gottes über die gesamte irdische Welt. Der Merismus al-mašāriq wa-l-maġārib verweist wiederum auf die Psalmen (vgl. Ps 50,1), er wird – im Singular, im Plural oder auch Dual – schon seit Frühmekka zur Bezeichnung der Welt als Ganzer eingesetzt (Q 73:9; Q 70:40; Q 37:5). Die Pluralform dürfte sich wie die Dualform auf die verschiedenen Solstitien beziehen (siehe HK 1, S. 598 und S. 606-612). Mit dieser Prädikation wird zugleich die Göttlichkeit Pharaos bestritten, was dieser mit einer Drohung beantwortet. – Die Frage nach dem Herrn der Welten ist wieder (wie in Q 20:49) eine Umdeutung der provkativ-rhetorischen Frage des biblischen Pharao aus Ex 5,2: mi YHWH ʾasher ʾeshmaʿ be-qolo („Wer ist der Herr, daß ich auf seine Stimme hören sollte?“)in eine Sachfrage, vgl. BEQ, S. 270.
Die Gottesprädikation rabb al-ʿālamīn, die bereits in Frühmekka (Q 83:6; Q 69:43) eingeführt worden war (siehe KU, S. 201-203; Robin 2004), wird vor allem durch die Fātiḥa prominent. Obwohl sie einem jüdischen liturgischen Gottestitel, ribbon ʿolam / ribbon ha-ʿolamīm („Herr der Welt“, d.h. der diesseitigen und der jenseitigen), nachgebildet ist, bietet die arabische Form etwas theologisch Neues, da sie die Menschen an der Doppelrelation, der Verbindung zur diesseitigen und zur jenseitigen Welt, beteiligt. Denn ʿālamīn dürfte ein Wortspiel sein, es ähnelt klanglich dem syrischen Plural von ʿalmā („Welt, Weltzeit“, „Ewigkeit“), ʿalmīn, der in der Liturgie immer wieder aufgerufen wird, ist aber am ehesten eine arabisch gebildete Form, nämlich die Kontraktion von ʿālamiyyīn („die zu den [beiden] Welten [der hiesigen und der jenseitigen] Gehörigen“), siehe den Kommentar zu Q 1:2. Die Übersetzung hält dennoch an „Herr der Welten“ fest, da die eschatologische Konnotation bei einer Übersetzung wie „Weltenbewohner“, Menschen in aller Welt, nicht klar erkennbar wird.
Wie Speyer (BEQ, S. 270 f.) zeigt, reflektiert die weitere Fragenserie Pharaos in Q 26 eine ausführlichere aus Midrasch Exodus Rabba 5,18, die gleichfalls auf die Selbstpreisung Pharaos als Gott ausgeht.
qāla ʾa-wa-lau ǧiʾtuka bi-šaiʾin mubīn / qāla fa-ʾti bihī ʾin kunta mina ṣ-ṣādiqīn / fa-ʾalqā ʿaṣāhu fa-ʾiḏā hiya ṯuʿbānun mubīn / wa-nazaʿa yadahū fa-ʾiḏā hiya baiḍāʾu li-n-nāẓirīn / qāla li-l-malaʾi ḥaulahū ʾinna hāḏā la-sāḥirun ʿalīm / yurīdu ʾan yuḫriǧakum min ʾarḍikum bi-siḥrihī fa-māḏā taʾmurūn / qālū ʾarǧih wa-ʾaḫāhu wa-bʿaṯ fi l-madāʾini ḥāširīn / yaʾtūka bi-kulli saḥḥārin ʿalīm] Der Dialog zwischen Mose und Pharao inszeniert die auch im biblischen Bericht zentrale Konfrontation zwischen Prophet und Herrscher (siehe Kuschel 2007:352-383). An die Stelle rhetorischer Argumente tritt sodann – immer noch im Dialog – das Angebot, empirische Zeichen vorzuführen. Auf die Aufforderung Pharaos hin wirft Mose seinen Stab, der sich in eine Schlange verwandelt, und streckt seinen Arm aus, der weiß, d.h. aussätzig, erscheint, so auch biblisch (Ex 4,6). Das nachbiblische Verständnis im Sinne des Ausschlusses einer auch nur vorübergehenden Krankheit des Propheten war für die koranische Geschichte bereits in Q 20:22 sichergestellt worden: taḫruǧ baiḍāʾa min ġairi sūʾin („Sie kommt weiß hervor, doch ohne Schaden“), eine Information, die für Q 26 vorausgesetzt werden kann. Hier erfüllt li-n-naẓirīn („für die Sehenden“), d.h. „dem Augenschein nach“, eine ähnliche Funktion.
Diese Zauberkunststücke verdanken sich einer göttlichen Belehrung, die in Q 20:17-23 ausführlich beschrieben worden war und auf die Q 26 rekurriert – ohne sie käme die Vorführung des Zaubertricks unvorbereitet. Es beginnt ein Dialog Pharaos mit seinen Getreuen, die der Bedrohung durch Mose mit einem Wettstreit der Zauberer begegnen wollen (vgl. Ex 7).
fa-ǧumiʿa s-saḥaratu li-mīqāti yaumin maʿlūm / wa-qīla li-n-nāsi hal ʾantum muǧtamiʿūn / laʿallanā nattabiʿu s-saḥarata ʾin kānū humu l-ġālibīn / fa-lammā ǧāʾa s-saḥaratu qālū li-firʿauna ʾa-ʾinna lanā la-ʾaǧran ʾin kunnā naḥnu l-ġālibīn / qāla naʿam wa-ʾinnakum ʾiḏan la-mina l-muqarrabīn] Der Wettstreit beginnt mit der Sicherstellung des Lohns seitens der ägyptischen Zauberer – ein Gegensatz zum Verkünder, der für sein Zeugnis von der Macht seines Gottes ausdrücklich keinen Lohn fordert, vgl. Q 68:46: ʾam tasʾaluhum ʾaǧran fa-hum min maġramin muṯqalūn („Verlangst du etwa Lohn von ihnen, so daß sie verschuldet wären?“), identisch Q 52:40, eine Formel, deren erster Teil in Q 26 mehrmals wiederholt wird. Zu dem Kontext des Gedankens siehe den Kommentar zu V. 109.
qāla lahum mūsā ʾalqū mā ʾantum mulqūn / fa-ʾalqau ḥibālahum wa-ʿiṣiyyahum wa-qālū bi-ʿizzati firʿauna ʾinnā la-naḥnu l-ġālibūn / fa-ʾalqā mūsā ʿaṣāhu fa-ʾiḏā hiya talqafu mā yaʾfikūn] Lebhafte Darstellung des Wettstreits, weitestgehend durch direkte Rede. Sie kulminiert in Moses Wurf des Stabes, die von ihm gezauberte Schlange vertilgt die nur vorgetäuschten Stricke und Stäbe der anderen. Die Szene reflektiert Ex 7,8-13, wo Aarons Stab sich verwandelt und die übrigen – auch in Schlangen verwandelten – Stäbe verschlingt.
fa-ʾulqiya s-saḥaratu sāǧidīn / qālū ʾāmannā bi-rabbi l-ʿālamīn / rabbi mūsā wa-hārūn / qāla ʾāmantum lahū qabla ʾan ʾāḏana lakum ʾinnahū la-kabīrukumu llaḏī ʿallamakumu s-siḥra fa-la saufa taʿlamūn / la-ʾuqaṭṭiʿanna ʾaidiyakum wa-ʾarǧulakum min ḫilāfin wa-la-ʾuṣallibannakum ʾaǧmaʿīn / qālū lā ḍaira ʾinnā ʾilā rabbinā munqalibūn / ʾinnā naṭmaʿu ʾan yaġfira lanā rabbunā ḫaṭāyānā ʾan kunnā ʾawwala l-muʾminīn] An dieser Stelle nimmt die Geschichte einen von der biblischen Version substantiell verschiedenen Verlauf: Im biblischen Bericht wird der vorher als Werkzeug zum Erweis göttlicher Macht eingesetzte Stab nun zum Instrument bei der Herbeiführung von katastrophalen Verwandlungen der Natur, den ‚ägyptischen Plagen‘ (vgl. Ex 7,11-8,15). Diese politische Wendung der Geschichte, die die zeithistorische Dimension des Berichteten und damit die Relevanz der Ereignisse für das nation building erst erkennbar macht, wird in der koranischen Version nicht mitvollzogen. Der Fokus liegt nicht auf der Nationalgeschichte der Israeliten, sondern auf der Macht der Propheten, selbst Irregeleitete auf den rechten Weg zu führen. Statt der Abrechnung mit den Ägyptern folgt wie schon in Q 20:70-76 eine gänzlich auf den Umkreis des Mose begrenzte ‚private‘ Bekehrungsgeschichte.
Die Zauberer werfen sich vor Mose nieder – das Verbum ʾalqā („werfen“) war vorher Schlüsselwort bei den Zauberakten, es bezeichnet nun den Akt der Wandlung der Zauberer selbst, die sich zum Herrn der Welten bekennen. Pharao, erzürnt darüber, daß sie ohne seine Einwilligung handeln, droht ihnen Verstümmelung an, eine Warnung, die sie gelassen hinnehmen, da sie sich die Rückkehr zu ihrem (göttlichen) Herrn und die Vergebung ihrer Sünden erwarten. Die hier angekündigte drakonische Strafe entspricht offenbar realer Praxis der Zeit, sie wird in der medinischen Sure Q 5:33 den militärischen Gegnern der Gemeinde angedroht – es sei denn, der späte Vers will mit dem Rückbezug auf die brutalen Sanktionen in Q 20 und Q 26 eine besonders unheilvolle Aussage machen.
Das Geschehen wird – angelehnt an Q 20 – fast ausschließlich in Form eines Dialogs berichtet, dessen pathetischer Höhepunkt nach der anfänglichen Evokation der (göttlichen) Macht Pharaos (V. 44: bi-ʿizzati firʿauna) nun das abschließende Bekenntnis ihrer – jetzt dem Herrn der Welten geltenden – Gottesverehrung (V. 51: ʾan kunnā ʾawwala l-muʾminīn) ist. Der ʿizza Pharaos steht die Macht Gottes gegenüber, der in dem fünfmal wiederholten Refrain als al-ʿazīz gepriesen wird.
Sowohl die jüdische als auch die christliche Tradition kennt individuelle, gegen Mose antretende Zauberer mit Namen, Jannes und Jambres, die eine Nachgeschichte haben. Nora Schmid bemerkt dazu: „Wiewohl ein eindeutiger textueller Bezug nicht vorliegt und die Zauberer im Großen und Ganzen eher negativ dargestellt werden, wird doch deutlich, dass die Zauberer in der christlichen Rezeption mit Buße und Martyrium in Verbindung gebracht worden sind. Im Koran wird dieser Zusammenhang ausgeweitet, so dass die Vergebung, die Jannes und Jambres laut den verfügbaren Quellen nicht erhalten haben bzw. nur teilweise, nun doch erhalten.“
Auffallend ist wie in Q 20 der christlich konnotierte Gedanke der Sündenvergebung, der noch dazu formal den Wortlaut des Vaterunsers: wa-ġfir lanā ḫaṭāyānā („Vergib uns unsere Schuld“) in Erinnerung bringt. In Frühmekka war zwar bereits von ḫāṭiʾ („Sünder“) die Rede: Q 69:37, ähnlich Q 69:9: wa-ǧāʾa firʿaunu wa-man qablahu wa-l-muʾtafikātu bi-l-ḫāṭiʾah („Es sündigten auch Pharao und die vor ihm und die Umgewendeten Städte“), vgl. auch das durch Attraktion auf die Stirnlocke des Sünders bezogene ḫāṭiʾa in Q 96:16. Doch war von ‚Sündenvergebung‘ gerade nicht die Rede, sie kommt erst in Mittelmekka in Q 20:73 und Q 26 – wo sie in V. 82 noch einmal begegnet – und später in Q 71:25 zur Sprache. Sie wird auch nur noch insgesamt zweimal, spätmekkanisch Q 29:12 und Q 7:161, begegnen. Zum syrischen Lehnwort ḫaṭīʾa, Plural ḫaṭāyā („Sünde“), siehe FVQ, S. 123f. In der koranischen Diktion tritt im Zusammenhang der Vergebung ḏanb neben ḫāṭiʾa.
wa-ʾauḥainā ʾilā mūsā ʾan ʾasri bi-ʿibādī ʾinnakum muttabaʿūn / fa-ʾarsala firʿaunu fi l-madāʾini ḥāširīn / ʾinna hāʾulāʾi la-širḏimatun qalīlūn / wa-ʾinnahum lanā la-ġāʾiẓūn / wa-ʾinnā la-ǧamīʿun ḥāḏirūn / fa-ʾaḫraǧnāhum min ǧannātin wa-ʿuyūn / wa-kunūzin wa-maqāmin karīm / ka-ḏālika wa-ʾauraṯnāhā banī ʾisrāʾīl] Der Sieg über die Zauberer am Pharaonenhof ist bereits Teil der Rettung des Gottesboten, wenn auch noch die Bewährungsprobe der Flucht bevorsteht. Der Auftrag asri bi-ʿibādī („Brich auf mit meinen Dienern“) nimmt den Auftrag an Lot, mit seiner Familie auszuziehen, aus Q 15:65 wieder auf. Er steht sonst aber immer für Moses Exodus und wird im Zusatz zu Q 20 aus Q 26 wieder zitiert werden (siehe zur Sure). In beiden Suren geht es – trotz der anfangs geäußerten Aufforderung an Pharao – nicht primär um den Auszug des Volkes der Israeliten, sondern um die Rettung des Gesandten mit seinen Angehörigen – ein Ereignis von der heilsgeschichtlichen Dimension des Exodus steht also nicht zur Debatte. Pharao repräsentiert in beiden Suren nicht die Macht Ägyptens, gegen die von Gott vernichtende Strafen eingebracht werden müssen, um die Sklaverei des erwählten Volkes zu beenden – er ist nicht mehr als der Typus des autokratischen Verweigerers der Wahrheit und Unterdrükkers der Gläubigen. An die Voraussage der noch bestehenden Bedrohung schließt Pharaos Anordnung der Verfolgung der – nicht namentlich genannten – Israeliten an. Der Fokus verlagert sich auf Pharao, dessen direkte Rede, eine triumphale Siegesversicherung, zitiert wird.
