Die Geschichte dieser monumentalen Handschrift ohne Kolophon lässt sich bis ca. 1200 zurückverfolgen, wo sie in der Bibliothek der Madrasa al-Faḍliyya (Abdarraḥīm al-ʿAsqalānī) aufbewahrt wurde. Im 19. Jahrhundert gelangte der Kodex in die al-Ḥusain Moschee, wie auch die drei Abbildungen in Moritz 1905 belegen. Von der al-Ḥusain-Moschee gelangte der Kodex zwischen 2004 und 2007 in die neugegründete Zentralbibliothek der islamischen Stiftungen Ägyptens (Central Library of Islamic Manuscripts, al-maktaba al-markaziyya li-l-maḫṭūṭāt al-islāmiyya), neben der Moscheeanlage von as-Sayyida Zainab. Unter den zahlreichen Koranhandschriften der Bibliothek befindet sich der große Pergamentkodex (1087 Blätter – 68 cm breit, 57 cm hoch – 80kg Gesamtgewicht), der als muṣḥaf ʿUṯmān gilt, d.h. als Kodex, den angeblich der dritte Kalif ʿUṯmān b. ʿAffān um 650 hatte anfertigen lassen. Viele Koranhandschriften, z.B. der im Istanbuler Topkapı Sarayı Museum ausgestellte Kodex (Signatur H.S. 44/32) oder der große Korankodex von Samarkand (heute in Taschkent aufbewahrt) werden auf den dritten Kalifen zurückgeführt. Viele der dem ʿUṯmān zugeschriebenen Handschriften sind tatsächlich sehr alt, wurden bisher allerdings kaum kodikologisch oder paläographisch untersucht. Die heute in der ägyptischen Zentralbibliothek der islamischen Stiftungen aufbewahrte Monumentalhandschrift könnte in der Umayyadenzeit entstanden sein, worauf Schriftstil und Ornamente hindeuten. Gegen eine Datierung in die Zeit des dritten Kalifen ʿUṯmān (gest. 656) spricht der kufische Schriftstil, der für die Handschriften des zweiten islamischen Jahrhunderts typisch ist.

Das Schriftbild der ältesten Schicht, die an einigen Stellen (z.B. fol. 548v) noch sehr gut zu erkennen ist, lässt sich dem Schriftstil der B-Gruppe nach der Typologie von François Déroche (vgl. Déroche 1983 u. Déroche 1994) zuordnen. Der Schriftstil dieser Gruppe zeichnet sich u.a. durch vertikale Hasten und die Schreibung des Buchstaben hāʾ in mittlerer Position aus, das unter die Grundlinie greift. Im Duktus der Handschrift knickt der Buchstabe nūn in Endposition nach links ab, wie es für die Schriftstile des Typs B I b und B II (ʿirāqī) typisch ist. Die in schwarzer Tinte gehaltene Linie der Handschrift ist von mittlerer Dicke, wobei manche Blätter (z.B. fol. 1103 oder fol. 1104) in einem Duktus mit auffallender Schreibung des nūn in Endposition und der Buchstaben fāʾ bzw. qāf in mittlerer Position nachbearbeitet wurden. Die ursprüngliche Schrift notiert diakritische Zeichen. Die Handschrift scheint ebenfalls in dunkler Tinte Vokalpunkte zu enthalten.