Die angezeigten Bilder - mit Ausnahme von Bild 1 - stammen von der
CD-ROM "The Sana'a Manuscripts" (veröffentlicht ca. 1995) durch
das Projekt „Memory of the World“ der Unesco, die ca. 650 Bilder von
ca. 300 Koranfragmenten enthält, darunter die Abbildungen aus der
angegebenen
Handschrift. Da bislang kein Katalog der Sanaa-Handschriften vorliegt,
ist die CD-ROM die einzige Quelle für einen Überblick der
Handschriftenfunde aus
der Großen Moschee in Sanaa. Die Handschriften wurden im Rahmen des
Kulturhilfeprojekts, finanziert vom Auswärtigen Amt, zwischen 1981 und
1989 restauriert und befinden sich zurzeit im "Haus der Handschriften"
(Dār al-Maḫṭūṭāt) der jemenitischen Hauptstadt. Die angegebenen Nummern
der Blätter entsprechen nicht den tatsächlichen Nummerierungen der
Pergamentblätter Handschrift, deren Gesamtumfang unbekannt ist. Sie
zählen lediglich die auf der CD-Rom vorhandenen Abbildungen der
Handschrift, die in die Datenbank aufgenommen worden sind.
Aufgrund der schwierigen Lage im Jemen ist eine Konsultation der Handschrift zurzeit nicht möglich. Vom Auswärtigen Amt wurde zwischen 1980 und 1986 ein Projekt zur Bearbeitung und Restaurierung der jemenitischen Handschriften finanziert, in dessen Rahmen auch Aufnahmen der Handschriften angefertigt wuden. Duplikate dieser Handschriftenfilme wurde Ende der 1990er Jahre in Sanaa erstellt und an die Universität Saarbrücken geliefert. Dort wurden sie im „Bildarchiv zur Buchmalerei“ aufbewahrt, das bis 1998 der Fachrichtung Kunstgeschichte der Universität des Saarlands zugeordnet war. Inzwischen befinden sich die Handschriftenfilme anscheinend nicht mehr an der Universität sondern im Besitz von Hans-Caspar Graf von Bothmer. Unter den Reproduktionen befinden sich wahrscheinlich auch Aufnahmen der Handschrift (wahrscheinlich Microfilm), die allerdings bisher nicht zugänglich sind. Die bislang in die Datenbank des Corpus Coranicum aufgenommenen Bilder der Handschrift DAM 20-33.1 stammen von einer CD-Rom der UNESCO "Memory of the World. Ṣanʿā’ Manuscripts"; die Teilaufnahme von fol. 1r wurde aus dem angegebenen Artikel von Bothmers in die Datenbank aufgenommen, da sie einen der ältesten materiellen Nachweise der fünf ersten Verse der ersten Sure enthält. Die Blätter der Handschrift, die aufgrund von Ornamentvergleichen mit der umayyadischen Architektur auf den Anfang des 8. Jahrhundert datiert wird (s.u.), enthalten den Anfang des Kodex, mit Texten der ersten und zweiten Sure, und Teile des Endes, ab Sure 55 (von Bothmer 1987, S. 12).
Graf von Bothmer macht in seiner Studie zu den Ornamenten der Handschrift folgende Angaben: "Das Fragment umfasst 25 Blätter. Sie werden unter der Inventar-Nummer 20-33.1 im "Haus der Handschriften" in Sanaa aufbewahrt. Alle sind mehr oder weniger stark beschädigt, keines ist so vollständig erhalten, daß an ihm die ursprüngliche Blattgröße bestimmbar ist; doch läßt sich erschließen, daß jedes Blatt mindestens 51 Zentimeter hoch und 47 Zentimeter breit war. Diese Maße machen den Koran zu einem der größten überhaupt. Es ist wahrscheinlich, daß die Fragmente von Anfang und Ende einer einbändigen Handschrift stammen, deren Umfang sich auf ca. 520 Bläter berechnen läßt. Damit war dieser Koran - nach Umfang und Format, aber auch nach dekorativem Aufwand - mit touronischen Bibeln karolingischer Zeit vergleichbar. Ohne daß schon im engeren Sinn kunsthistorische Beobachtungen als Argumente herangezogen werden müßten, lassen sich zahlreiche Züge nennen, die für eine sehr frühe Entstehung dieses Korans sprechen: das Material, Pergament; die Größe der Bläter und ihr leichtes Hochformat; die Proportionen von Blättern und Schriftspiegel; die Schrift, ein lapidarer Duktus, der traditionell mit vielen anderen Arten in der Bezeichnung 'Kufi' zusammengefaßt wird und in seiner Ausprägung der mosaizierten Goldinschrift im Felsendom in Jerusalem verwandt ist; Art und Verwendung von diakritischen und Vokalzeichen; Verstrenner nach jedem Vers und ihre spätere, Fünfer- und Zehnerabschnite akzentuierende Überarbeitung; Eigenarten der Orthographie und schließlich die Tatsache, daß zur ursprünglichen Ausstattung keine Surenbezeichnungen gehört haben, sondern diese erst nachträglich - wenn auch immer noch früh - mit goldener Schrift auf die farbigen Surentrenner geschrieben wurden. Ein außergewöhliches Werk islamischer Buchkunst ist dieser Codex in mehr als einer Hinsicht gewesen; einzigartig aber - so scheint es - darin, daß er vor dem Beginn des Textes, und in gewisser Weise vor ihm ausgezeichnet (wozu Weiteres unten), die beiden ganzseitigen Bilder besessen hat, die, einander gegenüberstand, die erste vollständige Öffnung der Handschrift eingenommen haben." (Hans-Caspar Graf von Bothmer, "Architekturbilder im Koran. Eine Prachthandschrift der Umayyadenzeit aus dem Yemen", Pantheon. Internationale Jahreszeitschrift für Kunst, 1987, S. 5).
Die reiche Ornamentierung und der hohe Materialaufwand des wahrscheinlich einstmals 520 Blätter umfassenden, imposanten Pergamentkodex' lassen Bothmer vermuten, dass ein Auftraggeber mit Verbindung zum umayyadischen Hof die Prachthandschrift bestellt habe (von Bothmer 1987, S.12; S.15). Aufgrund der motivischen Nähe der Handschriftenornamente zu den Ornamenten der ummayadischen Architektur, schlägt von Bothmer den Kalif al-Walid (reg. 705-715) als Auftraggeber vor, der den Prachtkoran der Moschee in Sanaa zum Geschenk gemacht haben könnte (von Bothmer, S.16).
Links zum „Memory of the World“-Projekt der Unesco:
http://www.unesco.org/new/en/communication-and-information/memory-of-the-world/projects/full-list-of-projects/yemen-the-sanaa-manuscripts-project/
und http://www.unesco-ci.org/photos/showgallery.php/cat/534
Über
die CD-ROM der Unesco mit Index der enthaltenen Handschriften: Keith E.
Small/Elisabeth Puin, „Review Unesco CD of Ṣanʿāʾ Mss. Part 1“,
Manuscripta Orientalia 12,2 (2006), S. 65-72; „Review Unesco CD of
Ṣanʿāʾ Mss. Part 2: Qurʾan Mss. Contents in Sūra Order“, Manuscripta
Orientalia 13,1 (2007), S. 62-72; „Review Unesco CD of Ṣanʿāʾ Mss. Part
3: Qurʾan Palimpsests, and unique Qurʾān Illustrations“, Manuscripta
Orientalia 13,2 (2007), S. 59-71.