In V. 57-59 wird der – entgegen der Voraussage – katastrophale Ausgang im vorhinein enthüllt, er wird zunächst als Landverlust beschrieben wird, dargelegt. Doch deutet die Nennung der ‚ehrenvollen Stellung‘ auf Mekka: Der von den Leuten Pharaos erlittene Verlust ihres Besitzes und ihres gesellschaftlichen Ranges, der an ihre Feinde fällt, droht auch den mekkanischen Hörern, wenn sie Pharaos Beispiel folgen.
fa-ʾatbaʿūhum mušriqīn / fa-lammā tarāʾa l-ǧamʿāni qāla ʾaṣḥābu mūsā ʾinnā la-mudrakūn / qāla kallā ʾinna maʿiya rabbī sa-yahdīn / fa-ʾauḥainā ʾilā mūsā ʾani ḍrib bi-ʿaṣāka l-baḥra fa-nfalaqa fa-kāna kullu firqin ka-ṭ-ṭaudi l-ʿaẓīm / wa-ʾazlafnā ṯamma l-ʾāḫarīn / wa-ʾanǧainā mūsā wa-man maʿahū ʾaǧmaʿīn / ṯumma ʾaġraqna l-ʾāḫarīn] Erst danach wird die Verfolgung der Israeliten durch Pharao (vgl. Ex 14) – wieder weitgehend in Dialogform – beschrieben: Die Wechselrede zwischen den Israeliten – in Q 26:61: ʾaṣḥāb mūsā („Die Gefährten Moses“) – und Mose (vgl. Ex 14,11-14) erscheint dabei der mekkanischen Situation angenähert: Nicht von dem Bestreben, nach Ägypten zurückzukehren (Ex 14,13-14), sondern von Hoffnungslosigkeit ist die Rede; Moses Antwort setzt ihr seine eigene Zuversicht in die göttliche Leitung entgegen. Mose wird dann entsprechend Ex 14,21-23 durch Eingebung aufgefordert, mit seinem Stab das Meer zu spalten, so daß sich beidseitig hohe Wände bilden. Fa-kāna kullu firqin ka-ṭ-ṭaudi l-ʿaẓīm („und jeder Teil wurde wie eine hohe Sanddüne“) gibt we-ha-mayyim lahem ḥomah me-yeminam u-mi-semolam (Ex 14,22) oder auch Ps 78:13 wieder, verändert aber das Bild der „Wand“ in das eines „hohen Berges“; ṭaud ist Hapaxlegomenon im Koran, es steht für „Berg“ oder „hohe Düne“ (Ambros 2004:175). Mit der Rettung des Gesandten (und der Seinen) und der Bestrafung der Gegner endet die Erzählung.
ʾinna fī ḏālika la-ʾāyatan wa-mā kāna ʾakṯaruhum muʾminīn / wa-ʾinna rabbaka la-huwa l-ʿazīzu r-raḥīm] Die als Refrain noch mehrfach wiederholte Versgruppe (siehe oben V. 8-9) faßt die Zeichenfunktion des Erzählten zusammen, expliziert aber gleichzeitig den die Erzählungen in Q 26 beherrschenden Pessimismus – in deutlichem Kontrast zu der die lange Mose-Erzählung in Q 20 beherrschenden positiven Perspektivik, die mit Mose den Typus des Propheten feierte. Die Mose-Erzählung schließt mit einer Gott rühmenden Klausel, wie sie in Mittelmekka häufig wird, hier seine Macht (ʿizza) und seine Huld (raḥma) preisend (siehe dazu SKMS, S. 157-170).
wa-tlu ʿalaihim nabaʾa ʾibrāhīm / ʾiḏ qāla li-ʾabīhi wa-qaumihī mā taʿbudūn / qālū naʿbudu ʾaṣnāman fa-naẓallu lahā ʿākifīn / qāla hal yasmaʿūnakum ʾiḏ tadʿūn / ʾau yanfaʿūnakum ʾau yaḍurrūn / qālū bal waǧadnā ʾābāʾanā ka-ḏālika yafʿalūn / qāla ʾa-fa-raʾaitum mā kuntum taʿbudūn / ʾantum wa-ʾābāʾukumu l-ʾaqdamūn / fa-ʾinnahum ʿaduwwun lī ʾillā rabba l-ʿālamīn] Der Ausdruck nabaʾ/anbāʾ („Bericht, Kunde“; vorher erst einmal in Q 78:2 für die eschatologische „Kunde“) bezeichnet wie auch das Verb nabbaʾa (Q 15:49) stets eine prophetische Kommunikation. Die Akzeptanz des im Arabischen neuen, erst in der mittelmekkanischen Sure Q 19 auftauchenden Teminus nabī („Prophet“) wird durch das arabische Verb vorbereitet. Die Abraham-Geschichte (siehe dazu KTS, S. 633-652 und Sinai 2009:101 f.), die bereits in Q 37 erzählt wurde, wird mit einer eigenen Rezitationsaufforderung eingeleitet. Die Erzählung weicht stilistisch deutlich von der des Mose ab: Ihre Verse sind fast durchweg eingliedrig und streckenweise so parallel gebaut, daß der Eindruck einer Litanei entsteht. Diese Form bewahrt den Stil der längeren Abraham-Geschichte über die Götzenbekämpfung (Q 37:83-113), aus der in Q 26 aber nur die verbale Polemik, nicht die faktische Zerstörung der Götzen, wiederaufgenommen wird. Abrahams Aufbegehren gegen die Götzenverehrung seiner Umwelt ist biblisch nicht bezeugt, ist aber Standardinventar der nachbiblischen Tradition (siehe zu ihr BEQ, S. 134-140 und Kugel 2008:90-97 sowie den Kommentar zu Q 37:83-99). Abrahams bereits aus Q 37 bekannte Auseinandersetzung mit den Götzendienern, zu denen hier wie in Q 37:84 ausdrücklich auch sein Vater gezählt wird, ist in Debattenform entfaltet, bei der die Götzendiener selbst sprechen. Auf ihr Eingeständnis, „Bilder“ anzubeten – eine krasse Mißachtung des zweiten Gebots –, wird ihnen durch zwei rhetorische Fragen Abrahams die logische Unsinnigkeit ihres Tuns demonstriert. Ihre Ausflucht ist der Verweis auf die Vätertradition, ein Topos auch im Munde der Gegner des Verkünders (siehe dazu Neuwirth 2014). Abraham kündigt daraufhin – vorbildhaft für die Gefolgsleute Muḥammads – an, sich von den verhaßten Götzen abzukehren und dem Herrn der Welten (rabb al-ʿālamīn) zu dienen.
llaḏī ḫalaqanī fa-huwa yahdīn / wa-llaḏī huwa yuṭʿimunī wa-yasqīn / wa-ʾiḏā mariḍtu fa-huwa yašfīn / wa-llaḏī yumītunī ṯumma yuḥyīn / wa-llaḏī ʾaṭmaʿu ʾan yaġfira lī ḫaṭīʾatī yauma d-dīn] Es folgt ein kunstvoll gestalteter kurzversiger Hymnus Abrahams auf den Herrn der Welten, der Gott als Schöpfer, Erhalter und Heiler preist, der ihn sterben lassen und ihn wiedererwecken wird. Von ihm wünscht sich Abraham die Vergebung seiner Sünden am Gerichtstag. Der Gedanke der Sündenvergebung läßt – wie schon im Kontext der Zaubererbekehrung (V. 51) – christliche Formeln anklingen, etwa wa-ġfir lanā ḫaṭāyānā aus dem Vaterunser. Ein ähnlich kurzversig-litaneihafter Hymnus wurde in Q 53:43-54 – anläßlich der ersten Erwähnung Abrahams überhaupt – aus den ṣuḥuf mūsā wa-ʾibrāhīma („aus den Blättern des Mose und Abrahams, der die Treue bewahrte) referiert. Dort fehlte jedoch die christlich inspirierte Bitte um Sündenvergebung.
rabbi hab lī ḥukman wa-ʾalḥiqnī bi-ṣ-ṣāliḥīn / wa-ǧʿal lī lisāna ṣidqin fi l-ʾāḫirīn / wa-ǧʿalnī min waraṯati ǧannati n-naʿīm / wa-ġfir li-ʾabī ʾinnahū kāna mina ḍ-ḍāllīn] Es folgt ein Gebet Abrahams, jedoch nicht wie in Q 37:100: hab lī mina ṣ-ṣāliḥīn („Schenk mir einen von den Rechtschaffenden/ Frommen“) um einen Sohn, sondern um Urteilsfähigkeit und eigene Zugehörigkeit zu den Frommen ebenso wie um den Ruf eines Gerechten bei der Nachwelt. Das Gebet schließt mit der Bitte um Vergebung für seinen dem Götzendienst anhängenden Vater, der Wortlaut plädiert damit für eine versöhnliche Haltung gegenüber heidnisch gebliebenen Angehörigen. Die – in der jüdisch-christlichen Tradition ambivalent dargestellte – Person des Vaters Abrahams war in der koranischen Erzählung in Q 37 und Q 26 nur marginal zur Geltung gekommen; sie erfüllte die Funktion, die Malaise der Hörer zu spiegeln, die sich aus der Loyalität zu ihren ungläubigen Familienangehörigen lösen sollten. Dieser Gedanke wird jetzt weitergeführt, es gibt nun die Möglichkeit der Fürbitte für ungläubige Verwandte. Das Gebet läßt ein neues Abraham-Bild erkennen, Abraham legt jetzt Wert auf die für die Debatte erforderliche Urteilskraft (ḥukm) – wie er sie bereits gegenüber den Götzendienern bewiesen hatte. Er wünscht sich die Integrität seines Rufs bei der Nachwelt und Vergebung für sich und sogar den irregeleiteten Vater – alles Anliegen, die auch dem Verkünder und seiner Gemeinde in der Situation der sich zuspitzenden Auseinandersetzung mit den Gegnern am Herzen gelegen haben sollten. Die in Q 37 berichtete Götzenzertrümmerung sowie die daran anschließende Aqedah, und damit die Abraham gegebene Verheißung, bleiben unerwähnt.
wa-lā tuḫzinī yauma yubʿaṯūn / yauma lā yanfaʿu mālun wa-lā banūn / ʾillā man ʾata llāha bi-qalbin salīm] Das Gebet Abrahams fährt mit der Bitte um Verschonung vor demütigender Strafe am Gerichtstag fort (vgl. die Chrysostomusliturgie bei Kallis 1993:112 f.: christiana ta telē tēs zōēs hēmōn anōdyna anepaischynta eirēnika kai kalēn apologian tēn epi tou phoberou bēmatos tou Christou aitēsometha, „Ein christliches Ende unseres Lebens, schmerzlos, ohne Schande, friedlich, und eine gute Rechenschaft vor dem furchtbaren Richterstuhl Christi laßt uns erbitten“). Sein Verweis auf die Nutzlosigkeit von Besitz und Söhnen (ḥasab wa-nasab, „Ansehen und Clan-Solidarirtät“) erinnert noch einmal an seine Bereitschaft, genealogische Bande gegenüber seiner Gottestreue hintanzustellen (Q 37:101-102), wenn hier auch nicht explizit von einem Gottesbund die Rede ist, so ist doch eine neue Loyalität anstelle der alten getreten. Der Abschlußvers nimmt seine Charakteristik aus Q 37:84: ʾiḏ ǧāʾa rabbahū bi-qalbin salīm („als er zu seinem Herrn mit lauterem Herzen kam“) wieder auf. Damit endet Abrahams Gebet.
wa-ʾuzlifati l-ǧannatu li-l-muttaqīn / wa-burrizati l-ǧaḥīmu li-l-ġāwīn / wa-qīla lahum ʾaina mā kuntum taʿbudūn / min dūni llāhi hal yanṣurūnakum ʾau yantaṣirūn / fa-kubkibū fīhā hum wa-l-ġāwūn / wa-ǧunūdu ʾiblīsa ʾaǧmaʿūn] Es folgt eine von der Abraham-Geschichte unabhängige eschatologische Szene: Das Paradies wird wie in Q 81:13 ‚herbeigebracht‘, die Hölle angeheizt, in Q 89:13 wird sie ebenfalls „herbeigebracht“. Dieser theatralisch anmutende Umgang mit den jenseitigen Vergeltungslokalitäten, die wie Kulissen erst auf die Bühne gebracht werden müssen, unterläuft die Gesetze des real Nachvollziehbaren und erfordert somit eine symbolische Deutung, die dem koranischen Jenseitsbildern bei späteren Exegeten wie al-Ġazālī generell unterlegt worden ist.
