Die Corpus Coranicum-Publikation verwendet den Korandruck von Kairo 1924 (eigentlich Gizeh: Ägyptisches Katasteramt) als Referenz. Diese Textausgabe hat Gotthelf Bergsträßer (1886-1933) in seinem Aufsatz „Koranlesung in Kairo“ (in: Der Islam, Bd. 20/21, 1932/1933) beschrieben und der westlichen Koranforschung zur Verwendung empfohlen. Kairo 1924 hat die bis dahin in der europäischen Forschung etablierte arabische Koranausgabe von Gustav Flügel (Leipzig 1834) abgelöst. Der Kairiner Druck mit seinen Vokalisierungs-, Pausen-, und Lesezeichen wurde in Form seiner zweiten Auflage (Kairo 1952) vom König-Fahd-Komplex (Medina) weitergedruckt, geschrieben vom syrischen Kalligraphen ʿUṯmān Ṭāhā (geb. 1934). Auch wenn der saudische Druck heute sehr verbreitet ist, handelt es sich weder bei ihm noch bei der ihm zugrundeliegenden ägyptischen Ausgabe von 1924 um den Standardtext des Korans: Druckausgaben aus Indien, Irak, Marokko, Nigeria und der Republik Tatarstan (Russische Föderation) z.B. folgen einem alten Standard; in Indonesien und der Türkei standardisiert eine Behörde Korandrucke, während in Brunei, Katar und Libyen der Staat verbesserte Ausgaben verlegte. Im Iran gibt es einen neuen Standard, verlegt vom „Zentrum für Druck und Verbreitung des Korans“ (Teheran), der aber nicht verbindlich ist, während in Syrien und Tunesien verschiedene Verlage Ausgaben mit Verbesserungen publizieren. Einen Überblick zu den verschiedenen Druckausgaben und zum Fehlen eines Standards für den Text des Korans bietet Arno Schmitt, Kein Standard: Korandrucke und al-rasm al-ʿuṯmānī, 2018 (independently published). In der Corpus Coranicum-Publikation kann ein Scan der ersten Auflage von 1924 eingesehen werden, die den Text in der Lesart des ʿĀṣim (gest. ca. 745 n. Chr.) nach der Überlieferung des Lesers Ḥafṣ (ca. 709-796) enthält. Der ägyptische Druck richtet sich – den Angaben seines Nachworts folgend – bei der Schreibung des arabischen Konsonantentextes (rasm) nach den Schriften von zwei andalusischen Gelehrten Abū ʿAmr ʿUṯmān Ibn-Saʿīd ad-Dānī (gest. 1053) und Abū Dāwūd Sulaimān Ibn Naǧāḥ (gest. 1103). Die Ausgabe von Medina (=Kairo 1952, zweite Auflage) hat im Vergleich zur angezeigten Erstausgabe an rund 800 Textstellen andere Pausenregelungen. Außerdem enthält sie keinen Hinweis mehr auf die chronologische Reihenfolge der Suren, während in der Erstauflage z.B. unter dem Namen der 20. Sure steht: „herabgesandt nach Sure Maryam'. In Kairo 1952 und Medina wird die Basmala als Teil des gelesenen Textes verstanden, und deshalb das /b/, mit dem sie beginnt (bi-smi llāhi…), an den letzten Buchstaben der vorausgehenden Sure assimiliert, was an ca. 40 Stellen der Fall ist (z.B. ʾaḥadun mit Assimilationszeichen für …ʾaḥadum_bi-smi llāhi…, Q 112:4). An drei Stellen ist der Konsonantentext der zweiten Auflage verändert: Q 7:137 (1924 hat كلمة, während in 1952 steht كلمت), Q 38:55, Q 78:22. An den beiden letztgenannten Stellen steht in der Erstauflage von 1924 للطاغين, während die zweite Auflage demgegenüber den rasm zu للطغين ändert. An mindestens einer Stelle (Q 73:20) wurde in Nachdrucken der Erstauflage in den Jahren 1928 und 1929 ان لن (ʾan lan) zwei getrennte Wörter geschrieben anstelle von الن (ʾallan) im Druck von 1924. (M.Marx)
Korandruck Kairo 1924
Hier ist die Koranseite der ausgewählten Textstelle im Korandruck von Kairo 1924 (1. Auflage, Reproduktion des Exemplars der Staatsbibliothek zu Berlin) angezeigt. Der arabische Korantext wird nach der Lesart des ʿĀṣim aus Kufa (gest. ca. 745) in der Überlieferung seines Schülers Ḥafṣ (ca. 709-796) wiedergegeben. Die vorliegende Textfassung ist eine von sieben Lesarten, die von Ibn Muǧāhid (gest. 936) in Bagdad als für den öffentlichen Gebrauch zulässig festgelegt worden sind. Die Schreibung des Konsonantengrundtextes (rasm) folgt den Regelwerken, die die andalusischen Gelehrten ad-Dānī (gest. 1053) und Ibn Naǧāḥ (gest. 1103) verfasst haben. Weitere Zeichen wie Vokalzeichen, Assimilationszeichen und Pausenzeichen wurden für diesen Druck erstmalig standardisiert bzw. eigens geschaffen. Die Verszählung des Kairiner Korans folgt der kufischen Verszählung (zu anderen Verszählungssystemen der islamischen Tradition, siehe Anton Spitaler, Die Verszählung des Korans, München 1935).
Korandruck Kairo 1924
Arabischer Text
كَأَنَّهُنَّ بَيۡضٌۭ مَّكۡنُونٌۭ
Transkription
ka-ʾannahunna
baiḍun
maknūnun
Übersetzung
(unberührt) (oder: makellos) als ob sie wohlverwahrte Eier wären.