Herausfordernd wird nach dem Verbleib der neben Gott verehrten Geistwesen, der Nebengötter, die ihre Hilfe versagen, gefragt. Die Frage ist rhetorisch, denn diese – nun als al-ġāwūn identifiziert – sind präsent, sie werden wie die Ungläubigen auch in die Hölle gestoßen. Die Nebengötter als (nutzlose) Hilfstruppen waren in Q 37:27-34 bereits Thema, wo sie wie hier als die „Irregehenden“ (ġāwūn) bezeichnet werden. Neu ist ihre Bezeichnung als die „Heerscharen“ Iblīs’. Iblīs wurde erstmals in Q 15:31-42 als Akteur eingeführt; dort wurden aber nicht Nebengötter, sondern Menschen, die ihm folgen würden, als „Irregehende“ (ġāwūn) gekennzeichnet. Nicht zuletzt die Tatsache, daß Iblīs nun ausschließlich negativ bewertet wird, daß er über Heerscharen von falschen Göttern verfügt, spricht für die Position von Q 26 nach Q 20, wo der zunächst neutral bewertete Iblīs erstmals zu ‚dem Bösen‘ mutiert (siehe dazu TUK, Nr. 0537).
qālū wa-hum fīhā yaḫtaṣimūn / ta-llāhi ʾin kunnā la-fī ḍalālin mubīn / ʾiḏ nusawwīkum bi-rabbi l-ʿālamīn / wa-mā ʾaḍallanā ʾilla l-muǧrimūn / fa-mā lanā min šāfiʿīn / wa-lā ṣadīqin ḥamīm / fa-lau ʾanna lanā karratan fa-nakūna mina l-muʾminīn] Das Gespräch im Höllenfeuer bewegt sich zwischen den Verdammten, die ihre einstige Gleichstellung der Nebengötter mit dem Herrn der Welten bereuen. Während positiv von Fürbitte (šafāʿa) noch nicht explizit die Rede war, begegnete die Machtlosigkeit von Fürbittern bereits in Q 74:48, wo eine Rückerinnerung der Verdammten, die ihre Vergehen bereuen, mit dem Urteil zusammengefaßt wird: fa-mā tanfaʿuhum šafāʿatu š-šāfiʿīn („nun nützt ihnen die Fürsprache keines Fürsprechers mehr“). Zur Unmöglichkeit, sich vom Tod freizukaufen, siehe Ps 49,7.8, zu seiner Rezeption bereits in frühmekkanischer Zeit HK 1 zu Q 82:19 und Q 78:38. Faktisch legt jedoch Abraham für seinen Vater Fürbitte ein, die Frage der für ungläubige Verwandte möglichen Fürsprache dürfte die Gemeinde in dieser Zeit beschäftigt haben. Zu Fürbitte siehe Hoffmann 2002. Zur Machtlosigkeit selbst enger Freunde am Tag des Gerichts siehe HK 1 zu Q 70:10.
ʾinna fī ḏālika la-ʾāyatan wa-mā kāna ʾakṯaruhum muʾminīn / wa-ʾinna rabbaka la-huwa l-ʿazīzu r-raḥīm] Der erst am Schluß folgende Refrain (siehe oben V. 8-9) bindet die Abraham-Geschichte mit der eschatologischen Erweiterung zusammen. Wortlaut wie in V. 67-68.
kaḏḏabat qaumu nūḥin-i l-mursalīn / ʾiḏ qāla lahum ʾaḫūhum nūḥun ʾa-lā tattaqūn / ʾinnī lakum rasūlun ʾamīn / fa-ttaqu llāha wa-ʾaṭīʿūn / wa-mā ʾasʾalukum ʿalaihi min ʾaǧrin ʾin ʾaǧriya ʾillā ʿalā rabbi l-ʿālamīn / fa-ttaqu llāha wa-ʾaṭīʿūn] Die folgenden Erzählungen, die durchweg ein negatives Bild von den Gesellschaften der Vergangenheit zeichnen, fokussieren nicht mehr den jeweiligen Propheten, sondern dessen Volk. Die Reihe beginnt mit Noah (vgl. zu der Erzählung Gen 6-9, siehe dazu BEQ, S. 89-115 und KTS, S. 623-633). Im Koran erscheint Noah frühmekkanisch in Q 51:46, Q 53:52 und Q 69:11-12 und mittelmekkanisch in Q 54:9-16 und Q 37:75-82. Er steht in der Regel in Erzähllisten am Anfang, ist hier aber hinter die beiden theologisch bedeutenderen Figuren Mose und Abraham eingereiht. Noah wird explizit als ein Angehöriger seines Volkes eingeführt (zu seiner altarabischen Rezeption siehe Nicolai Sinai, TUK, Nr. 0560). Der mahnende Noah ist nicht biblisch, seine Warnerfunktion erhält er erst in der rabbinischen Tradition (siehe dazu Lewis 1978, S. 121-150 und TUK, Nr. 0056, TUK, Nr. 0106) und bei den Kirchenvätern (siehe TUK, Nr. 0025, TUK, Nr. 0108). Seine Aufforderung zur Gottesfurcht verbindet sich mit seinem Selbstausweis als Gesandter und seinem Angebot, der uneigennützige Führer seines Volkes zu sein. Gottesfurcht (taqwā) manifestiert sich im Gehorsam gegenüber dem Gesandten – offenbar eine Spiegelung der Lage in Mekka selbst. Der explizite Verzicht auf Lohn unterscheidet den wahren Propheten/Verkünder vom falschen; der Verkünder selbst grenzte sich so gegen die Kahine ab, die für ihre Weissagungen Lohn fordern. Auch Paulus (2 Kor 11:1-10) versichert, keinen Lohn zu beanspruchen (vgl. auch Mt 10,1-14; TUK, Nr. 0169; TUK, Nr. 0170). Siehe auch HK 1 zu Q 68:46. Die ersten fünf Verse werden bis auf die Protagonistennamen identisch in allen Geschichten wiederholt. Einzig in der Noah-Geschichte wird die Aufforderung fa-ttaqū llāha wa-ʾaṭīʿūn noch ein weiteres Mal wiederholt.
V. 111-116qālū ʾa-nuʾminu laka wa-ttabaʿaka l-ʾarḏalūn / qāla wa-mā ʿilmī bi-mā kānū yaʿmalūn / ʾin ḥisābuhum ʾillā ʿalā rabbī lau tašʿurūn / wa-mā ʾana bi-ṭāridi l-muʾminīn / ʾin ʾana ʾillā naḏīrun mubīn / qālū la-ʾin lam tantahi yā-nūḥu la-takūnanna mina l-marǧūmīn] Auch das anschließende Streitgespräch projiziert offenbar aktuelle Verhältnisse auf das Szenario um Noah: Der Vorwurf, mit Niedriggestellten Umgang zu haben – er erinnert an die gegen Jesus erhobenen Vorwürfe, mit Zöllnern und Sündern zu verkehren, reflektiert aber auch die soziale Situation des Verkünders –, wird mit dem Argument zurückgewiesen, daß er über ihr Vorleben kein Wissen habe, aber die Gläubigen nicht zurückstoßen wolle. Der Gesandte stellt sich seinen Gegnern als bloßer Warner vor, wird von ihnen aber mit Vertreibung bedroht – marǧūm muß nicht im Wortsinn als „gesteinigt“ verstanden werden, sondern kann „zu vertreiben“ meinen (siehe Reynolds 2010:63 f.). Schmid will hier einen Fall von Apostasie sehen, auf den laut Ex 8,22 die Strafe der Steinigung steht.
V. 117-118qāla rabbi ʾinna qaumī kaḏḏabūn / fa-ftaḥ bainī wa-bainahum fatḥan wa-naǧǧinī wa-man maʿiya mina l-muʾminīn] Es folgt eine Klage Noahs über die eigenen Volksangehörigen und ein Gebet um göttliches Eingreifen zu seiner Rettung und der der Gläubigen. Mit fatḥ, verstanden als „Entscheidung“, könnte nach Horovitz (KU, S. 18) und Jeffery (FVQ, S. 22 f.) eine Bedeutungsübertragung des äthiopischen fatḥa („Entscheidung“) vorliegen. Es könnte sich aber ebensogut um einen bildhaften Gebrauch des arabischen „öffnen“ handeln.
fa-ʾanǧaināhu wa-man maʿahū fi l-fulki l-mašḥūn / ṯumma ʾaġraqnā baʿdu l-bāqīn] Die Rettung Noahs und der Seinen erfolgt mit Hilfe eines Schiffes (fulk), eine Reminiszenz auch an Jona (Q 37:140: ʾiḏ ʾabaqa ʾila l-fulki l-mašḥūn, „als er sich auf ein vollbeladenes Schiff flüchtete“). Das Wort fulk ist offenbar ein Veweis auf die lokale Schiffahrt. Jeffery (FVQ, S. 229f.) leitet es aus dem griechischen epholkion ab, das in dem antiken Periplous Maris Erythraei ein größeres Schiff bezeichnet. Die Arche war bisher nur als eine Art Floß beschrieben (Q 54:13) oder ganz übergangen worden wie in Q 37:75-82. Auch von einer Sintflut (Gen 7,1-18), die die verderbte Menschheit als solche auslöschen sollte, ist hier ebensowenig wie in Q 54:11-15 bzw. Q 37:75-82 die Rede. Der Tod durch Ertrinken ereilt nur die Ungläubigen. Die Geschichte ist noch ganz Straflegende, von der biblischen Dimension der Flut wird erst in Spätmekka die Rede sein (siehe BEQ, S. 103 und KTS, S. 629-633). Zu einem Gedicht von ʾUmayya ʾibn ʾabī l-Ṣalt über Noah und Abraham, das eine mündliche arabische Noah-Tradition reflektieren könnte, siehe Sinai, TUK, Nr. 0560.
ʾinna fī ḏālika la-ʾāyatan wa-mā kāna ʾakṯaruhum muʾminīn / wa-ʾinna rabbaka la-huwa l-ʿazīzu r-raḥīm] Refrain, siehe oben V. 8-9.
kaḏḏabat ʿādun-i l-mursalīn / ʾiḏ qāla lahum ʾaḫūhum hūdun ʾa-lā tattaqūn / ʾinnī lakum rasūlun ʾamīn / fa-ttaqu llāha wa-ʾaṭīʿūn / wa-mā ʾasʾalukum ʿalaihi min ʾaǧrin ʾin ʾaǧriya ʾillā ʿalā rabbi l-ʿālamīn] Die weiteren Geschichten werden mit den aus der Noah-Erzählung bekannten Formeln eingeführt und stereotyp entwickelt. Die ʿĀd figurieren in Kombination mit den Ṯamūd als die alten Völkerschaften Arabiens, die bereits einem Strafgericht zum Opfer gefallen sind, schlechthin. Sie sind aus der vorislamischen Mythologie bekannt (siehe Bencheikh 1990), wo allerdings die Erzählung ohne die Figur eines Gottesboten auskommt. Zusammen mit den Ṯamūd gehören sie zum ältesten Bestand der frühmekkanischen Suren (siehe Q 89:6-8, Q 69:4-8, Q 53:51 und Q 51:41-42, mittelmekkanisch Q 54:18-22). Ihr Gesandter Hūd, dessen Name zum ersten Mal fällt (siehe dazu Horovitz 1964:28 f.), empfiehlt sich seinem Volk als uneigennütziger Führer, der Gottesfurcht und Gehorsam verlangt. Sein Verzicht auf Lohn (aǧr) ist Element des prophetischen Ethos; schon in Frühmekka insistierte der Verkünder selbst darauf, nicht – wie die falschen Propheten, die Wahrsager – Lohn zu nehmen (siehe oben zu V. 109).
ʾa-tabnūna bi-kulli rīʿin ʾāyatan taʿbaṯūn / wa-tattaḫiḏūna maṣāniʿa laʿallakum taḫludūna / wa-ʾiḏā baṭaštum baṭaštum ǧabbārīn] Āya („Zeichen“) hat hier ausnahmsweise keine religiöse Bedeutung. Schmid verweist auf einen weltlichen Gebrauch von āya in einem Vers von an-Nābiġa, den Jacobi (1971:24) anführt: tawahhamtu ʾāyātin lahā fa-ʿaraftuhā li-sittati aʿwāmin wa-ḏa l-ʿāmu sābiʿu („Ich suchte in der Erinnerung Zeichen von ihr [d.h. der Wohnstätte] und erkannte sie nach sechs Jahren, und dies ist das siebte Jahr“). – Der Verweis auf topographische Gegebenheiten innerhalb der in Arabien lokalisierten Straflegenden appelliert an die Ortskenntnisse der Hörer, er rekurriert gleichzeitig auf die poetische Schilderung verlassener Wohnstätten und aufgegebener Siedlungen, aṭlāl (siehe TUK, Nr. 0619 und KTS, S. 711-716).
Das Volk Hūds wird in Form polemischer Fragen wegen seiner exzessiven Bautätigkeit gemaßregelt, mit der es sich Unvergänglichkeit erwerben will. Hier klingt ein bekannter Vers von Labīd (bei Ibn Qutayba, 1904:151) an: balinā wa-lā tabla n-nuǧūmu ṭ-ṭawāliʿū / wa-tabqa l-ǧibālu baʿdanā wa-l-maṣāniʿu („Wir sind vergänglich, doch nicht vergehen die aufsteigenden Sterne, es bleiben die Berge nach uns und die Festungen“), siehe zum Vergänglichkeitsdiskurs in der Dichtung S. P. Stetkevych 1993. Ein verwandter Vorwurf betrifft die von dem Volk Hūds praktizierte Heftigkeit im Kampf – ein weiterer Verweis auf das Ethos der Paganen. Die altarabische Dichtung thematisiert vielfach das Streben nach Selbstverewigung, die nur durch exzessives Verhalten erreicht werden kann (siehe den Vers von Ṭarafa, Muʿallaqa 44: a-lā ʾaiyuhāḏa l-lāʾimi aḥḍuru l-waġā wa-ʾan ʾašhada l-laḏḏāti hal ʾanta muḫlidī, „Du, der du mich tadelst, weil ich mich mitten ins Kampfgetümmel stürze und weil ich mich den Genüssen hingebe – kannst etwa du mich unsterblich machen?“), siehe dazu Hamori 1974:9.
fa-ttaqu llāha wa-ʾaṭīʿūn / wa-ttaqu llaḏī ʾamaddakum bi-mā taʿlamūn / ʾamaddakum bi-ʾanʿāmin wa-banīn / wa-ǧannātin wa-ʿuyūn] Der Aufruf zur Gottesfurcht beruft sich – in der Form eines kurzen Hymnus – auf die göttliche Herkunft der Ruhmestitel der paganen Gegner: Herden, große Familienclans und bewässerte Plantagen.
ʾinnī ʾaḫāfu ʿalaikum ʿaḏāba yaumin ʿaẓīm] Es folgt eine Warnung vor dem Gericht.
V. 136-139 a: qālū sawāʾun ʿalainā ʾa-waʿaẓta ʾam lam takun mina l-wāʿiẓīn / ʾin hāḏā ʾillā ḫuluqu l-ʾawwalīn / wa-mā naḥnu bi-muʿaḏḏabīn / fa-kaḏḏabūhu fa-ʾahlaknāhum‚…‘] Der Refrain ist hier auf zwei Verse verteilt, er beginnt in V. 139. Die Warnung vor dem Gericht wird von den Ungläubigen mit Gleichgültigkeit aufgenommen. Sie verspotten den Gesandten als Prediger (wāʿiẓ) und versuchen ihn mit dem Argument zu entwaffnen, daß seine Rede vom Gericht nichts als die (Rede-)Weise der Alten (al-ʾawwalūn) sei (vgl. dazu Q 15:13sunnat al-ʾawwalīn, ähnlich schon frühmekkanisch asāṭīr al-ʾauwalīn, Q 68:15); gemeint sind offenbar frühere monotheistische, wohl christliche Prediger, auf deren Aktivität eventuell auch mit wāʿiẓīn angespielt ist. Die angedrohte Strafe gebe es nicht. In Q 37:59 verbinden die Ungläubigen ihre Gewißheit, vor Strafe sicher zu sein, ebenfalls mit einem christlichen Gedanken: mit der aus Q 37:59 bekannten Vorstellung von der Strafe als dem zweiten Tod (ʾillā mautatanā l-ʾūlā wa-mā naḥnu bi-muʿaḏḏabīn, „‚…‘jedoch nur unseren ersten Tod, und daß wir nicht der Strafe verfallen?“). Strafverheißungen dürften ihnen also vor allem aus christlichen Predigten geläufig gewesen sein. – Ihre Leugnung führt schließlich zu ihrer Vernichtung
V. 139b-140: ʾinna fī ḏālika la-ʾāyatan / wa-mā kāna ʾakṯaruhum muʾminīn / wa-ʾinna rabbaka la-huwa l-ʿazīzu r-raḥīm] Refrai n, siehe oben V. 8-9.
kaḏḏabat ṯamūdu l-mursalīn / ʾiḏ qāla lahum ʾaḫūhum ṣāliḥun ʾa-lā tattaqūn / ʾinnī lakum rasūlun ʾamīn / fa-ttaqu llāha wa-ʾaṭīʿūn / wa-mā ʾasʾalukum ʿalaihi min ʾaǧrin ʾin ʾaǧriya ʾillā ʿalā rabbi l-ʿālamīn] Von den Ṯamūd war frühmekkanisch in Q 91:11-15, Q 89:9, Q 85:17-18, Q 69:4-5, Q 53:50 und Q 51:43-45 die Rede, mittelmekkanisch Q 54:23-31 und Q 15:80-84. Die Predigt Ṣāliḥs, der ebenfalls erstmals namentlich genannt wird, setzt identisch wie die des Hūd ein.
ʾa-tutrakūna fī mā hāhunā ʾāminīn / fī ǧannātin wa-ʿuyūn / wa-zurūʿin wa-naḫlin ṭalʿuhā haḍīm / wa-tanḥitūna mina l-ǧibāli buyūtan fārihīn / fa-ttaqu llāha wa-ʾaṭīʿūn / wa-lā tuṭīʿū ʾamra l-musrifīn / llaḏīna yufsidūna fi l-ʾarḍi wa-lā yuṣliḥūn] Ṣāliḥs Predigt an seine Angehörigen bedient sich polemischer Fragen nach der Beständigkeit ihrer idealen Verhältnisse inmitten üppiger Natur und mit ihren Fertigkeiten bei der Errichtung von Felsarchitektur. Die Identität dieser Völkerschaft mit den nabatäischen Erbauern der Felsgräber von Petra und Egra, al-Ḥiǧr (siehe Vidal 1971), dem späteren Madāʾin Ṣāliḥ, ist durchsichtig. – Sie schulden für ihre Privilegien Gottesfurcht und Selbstrestriktion.
qālū ʾinnamā ʾanta mina l-musaḥḥarīn / mā ʾanta ʾillā bašarun miṯlunā fa-ʾti bi-ʾāyatin ʾin kunta mina ṣ-ṣādiqīn] In ihrer Gegenrede bezichtigen sie Ṣāliḥ der Verblendung, er sei einem Zauber verfallen. Siḥr bedeutet hier (wie auch in Q 54:3) siḥr al-bayān, ‚Sprachmagie‘. Der Beschuldigte ist einer sprachlichen Manipulation zum Opfer gefallen, durch die er die Welt nun gewissermaßen doppelbödig sieht, nämlich mit einer zusätzlichen – eschatologischen – Dimension unterlegt, was ihn über sein Menschsein hinaushebt. Um seinem Anspruch als Überbringer einer transzendenten Botschaft gerecht zu werden, müßte er die von ihm beanspruchten Zeichen aber physisch vorweisen können.
V. 155-158a qāla hāḏihī nāqatun lahā širbun wa-lakum širbu yaumin maʿlūm / wa-lā tamassūhā bi-sūʾin fa-yaʾḫuḏakum ʿaḏābu yaumin ʿaẓīm / fa-ʿaqarūhā fa-ʾaṣbaḥū nādimīn / fa-ʾaḫaḏahumu l-ʿaḏābu ‚…‘] Auf die Gegenrede seines Volkes bringt Ṣāliḥ eine kultisch geschützte Kamelstute ins Spiel, bekannt aus der frühmekkanischen Sure Q 91:14 sowie der mittelmekkanischen Q 54:29, deren Rechte auf Tränkung respektiert werden sollen. Doch das Volk begeht einen Kultfrevel an ihr, der ihre Bestrafung heraufbeschwört. Das von ihnen geforderte Zeichen erweist sich als Auslöser göttlicher Strafe. Zu dem der Erzählung zugrundeliegenden altarabischen Mythos siehe J. Stetkevych 1996, Sinai 2011 und TUK, Nr. 0525.
V. 158b-159 ‚…‘ ʾinna fī ḏālika la-ʾāyatan wa-mā kāna ʾakṯaruhum muʾminīn / wa-ʾinna rabbaka la-huwa l-ʿazīzu r-raḥīm] Refrain, siehe oben V. 8-9.
kaḏḏabat qaumu lūṭin-i l-mursalīn / ʾiḏ qāla lahum ʾaḫūhum lūṭun ʾa-lā tattaqūn / ʾinnī lakum rasūlun ʾamīn / fa-ttaqu llāha wa-ʾaṭīʿūn / wa-mā ʾasʾalukum ʿalaihi min ʾaǧrin ʾin ʾaǧriya ʾillā ʿalā rabbi l-ʿālamīn] Die Geschichte von Lot (vgl. Gen 19,1-10) hätte zeitlich hinter die Abrahams gepaßt, wo sie in Q 15:57-77 auch steht, sie figuriert hier aber unter den lokal-arabischen Straflegenden wie auch frühmekkanisch in Q 53:53-54 und Q 51:31-37. Lot nimmt eine Zwischenstellung zwischen biblischer und lokal-arabischer Tradition ein, die biblisch durch seine genealogische Nähe zu den östlichen Völkern Ammon und Moab (Gen 19:37-38) gerechtfertigt ist. In Q 69:9 und Q 53:53-56 ist ohne Nennung Lots von der Vernichtung der „Umgewendeten“ (al-muʿtafikāt) Sodom und Gomorrha die Rede. Zu Lot im Koran siehe Busse 2003, Heller und Vajda 1986 sowie BEQ, S. 151-158. – Der Anfang von Lots Rede an sein Volk ist in Q 26 identisch mit dem der übrigen Warner.
ʾa-taʾtūna ḏ-ḏukrāna mina l-ʿālamīn / wa-taḏarūna mā ḫalaqa lakum rabbukum min ʾazwāǧikum bal ʾantum qaumun ʿādūn] Erstmals wird – in Form polemischer Fragen – das dem Volk des Lot zur Last gelegte Delikt, ihr homosexueller Umgang – eine biblisch mit Todesstrafe zu ahndende Praxis (Lev 20,13; 18,22; Ri 19,14-30) –, thematisiert. Vorher, in Q 15:67-68, war nur von der Belästigung der Gäste Lots die Rede.
qālū la-ʾin lam tantahi yā-lūṭu la-takūnanna mina l-muḫraǧīn] Der Tadel wird mit einer Drohung beantwortet. Der Gesandte soll, wenn er mit seiner Predigt fortfährt, vertrieben oder – wenn man die biblischen Gesetze zugrunde legt – gesteinigt werden.
qāla ʾinnī li-ʿamalikum mina l-qālīn / rabbi naǧǧinī wa-ʾahlī mimmā yaʿmalūn] Lot stellt sich ihnen entgegen – ohne seine Töchter als Ersatz anzubieten wie in Q 15:68-69 (siehe TUK, Nr. 0462) – und erbittet sich in einem Gebet seine und seiner Angehörigen Rettung.
fa-naǧǧaināhu wa-ʾahlahū ʾaǧmaʿīn / ʾillā ʿaǧūzan fi l-ġābirīn / ṯumma dammarna l-ʾāḫarīn / wa-ʾamṭarnā ʿalaihim maṭaran fa-sāʾa maṭaru l-munḏarīn] Von der Rettung ist „die Alte, die bleiben bzw. erstarren mußte“, ausgenommen wie in Q 15:59-60, wo sie mit Lots Frau identifiziert wird (siehe dazu TUK, Nr. 0464). Die Begründung ihres Schicksals, das nicht wie im biblischen Bericht auf ihre Unachtsamkeit zurückgeht, wird erst in späteren Suren enthüllt (siehe Schmid 2016). Die Strafe der vergeblich Gewarnten erfolgt durch einen als katastrophal spezifizierten Regen, der in Q 15:74 als Regen von Steinen aus Lehm erscheint.
ʾinna fī ḏālika la-ʾāyatan wa-mā kāna ʾakṯaruhum muʾminīn / wa-ʾinna rabbaka la-huwa l-ʿazīzu r-raḥīm] Refrain, siehe oben V. 8-9.
kaḏḏaba ʾaṣḥābu l-ʾaikati l-mursalīn / ʾiḏ qāla lahum šuʿaibun ʾa-lā tattaqūn / ʾinnī lakum rasūlun ʾamīn fa-ttaqu llāha wa-ʾaṭīʿūn / wa-mā ʾasʾalukum ʿalaihi min ʾaǧrin ʾin ʾaǧriya ʾillā ʿalā rabbi l-ʿālamīn] Die Erzählserie wird beschlossen durch die Geschichte um Šuʿaib – wie Hūd hier erstmals bei Namen genannt –, die wieder mit identischer Rede an sein Volk einsetzt. Die aṣḥāb al-ʾaika, in Q 20:40 und späteren Suren mit Madyan gleichgesetzt, wurden von Puin (2005) überzeugend mit den Bewohnern der Hafenstadt Leuke Kome am Roten Meer identifiziert. Die im Konsonantentext des Koran von den meisten Lesern als al-ʾaika („das Dickicht“) dargestellte Ortsbezeichnung ist leicht aus einer Verschreibung zu erklären, die erfolgte, als man den Ortsnamen nicht mehr deuten konnte. Der an der Küste des Roten Meeres gelegene Ort (siehe zu ihm Knauf 1999) gehört als Hafen zur südlichen Hauptstadt des Nabatäerreiches, Egra, die in Q 15 als Herkunftsort der Ṯamūd, arabisiert als al-Hiǧr, erscheint. Noch weiter nördlich, aber offenbar auf derselben Route, liegt Sodom, der Ort Lots. – Siehe zu früheren Deutungsversuchen von al-ʾaikaBuhl 1993, Tottoli 2004, Nawas 2004, KU, S. 93 f.119 f.138, jetzt vor allem aber Puin 2005, vgl. oben „Textkritik“. – Zu Spekulationen über die Herkunft des Namens Šuʿaib, der mit Jethro, dem Priester Midians (Ex 3,1), in Verbindung gebracht wird, siehe Rippin 1997; dagegen geht Horovitz (1964:28) von einer arabischen Herkunft aus.
ʾaufu l-kaila wa-lā takūnū mina l-muḫsirīn / wa-zinū bi-l-qisṭāsi l-mustaqīm / wa-lā tabḫasu n-nāsa ʾašyāʾahum wa-lā taʿṯau fi l-ʾarḍi mufsidīn / wa-ttaqu llaḏī ḫalaqakum wa-l-ǧibillata l-ʾawwalīn] Šuʿaibs Mahnung betrifft das gerechte Messen und Wägen, gegen das offenbar verstoßen worden war. Ein ähnlicher Vorwurf wurde frühmekkanisch in dem Weheruf Q 83:1-3 (vgl. Q 55:7-9) gegen die Mekkaner erhoben (siehe TUK, Nr. 0101 und TUK, Nr. 0102). Zum Waagentypus des qisṭās mustaqīm siehe FVQ, S. 238 f., und Brentjes / Renn 2013.
qālū ʾinnamā ʾanta mina l-musaḥḥarīn / wa-mā ʾanta ʾillā bašarun miṯlunā wa-ʾin naẓunnuka la-mina l-kāḏibīn / fa-ʾasqiṭ ʿalainā kisafan mina s-samāʾi ʾin kunta mina ṣ-ṣādiqīn] Šuʿaibs Autorität wird angesichts seiner fehlenden übernatürlichen Kräfte verworfen, er wird herausgefordert, mit der Herabwerfung einer Sternschnuppe ein Zeichen zu geben. Diese Herausforderung schlägt den Bogen zur Situation des Verkünders, der seinerseits mit dem Herabfallen einer Sternschnuppe argumentiert hatte (Q 52:44) und deswegen in Q 17:92 zur Rede gestellt wird.
qāla rabbī ʾaʿlamu bi-mā taʿmalūn / fa-kaḏḏabūhu fa-ʾaḫaḏahum ʿaḏābu yaumi ẓ-ẓullati ʾinnahū kāna ʿaḏāba yaumin ʿaẓīm] Šuʿaib vertraut sich Gott an, die Leugner werden von einer erniedrigenden Strafe erfaßt. Yaum aẓ-ẓulla, übersetzt als „Schattentag“ (Bobzin 2010:324) oder „Wolkentag“ (Zirker 2003:289), das sonst nicht im Koran begegnet, steht für eine den Hörern offenbar bekannte Katastrophe, vielleicht analog zu der biblischen Erhebung des Berges über de Israeliten „wie eine Hütte“ (Q 7:171), so Paret, KKK, S.371, nach Yahuda 1948.
ʾinna fī ḏālika la-ʾāyatan wa-mā kāna ʾakṯaruhum muʾminīn / wa-ʾinna rabbaka la-huwa l-ʿazīzu r-raḥīm] Mit dem Refrain schließt die Serie von Erzählungen, die einerseits biblische Figuren und Ereignisse (Mose und Abraham, Noah), andererseits solche aus dem arabischen Milieu der Verkündigung fokussierten: Lot, die Ṯamūd und die ʾaṣḥāb al-ʾaika, die Leute von Leuke Kome, von denen zumindest archäologische Spuren noch erkennbar gewesen sein dürften. Das hier imaginierte ‚Itinerar‘ der göttlichen Heimsuchungen hat einen Vorläufer in dem in der Dichtung für die fortziehende Geliebte imaginierten Itinerar ihrer Reiseetappen. Topographie ist als bereits ‚poetisch affiziert‘ vorzustellen.
wa-ʾinnahū la-tanzīlu rabbi l-ʿālamīn / nazala bihi r-rūḥu l-ʾamīn / ʿalā qalbika li-takūna mina l-munḏirīn / bi-lisānin ʿarabiyyin mubīn / wa-ʾinnahū la-fī zuburi l-ʾawwalīn / ʾa-wa-lam yakun lahum ʾāyatan ʾan yaʿlamahū ʿulamāʾu banī ʾisrāʾīl / wa-lau nazzalnāhu ʿalā baʿḍi l-ʾaʿǧamīn / fa-qaraʾahū ʿalaihim mā kānū bihī muʾminīn] Die Lesung geht über in eine Offenbarungsbestätigung, die „es“, die prophetische Inspiration nun als Eingebung durch den verläßlichen Geist (ar-rūḥ al-ʾamīn) identifiziert. Die von ihm ‚herabgebrachte‘ Kraft ist dem Logos vergleichbar; von Christus heißt es im nizänischen Glaubensbekenntnis, er sei „herabgestiegen (vom Himmel)“. Siehe zu weiteren Spuren einer Logos-Theologie Q 55:1-4 und HK 1, S. 594-596. Der rūḥ war in Frühmekka in Q 78:38 als eigene Entität zusammmen mit Gott und dem Engelheer genannt worden. Erst in Q 19:17 nimmt er menschliche Gestalt eines Boten an.
Ziel der Überbringung ist die ‚Investitur‘ des Verkünders in die Rolle eines Warners in arabischer Sprache, die vorher schon (Q 20:113) betont wurde. Warner-Propheten waren bereits in Q 53 und Q 54 Thema gewesen, seit Q 20 geht es dabei um die Verkündigung in arabischer Sprache. Daß die Sprache der Verkündigung inzwischen ein Thema der Debatte ist, wurde schon am Surenanfang (Q 26:2) durch die Ankündigung, das Folgende sei von den „Zeichen der klaren Schrift“, eindeutig gemacht.
Drei Argumente für die Stichhaltigkeit der Botschaft werden hier zusammengebracht: Sie entstammt den „Schriften der Alten“ (zubur al-ʾawwalīn, vgl. vorher Q 87:18: ʾinna hāḏā la-fi ṣ-ṣuḥufi l-ʾūlā, „Dies steht in den ältesten Schriften“). Die von den Gegnern verworfene Vergegenwärtigung des Wissens der Alten (siehe oben V. 5) wird im prophetischen Diskurs gerade hoch geschätzt. Als neue Legitimationsinstanz tritt nun das Faktum hinzu, daß die Botschaft den Gelehrten der Israeliten bekannt ist. Diese Feststellung ist neu: Sie könnte sich auf persönliche Bezeugungen durch jüdische Gelehrte gründen, kann aber auch die Erfahrung ausdrücken, daß die koranische Botschaft Gemeinsamkeiten mit den – durch mündliche Tradition vermittelten – Debatten der Israeliten ausweist – eine Übereinstimmung zwischen den Traditionen, die als „Zeichen“ der Wahrhaftigkeit der koranischen Botschaft wahrgenommen wird. Die biblische Herkunft ist aber nicht alles, auch der – arabischsprachige – Eigencharakter ist ein Argument für die Gottgewolltheit der Botschaft, wie sie ist: Hätte er die Botschaft auf einen Nichtaraber (ʾaʿǧamī) herabgesandt, wäre sie nicht vermittelbar gewesen. Die Antinomie ʿarabī / ʾaʿǧamī begegnet hier erstmals, sie wird in Q 41:44 und Q 16:103 ausführlicher diskutiert.
ka-ḏālika salaknāhu fī qulūbi l-muǧrimīn / lā yuʾminūna bihī ḥattā yarawu l-ʿaḏāba l-ʾalīm / fa-yaʾtiyahum baġtatan wa-hum lā yašʿurūn / fa-yaqūlū hal naḥnu munẓarūn / ʾa-fa-bi-ʿaḏābinā yastaʿǧilūn] Der Unglaube gegenüber der Offenbarung besteht jedoch weiter, sie dringt trotz „Hinführung zu den Herzen“ (wie in Q 15.12) nicht wirklich ins Herz ein – bis zur Verwirklichung der Strafe, die, wie schon in Q 54:48-50 angekündigt, plötzlich eintreffen wird. Die wohl ironisch vorgebrachte Frage der Ungläubigen nach der Hinauszögerung wird mit einer Drohung erwidert.
ʾa-fa-raʾaita ʾin mattaʿnāhum sinīn / ṯumma ǧāʾahum mā kānū yūʿadūn / mā ʾaġnā ʿanhum mā kānū yumattaʿūn / wa-mā ʾahlaknā min qaryatin ʾillā lahā munḏirūn / ḏikrā wa-mā kunnā ẓālimīn] Selbst eine Fristgewährung würde ihnen nichts nützen (vgl. Q 44:15). Frühere Vernichtungsakte sollten eine Lehre sein, sie waren gerecht, ihnen gingen Warnungen voraus. Die hypothetische Erwägung einer Hinauszögerung der Strafe ist rethorisch wirksam in eine Anfrage an dern Verküner gekleidet. Solche selbstreferentiellen Erklärungen werden in späteren Suren häufig.
wa-mā tanazzalat bihi š-šayāṭīn / wa-mā yanbaġī lahum wa-mā yastaṭīʿūn / ʾinnahum ʿani s-samʿi la-maʿzūlūn] Es folgt – gewissermaßen als negative Offenbarungsbestätigung – eine Nachüberlegung zu den Überbringern der Botschaft, die wie die Zurückweisung einer Unterstellung klingt. Nicht Dämonen – die im Falle der übernatürlichen Dichterrede für die Inspiration zuständig sind – sind die Überbringer. Sie sind nicht zur Vermittlung göttlicher Rede imstande, zumal sie von der Möglichkeit des Abhörens der himmlischen Versammlung ausgeschlossen sind (vgl. zum Sternschnuppen-Mythos den Kommentar zu Q 37:6-10 und wieder Q 15:18, siehe dazu Hawting 2006). Eine Ähnliche Zurückweisung fand sich in Q 15:90: ‚ka-mā‘ [wa-mā]ʾanzalnā ʿala l-muqtasimīn, „Nicht haben wir herabgesandt auf die Zerteiler“.
fa-lā tadʿu maʿa llāhi ʾilāhan ʾāḫara fa-takūna mina l-muʿaḏḏabīn / wa-ʾanḏir ʿašīrataka l-ʾaqrabīn / wa-ḫfiḍ ǧanāḥaka li-mani ttabaʿaka mina l-muʾminīn / fa-ʾin ʿaṣauka fa-qul ʾinnī barīʾun mimmā taʿmalūn / wa-tawakkal ʿala l-ʿazīzi r-raḥīm / llaḏī yarāka ḥīna taqūm / wa-taqallubaka fi s-sāǧidīn] Die direkte Anweisung an den Verkünder hat den Charakter einer Schlussanrede (vgl. zu den abschließenden Prophetentröstungen Q 86:17, Q 88:20-21, Q 96:19 usw.). Hier steht das Verbot der Verehrung anderer Götter, das erste Gebot, am Anfang. Es folgt eine Anweisung, die Verkündigung auf die nächsten Angehörigen zu konzentrieren und die Anhänger in friedfertiger Weise zu beschützen. Sollten sie sich widersetzen – seine defensive Haltung scheint auf Dissenz zu stoßen –, soll er sich von ihnen distanzieren. In der offenbar gefährlichen Lage gilt es Gottvertrauen zu bewahren und die liturgischen Pflichten zu erfüllen.
ʾinnahū huwa s-samīʿu l-ʿalīm] Hymnische Prädikation, vielleicht ursprünglich Schlußruf.
hal ʾunabbiʾukum ʿalā man tanazzalu š-šayāṭīn / tanazzalu ʿalā kulli ʾaffākin ʾaṯīm / yulqūna s-samʿa wa-ʾakṯaruhum kāḏibūn / wa-š-šuʿarāʾu yattabiʿuhumu l-ġāwūn / ʾa-lam tara ʾannahum fī kulli wādin yahīmūn / wa-ʾannahum yaqūlūna mā lā yafʿalūn] Es folgt jedoch noch eine weitere – sachlich an V. 210-212 anknüpfende – polemische Assoziation, die jetzt nicht mehr an den Verkünder, sondern an ein gegnerisches Ihr gerichtet ist. Dämonen – die laut V. 210 nichts mit der Verkündigung zu tun haben – haben ebenfalls Inspirationskraft, sie inspirieren jedoch lügnerische und sündige Individuen. Die Dämonen versuchen etwas (von den Bescheiden der himmlischen Ratsversammlung, siehe Hawting 2006) zu erhorchen, sind aber nicht verläßlich. Ihre „Klienten“ sind die Dichter, ihnen folgen die, die bereits irregehen; al-ġāwūn sind am ehesten als irregeleitete Menschen zu verstehen, wenn auch die Vorstellung von als Nebengötter verehrten Geistwesen die in Q 37:32, Q 15:41, Q 26:91 und später Q 7:175 als ġāwūn bezeichnet werden, nicht auszuschließen ist. Zu einer Deutung von ġāwūn als „Irreführende“ siehe Shahid 1965. Das folgende Argument ist neu und einzigartig im Koran: Daß die Dichter nicht wahrhaftig sind, zeigt sich an ihrer fiktionalen Selbstdarstellung, insofern sie sich – wie Bauer (2010) es versteht – als von den Strapazen des Wüstenlebens verzehrt, „durstig“ – stilisieren und folglich sagen, was sie gar nicht tun. Siehe zu dieser koranischen Polemik auch Seidensticker (2010), der aber das Verb hāma nicht im Sinne von „Durst erleiden“ versteht und daher den lügnerischen Anspruch der Dichter nicht in ihrer nur vorgeblichen Entsagungsbereitschaft sieht: Die Helden der altarabischen Dichtung würden sich nicht ihres Durst-Erduldens rühmen, da dies als Indiz mangelnder logistischer Kompetenz gegen den Ehrencode der murūwa verstoßen würde. Hāma sei vielmehr als „liebeskrank herumirren“ zu verstehen. Beide Deutungen sprechen dafür, daß die Verse auf die Diskrepanz zwischen dichterischer Fiktion und gelebter Realität zielen. Seidensticker (2010:161) spricht von einer „Invektive gegen die Nasīb-Manier der altarabischen Qaside“ und von einer Kritik am Dichten über Liebe „als hohlem Pflichtteil ohne Korrelat in der Wirklichkeit“. Das in der klassischen Poetik oft problematisierte Verhältnis der Dichtung zur Wahrheit wird hier erstmals thematisiert und einseitig entschieden. Zum Ganzen siehe KTS, S. 672-722. Der Zusatz, der aufgrund seiner Stellung erst nach dem Schlußruf klar als solcher erkennbar ist, fällt stilistisch nicht aus dem Rahmen, er könnte aus etwa derselben Zeit stammen; er stellt eine Art Glosse oder ein Aparte zu V. 210-212 dar.
ʾilla llaḏīna ʾāmanū wa-ʿamilu ṣ-ṣāliḥāti wa-ḏakaru llāha kaṯīran wa-ntaṣarū min baʿdi mā ẓulimū wa-sa-yaʿlamu llaḏīna ẓalamū ʾayya munqalabin yanqalibūn] Dagegen ist die erweiterte Ausnahmeformel (V. 227) gewiß später: Von der Verurteilung als lügnerisch ausgenommen werden nun die ‚Dichter‘, die liturgisch aktiv sind, die sich aber auch verteidigen, wenn sie angegriffen werden. Bei ihnen dürfte es sich um bekannte Personen handeln, die von dem Vorwurf, zur Irreleitung beizutragen, ausgenommen werden sollen. Aus dem Korantext selbst ist kein Schluß auf diese Individuen möglich, für deren Identifizierung man auf die Tradition angewiesen wäre. Gedacht werden sollte an die medinische Situation, in der sich einige Dichter als Gegner des Verkünders profilieren, während andere die Botschaft unterstützen (siehe 1956:212 und Imhoff 2004:111-258). Obwohl die ʾillā-Ausnahme weiterhin Dichter thematisiert, steht nicht mehr die Wahrheitsfrage sondern vielmehr die Wirksamkeit des Mediums Poesie zur Debatte. Daher sind hinter den hier genannten Dichtern auch nicht mehr die konventionellen Qasidendichter wie in V. 226 zu sehen sondern eher die Satiriker, die Dichter des hiġāʾ (siehe Goldziher 1896), die mit Waffen der Poesie in die Auseinandersetzung eintreten. Siehe zu den Nachrichten über den Prophetendichter Ḥassān ibn Ṯābit, der vom Verkünder die Erlaubnis erhält, hiġāʾ-Gedichte gegen die Mekkaner zu dichten, Heinrichs 1969:23.
Auch stilistisch ist die Ausnahmeformel mit ihrer analytischen Konstruktion (allaḏīna ẓalamū statt aẓ-ẓālimūn) am ehesten spätmekkanisch oder gar medinisch einzuordnen. Der letzte Satz mit seiner Figura etymologica überzeugt aber durchaus als Surenschluß, er kann auch als unmittelbar an V. 226 anschließend verstanden werden. Es ist schwer zu übersehen, daß er den letzten Satz des ursprünglichen Surenschlusses (V. 219), der die liturgischen Leistungen des Propheten (taqallubaka fi s-sāǧidīn), sein Sich-hin-und-her-Wenden unter den Frommen, negativ gewendet wiederaufnimmt, indem er den Frevlern eine katastrophale „Wendung“ voraussagt: sa-yaʿlamu llaḏīna ẓalamū ʾayya munqalabin yanqalibūn (V. 227).
Literaturliste
Q 26 ist die erste Sure, die mit einer Berufung allein auf die himmlische Schrift (kitāb) einsetzt; dieser Surenbeginn wird in der Folge Standard. Die hier evozierte „klare Schrift“, aus der „Zeichen“ (ʾāyāt) vorgetragen werden sollen, dient der Autorisierung der Botschaft (‚Offenbarungsbestätigung‘, siehe KTS, S. 321-327). Die Teilhabe an dieser Schrift war zunächst auf israelitische Propheten beschränkt (vgl. Q 37:117: wa-ʾātaināhumā l-kitāba l-mustabīn, „und [wir] gaben beiden [Mose und Aaron] die Klarheit schaffende Schrift“). In Q 26:2 dürfte bei mubīn („klar“) dagegen auf die sprachliche Verständlichkeit abgehoben sein, die auch am Schluß der Sure noch einmal thematisiert wird (V. 193-195: nazala bihi r-rūḥu l-ʾamīn / ‚…‘ / bi-lisānin ʿarabiyyin mubīn, „Mit ihm herab kam der getreue Geist ‚…‘ in klarer arabischer Sprache“). Die Autorisierungsinstanz der Schrift war frühmekkanisch noch nicht mit der auf Sprache verweisenden Qualifikation der Klarheit verbunden, es standen ganz verschiedene Manifestationen von kitāb nebeneinander, so in der Polemik das ‚Registerbuch‘ der menschlichen Taten (Q 83:7, Q 83:9, Q 83:18, Q 83:20: kallā inna kitāba l-fuǧǧāri la-fī siǧǧīn usw., „Nein, das Register, der Frevler findet sich in Siǧǧīn“ usw.), sowie die (fehlende) innerweltliche ‚Vollmacht‘ (Q 53:7, Q 53:9, Q 53:18, Q 53:20; Q 68:37; Q 69:18, Q 69:25). Doch begegnete auch bereits das ‚Inventarbuch‘ (Jeffery 1952:1-17) göttlichen Wissens (Q 56:77-78: ʾinnahū la-qurʾānun karīm / fī kitābin maknūn, „Wahrlich, es ist eine erhabene Lesung, / die stammt aus einer verborgenen Schrift“, und Q 52:1-2: wa-ṭ-ṭūr / wa-kitābin masṭūr, „Beim Berg Sinai! / Und bei einer Schrift, niedergeschrieben“), beides offenbar Verweise auf die transzendente Lagerung der Schrift. Madigan (2001) diskutiert diese Manifestationen synchron, ohne daß dabei die Entwicklung hin zu einer „klaren Schrift“ als zentrale Autorität erkennbar wird.
Wie Dayeh (2010) zu Recht betont, deutet die Qualifikation der Schrift als „klar“ auf eine Debatte über die Sprache der Verkündigung, wie sie am Surenschluß (in V. 195) wiederaufgegriffen wird und wie sie sich bereits, freilich eher beiläufig angesprochen, in Q 20:113 fand. Sie wird in der wenig späteren Sure Q 44 erneut herangezogen und durch Erwähnung am Surenanfang und -schluß (Q 44:2: wa-l-kitābi l-mubīn, „Bei der klaren Schrift!“, und Q 44:58: fa-ʾinnamā yassarnāhu bi-lisānika, „Wir haben es in deiner Sprache leichtgemacht“) als Klammer um den Surentext gelegt. Siehe zum Diskurs der Sprache heiliger Schriften im Koran KTS, S. 737-743. Das Argument, die Lesung müßte – da arabischsprachig – auf offene Ohren stoßen, wird durch die kontrastive Wahrnehmung der Mose aufgegebenen Botschaft wieder angesprochen, wo die von Mose eingestandene Schwerverständlichkeit seiner Rede (V. 13) kontrastiv ein Licht auf die Leichtzugänglichkeit der Lesung des Verkünders wirft.
Sure Q 26 steht Q 20 sehr nahe, so daß beide bald nacheinander verkündet worden sein sollten. Vieles spricht aber dafür, daß Q 26 Sure Q 20 weiterführt und nicht umgekehrt. Denn ihre Mose-Geschichte baut vielfach resümierend auf dem Vorwissen aus dem ganz Mose gewidmeten Erzählteil in Q 20 auf, durch den sie erst voll verständlich wird. Während man aber bei Q 20 von einer hagiographischen Wiedergabe der Vita Moses sprechen könnte, wird seine Geschichte in Q 26 – nun in den Kontext von sechs weiteren, vorwiegend polemisch konnotierten Schilderungen gestellt – eher kritisch berichtet. Die Mose-Geschichte wird in Q 26 in einem durch die teilweise extrem kurzen Verse ausgelösten, wesentlich rascheren Tempo erzählt und steht so unter erheblicher Spannung. Auch sonst fallen Unterschiede auf: Es ist nicht die Nähe Gottes, sondern seine Macht (ʿizza), die hier entfaltet und deren Realität gegenüber der angemaßten Macht (ʿizza) Pharaos vindiziert wird. Nicht die Anziehung (raġba) einer Aufgehobenheit in göttlicher Nähe wie in Q 20, sondern das erschreckende Moment (rahba) der Größe Gottes beherrscht das Szenario. So fehlen die Berufung und die liebevolle Einweisung in die Wunderzeichen im geheiligten Tal; es bleibt die bloße, etwas schroffe Botenentsendung. Moses Aktivität als Zauberer am Pharaonenhof wird überhaupt erst durch die in Q 20 erzählte göttliche Einweisung in die Zeichen verständlich. Wie in Q 20 schlägt auch in Q 26 Moses Gefühl der Bedrängnis (Q 26:13: wa-yaḍīqu ṣadrī) intertextuell den Bogen zu Muḥammads Erfahrung der erst mit seiner Berufung aufgehobenen Bedrängnis in Q 104. Im Vordergrund stehen in Q 26 aber Moses Bemühungen um Selbstbehauptung, stets unterstützt durch göttliches Eingreifen wie der siegreich bestandene Zauberwettstreit und später die wunderbare Trockenlegung des Meeres auf göttliche Anweisung. An die Stelle des freundschaftlich-väterlichen Zuspruchs Gottes (Q 20:17, Q 20:36, Q 20:82) treten jedoch heftigere Ansprachen wie die abrupte Erteilung des Auftrags (Q 26:10-11) und die schroffe Zurückweisung der zögerlichen Haltung mit göttlichem kallā (Q 26:15). Wie in Q 20 werden alle Hinweise auf eine politische Dimension der den Exodus begleitenden Hergänge – die ägyptischen Plagen – ausgeblendet.
Aber nicht nur Vorwissen aus der Mose-Geschichte in Q 20 fließt in Q 26 ein; auch die Identifikation Iblīs’ als des von Gott bestellten Erprobers der Menschen mit aš-šaiṭān – dem Bösen, der die Menschen verführt, die in Q 20 überhaupt erst vollzogen worden war – wird in Q 26:95, wo von den eindeutig Šaiṭān-Charakter tragenden Heerscharen Iblīs’ die Rede ist, vorausgesetzt.
Die weiteren Straflegenden, die früher um anonyme Gesandte kreisten, fokussieren nun namentlich genannte Figuren; die lokal-arabischen Nacherzählungen passen sich damit den biblischen an, die stets bekannte Gottesmänner involvieren.
Wieder spielen die ġāwūn, die Irregehenden, in der Polemik eine Rolle, doch treten nun unter den Geistwesen diejenigen in den Vordergrund, die als noch mit der himmlischen Sphäre verbunden übernatürliches Wissen an bestimmte privilegierte Menschen weitervermitteln, nämlich an die Dichter. Der Glaube an Dichter inspirierende Dämonen wird besonders heftig bekämpft, weil sich aus ihm die bereits in frühmekkanischer Zeit erhobenen Vorwürfe gegen den Verkünder, selbst dämoneninspirierter Dichter zu sein, speisen. Daß Dämonen Wissen vermitteln, wird nicht geleugnet; doch wird dieses Wissen als unzuverlässig, unwahr, disqualifiziert. Die einzige verläßliche Instanz der Wissensvermittlung ist der Gesandte, der Prophet. Wie in Q 15 wird dieser Typus noch einmal an einer Mehrzahl von historischen Beispielen vorgestellt.
Literaturliste
Sure Q 26 ist dreiteilig. Sie wird eingeleitet durch eine in einen Prophetenzuspruch einmündende Offenbarungsbestätigung (V. 1-2), die erste ihrer Art im Koran. An die Stelle der in Q 20 noch eingesetzten qurʾān-Referenz ist die kitāb-Referenz getreten. Es ist nicht mehr allein der Vortrag, sondern der Text der transzendenten Schrift, das Corpus, aus dem alle Propheten ihre Botschaft erhalten, auf die man sich jetzt erstmalig beruft. Es folgt eine Prophetentröstung, die die mangelnde Bereitschaft der Hörer, sich zu bekehren, auf deren bereits verfestigte Haltung zurückführt – ein Gedanke, der am Surenschluß noch einmal wiederholt wird (V. 223).
Eine Kurzevokation der Schöpfung (V. 7) als göttliches Zeichen leitet über zur ‚Lesung‘, einer Serie von Erzählungen aus der Heilsgeschichte und der ihr theologisch angeglichenen Lokalgeschichte. Sie soll göttliche ‚Zeichen aus der Geschichte‘ in Erinnerung bringen. die ähnlich der im Mittelpunkt des jüdischen und des christlichen Gottesdienstes stehenden Schriftlesung den zentralen Teil der Sure einnimmt. Diese Serie von sieben – zum Teil auf wenige charakteristische Daten beschränkten – Erzählungen aus der biblischen Heilsgeschichte bzw. einige ihnen durch theologische Sinngebung angeglichenen Lokalgeschichten sind auf Grund ihrer Siebenzahl oft als Indizien für eine judenchristliche oder manichäische Abhängigkeit gewertet worden (siehe Griffith 2016, der aber auf die Differenzen aufmerksam macht).
Erzählt werden (V. 10-191) sieben Prophetengeschichten (Mose, Abraham, Noah, Hūd, Ṣāliḥ, Lot, Šuʿaib). Die Sure schließt mit weiteren Offenbarungsbestätigungen (V. 192-227). Die die Serie eröffnende Mose-Erzählung, die innerhalb des Zyklus den breitesten Raum einnimmt, beginnt – anders als in Q 20, wo die Hörer durch eine Selbstoffenbarung Gottes und folgende göttliche Einweisung Moses in die Wunderzeichen bereits auf die heilsgeschichtliche Bedeutung der Mose-Figur verwiesen wurden – direkt mit der zentralen Episode (I) selbst, der Botenentsendung (Q 26:10-11). Vorbehalte des Boten (Q 26:12-13) werden beschwichtigt, Mose erhält auf seine Bitte hin Aaron als Mitgesandten (V. 12). Die Worte an Pharao werden in einer zweiten Episode (II) gemäß Auftrag vorgebracht (V. 15-16), stoßen aber auf Ablehnung. Pharao hält Mose seine Bluttat vor (vgl. dagegen Q 20:40, wo Gott selbst die Tat als eine Station in der Entwicklung Moses nachsichtig in Erinnerung gebracht hatte) als Verstoß gegen die geschuldete Loyalität (Q 26:19: wa-ʾanta mina l-kāfirīn). Mose gesteht seine Schuld ein, rechtfertigt aber seine Flucht und Abwesenheit (V. 19-20) mit der Angst um sein Leben. Die Auseinandersetzung nimmt im folgenden gänzlich die Form einer Wechselrede an, nun um theologische Themen kreisend. Pharao ist zunächst der fragende (V. 22), dann der spottende (V. 24), dann der verunglimpfende (V. 26) und schließlich der drohende (V. 28) Gegner; stets kontert ihm Mose unerschrocken mit einer hymnischen Prädikation Gottes. Dieser Austausch zwischen zynischer und hymnischer Rede mündet ein in die Aufforderung, das in Q 20:17-23 angekündigte Wunderzeichen vorzuführen (V. 30). Augenfällig, wie es ist, wird es als Bedrohung verstanden und soll bei einem Zauberwettstreit übertroffen werden (V. 35-36). Trotz ihrer Hörigkeit gegenüber Pharaos Allmacht (V. 44: ʿizza) werden die Zauberer von Moses Zeichen überwältigt und bekehren sich unerschrocken zum Glauben an den Gott Moses.
Es folgt als dritte Episode (III) die Exodusgeschichte, auffälligerweise ohne die vorausgehende Dramatik der ägyptischen Plagen. Der Auftrag, ‚mit den Gottesdienern‘ bei Nacht auszuziehen, ergeht an Mose unvermittelt. Es fehlt der Darstellung jede politische Dimension, die über das ephemere Geschick des Gesandten und seiner Getreuen hinausginge. Die Episode liefert vielmehr ein erneutes Exempel der Hybris Pharaos und seiner Gefolgschaft, die sich auf ihre Übermacht verlassen – um den Preis des Verlustes ihrer privilegierten Stellung und ihres Besitzes. Der sichere Durchzug der Israeliten (V. 59ff.) durch das Meer – in einem Zusatz zu Q 20 nur gestreift – verdankt sich einem neuen Wunderzeichen des Mose, der mit seinem Stab die Wogen spaltet (V. 62). Die Ungläubigen finden den Tod (V. 65). Die weiteren, Licht auf die individuelle Gestalt des Mose werfenden Episoden, die Idolatrie des Goldenen Kalbes, die Moses Fähigkeit zur Konfliktbewältigung unter Beweis stellt, und die Rückblende auf seine Kindheit am Pharaonenhof aus Q 20 bleiben ausgespart; es geht hier nicht so sehr um die individuelle Gestalt Moses, schon gar nicht um seine historische Einzigartigkeit, sondern um den von ihm verkörperten Prophetentypus. – Die Erzählung gibt sich – wie die übrigen sechs Erzählungen auch – am Schluß durch einen Refrain als ein „Zeichen“ für die Allmacht (ʿizza) Gottes zu erkennen: Q 26:67-68 (= Q 20:8-9) = V. 103-104 = V. 121-122 = V. 139-140 = V. 158-159 = V. 174-175 = V. 190-191: ʾinna fī ḏālika la-ʾāyatan wa-mā kāna akṯaruhum muʾminīn / wa-ʾinna rabbaka la-huwa l-ʿazīzu r-raḥīm (vgl. dazu die Kontrafaktur Q 26:44: bi-ʿizzati firʿaun).
Auch hier läuft – wie in den früheren Suren üblich – ein nichtsemantischer, stilistischer Ausdrucksstrang neben dem semantischen her: Der schnelle Rhythmus steht in Zusammenhang mit der Frequenz direkter Rede. Die Erzähleinheiten sind über weite Strecken von Wechselrede geprägt. Namentlich die hymnische und dann zynische Wechselrede zwischen dem Boten und seinem Gegner zeigt die groteske Dialektik zwischen dem eindimensional-innerweltlichen Denken der Ungläubigen und der eschatologisch inspirierten Wahrnehmung des Boten auf. Die schon früher festgestellte Notwendigkeit der rhetorischen Auseinandersetzung dauert fort, allerdings ist die in Q 20:44 artikulierte Losung des ‚freundlichen und geduldigen Debattierens‘ aufgegeben. Zwar hält Mose in seiner Rede an einem erhaben-hymnischen Tenor gegenüber dem zynisch sprechenden Pharao fest, doch ist der zuvor serene Ton einer angespannten Atmosphäre gewichen: So erscheint statt der freundlichen göttlichen Rückerinnerung an Moses wunderbare Errettung aus Q 20 nun dieselbe Rückblende im Munde Pharaos als Vorwurf phrasiert: Mose werden der schuldhafte Grund seiner Flucht, seine Bluttat und die Verletzung der geschuldeten Loyalität gegenüber denen, die ihn aufzogen, vorgehalten – beides nicht unbegründete Anklagen gegen den Gesandten. Das Prophetenamt, gespiegelt in der Mose-Erzählung aus Sure Q 26, ist schwieriger und belastender geworden. Rede und Gegenrede in raschem Wechsel sind das Medium der Auseinandersetzung; die vorher vorherrschende tröstende Imagination von Bildern aus der Heilsgeschichte verliert an Terrain. Nicht länger gemeinsame Transzendenzerfahrung, vielmehr gemeinsame Verfolgungserfahrung, die auch Mose nicht ersparte zeitweilige Wahrnehmung, einer preisgegebenen Minderheit (Q 26:54: širḏimatun qalīlūn) zuzugehören, bedroht mit dem Verlust des Wohnrechts in der angestammten Heimat, vereint die beiden Propheten, Mose und Muḥammad.
Unter den folgenden Prophetenerzählungen ist nur die von Abraham (V. 69-104) annähernd ähnlich ausführlich entfaltet. Auch sie ist fast ganz Rede des Protagonisten. Sie wird mit einer eigenen Rezitationsanweisung eingeführt (V. 69). Die folgende Erzählung hält sich eng an Q 37 (V. 70 entspricht teilweise Q 37:85), doch ist die Erzählung in ein Streitgespräch umgeformt, das nun erlaubt, einzelne Tabus zu explizieren: den Verstoß gegen das zweite Gebot mit der Anbetung von Statuen (V. 71), die Orientierung an den Vätertraditionen (V. 74-76). Der anschließende, poetisch strukturierte Hymnus (V. 78-89) ist in äußerst raschem Tempo gehalten und besteht aus Listen von parallelen Elementen. Die Verse V. 78-82 enthalten eine allaḏī-Prädikationen-Serie, gefolgt von einer Imperativserie (V. 83-87), an der die Bitte um Sündenvergebung und die Fürbitte für den ungläubigen Vater als neu auffällt. Der Hymnus mündet ein in eine eschatologische Szene, in der nun ein weiteres Streitgespräch stattfindet, wobei die Verurteilten die Schuld auf ihre Verführer abwälzen wollen (V. 92-102). Die Szene endet mit dem Refrain.
Die darauffolgende Noah-Geschichte ist nicht nach dem biblischen Vorbild, sondern nach dem Modell der Straflegenden (siehe KU) stilisiert: Ein Gesandter stößt auf Ablehnung und scheitert mit seiner Mission. Das Vergehen des Volkes von Noah besteht in seiner aggressiven Zurückweisung der Botschaft Noahs. Es ist Noahs Hilferuf, der ihm göttliche Rettung bringt. Die Nennung des rettenden Schiffs – vorher war von einem Floß („etwas Gezimmertes aus Planken und aus Nägeln“) die Rede gewesen (Q 54:13) – ist eher beiläufig, wie auch die Dimension der Vernichtung nicht thematisiert wird. Es ist nicht Gottes Mißfallen am Handeln der Menschen insgesamt, das die Katastrophe auslöst, vielmehr geht es um die Bestrafung der dem Gesandten gegenüber Ungläubigen.
Daran schließt – immer noch mit denselben Einleitungsformeln – die Geschichte der ʿĀd an. Der Vorwurf des Gesandten Hūd zielt auf ihre selbstgewisse Lebensart; sie verfolgen exzessive Bauaktivitäten, um sich ein bleibendes Andenken zu schaffen – ein offenbar durch die empirische Kenntnis der Prachtarchitektur der Nabatäer gestütztes Argument – und erweisen sich im Krieg als vehement kämpferisch. Ihr Begehren, auf diese Weise Unvergänglichkeit zu erlangen, das sie mit den Helden in der altarabischen Dichtung teilen, wird als vergeblich entlarvt. Es ist aber vor allem ihre Ablehnung des Gesandten, die ihnen die Strafe der Vernichtung einträgt.
Die Ṯamūd-Geschichte – auch sie sind große Bauherren mit Stolz auf ihre Besitztümer – verläuft ähnlich wie die der verwandten ʿĀd, beide Episoden wurden bereits mehrmals vorher erzählt. Bei beiden wird jedoch erst jetzt der Name des Gesandten genannt. Doch wirkt sich bei den Ṯamūd insbesondere ein Kultfrevel, verübt an einer vom Gesandten eingeführten, dem profanen Zugriff entzogenen Kamelstute, vernichtend aus (siehe dazu Stetkevych 1996 und Sinai 2011).
Erst jetzt folgt die Geschichte Lots, die in Q 15 direkt im Anschluß an die Abraham-Geschichte erzählt worden war. Innerhalb der Straflegenden steht sie jedoch – nach dem Erstbeispiel Noah und den folgenden innerarabischen Geschichten von ʿĀd und Ṯamūd – an ‚richtiger Stelle‘ als früheste biblisch assoziierte Geschichte, die in den Kontext der Abraham-Geschichte gehört.
Lots Volk wird homosexueller Umgang vorgeworfen (vgl. Gen 19), ohne daß dieses Delikt in seinen biblischen narrativen Kontext gestellt oder etwa mit so drakonischen Strafen belegt würde wie in Lev 20,13. Auch hier ist es die Drohung des Volkes gegenüber Lot, die für die Bestrafung – durch einen katastrophalen Regen – ausschlaggebend ist. Die Geschichte wird später, in der spätmekkanischen Sure Q 11, aus dem Rahmen der Straflegenden gelöst und narrativ detailliert dem biblischen Vorbild angeglichen. Wenn abschließend die Geschichte von den Leuten von Leuke Kome am Roten Meer, dem Volk von Šuʿaib – der in der Tradition mit Madyan, Moses Schwiegervater, identifiziert wird –, folgt, so schließt sich damit der Kreis von Erzählungen, die mit Mose begannen.
Sure Q 26 schließt mit einem polemischen Teil III (V. 192-227). Er wird eingeleitet von einer Offenbarungsbestätigung (V. 192), die auf den Anfangsvers, die Ankündigung von „Zeichen der klaren Schrift“, zurückgreift und die ‚Lesung‘ zusammenfaßt. An ihrer Herabsendung (tanzīl) ist als mittelbarer Überbringer der „verlässliche Geist“ beteiligt, der die Botschaft ins Herz des Verkünders einpflanzt, so daß dieser sie auf arabisch verkünden kann. Die bereits eingangs (V. 2) thematisierte Klarheit der Sprache (V. 195) ist eine wichtige Autorisierung. Ihr folgt eine weitere: Die Botschaft ist bereits in den Schriften der Früheren verzeichnet und insofern den hier erstmals als Beglaubigungsinstanzen genannten Gelehrten der Israeliten bekannt. Diese Referenz paßt gut zu einigen verstreuten Rückgriffen auf biblische bzw. jüdische liturgische Formulierungen, die sich in beiden Suren, Q 20 und Q 26, finden. Das Neue an der Botschaft besteht darin, daß die Verkündigung von einem arabischen Muttersprachler überbracht wird. Dennoch herrscht Unglaube, dessen Bestrafung am Jüngsten Tag keinen Aufschub erfahren wird.
V. 210-212 nimmt noch einmal den Vorwurf einer Dämoneninspiration auf und weist ihn zurück. Es folgen Anweisungen an den Verkünder, die in die Zusicherung einmünden, daß Gott die von ihm erbrachten kultischen Leistungen im Blick hat. Die Sure in ihrer Fassung vor der Erweiterung durch einen Zusatz schließt mit einer Gottesprädikation (V. 220).
Die Sure ist jedoch später erweitert worden: Der Passus V. 221-226, der auch als Fortsetzung direkt auf V. 210-212 folgen könnte, bietet eine assoziative Fortführung der Debatte um die Dämoneninspiration. Der Einsatz „Soll ich dir berichten ‚…‘“ (V. 221) klingt wie eine Zurückweisung und Korrektur einer bereits in den Raum gestellten Behauptung. Es geht um die Wissensquelle der Satane, von denen in V. 210-212 die Rede war und die offenbar trotz der Abweisung dieses Verdachts in V. 210 für die Propheteninspiration verantwortlich gemacht werden. Der Zusatz V. 221-226 erweitert die Ǧinnen-Polemik auf die Dichter. Die Zugehörigkeit zu ihnen hatte der Verkünder früher von sich gewiesen (vgl. Q 68:2, Q 81:22 usw.), nicht um seine Rede gegen profane Vorbilder abzusichern, sondern weil sie damit aus einer falschen Inspirationsquelle entsprungen wäre. Nun werden die Dichter frontal angegriffen, sie werden als die Erfinder von unwahren Behauptungen gebrandmarkt. Es geht nicht mehr um Autorisierung, sondern um Wahrheit der jeweiligen Aussagen. Zur problematischen Relation zwischen Prophetie und Poesie siehe Kugel 1990 und KTS, S. 672-678.
Die Nennung der Dichter wiederum provoziert Überlegungen zum Status der Dichter in der Gemeinde. Ihre summarische Verurteilung als Sprecher, die mit ihren Fiktionen Unwahrheiten in die Welt setzen, kann nicht aufrechterhalten werden. Eine ʾillā-Ausnahme (V. 227) verschiebt den Akzent auf die mediale Wirksamkeit von Poesie. Hier werden satirische, ‚politische‘ Dichter von dem Verdikt ausgenommen. Die Stellungnahme ist leicht als ein Zeugnis der komplex gewordenen spätmekkanischen oder – noch wahrscheinlicher – medinischen Situation zu erkennen (siehe zu den in Medina aktiven Dichtern Imhoff 2004). – Doch dürfte der rhetorisch einprägsame Schlußsatz, der ein Bild aus dem ursprünglichen Schlußteil (V. 213-220), das Sich-Wenden, zu dem „eine Wendung nehmen“ invertiert, nicht dem Zusatz, sondern noch der ursprünglichen Form der Sure zugehören.
Für das Verhältnis der Gesandten untereinander ist immer wieder (Zwettler 1990; Griffith 2016) Typologie reklamiert worden. Insofern die Schicksale der Gesandten, die allesamt mit exzessiven Verhaltensweisen ihrer Völker zu kämpfen haben, einander sehr ähnlich sind, läßt sich für sie zumindest in einem spezifischen Sinn von ‚Typologie‘ sprechen. Die einzelnen Propheten vertreten denselben Typus des mit seiner Predigt scheiternden Gesandten, reinszenieren also eine Modellsituation.
Besonders auffällig ist Moses Reduktion auf eine exemplarische Verkünderrolle, auf ein Beispiel für die „Sunna of our messengers“ (Griffith 2016). Sie wird durch die ‚Entpolitisierung‘ der biblisch dem Exodus vorausgehenden Ereignisse erreicht; denn damit wird der Exodus als das große heilsgeschichtliche Paradigma göttlichen Eingreifens in politische Geschichte ausgeblendet. An die Stelle der Gründungsnarrative des Volkes Israel und damit der monotheistischen Heilsgeschichte tritt eine Mehrzahl von Einzelrettungen. Ganz frei sind die Erzählungen von dem für Typologie im christlichen Verständnis charakteristischen Schema Verheißung-Erfüllung (siehe dazu die Einleitung in HK II/1 S. 47-51). Im Gegenteil ist ihre Reihung ganz unverbunden; sie fügen sich nicht zu einer kontinuierlichen Heilsgeschichte zusammen. Rotraud Wielandt (1971) und später Hans Zirker (1999) haben deswegen von einer zyklischen Geschichtsauffassung des Koran gesprochen, ohne allerdings die spätere Gegenentwicklung in den Blick zu nehmen, die gerade eine kontinuierliche Ereignisfolge konstruiert (siehe dazu Neuwirth 2016). Sie wird allerdings nur bei diachroner Lektüre des Koran erkennbar.
Auch bleibt in den mittelmekkanischen Prophetenerzählungsserien Abraham, der biblisch der Träger von Verheißung schlechthin ist und mit dem im Koran das Schema Verheißung-Erfüllung überhaupt erst etabliert wird, noch ganz frei von jeglicher Gründerfunktion. Statt eine typologisch begründete Heilsgeschichte zu eröffnen, wird er mit Begebenheiten aus seinem Leben vorgestellt, die ihn in die Nähe der Straflegendengesandten rücken. Sein Gottvertrauen trotz der ihn erst im hohen Alter erreichenden Ankündigung des Sohnes, seine Bekämpfung der Götzen und sein Gehorsam bis hin zur Bereitschaft, seinen Sohn zu opfern, weisen ihn als idealen Gottesmann aus, ohne daß aber mit seinen Handlungen ein nennenswerter ‚heilsgeschichtlicher Fortschritt‘ erzielt würde. Obwohl die Prophetenerzählungen in Q 26 drei heilsgeschichtlich zentrale Gestalten, Mose, Abraham und Noah, in helles Licht rücken, sind sie am ehesten als eine Reihe von Exempla zu verstehen. Der von Griffith (2013) und vor ihm von Zwettler (1990) unspezifisch gebrauchte Terminus ist daher für den Koran zu spezifizieren. Dennoch ist bei ihrer Einschätzung der Sure als „mantisches Manifest“ (Zwettler), als programmatischer Erweis der Alleingültigkeit von Prophetie als der einzig legitimen Vermittlerinstanz zwischen der transzendenten und der hiesigen Welt, zuzustimmen.
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Die Sure ist zunächst direkte Ansprache an den Verkünder (V. 1-9). Anreden an anwesende Hörer fehlen bis zum „Nachtrag“ (V. 221-226) durchweg. Auch der Erzählteil weist sich mit dem Gebrauch von rabbuka (V. 10) als persönliche Anrede an den Verkünder aus. Die im Zentrum stehende Mose-Erzählung ist in sich geschlossen, nur durchwirkt von zahlreichen direkten Reden der Protagonisten. Die Abraham-Episode wird wieder durch eine Anrede, einen Imperativ, an den Propheten eingeleitet; das Wort ergreift dann aber Abraham, der nicht nur mit seinen eigenen Gegnern debattiert, sondern auch die Rolle des Verkünders übernimmt, indem er ein für Fromme exemplarisches Gebet spricht, das in eine eschatologische Szene einmündet. Ohne daß explizit der Sprecher gewechselt hätte, wird anschließend ein Streitgespräch in der Hölle referiert. Die folgenden Straflegenden sind – wie bei dieser Textsorte üblich – ebenfalls in sich geschlossene Einheiten. Nur der dreiversige Refrain, der alle Erzählungen abschließt, stellt mit dem Gottesnamen rabbuka immer wieder die Verbindung zum Verkünder her. Auch der Schlußteil ist direkte Rede an den Propheten (V. 194: ʿalā qalbika). Mit V. 214 beginnt ein ausführlicher, persönlich gehaltener Prophetentrost, der bis zum ursprünglichen Surenschluß (V. 219-220) fortläuft. Erst der Zusatz spricht formal eine plurale Hörerschaft direkt an: hal ʾunabbiʾukum (V. 221). Mit dem Schlußbild der „Wendung“, die die Frevler nehmen werden (V. 227: ʾayya munqalabin yanqalibūn), wird aber noch einmal auf den ursprünglichen Schlußvers V. 219 zurückverwiesen, der den Propheten fokussiert, indem er sein für die Gemeinde vorbildliches „Sich-Wenden“ (taqallub) unter den frommen Betern in den Blick nimmt.